Beiträge von Hendrik im Thema „Sind die klassischen Texte insgesamt für jeden Buddhisten verbindlich?“

    Sollte ich diese geschichtlcihe Entwiklung und die auch so wie kulturelle Anpassung so interpretieren, dass es überhaupt keinen Buddhismus gibt? Nur so wie Sammelsurium unter einem "Aufkleber": "der Buddhimus" :?: Hm? :?

    Dass es deshalb „keinen Buddhismus gibt“ sagt wer? Ich wundere mich immer wieder, zu welchen haarsträubenden Schlüssen so mancher gelangt, wenn wir uns den alten Texten mal anders nähern. Kein Wunder, dass dann Widerstand entsteht. Der ist dann wohl nicht in der Sache selbst begründet.


    Das hatte ich bereits getan. Schau den dritten oder vierten Post von mit in diesem Thread.


    Wenn Du dazu noch etwas lesen möchtest, dann gern das hier - vieles davon stammt von Prof. Zimmerman, Zentrum für Buddhismuskunde an der Uni Hamburg, mit dem ich mich kürzlich, ich glaube es war Anfang des Jahres, unterhalten habe:


    Es gibt bereits eine Lücke zwischen der Aufnahme einer mündlichen Überlieferungstradition und dem tatsächlichen Geschehen. Buddha soll immerhin 40 Jahre lang gelehrt haben und er habe in Opposition zu den Brahmanen nicht gewollt, dass seine Lehren aufgeschrieben werden. In so einer Lücke kann viel verloren gehen.

    Erst nach seinem Tode habe sein Schüler Ananda auf dem ersten Konzil alle Lehrreden des Buddha aus 40 Jahren auswendig hersagen können, so der Gründungsmythos. Aus 40 Jahren(!) Auswendig (!). Daraus sei der Kanon entstanden. Das weckt in mir Zweifel. Wer kann denn sowas? War Ananda zufällig ein hochbegabter Asperger-Autist? Da haben wir aber Glück gehabt!

    Ananda habe dann beim ersten Konzil die Lehrreden hergesagt, so dass andere Mönche sie ebenfalls auswendig lernen konnten. Ob es das erste Konzil überhaupt gegeben hat, weiß niemand. Meines Wissens ist erst das Konzil unter Ashoka (253 oder 250 v.u.Z.) historisch gesichert. Möglicherweise ist diese ganze Geschichte erst im Nachinein zusammengezimmert, um die Authentizität der Texte zu belegen.

    40 Jahre lang Lehre kann auch bedeuten, dass Buddha in den 30igern, als junger Asket, etwas anderes gelehrt hat, als als Greis. Zumal er sich wohl auch immer wieder an Streitgesprächen mit anderen Gruppen und Gurus beteiligt hat. Wenn man da nichts dazu lernt, wäre das ja traurig. Was ist in diesem Szenario dann authentisches Buddhawort? Das des jungen Asketen oder das des greisen erfahrenen Religionsgründers? Wird sich nach 40 Jahren überhaupt noch jemand an die Lehren des jungen Buddha erinnern und nicht doch ausschließlich an die letzten Lehren des greisen, etablierten Buddha (...außer vielleicht Ananda-Superhirn)?

    Buddha hat wohl in einem altindischen Dialekt gesprochen. Bis zur schriftlichen Fixierung musste es mindestens zwei Übersetzungsszenarien gegeben haben: Vom Ursprungsdialekt in einen uns unbekannten Dialekt und dann in Pali (lt. dem Linguisten Oskar von Hinüber). Bei so einem Szenario müssen wir mit deutlichen Bedeutungsverschiebungen vieler zentraler Begriffe aus der Ursprungslehre rechnen.

    Die Texte wurden etwa 20 Generationen mündlich überliefert, 20! Wenn sich da an den Texten nicht irgendwas verändert hat, würde mich das doch sehr wundern. Zumal es meines Wissens ganz zu Anfang im frühesten Buddhismus noch keine Klosterinfrastruktur gab, die institutionalisiert eine authentische Übertragungstradition hätte sicherstellen können. Wir können nicht sagen, ob es eine kontrollierte Überlieferungstradition gab, oder jeder halt das weitererzählt hat, wie er meinte, das es richtig sei. Man kann an vielen Texten sogar zeigen, dass es verschiedene Versionen und Entwicklungsstufen gibt. Ein Beispiel: Frauwallner, glaube ich, war es, der schrieb, dass die Lehre von den 12 Gliedern des bedingten Entstehens auf zwei verschiedene Versionen zurückgeht, eine 5-gliedrige und eine 7-gliedrige. Die hat irgendwann halt mal irgendjemand zusammengefasst und als authentisches Buddhawort verkauft. Auch die Vier Edlen Wahrheiten gelten bei einigen Buddhologen als komponiert und nie in dieser Form von Buddha gelehrt.

    400 oder 500 Jahre dauerte es bis zu den ersten Texten. Versetzen wir uns heute so weit zurück, wären wir im 15. Jahrhundert. Das wäre, als hätten wir uns bis heute die Abenteuer eines Martin Luther lediglich erzählt, bis gestern dann plötzlich jemand auf die Idee gekommen ist, die mal anzufangen aufzuschreiben. Liest man heute alte Kirchenbücher aus dem 17. Jahrhundert, sind die schon fast unverständlich. Wenn man sie verstehen will, muss man eine umfassende Interpretationsarbeit leisten. Wird man alles so rekonstruieren können, wie es mal gemeint war?

    Durch die späte Fixierung der Pali-Schriften, muss davon ausgegangen werden, dass sie nicht nur die Lehren einer Schule enthalten, sondern von vielen frühen Gruppen, die das Buddhawort in ihrer eigenen Weise, zum Teil sich widersprechend, interpretiert haben. So finden wir im Palikanon viele historische Schichten nebeneinander – sogar einzelne Sutten können aus mehreren Überlieferungschichten unterschiedlicher früher Traditionen bestehen. Wer will entscheiden, was davon authentisches Buddhawort ist und was nicht? Welche Gruppe hatte in ihrer Interpretation recht?

    Religionsgeschichte ist immer auch Mentalitätsgeschichte. Man kann nach 2.500 Jahren schlicht nicht mehr sagen, was genau gemeint war. Ein Beispiel dazu: Während der deutsche Kulturkreis explizit ist, d.h., bei uns gilt es als notwendig, die Dinge auszusprechen, möglichst konkret zu benennen, wie sie sind, sind andere Kulturen implizit, "kontextreich" nennt man das. Da werden die wichtigen Informationen zwischen den Zeilen transportiert. Das ist im Zusammenhang von rein müdlicher Kommunikation, mündlicher Lehre, wie sie Buddha zugeschrieben wird, besonders wichtig. Hier transportieren Gestik, Mimik und Tonfall die Botschaft mindestens mit. Auf die Frage, "Geht es Dir gut?" Kann man immer antworten, "Ja, danke, sehr gut!". Durch die Betonung der Worte und andere, nonverbale, Zeichen, kann aber das genaue Gegenteil gemeint sein und der Gesprächspartner der selben Kultur weiß dies zu deuten. Ein Kulturfremder aber nicht. Schreibt man das dann auf, bleiben alle möglichen Bedeutungsnuancen auf der Strecke. Du kannst nur die explizite Bedeutungsebene aufzeichnen.

    Manchen Buddhologen gelten die Palitexte als rein hagiografisch, d.h. als den Religionsgründer verherrlichend. Johannes Bronkhorst meint, dass die Palitexte nicht Buddhawort seien, aber Buddhawort enthalten. Wer will da entscheiden, was authentisches Buddhwort in einer Sutta sein könnte und was Hagiografie?

    Das brauche ich nicht anzuschauen. Es ändert ja auch nichts an meiner Feststellung. Ich finde das offen gesprochen unmöglich und muss wohl einen Platz finden wo man nicht so aburteilen will.


    Es geht ja nicht darum, etwas herabzusetzen (die von Dir zitierten Stellen meiner Posts sind übrigens aus dem Zusammenhang gerissen), sondern darum, Klarheit herzustellen.


    Ist Klarheit für dich das: die klassischen Texte werden von der buddh Community so gelesen wie von einem evangelikalen Christen die Bibel? Ich denke es gibt da eben solche und solche. Unvoreigeneommene Textgläubigkeit gibt es überall aber nicht alle lesen diese Texte so.


    Schau, allein hier im Forum heißt meisst: „Buddha hat dies gesagt…“, „Buddha hat das gesagt…“. Hat er wahrscheinlich eben nicht! Vielmehr ist es das, was viele Generationen danach meinen, was Buddha das gesagt habe.


    Und ich bin mir sicher, dass es sehr reflektierte Buddhisten gibt, die sehr wohl wissen, dass, wenn sie sagen „Budddha hat gesagt…“, sie nicht Buddhawort wiedergeben. Es erzeugt beim Leser aber einen falschen Eindruck. Dann gibt es sehr reflektierte Buddhisten, die wirklich davon überzeugt sind, in den klassischen Texten, originales Buddhawort zu lesen. Den muss ich leider sagen: Religionswissenschaft sieht das begründet anders. Und dann gibt es jene, die sich nicht gut auskennen und deshalb die Pali-Texte für Original-Buddhawort halten.


    Das ist die Klarheit, die ich meine.



    Nachtrag: Und da muss sich dann auch niemand angegriffen fühlen.


    Es geht ja nicht darum, etwas herabzusetzen (die von Dir zitierten Stellen meiner Posts sind übrigens aus dem Zusammenhang gerissen), sondern darum, Klarheit herzustellen.


    Du empfindest Unwohlsein bei diesem Unterfangen? Vielleicht magst Du dieses Unwohlsein genauer beschreiben. Musst Du nicht. Du bist natürlich frei, Dir einen anderen Platz zu suchen.

    Nur die bud. Community liest die Texte noch wie ein evangelikaler Christ seine Bibel: Als wörtliches Zeugnis des Religionsgründers.


    Das ist kurz und knapp eine nicht zutreffende Unterstellung und Simplifizierung der Praxis mancher Christen nur um gewisse buddhistische Texte zu disqualifizieren. Durchschaubar und vollkommen unnötig.


    Eigentlich bin ich gerade im Urlaub und kann mich deshalb nur eingeschränkt beteiligen.


    Die genannte Einschätzung ist weder eine „nicht zutreffende Unterstellung“ noch handelt es sich um eine „Simplifizierung der Praxis mancher Christen.“


    Zunächst schauen wir uns das Werk „Die Authentizität der Frühbuddhistischen Texte“von Bhikkhu Sujato und Bhikkhu Brahm an, das eine weite und prominente Anhängerschaft hat, z.B. Bhikkhu Bodi. Hier wird zu beweisen versucht, dass die meisten Lehrreden in den Sammlungen wörtliche Buddharede sind.


    Zum Vergleich, wie evang. Christen ihre Bibel lesen, kann man sich zum Beispiel mal „Bibel TV“ ansehen. Man wird schnell Parallelen entdecken.


    Es geht mir nicht darum bud. Texte zu „disqualifizieren“, sondern allein um Klarheit.


    Ich bitte doch darum, nicht mit Unterstellungen zu arbeiten. Vor allem dann, wenn man zunächst selbst empört meinte, man habe es mit Unterstellungen zu tun. Letzteres dürfte nun ja ausgeräumt sein.

    Genau Anna Panna-Sati , zum Ausgangsthema.


    In den klassischen Texten finden wir Lehren, die

    1. nicht zeitgemäß sind, etwa zum Thema Gender oder Queerness
    2. oder etwa sich wiedersprechende Aussagen, z.B. zu Karma: Einmal heisst es, dass konkrete Taten zu klaren konkreten Konsequenzen führen, an anderer Stelle wird genau das Gegenteil gesagt, dass man dies nicht feststellen könne.
    3. Oder es finden sich fantastische Erzählungen, etwa über die Umstände der Geburt Buddhas, die eindeutig herbeigesponnene Märchen sind: Buddha sei aus der Seite seiner Mutter geboren und nicht durch das weibliche Organ, das eigentlich dafür zuständig ist.
    4. Dann gibt es da die ganzen nachträglichen Bearbeitungen, die der Überlieferungsgeschichte geschuldet sind.


    Wie geht ihr damit um? Ein paar Antworten haben wir schon erhalten:

    • Man hält alles für wahr - auch die abseitigsten Berichte. Man müsse den Kanon schon als ganzes Annehmen, sonst sei man nicht auf dem richtigen Weg.
    • Man hält das alles für nicht so wichtig, weil wahre Erkenntnis nur aus Innerlichkeit erwächst.
    • Es ist wichtig, sich mit den Widersprüchen, der Überlieferungsgeschichte und dem Sitz im Leben der alten Texte zu beschäftigen, um zu einer relevanten Interpretation für das Heute zu gelangen.


    Ich glaube, das waren die drei Positionen dazu, die bisher aufgepoppt sind.


    Und Ihr so?

    Zur heutigen Diskussion möchte ich noch beisteuern, dass Weisheit durch Meditation entsteht und zwar durch korrekte Meditation. Meditiert man falsch kann das ja schädigend sein und die Leute erlangen statt Klarheit eine dumpfen verblendeten Geist. Und so habe ich es gehört gibt es im Buddhismus drei Arten von Weisheit. Die unterste Stufe ist gewöhnliches Alltagswissen, die zweite Stufe habe ich mir leider nicht gemerkt. Die dritte Stufe ist Weisheit über die transzendetalle Wirklichkeit. Also zum Beispiel Gedanken erschaffen deine Realität aber das halt mit deutlicher tiefe.


    Das ist nur halb richtig. Der Pfad ist dreiteilig: Versenkung, Ethik, Weisheit. Ohne Weisheit klappt es mit der Meditation und der Ethik nicht, ohne Ethik klappt es mit der Weisheit und der Versenkung nicht, ohne Versenkung klappt es mit der Ethik und der Weisheit nicht. Die drei Glieder bedingen sich gegenseitig.

    Das ist Unsinn. Es gibt die Wirklichkeit außerhalb von uns. Das Subjektive ist lediglich das unvollkommene Abbild dieser Wirklichkeit. Nur die bud. Nur-Geist-Schule bestreitet das. Und die können wir als Irrweg freundlich beiseite legen.

    Nun wird vieles von dem klar, was Du zuvor gesagt hast, und der Thread mündet unmittelbar in die Diskussion darüber, was unter shunyata zu verstehen ist und wie diese Sicht, die sicher nicht nur die Cittamātra-Richtung als verbindlich für die buddhistische Lehre bezeichnet, in Relation zur Behauptung einer "objektiven" Wirklichkeit "außerhalb" von uns steht. Das wäre aber OT.

    Nein, mein Lieber, mit Shunyata hat das nichts zu tun. Das Prinzip der Leerheit wird davon nicht berührt.

    Wie gesagt, das Subjektive ist IMMER störanfällig.

    Es gibt in letzter Konsequenz nichts anderes. Darüber hinaus gibt es mehr oder weniger valide Konstruktionen, Annahmen und Ableitungen innerhalb der subjektiven Welterfahrung –> Ansichten eben. Und wie störanfällig erst diese "objektiven" Sichtweisen sind, sehen wir eindrücklich in der Geschichte der Ansichten.


    :grinsen:


    Das ist Unsinn. Es gibt die Wirklichkeit außerhalb von uns. Das Subjektive ist lediglich das unvollkommene Abbild dieser Wirklichkeit. Nur die bud. Nur-Geist-Schule bestreitet das. Und die können wir als Irrweg freundlich beiseite legen.


    Objektive Sichtweisen sind nicht "störanfällig", sondern in der Weise um fluss, dass sie sich ausdifferenzieren und damit immer perfekter die Wirklichkeit beschreiben.

    Man kann sie nur subjektiv erfahren, auch wenn man sie aus dritter Hand möglicherweise intellektuell verstehen kann.

    Wie gesagt, das Subjektive ist IMMER störanfällig. Dies scheinst Du nicht akzeptieren zu wollen.


    Du verwechselst Wissen und Weisheit. Das eine kann zum anderen führen, führt aber meist eher zum Festhalten an Ansichten.

    Unter anderem aus Wissen wächst Weisheit.



    Wir haben hier offenbar völlig andere Zugänge. Wichtig ist, den des anderen zu respektieren.


    Mein lieber Thorsten Hallscheidt , eine reine Innerlichkeit kann der Weg nicht sein. Das Subjektive ist immer störanfällig, sei es in der Sinneswahrnehmung, in den gedanklichen und affektiven Verarbeitungen und auch in den Erinnerungen.


    Deshalb ist Erkenntnis durch reine Innerlichkeit eine Fiktion. Nicht umsonst ist der buddhistische Pfad dreigeteilt: Versenkung, Ethik UND Weisheit! Weisheit wird hier u.a. durch den religionswissenschaftlichen Zugang repräsentiert. Er liefert nicht nur "einiges Interessantes und Erhellendes", er ist aus meiner Sicht zwingender Teil des buddhistisachen Pfades


    Die Annäherung an das Objektive, die Du hier weitgehend ablehnst, wenn ich Dich richtig verstanden habe, ist eigentlich eine Annäherung an die Wirklichkeit unter Berücksichtigung der subjektiven Irrtümer. Sie ist zwingend notwendig. Die Daseinsmerkmale Anatta, Dukkha und Anicca kann man sich schwerlich rein subjektiv erschließen. Schließlich verleitet ja unsere Subjektivität häufig zu der Annahme eines eigenen Selbst und auch zu Idealvorstellungen.

    Ich finde wir haben das Anfangsthema nie verlassen. Zumindest bei dem was ich schreibe.


    Aber wenn wir jetzt den Thread schließen dann lernt keiner daraus.


    Tatsächlich macht es wenig Sinn, dass wir zwei weiter diskutieren. Du beharrst auf Deine Glaubensinhalte und weist alle anderen Zugänge als minderwertig zurück. Da gibt es dann keine gemeinsame Ebene.


    Es bleibt der Appell, über Deinen Tellerrand hinauszublicken. Schau mal, wie viele verschiedene Schulen es gibt:

    Ich will nicht diskutieren. Was gäbe es für dich denn zu diskutieren?

    Zum Beispiel ob es irgendeine Bedeutung für Dich hätte, würdest Du anerkennen, dass die sog. Vier Edlen Wahrheiten in dieser Form vom historischen Buddha gar nicht gelehrt wurde.


    Aber wenn Du das nicht diskutieren möchtest, ist das auch okay. Nur ist das halt das Thema dieses Threads.

    Ist das für dich die Wahrheit das Buddha nicht die vier edlen Wahrheiten gelehrt hatte oder möchtest du nur so tun als ob er sie nicht gelehrt hätte und schauen was passiert?


    Du unterstellst, es gehe um Provokation. Tatsächlich geht es um Klarheit. An dieser Stelle dazu auch für Dich das Batchelor-Zitat:


    "Ich Rätsel seit langem, warum Buddhisten aller Traditionen sich ohne Zögern als Anhänger des Buddha bezeichnen und dennoch die Diskurse ignorieren oder verunglimpfen, die höchstwahrscheinlich zu ihm zurückführen.“


    Wir sind immer noch auf der persönlichen Ebene. Ich würde mich freuen, wenn wir auf die Sachebene zurückkehren.


    Mein Lieber, Du wirfst da einiges auf, das der Gegenrede und der Klarstellung bedarf. Gehen wir das nach und nach durch.


    „Aber deine Frage ob klassische Texte für Buddhisten verbindlich sind schreit meiner Meinung danach ob du etwas auslassen willst...“ Ich bin mir sicher, dass Du auch „etwas auslassen willst“, was in den klassischen Texten zu finden ist. Oder glaubst Du zum Beispiel wirklich daran, dass Buddha durch die rechte Seite seiner Mutter empfangen und auch geboren wurde, wie überliefert?


    „…und das wiederum bringt mich zur Frage ob du deinen Weg schon gefunden hast.“ Man muss also an alles(!) aus den klassischen Texten glauben, um in Deinen Augen als Buddhist zu gelten? Zum Beispiel auch an die oben genannte Geschichte?


    „Ich sehe es auch kritisch sich über Religionswissenschaft dem Buddhismus zu nähern. Eben wegen der Dinge im vorherigen Post aber auch weil ich mittlerweile manche westlichen Herangehensweisen für fragwürdig halte.“ Es ist völlig irrelevant, ob Du das für fragwürdig hältst oder nicht. Es sagt nichts über die Qualität dieses Zugangs aus. Ich sehe es kritisch, wenn man einen kritischen Zugang kritisch findet und möchte dazu mit einem Zitat von Stephen Batchelor antworten: "Ich Rätsel seit langem, warum Buddhisten aller Traditionen sich ohne Zögern als Anhänger des Buddha bezeichnen und dennoch die Diskurse ignorieren oder verunglimpfen, die höchstwahrscheinlich zu ihm zurückführen. Lieber legen sie ihm Sprüche und Ansichten in den Mund, die Jahrhunderte nach seinem Tod entstanden sind, betrachten mythische Darstellung seines Lebens als Biographie und akzeptieren ein lächerlich idealisiertes Bild dessen, wie er ausgesehen haben soll."


    „Auch weil es sich bei näherer Betrachtung als verwirrt darstellt. (…) Ein Ziel der buddhistischen Praxis ist ja Klarheit im Denken.“ Eben. Und für diese Klarheit sorgt aus meiner Sicht ein naiver Zugang meist nicht. Man muss schon genau hinsehen, um Klarheit zu erlangen.


    „…und frage mich wie die das sein kann da ja die Essenz des Buddhismus alles schlechte vermeiden, gutes tun und den Geist kultivieren ist.“ Das ist Deiner Ansicht nach „die Essenz“ des Buddhismus? Das dürften viele Buddhisten aller Traditionen anders sehen.


    „Ich denke in einem Buddhistischen Forum hat so eine Despektierlichkeit nichts verloren.“ Es ist aus meiner Sicht respektlos, die eigene Sicht als die einzig wahre zu sehen. Das wird der unfassbaren Vielfalt, in der sich der Buddhismus auf der Welt zeigt, in keiner Weise gerecht. Ich kann Dir nur raten, über Deinen Tellerrand hinauszuschauen und diese Vielfalt zu entdecken. Es wirkt befreiend. Und diese Vielfalt ist es, die sich hier in diesem Forum findet. Es ist also alles genauso, wie sein sollte und es ist gut so. 🙂🙏


    Schau, Bernhard_Shaolin , es gibt viele Zugänge zum Buddhadharma. Du favorisierst offenbar eher den Zen-Weg, der mehr auf unmittelbare Erfahrung beruht und traditionell einer Scholastik kritisch gegenüber steht. Theravada dagegen basiert stark auf dem Studium der klassischen Texte. Mein persönlicher Zugang ist der über die Religionswissenschaft und Vipassana.


    Man muss anerkennen, dass es verschiedene Zugänge gibt und andere Zugänge nicht abwerten. „Du scheinst doch der Buddhalehre nicht zu vertrauen“ zu schreiben, weil da ein anderer Zugang ist, als Dein eigener, ist inakzeptabel.


    Die Methodik ist stimmig und ich kann einzelne Argumentationen nachvollziehen - vor allem, wenn sie linguistischer Natur sind. Der Apparat der historisch-kritischen Methode ist mir mehr als vertraut.


    Wollen wir auf der Sachebene weiter diskutieren?

    Das ist eine interessante Reaktion, lieber Bernhard_Shaolin . Ich referiere den Stand religionswissenschaftlicher Forschung


    Einen Teil davon zumindest. Aber was sagst du, wenn du nicht nach Hörensagen gehst, was ist dein eigenes Urteil über beispielsweise die mittleren Lehrreden denen 'die religionswissenschaftliche Forschung' in Teilen ja durchaus (wenn man solche Facetten 'der religionswissenschaftlichen Forschung' annehmen möchte) zugesteht, dass sie die Reden einer (einzigen) Person sind?


    Oder ist es deine Absicht lediglich die Gedanken anderer zu präsentieren? Und dann ... was ist der Sinn, Gedanken anderer wiederzugeben?


    Als Religionswissenschaftler kann ich die Argumentationen der Kollegen sehr gut nachvollziehen und beurteilen. :)


    Das ist eine interessante Reaktion, lieber Bernhard_Shaolin . Ich referiere den Stand religionswissenschaftlicher Forschung und man fühlt sich "unwohl" und fragt daraufhin den Referenten, ob er Zwiespalt sähen wolle. Desweiteren stellt man die spirituelle Kompetenz des Referenten in Frage (Bei dem scheint was nicht zu stimmen), statt sich auf der Sachebene mit den Vorgetragenen auseinanderzusetzen.


    Darf ich fragen, warum Du Dich "unwohl" fühlst und Dich nicht bereit finden kannst, Dich mit dem Vorgetragenen auseinanderzusetzen?


    Das ist nun eine persönliche Frage und fast schon OT – aber dieses Unwohlsein und die darauf folgende Reaktion dann doch so typisch, dass es diskutiert werden könnte. Du musst darauf aber nicht antworten, Bernhard_Shaolin .

    Was mir langsam unklar wird ist dass jemand alle Traditionen in ein Forum einlädt um ihnen dann rigoros und auch mit groben Worten entgegenzutreten.

    Lieber mukti, was mir nicht klar ist, ist, warum es manchen so schwer fällt, zwischen den einzelnen Foren/Gruppen zu unterscheiden: Hier diskutieren wir doch gerade in "Buddhismus kontrovers". Das bedeutet, dass frei und offen alle unterschiedlichen Positionen beleuchtet werden können, ohne dass sich jemand persönlich, etwa in seinen tiefsten, für ihn wichtigsten Glaubensvorstellungen, angegriffen oder zurückgewiesen fühlen muss.


    Du hast die Freiheit, Dich hier nicht zu beteiligen, wenn Dir das zu viel ist. Niemand würde Dir das Unwohlsein vorwerfen. Dann tauschst Du Dich in den traditionsgebundenen Foren/Gruppen hier, etwa "Theravada Buddhismus", aus. Das sind geschütze Räume. Darum haben wir "Buddhismus kontrovers" ja eingeführt, um diese geschützten Räume anbieten zu können, ohne die für die Entwicklung des Buddhsimus so wichtigen kritischen Diskurse beschneiden zu müssen.


    In anderen Foren werden solche Diskussionen ja komplett unterdrückt und Zensur ausgeübt. Das führt dann zu einer unschönen Meinungsdiktatur. Das wird es hier nie (nicht mehr) geben.


    Ganz genau, mein Lieber. In Diskussionen erlebe ich aber oft das Gegenteil. Eher abseitige dogmatische Vorstellungen werden mit Hinweis auf die Texte, "Das steht da schließlich schwarz auf weiß", gerechtfertigt.

    (...)

    Würde man letzeres praktizieren, manche Diskussion um Inhalte würde höflicher verlaufen,

    (...)

    Ohne abwertende Begriffe wie "Schmarrn" würden Diskussionen auch höflicher verlaufen, wenn das deine Motivation hinter dieser Unterhaltung hier ist.

    Es ging ja um die Aussage in MN135. Die dort ausgebreitete Vorstellung müsste man mit noch viel stärkeren Worten als "Schmarrn" zurückweisen, weil sie – buddhistisch gesprochen und damit sehr sehr zurückhaltend kritisiert – "unheilsam" sind.

    Nur die bud. Community liest die Texte noch wie ein evangelikaler Christ seine Bibel: Als wörtliches Zeugnis des Religionsgründers.

    Autsch! :eek: Nee, mal im Ernst - die Sutten des Palikanon halten im Westen wohl nur noch wenige beinharte Theravadin allen Ernstes für authentisches buddhavacana - 'Wort Buddhas'. Nicht zuletzt dank textgeschichtlicher Untersuchungen von Theravada-Ordinierten wie etwa Bhikku Anālayo.

    Das, mein lieber Sudhana, nehme ich komplett anders wahr. Es wäre ja schön, wenn es breit durchgedrungen wäre.


    Beispiele:


    In der Diskussion um Frühbuddhistische Texte bezeichnen Bhikkhu Sujato und Bhikkhu Brahmali alle Texte, denen ein "So habe ich gehört" vorangestellt ist, als authentisches Buddhawort. Bhikkhu Bodhi und viele andere sehen das meines Wissens ebenso. An dieser Wendung erkenne man authentisches Buddhawort.Tatsächlich sind gerade diese Lehrreden komponiert.


    Die Vier Edlen Wahrheiten stellen eine spätere Systematisierung der Lehren dar und wurden von Buddha niemals in dieser Weise gelehrt. Ist das allen hier im Forum und in den Sanghen klar?


    Die gesamte Bio Siddhartha Gautamas (Königssohn, isoliert von der Welt aufgewachsen, die Gründe für seinen Aufbruch in die Hauslosigkeit, seine Suche, das spätere Erwachen unter dem Bodhibaum) ist hagiografische Erfindung. Ist das allen hier im Forum und in den Sanghen klar?


    Es heißt in Diskussionen in 99,99% der Fälle "Buddha hat gesagt", dabei müsste es redlich heißen: "Man sagt, Buddha habe gesagt..." oder, "In den klassischen Texten heißt es, Buddha habe gesagt..." oder "Die Alten sagen, Buddha habe gesagt...". Ist das allen hier im Forum und in den Sanghen zum klar?


    Würde man letzeres praktizieren, manche Diskussion um Inhalte würde höflicher verlaufen, weil sich die Beteiligten darüber im klaren sind, dass wir über Gehörtes aus dritter, vierter usw. Hand sprechen, über eine Interpretation der Lehre und nicht über authentisches Buddhawort.