Beiträge von void im Thema „Zen und Philosophie-Studium - passt das zusammen oder ein Widerspruch?“

    Ich denke, es ist auch eine längerfristige Sache die sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten anders beantwortet. Auch wenn man z.B ein Instrument lernt, kann es ja sein, dass man zunächst überfordert und verwirrt ist, aber man sich, wenn man das Medium erstmal gemeistert hat, man sich darin anstrengungsfrei und ruhig bewegt wie ein Fisch im Wasser.


    Von daher kann es ja sein, dass ein Studium zunächst mal etwas sowohl Anregendes als auch Verwirrendes ist, langfristig aber sogar eine Stütze ist. Ich finde es schön, wie Leute die eine Geisteswissenschaft beherrschen strukturiert denken und argumentieren. Tiefgründigkeit kann je bewirken, dass das Wasser klarer wird.

    Ich kann es nachvollziehen, dass Ludwig Wittgenstein vor der Philosophie floh und zunächst als Volksschullehrer arbeitete und dann sogar als Gärtner der im Schuppen schlief:

    Die Arbeit als Gärtner rahmte nicht nur chronologisch, sondern auch psychologisch gesehen Wittgensteins Zeit als Volksschullehrer ein. Von der einfachen körperlichen Arbeit erhoffte er sich eine therapeutische Wirkung – was er vor und nach seiner Lehrtätigkeit bitter nötig hatte. Nach Abschluss der Lehrerbildungsanstalt ging er daher im Sommer 1920 als Gärtner ins Stift Klosterneuburg bei Wien. Im August schrieb er von dort an seinen Freund Paul Engelmann: „Die Gartenarbeit war gewiß das Vernünftigste, was ich in den Ferien habe machen können. Wenn die Arbeit am Abend getan ist, so bin ich müde und fühle mich dann nicht unglücklich

    Ich glaube es ist ein Unterschied, ob man den ganzen Tag denkt, oder ob man gärtnert.

    Wenn man schaut wie sich die unterschiedlichen buddhistischen Schulen der Befreiung annähern, dann ist doch Chan - obwohl er so unglaublich viele Texte produziert hat - eher für eine Herangehnsweise bekannt , die nicht so sehr von den Worten als von der Praxis ausgeht.


    Der Mythos ist ja der, dass Buddha eine Blume hochhält und so den Grundstein für eine direkte Übertragung des Dharma jenseits von Texten legt. Und zum fünften Patriarch wird ja Huineng, der ungebildete, analphabetische Holzsammler aus dem verachteten Süden, während die wahrscheinlich aus besseren Familien stammenden und besser gebildeten Konkurrenten das Nachsehen hatten. Natürlich ist das ein Mythos und in der Zen Geschichte gab es sehr gelehrte Lehrer aber man kann da bestimmte Werte ablesen.


    Wenn es also darum geht mit einem unverfälschten Anfängergeist an die Sache heranzugehen, dann kann ja eine breite Bildung genau dazu führen, dass man in seinem Kopf Kategorien hat, in die man das einordnen kann, und einem so das unmittelbare Staunen und die Verduztheit verwehrt bleibt. Statt dass man vor den Kopf geschlagen ist wie der Dümmste der Dummen, denkt man sich "Oh, ein Diogenes-Move" oder "Eine Prarphrase von Laozi in Vers wasnochmal" und versäumt seinen Einsatz.

    Philosophie hat so etwas janusköpfiges.


    Idealerweise führt Philosophie zu Erkentnissen, die es schaffen, die Welt einfacher auf den Punkt zu bringen. Dieses Reduzieren passt gut mit Zen zu sammeln.


    Aber mir kommt es so vor, als gelingt dies nur punktuell und all die Versuche, Dinge auf den Punkt zu bringen führt real zu einer Vervielfältigung von Denkweisen und Konzepten. Und gerade als Student ist man dann mit einem ganzen Baum an Denkweisen und Konzepten konfrintiert von denen erwartet wird, dass man ihnen bis zu den feinsten Verästelungen folgt


    Ich sehe da die Gefahr, dass man da dann zu einem Liebhaber der Konzepte wird und in deren Verfielfältigung schwelgt, statt immer wieder wegzulassen und zum Grundlegenden und Einfachen zurückzukehren.


    Darin sehe ich die große Herausforderung.