Beiträge von Ratio im Thema „Über Viktor Frankl, Gedanken zur Zenpraxis, zum Thema „freier Wille“ und über die vier großen Gelübde“

    Ansonsten werde ich mit Sicherheit hier nicht weiter über Naiven Realismus diskutieren - das hat weder mit dem Thema des Threads noch mit Zen (oder Buddhismus) etwas zu tun


    Ich vertrete weder einen Materialismus, noch einen Naiven Realismus, auch wenn du das glaubst.


    Zitat

    Naiver Realismus (auch Klassischer Realismus, direkter Realismus oder Common-Sense-Realismus nach engl. common sense realism[1]) ist eine bestimmte Position in der philosophischen Erkenntnistheorie, genauer der Theorie der Wahrnehmung. Ihr zufolge sind die Dinge im Wesentlichen so, wie sie uns erscheinen. Die gelbe Farbe etwa kommt einem Gegenstand selbst zu und ist kein Effekt unserer Wahrnehmung. Bildlich gesprochen nimmt der Wahrnehmende eine passiv-rezipierende Rolle ein, während sich die wahrzunehmenden Dinge gleichsam aufdrängen.



    So etwas würde ich nie vertreten, die buddh. Belehrungen sind voll mit Beispielen, die diese Ansicht widerlegen, etwa die Wahrnehmung eines psychisch kranken Menschen oder die Wahrnehmung eines Farbenblinden.


    Aber ja, wie von Honin richtig erkannt hat das wenig mit dem Thema zu tun und damit belasse ich es dann auch dabei - der Begriff "Soheit" wurde ja erklärt und hier auch verstanden (wenn es mir auch zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich erscheint, eine Essenzlehre mit den klassischen Belehrungen des Buddhas in Einklang zu bringen)

    Buchstaben, Pixel, Bilder (oder auch eine Programmierung) sind nichts per se Existierendes


    Aber sicher doch, sonst würden wir jetzt nicht darüber reden. Wir verständigen uns, weil wir zuvor die Buchstaben gesehen haben. Wären da keine Buchstaben, kein Forum, nichts Existierendes, dann könnten und würden wir keinen Austausch führen.



    Es sind Dinge, die mit den skandhas ergriffen werden und daher als Bewusstseinsobjekt auftreten - mithin rein geistig.


    Es sind Dinge, genau - und Dinge existieren nun mal. Auch ein rein geistiges Ergreifen setzt ein Ding voraus, man könnte Bezugsobjekt sagen.


    Das ist ein ziemlich unreflektierter Materialismus


    Ich bin kein Materialist, sondern Rationalist. Existierendes muss nicht materiell vorliegen um wahrgenommen zu werden (etwa Klangschwingungen) - aber es muss vorliegen, sonst wäre es nicht zur Existenz zurechenbar.

    Könnte man sagen, dass Eigennatur in dem Kontext ein schlechter Begriff ist?


    Wenn ich mir dies so anschaue...


    Zitat

    Daher sind die Eigennaturen letzter Wirklichkeit (pariniṣpanna-svabhāva) und die Eigennatur der Abhängigkeit von anderem (paratantra-svabhāva) weder verschieden noch nicht-verschieden; so, wie Unbeständigkeit (anityā) weder verschieden noch nicht-verschieden von unbeständigen Seinsmomenten (dharmas) ist. Man erkennt nicht die die Eigennatur der Abhängigkeit von anderem, so lange man die [Eigennatur] der letzten Wirklichkeit nicht erkannt hat.



    ...dann kommt das für mich auf diese Formel raus: Leerheit=Form



    In meinem individuellen begrifflichen Verständnis ist "Eigennatur" eine Natur, die sich zuordnen lässt zu dem Eigentlich, was man bennen möchte.


    Zitat

    Diese höchste Wahrheit über alle dharmas (dharmaparamārtha) ist auch wahre Soheit (bhūtatathatā), weil sie unveränderlich ist und beständig in ihrer Natur verbleibt. Dies ist die wahre Natur von 'Nur Bewusstsein' (vijñaptimātratā).


    Ist diese Soheit nicht einfach Leerheit? Was meint hier "nur Bewusstsein"? Ein freischwebendes Bewusstsein ohne Besitzer?

    Soheit ist eben nicht „wirkende Kraft“ Soheit ist das durch die wirkende Kraft bewirkte.


    Aber dann wäre es ja immer etwas anderes wenn es ein Resultat darstellen würde (das Bewirkte).



    Das gesamte Forum ist voll von Existenz, die nicht existiert


    Nein, so etwas kann es gar nicht geben, eine "Existenz, die nicht existiert". Die Bedeutung von Existenz ist ja eben, dass etwas existiert.




    Alles hier ist Geistig, kann ich darum behaupten das es nicht existiert?


    Es ist eben nicht geistig, denn wir sehen ja Buchstaben, Pixel, Bilder, wie immer man das auch nennen mag. Das Forum selbst gründet auf Programmierung.




    Die Welt um mich, meine Person, ist voller Dinge, die ich benennen kann und die benannt sind, kann ich behaupten, dass, wenn ich sie nicht benenne, die Dinge dann nicht existieren?


    Das nicht, aber was man behaupten kann ist, dass diese Dinge benannt wurden, eben weil sie existieren. Ich könnte mich theoretisch (!) den Benennung enthalten, aber das funktioniert nicht, da der Verstand einfach mit den erlernten und erworbenen Benennungen arbeitet, ob wir das jetzt wollen oder nicht.


    Wenn du jetzt irgendein unbekanntes Tier in Papa Neuguinea sehen würdest, dann existiert das Tier, du hast aber (noch) keine genaue Benennung (Spezies usw.). Aber, und das ist der Punkt, du wirst es trotzdem benennen eben als "unbekanntes Tier". So nähern wir uns Wissen und der Umwelt an, erst grob-definiert, dann fein-definiert.


    Darum ist...


    Dinge existieren auch ganz ohne Benennung, Begriffe existieren auch ganz ohne Dinge.


    ...immer nur theoretisch denkbar, aber praktisch nicht zu sehen. Natürlich brauch ein Begriff kein Ding um Begriff zu sein, aber er gründet auf dem Ding bzw. macht ohne das Ding überhaupt keinen Sinn, da es keine Begrifflichkeiten geben kann, die sich nicht auf irgendetwas beziehen. Ich würde mal glatt behaupten das ist das, was uns die abhängige Entstehung lehren kann.


    Und ich rede natürlich immer von der menschlichen Erfahrung, das ist der gegebene Kontext. Das eine Ameise über ein Tempo grabbelt ohne Benennung ist auch klar. Ich glaube dort entspringt auch so manche Sehnsucht nach dem "natürlichen Leben der Tiere".

    Selbstverständlich klingt Soheit wie Essenz, solange ich an der Essentialität meiner Person glaube und diese Person nicht genau untersucht habe.


    Ich glaube ja nicht an Essenz, weder bei mir, noch bei anderen, noch bei Objekten. Darum weiß ich ja auch nicht, was der Begriff Soheit bedeuten soll. Es gibt ja manche, die sprechen auch von Leerheit als wäre dies ein Ding, eine Sache, aber es ist ja eben nichts aus sich selbst heraus sondern einfach nur das, was abhängige Entstehung ist.


    Dieses Etwas ist aber, vollkommen frei von jedem Gedanken oder Vorstellung, Definition, Begriff.


    Dann ist es aber, rein rational gesehen, Phantasterei bzw. nicht-existent, denn für Existierendes muss das vorliegen, welches gerade als "vollkommen frei von..." beschrieben wurde.


    Wenn aber alle Materie zu Energie wird, was will dann die Soheit der Energie definieren, zumal ja auch alle definierte Materie nur Energie ist? Was ist dann Energie?

    Existent, aber nie mit Begriffen definierbar.


    :?


    Hier mal eine Definition:


    Zitat

    Der Begriff Energie kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „wirkende Kraft“


    Die "Soheit" wäre dann die wirkende Kraft, aber es ist ja eben unnötig von einer "Soheit" zu sprechen, da der Begriff ja eben schon definiert wurde.


    Zitat

    Existent, aber nie mit Begriffen definierbar.


    Etwas, was Existent ist, muss mit Begriffen definierbar sein, da es ja wahrgenommen werden kann, in dem Sinne zur Erfahrungswelt gehört. Ob diese Definition jedoch dann exakt, falsch oder ungenügend ist, sei mal dahingestellt.

    Die Soheit des Menschen ist gleich der Soheit aller fühlenden Wesen


    Hallo,


    aber wie wird die denn definiert? Hat die Eigenschaften?




    Das Problem ist nicht die Soheit, es ist der Glaube, dass das Ich und die Person eines Menschen eine andere Soheit ist.


    Der Buddha lehrt doch das Ich und die Person leer sind, anatta, also da gar keine Essenz ist - Soheit klingt für mich wie Essenz, etwas was eben "so ist", etwas inhärent existierendes...daher hab ich ja gefragt was das genau sein soll.

    im Yogācāra (konkret im Yogācārabhūmi-Śāstra und in Xuanzangs Cheng Weishi Lun) definiert man noch zwei weitere Formen von nirvāṇa, zum einen die ursprüngliche Soheit (tathatā) allen Seins sowie das apratiṣṭhita-nirvāna (無住涅槃, mujū nehan) d.h. 'nicht-fixiertes nirvāna'


    Guten Tag,


    was kann und soll man denn darunter verstehen? Ist die "Soheit" eines Menschen gleich der "Soheit" einer Erbse? Und wenn dies der Fall sein sollte, warum dann Nirvana anstreben, dass eben so definiert wird als "Soheit"? Denn wenn etwas "so ist" dann ist es ja jetzt schon so und nicht in der Zukunft, in der eine Soheit Mensch Nirvana erlangen kann/könnte/sollte. Oder wie sieht es da aus?