Beiträge von Himmelsbaum im Thema „Was Psychotherapie und Buddhismus verbindet“

    Falls mir jemand erklären kann/möchte, ob aus buddhistischer Sicht an dem Konzept des "Edlen inneren Kerns", etwas fehlerhaft ist, dann würde ich mich freuen.


    Der Begriff wirkt für mich im Kontext des Buddhismus unpassend. Ich bin Ich-los, Wesen-los, Kern-los. Mir persönlich ist ja schon Buddhanatur zu viel des Guten, da will ich schlicht keinen inneren Kern haben, egal wie edel. Andere können da aber sicher mehr mit anfangen.

    Ist man noch nicht in den Strom eingetreten, dann ist man selbst mehr oder weniger ein individuelles Gemisch auf Leidenschaften und Hemmungen. Die sind bedingt und damit ist der Weg frei, Bedingungen für das Heilsame zu schaffen. Das Herz wird kultiviert und nicht auf den Default zurückgesetzt. Wenn man etwas wieder in sich selbst auffindet, dann weil es in der Vergangenheit kultiviert wurde, nicht weil es dein ursprüngliches Gesicht ist.


    Ganz grobschlächtig: der chinesische Philosoph Mengzi geht davon aus, dass allen Menschen Mitgefühl angeboren ist. Xunzi dagegen sagt, der Mensch ist von Natur aus schlecht und alles Gute an ihm, ist anerzogen, künstlich entwickelt. Falls es dir selbst natürlich vorkommt, dann eben weil du Mitgefühl in der Vergangenheit entfaltet hast. Kannst du nicht darauf zurückgreifen, dann muss du die Bedingungen dafür schaffen und es Schritt für Schritt kultivieren bis es irgendwann natürlich ist.

    Genauer: nach buddhistischer Auffassung ist jeder Mensch grundsätzlich "Heil,gesund und gut".


    In meiner buddhistischen Auffassung ist eher das Gegenteil der Fall. Da Buddhismus kein einheitliches Ding ist, ist es ja nicht verwunderlich, dass die buddhistische Psychotherapie an einige Buddhismen mehr andocken kann als an andere.

    Immer wenn ich unterscheide was hier geht und nicht geht, dann bin ich schon nicht mehr in der Mitte, sondern nur wenn es nichts mehr zu überlegen gibt.


    Ich denke, du redest hier von einer anderen Mitte. Aber, im Rat an Rāhula bei Ambalaṭṭhikā (MN 61) heißt es in der Übersetzung vom Ehrw. Mettiko:


    Zitat

    „Was meinst du, Rāhula: Wozu ist ein Spiegel da?“


    „Zum Reflektieren, ehrwürdiger Herr.“


    „Ebenso, Rāhula, sollte eine Handlung mit dem Körper nach wiederholtem Reflektieren ausgeführt werden; eine Handlung mit der Sprache sollte nach wiederholtem Reflektieren ausgeführt werden; eine Handlung mit dem Geist sollte nach wiederholtem Reflektieren ausgeführt werden...“


    Hier wird unterschieden, ob man eine Handlung ausführt oder nicht und reflektiert wird vor und ggf. während und nach der Handlung. Erst ein Heiliger ist so im Einklang mit dem was geht und nicht geht, dass da nicht mehr reflektiert unterschieden werden muss.

    ... hat einen falschen Standpunkt und daher eine falsche Ansicht. Natürlich kann man es sich in der Welt halbwegs gemütlich einrichten, versuchen ja alle hier (?), aber das ist dann nicht Buddhas Weg zum Überweltlichen. In seiner ersten Lehrrede heißt es vom Buddha, diese beiden Extremen sollten nicht kultiviert werden von jemanden, der aus dem Haus gezogen ist. Der Hausauszug ist Vorbedingung für die Mitte.

    Was bedeutet, dass wir selbst als sehr buddhistische Weltlinge nicht in dieser Mitte sind sondern sozusagen "falsch" leben. "Falsch" natürlich nicht als Vorwurf oder als Anklage sondern im Sinne einer Tatsachenbeschreibung. Wenn man gegen den Wind pisst muß man damit rechnen nass zu werden und wenn man eine Fallhöhe zur Realität hat fällt man genau diese Fallhöhe auf die Schnautze. Und insofern es da auch riesige Unterschiede gibt, macht man ja schon alles "gut" wenn man die Fallhöhe minimiert. Aber wenn man denkt man befände sich schon auf der Nullinie, macht man sich sehr wahrscheinlich was vor.


    Mich erinnert das an Adornos berühmten Spruch "Es gibt kein richtiges Leben im falschen".


    Ich habe das seit gestern im Hinterkopf laufen und mir fällt nichts gutes ein. Man sollte sich halt nicht davon entmutigen lassen. In Anlehnung an Adorno, Es gibt kein Überweltliches im weltlichen.

    Der Verfasser Christian Höller stellt in seinem Artikel eine Verbindung von Psychotherapie und Buddhismus anhand des mittleren Weges zwischen extremer Askese und übertriebenem Genuss her. Da gilt es dann zu fragen, ob der Verfasser die "buddhistische Haltung des mittleren Wegs" auch richtig versteht. Da er dieses Thema gar nicht bespricht, kann nur spekuliert werden. Deswegen taugt der Artikel meiner Meinung nach auch nur beschränkt als Diskussionsgrundlage. Man muss direkt abstrahieren.


    Meiner Meinung nach wäre der Bezug auf das Soṇa-sutta mit dem Gleichnis von der Laute sowieso passender gewesen.

    Die Mehrheit der Menschen in unseren modernen westlichen Zivilisation ...


    ... hat einen falschen Standpunkt und daher eine falsche Ansicht. Natürlich kann man es sich in der Welt halbwegs gemütlich einrichten, versuchen ja alle hier (?), aber das ist dann nicht Buddhas Weg zum Überweltlichen. In seiner ersten Lehrrede heißt es vom Buddha, diese beiden Extremen sollten nicht kultiviert werden von jemanden, der aus dem Haus gezogen ist. Der Hausauszug ist Vorbedingung für die Mitte.