Beiträge von void im Thema „Wie Buddhisten das Christentum verstehen“

    Spiritualität ist die Suche, die Hinwendung zum subjektiven Erleben einer sinnlich nicht fassbaren und rational nicht erklärbaren transzendenten Wirklichkeit.

    Etwas sinnlich nicht Fassbares erleben zu wollen ist doch leicht unsinnig, oder? Mit welchen Sinnen soll man denn das Unsinnliche erfahren?


    Ich würde Spiritualität ganz schlicht als die Beschäftigung mit den eigenen geistigen Zuständen beschreiben. So eine Beschäftigung kann eine sein, die die eigenen geistigen Zustande abschneidet. Zum Beispiel wenn ein Wissenschaftler versucht nüchtern zu sehen, was vor seinen Augen liegt und dabei Emotionen, Spekulationen und Tagträume abschneidet. Eine Beschäftigung mit den eigenen geistigen Zustanden kann aber auch dazu führen in diesen zu schwelgen. Man kann wohlig die inneren Welten erforschen, die eigenen Gefühle kategorisieren, um die eigenen Befindlichkeiten kreisen und sich in Nabelschau ergeben.


    In ersten Fall hat man ein Abnehmen des Subjektiven im zweiten Fall ein Zunehmen.

    Für mich ist Gott einfach nur ein Objekt der Betrachtung, wie jeder Gedanke auch.

    Aber worauf bezieht sich der Gedanke?


    Das germanische Wort "Gott" kommt wohl von einem Verb, dass so viel bedeutet wie "ausschütten, Trankopfer darbringen". Nach dieser Logik entspringt Gott aus einer bestimmten Praxis der Verehrung. Und wenn man so eine übt, dann werden die Fragen nach Gott und seinem Wesen und Obst man ihm nahe oder fern ist, sehr wichtig. Übt man so eine Praxis der Verehrung dagegen nicht, dann wird all dies irrelevant. So wie Tram-Verkehrschilder nur für Tramfahrer wichtig sind.


    Von daher sollte doch die Frage sein: Bringt so eine Praxis der Verehrung etwas - was sind die Vorteile und Nachteile. Und vielleicht fängt man ja zur Beantwortung dieser Frage mit der Vetehrungporaxis i( Bhakti) m Buddhismus an.


    Diese fängt ja schon bei Niederwerfungen und Rauchstäbchen an und geht über Statuen und Rezitationen hin zu Pujas. Die Frage ob sich die Verehrung an was Inneres oder Äußeres richtet ist dagegen vielleicht nicht so relevant.

    Zu diesem nutzlosen Gott- dem mahā-brahmā der zwar von seiner eigenen Größe künden aber nicht auf die gestellt Frage antworten kann - gibt es ein Gegenstück von der christlichen Seite.


    Pelagius lehrte ( um 409 n Chr) dass der Mensch selbst ohne den Beistand Gottes zwischen Gut und Böse unterscheiden können und so indem er immer das Gute tut, selber an seiner Erlösung arbeiten könne. Dies wurde vom Kirchenväter Augustinus von Hippo erbittert als Häresie gebrandmarkt und es war vor allem der Pelagianismus gegen den er das Konzept der Erbsünde - einer Sünde die so schrecklich ist, dass man selber nichts dagegen tun kann - uns Felde führt.


    Die Alternative wäre - das der Mensch selbst sich von der Wurzel des Übels befreien kann und Gott - wie Mahābrahmā dumm daneben steht


    Wenn man alles andere an kulturellen Ballast wegreißt ist das vielleicht die zentrale Konfliktlinie. Für ein christliche Orthodoxie ist der Buddhismus womöglich ein wiedrerstandener Pelagianismus - die Hybris der menschlichen Möglichkeiten, während aus der buddhistischen Perspektive etwas hinzugefügt wird - so ein pompöser Mahābrahmā der eigentlich recht unnötig ist.

    Kennt jemand eine Passage im Pali in der Buddha explizit Gott ablehnt oder als die nicht Wahrheit darstellt oder ähnliches ?

    Oder umgekehrt hatte Buddha einen Gott toleriert?

    Ich finde diese Passage total bezeichnend. Der Mönch Kevatto kommt zu mahā-brahmā - einem Gott der so mächtig ist, dass er sich als den Schöpfer der Welt, allwissend und den den "Vater von allem" ansieht - was ja sehr ähnlich unserem monotheistischen Gott ist.



    So ist nun, Kevatto, der Mönch dort zu jenem großen Brahmā (mahābrahmā) herangekommen und hat also gefragt: <Wo können wohl, o Bruder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehen, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?> Also gefragt, Kevatto, hat der große Brahmā jenem Mönche dann geantwortet:


    <Ich bin, o Mönch, Brahmā, der große Brahmā, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird.>


    Aber der Witz ist, dass Kevatto dies nicht interessiert. Für ihn in die ganze Allmacht und die Sache mit der Schöpfung eine Themaverfehlung. Es interessiert ihn nicht dass mahā-brahmā der Schöpfer und Vater ist sondern ihn interessiert die Frage nach dem Verlöschen.


    Wiederum aber, Kevatto, hat jener Mönch zu dem großen Brahmā dort also gesprochen: <Nicht doch hab' ich, o Bruder, dich darum gefragt: 'Bist du Brahmā, der große Brahmā, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird': sondern darum hab' ich, o Bruder, dich gefragt: wo können wohl, o Bruder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehen, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?> Wiederum aber, Kevatto, hat jener große Brahmā zu dem Mönche dort also gesprochen:



    <Ich bin, o Mönch, Brahmā, der große Brahmā, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird.>



    Zum dritten Mal aber, Kevatto, hat jener Mönch zu dem großen Brahmā dort also gesprochen: <Nicht doch hab' ich, o Bruder, dich darum gefragt: 'Bist du Brahmā, der große Brahmā, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird': sondern darum hab' ich, o Bruder, dich gefragt: wo können wohl, o Bruder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehen, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.>

    Während es anscheinend für mahā-brahmā sehr wichtig ist, dass er der Schöpfer und Vater, der Allsehende und Allmächtige ist.


    Flappsig ausgedrückt: "Wenn ( ein Gott ) nicht die richtige Antwort auf die Befreiung vom Leid geben kann, dann ist er irrelevant". Und es ist egal ob er alles sieht oder Wasser in Cola verwandeln kann. Es wird zur Themaverfehlung.

    mo im im

    Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass TNH und sein Intersein-Orden in der westlichen bud. Community einen exzellenten Ruf genießt. Ernsthafte dogmatische Kritik gibt es schlicht nicht. Woran mag das liegen?

    Wenn man von Linji ( Rinzai) aus denken, dann könnte man von dort aus eine Linji Orthodoxie sehen und dann von da aus formulieren, dass TNH sich von dieser Linji Orthodoxie entfernt hat.


    Aber das funktioniert nicht so recht. Weil in Vietnam das beherrschende Thema die Kolonialisierung durch die Franzosen war und in dieser kolonialen Setzung einerseits die Unterschiede zwischen den Buddhisten als zunehmen irrelevant gesehen wurden.

    Was ja 1963 zur Vereinten Buddhistischen Sangha führte und andererseits die Politisierung des Buddhismus z.B beiThích Trí Quang. Von daher ergab sich ein sozial engagierter Vereinigten Buddhismus der sich an antikolonialen Vorbildern wie Mahatma Gandhi orientierte. Es war ein Buddhismus unter Bedingungen des Bürgerkriegs wo man eher die Differenz Imperialismus und Anti-Imlperialismus wichtig fand und die Unterschied zwischen Thien( Chan) und Nicht-Thien sowie zwischen Mahayana und Thervada verblasste.


    In der Opposition gegen den Vietnamkrieg fand sich TNH mit Christen wie Martin Luther King auf einer Seite und würde zu einem Referenzpunkt für westliche Gegner des Vietnamkrieg.


    Wo sollte man da mit Dogmatismus anfangen? So der Klassiker wäre der Vinaya. Also das man fragt: Sind deine Ordinierten nach dem Vinaya ordiniert und wenn ja nach welchem oder habt ihr euch da wegbewegt und wenn ja warum? Nehmt ihr so Zuflucht wie die anderen auch oder habt ihr das modifiziert? So als buddhistischer Inquisitor( ohne das ich mich um den Job bewerben würde ) wären das meine Eröffnung.

    Ich nehme an teilweise ist es so, dass asiatische Buddhisten durchaus die für sie abstoßenden, unsinnigen und befremdlichen Aspekte des Christentums durchaus wahrnehmen, aber aus Höflichkeit und Harmoniebedürfnis dann eher über das Gemeinsame sprechen. Was den Dialog langweiliger und fruchtloser macht aber eben vielleicht wirklich harmonischer.


    Und bei TNH muß man ja immer die vietnamesische Geschichte mitdenken. Zuerst wurden über Jahrhunderte weg die Christen verfolgt und dann gab es Zeiten wo die katholische Kirche sehr mächtig war und die Buddhisten verfolgte. Gerade in der Krise 1963 ( Buddhist crisis) mit den Selbstverbrennungen von Mönchen - was TNH ja alles miterlebt hat.

    Andreas Grunschloß würdigt die differenzierte Sicht der buddhistischen Denker die er untersucht. Er trifft nicht auf Freundlichkeit sondern eher auf eine Tendenz die Gemeinsamkeiten zwischen Buddhismus und Christentum zu betonen. Er beklagt dass dies bei Einheitspostulaten steckenbleiben kann und hebt den Dalai Lama da positiv hervor:


    Abgesehen vom Dalai Lama wird jedoch eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Widerständigkeit und Fremdheit der biblisch-jesuanischen Verkündigung nicht wirklich gesucht [50]. Die drei anderen Protagonisten entwerfen zudem jeweils relativ "schlicht" - d.h., zumindest für eine religionswissenschaftliche Perspektive - relativ schlicht anmutende Einheitspostulate.


    Die Religionswissenschaft hat in ihrer jüngeren Geschichte selbst recht lange damit gerungen, derartig einfache Einheitsvisionen von "Religion" (im Singular!) zu überwinden - zugunsten der jeweiligen Besonderheit unterschiedlicher religiöser Traditionen.

    Aber auch im Rahmen einer interreligiösen Begegnung zwischen (Vertreterinnen und Vertretern) religiöser Gemeinschaften wird es erst dann richtig spannend, wenn die aus dem eigenen Kontext vorfabrizierten Vereinnahmungsideen überwunden werden und die andere bzw. fremde religiöse Tradition in ihrer Eigenständigkeit, in ihrer Widerborstigkeit und Besonderheit auftaucht - wenn gleichsam das "Antlitz" des Anderen und Fremden aufblitzt und es daher nicht mehr einfach in die eigene kognitive Landkarte 'eingemeindet' werden kann [51]. Manche der hier Vorgestellten berichteten davon, dass die dialogische Begegnung mit Christinnen und Christen sie angestoßen hat, darüber nachzudenken. Das heißt, die reale Konfrontation mit dem andersreligiösen Antlitz hat sie 'be-wegt' - auf den Weg tieferer interreligiöser Auseinandersetzung gebracht. Dennoch erwiesen sich manche ihrer daraus resultierenden Rekonstruktionsversuche doch wieder als inklusive Eingemeindungsversuche.