Beiträge von Sudhana im Thema „Mantra Tätowierung i.o?“

    Empfindest du persönlich es denn als respektlos sich so etwas stechen zu lassen?

    Ich persönlich kann generell mit solch dauerhaften Körpermodifikationen nichts anfangen, weil ich persönlich keine Gründe dafür finden kann. Aber nein - ich empfinde "so etwas" nicht als respektlos, so lange man damit nicht wissentlich provoziert (Respektlosigkeit zum Ausdruck bringt). Und darüber hinaus auch etwas Rücksicht auf Empfindlichkeiten nimmt - also darauf, dass insbesondere in anderen Kulturen etwas gar nicht respektlos gemeintes (womöglich gar im Gegenteil wie die Tätowierung der erwähnten Britin) so aufgefasst werden kann.


    Darauf wollte ich aufmerksam machen - nicht solche Vorbehalte gut heißen. Ist schließlich nur Tinte auf einer wenig haltbaren Oberfläche.


    Trotzdem würde ich empfehlen, speziell den Aspekt 'Körperschmuck' (bzw. Deine Einstellung dazu) gründlich zu prüfen. Es hat schon eine Bedeutung, dass Buddha mit so langen Ohrläppchen dargestellt wird. Da hing mal Schmuck ...


    Entscheidend ist natürlich, was es für Dich bedeutet. Wenn das Mantra des Avalokiteśvara in Deinen Herz-Geist eingeschrieben ist - für wen ist dann das Zeichen auf Deiner Haut? Wenn dieses Zeichen Dich jeden Morgen, wenn Du es seitenverkehrt im Spiegel siehst, an Deine Praxis von karuṇa erinnert und das für Dich hilfreich ist - okay. Aber da täte es auch ein kleiner Notizzettel mit dem Mantra am Spiegel. Die Praxis, an die die Zeichen erinnern, macht die Zeichen mit der Zeit überflüssig. Dann kann man das mit dem Notizzettel bleiben lassen. Die Tätowierung bleibt, auch wenn sie ihren Sinn verloren hat. Ein Souvenir an vergangene Zeiten.

    In Indien und Südostasien sind Tätowierungen vor allem im Kontext von Naturreligionen und Hinduismus weit verbreitet, z.T. auch mit buddhistischer Ikonographie. Dass solche Tätowierungen von buddhistischen Mönchen ausgeführt werden, ist allerdings lediglich eine lokale Tradition bei Khmer und Mon (also in Kambodscha, Zentral- und Nordthailand), keine theravada-buddhistische Praxis. Es sind Synkretismen mit ihren Wurzeln in vorbuddhistischen magischen Praktiken. In Myanmar oder Sri Lanka, den ‚klassischen‘ Theravada-Ländern, ist dies nicht üblich. Dazu der Hinweis, dass es sich fast immer (die erwähnten 'buddhistischen' Sak Yants sowieso) um Schutztätowierungen handelt; sie haben also eine ähnliche Funktion wie Amulette und sind kein Körperschmuck.


    Die genannten traditionellen Yants werden in neuerer Zeit zunehmend von Amerikanern und Europäern als exotischer Körperschmuck missbraucht. Dass dies nicht Sinn eines Yants ist, zeigt schon die Tatsache, dass Yants statt mit Tinte auch mit Öl ausgeführt werden können. Die Tätowierung ist dann nach Abheilung der Haut unsichtbar. Unsichtbare Yants werden vor allem von Frauen vorgezogen - eben weil sie durchaus nicht als ‚Schmuck‘ angesehen werden und auch nicht angesehen werden sollen. Wäre doch eine Alternative, so ein unsichtbares Tattoo, oder? Es geht Dir ja wohl nicht um's Vorzeigen ...


    Übrigens: speziell in Sri Lanka wurde vor ein paar Jahren eine britische Touristin wegen eines auf den Oberarm tätowierten Buddhas festgenommen, bis zur Verhandlung eingesperrt und dann ausgewiesen und mit einem Einreiseverbot bestraft. Nun ist ein Bild sicher etwas anderes als ein Mantra (das nicht jeder lesen kann) - trotzdem würde ich in traditionell buddhistischen Ländern ein 'buddhistisches' Tattoo allenfalls im Bade- oder Schlafzimmer enthüllen und es bzw. mich in der Öffentlichkeit bedeckt halten. Man hat dort idR wenig Verständnis für diese Art "kultureller Aneignung".


    In Mahayana-Ländern sind Tätowierungen grundsätzlich problematisch, insbesondere bei einer Ordination. In China, Korea und Japan werden Tätowierungen traditionell mit dem Milieu der Unter- und Halbwelt in Verbindung gebracht (wie bei uns ja früher auch). Religiöse Tätowierungen gibt es in Japan nur bei Ainu-Frauen, allerdings ohne buddhistischen Kontext. Dazu zwei bezeichnende Beispiele - in beiden Fällen handelt es sich um Amerikaner, einen Mann und eine Frau. Der Mann hatte zwei Tätowierungen und vor seiner Ordination verlangte sein Lehrer (ein Nyingma-Lama) von ihm, diese mit dem Text eines Mantras von einem Tätowierer ‚überschreiben‘ zu lassen. Sinn der Sache war offensichtlich, die schmückende Funktion der Tätowierungen aufzuheben - sowohl ästhetisch als auch ‚magisch‘. In Deinem Fall hieße das: wenn schon Tätowierung, dann lass sie von einem Pfuscher machen, so dass sie wenigstens möglichst unästhetisch aussieht. ;)


    Die Frau ist heute Bhikshuni (Nonne) des koreanischen Chogye-Ordens. Voraussetzung dafür war u.a., dass sie sich zunächst ihre drei Tätowierungen entfernen ließ - mit diesen hätte man sie nicht ordiniert.