Beiträge von Sudhana im Thema „Übersetzungen der Lehrreden des Buddha aus der mittleren Sammlung“

    Die Argumentation von Dir, SteFo, ist ja etwas schwammig. Zunächst einmal der unbestimmte Begriff "Lehrreden". Wenn man diesen Begriff auf die älteste Überlieferungsschicht anwendet, nämlich die Vinayas, die Āgamas und Nikāyas, zeigen sich in der Tat schon da Inkonsistenzen, die ihrerseits darauf verweisen, dass diese Textkorpora in den Jahrhunderten ihrer mündlichen Tradierung eine Entwicklung erfahren haben, also wiederholte redaktionelle Eingriffe. Dies betrifft zum einen Anpassungen aus mnemotechnischen, zum anderen aus didaktischen Gründen. Die geographisch große Verbreitung des frühen Buddhismus bei gleichzeitg sehr unterentwickelten Kommunikationsmöglichkeiten über größere geographische Entfernungen fügte zu dieser Diversität das ihre hinzu. "Schwammig" ist es, wenn man dann nicht zwischen formalen und inhaltlichen Inkonsistenzen unterscheidet; letztere halten sich nach meinem Dafürhalten in recht engen Grenzen. Wenn Du da anderer Auffassung bist, wäre es sinnvoll, Du würdest zwei oder drei konkrete Beispiele anführen.


    Inkonsistenzen sind grundsätzlich bei einem historisch gewachsenen Textkorpus wenig überraschend. In gleicher Weise finden sich beispielsweise auch in den kanonischen Evangelien (von den apokryphen ganz zu schweigen) auffallende Inkonsistenzen, obwohl diese Texte in einem sehr viel kürzen Zeitraum als die buddhistischen entstanden und sogar von Beginn an schriftlich tradiert wurden. Das bedeutet ja nun nicht, man könne sich aus dieser Überlieferung - sei es die christliche oder die buddhistische - per Auswahl irgendeine (jede?) beliebige Lehre zusammenstellen. Inhaltlich ist der 'Spielraum', der dem persönlichen Verständnis / der 'Lesart' der Überlieferung damit gelassen wird, doch sehr begrenzt. Wenn man schon inhaltliche Inkonsistenzen unterstellt, sollte man deren Umfang etwas genauer bestimmen. Im Forschungsbereich 'Frühbuddhismus' tut sich da ja einiges seit ein paar Jahren.


    Mit angeblich "nicht enden wollenden Diskussionen über Begriffe" zu argumentieren, greift hingegen völlig fehl. Das ist schlichte Hermeneutik und begleitet gerade religiöse Texte, wenn sie denn auch nur ein Minimum an Signifikanz haben, notwendig immer. Das ist auch in den diversen christlichen oder islamischen Denominationen kein bißchen anders - da lebt ein ganzer Berufsstand (und gar nicht mal schlecht) von "nicht enden wollenden Diskussionen über Begriffe", nämlich die Theologen.