Beiträge von Thorsten Hallscheidt im Thema „Alter - im Buddhismus“

    Am besten übst du dich jetzt schon ein bisschen darin, dann wird es dir später leichter fallen.... :)

    Ich arbeite schon länger an meiner "Rente". Als Künstler kann man nicht davon ausgehen, jemals viel Geld zu haben. Ich denke, es fällt mir auch leichter, weil ich aus der "Armut" komme, soziale Unterschicht, wie es so schön heißt. Daher ist es ein Zurück-zu-meinen-Wurzeln. Die Fallhöhe ist da eher gering. Freunde von mir, die in behüteten Verhältnissen aufgewachsen sind, haben es da wohl etwas schwerer. Zumindest höre ich immer wieder, dass da die Angst vor einem "sozialen" Abstieg im Alter größer ist. Die Formulierung "sozialer Abstieg" ist seltsam, oder? Dabei steigt man doch nur finanziell ab, wenn man wenig Geld hat. Sozial könnte man sogar aufsteigen, indem man die frei werdende Zeit für Ehrenamt oder politisches Engagement nutzt. Sozialen Abstieg würde ich vielleicht den Leuten zuerkennen, die ihren Reichtum dazu nutzen, die Zukunft der künftigen Generationen zu gefährden. Na ja, anderes Thema.


    Mein eigenes Ende empfinde ich eh als nicht so schlimm. Beklemmend allerdings ist, dass mir schwerfällt, eine gesunde, gute oder überhaupt eine Zukunft für die anderen zu denken, weil diese Zukunft alles andere als gewiss ist. Das unterscheidet unser Altwerden von dem frühere Generationen. Dort konnte man zumindest für den Rest der Welt eine offene Perspektive vermuten, auch wenn man selbst den Würmern gehörte.

    Da ich seit Jahrzehnten selbstständig bin, werde ich nur eine sehr geringe Rente haben. Altersarmut. Als Buddhist ist das für mich eine hilfreiche Entwicklung. Meine Rente besteht darin, meine Lebensumstände und Gewohnheiten so zu verändern, dass ich mit wenig Geld leben kann. Menschen mit wenig Geld haben zudem den geringsten CO₂-Fußabdruck. Da ich als Jugendlicher aber auch immer wieder zwischendurch sehr wenig Geld hatte (arm habe ich mich nie gefühlt), mache ich mir keine großen Sorgen. Diese Zeiten waren nie schlecht – und das, was ich mir leisten konnte, hatte einen umso größeren Wert. Zurzeit haben wir Geld, können mehr Dinge kaufen, wovon nur sehr wenig unverzichtbar ist. Auch gut zuweilen: Überfluss. Das ist nebenbei vielleicht die eigentliche Inflation: Mit zunehmenden Möglichkeiten zur Erfüllung der Wünsche nimmt der Wert dessen, was ich mir alles leisten kann, radikal ab. Darum kann man noch so reich werden, der Wert der Dinge sinkt doch nur umso schneller. Mit wenig Geld nimmt der Wert der Dinge zu. Mit viel Geld nimmt er ab. Unterm Strich ändert sich nicht viel, scheint mir.


    Krankheit wird kommen, Gebrechlichkeit. Ich hoffe, dass ich wach genug bleibe, das als Ansporn zur Befreiung zu nutzen. Am Ende muss ich eh alles loslassen. Das Altern ist ein Weg, dieses Loslassen zu lernen.

    Doch die Älteren, die ich kenne, machen sich auch grosse Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder und Enkel.

    Die meine ich auch nicht. Und klar, jeder in diesem Land (und in den anderen Industrienationen) hat davon profitiert und tut es noch. Es ging aber um "Alte", die zu wenig flexibel sind und zu sehr von ihren Gewohnheiten abhängig, um etwas an ihrem Verhalten ändern zu können oder zu wollen. Wobei ich denke, dass Alter keine gute Begründung ist, um am Status Quo festzuhalten. Junge tun das ebenso, das ist richtig, aber die haben ja nicht einmal die Entschuldigung des Alterns. Es kam das Thema Altersdiskriminierung auf. Daher diese Nebenzweig.

    Es ist aber ein Zeichen von Alter, nicht mehr so flexibel sein zu können (im Denken, Handeln) - Anhaftung an Erinnerungen, Vorstellungen und Gewohnheiten (!) vermittelt ein Gefühl von Kontrolle und Sicherheit.

    Ich habe da nur wenig (eigentlich kein) Verständnis, wenn es um die Zukunft der künftigen Generationen, um Klima-, Umwelt- und Artenschutz geht. Da ist es schlicht verantwortungslos, nicht über die eigene Generation hinauszudenken, weil man seine Gewohnheiten nicht ändern möchte. Es gibt ja auch keinen Straf- oder Verantwortungserlass für andere Vergehen, nur weil jemand über 40 und eingefahren ist.


    Unter "die Alten" verstehe ich übrigens vor allem die, die von Industrialisierung und billiger Energie der letzten Jahrzehnte (inkl. Erbschaften von der Generation davor) ihren derzeitigen Wohlstand auf Kosten einer intakten Umwelt zusammengetragen haben.

    ChatGPT sagt:


    Es ist an der Zeit, dass in der Gesellschaft auch mal das Thema "Altersdiskriminierung"

    Und es ist an der Zeit, dass die Alten die notwendigen Veränderungen nicht mehr blockieren, weil sie ihren Status Quo nicht aufgeben wollen. Kein Wunder, dass die Alten nicht mehr so gerne gemocht werden.

    Als ich jünger war, lag die Vorstellung von einem guten Leben vor mir in der Zukunft. Heute liegt sie immer häufiger in die Vergangenheit. Während ich das gute Leben hatte, habe ich es nicht bemerkt, was daran lag, dass ich es zu allen Zeiten immer woanders gesucht habe. Alt werden: Hoffnung gegen Erinnerung eintauschen. Bekloppter geht´s kaum... :|


    Gegen diese idiotische Veranlagung (oder Krankheit zum Tode) hilft nur Buddhismus.


    Zitat

    Die Sonne scheint so schön und freundlich in mein Zimmer, in dem nächsten steht das Fenster offen. Auf der Straße ist alles still, es ist Sonntag-Nachmittag. Ich höre deutlich eine Lerche, welche draußen in einem der Nachbargehöfte ihre Triller schlägt, dem Fenster gegenüber, wo das hübsche Mädchen wohnt. Weit, weit von hier, aus einer abgelegenen Straße höre ich einen Mann Krabben ausrufen. Die Luft ist so warm, und dennoch ist die ganze Stadt wie ausgestorben. – Da gedenke ich meiner Jugend und meiner ersten Liebe – als ich mich sehnte. Jetzt sehne ich mich nur nach meiner ersten Sehnsucht. Was ist Jugend? Ein Traum. Was ist Liebe? Des Traumes In halt.

    Søren Kierkegaard, Diapsalmata

    Zitat

    Vor seiner Hütte ruhig im Schatten sizt

    Der Pflüger, dem Genügsamen raucht sein Herd.

    Gastfreundlich tönt dem Wanderer im

    Friedlichen Dorfe die Abendglocke.


    Wohl kehren izt die Schiffer zum Hafen auch,

    In fernen Städten, fröhlich verrauscht des Markts

    Geschäft'ger Lärm; in stiller Laube

    Glänzt das gesellige Mahl den Freunden.


    Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen

    Von Lohn und Arbeit; wechselnd in Müh' und Ruh

    Ist alles freudig; warum schläft denn

    Nimmer nur mir in der Brust der Stachel?

    Am Abendhimmel blühet ein Frühling auf;


    Unzählig blühn die Rosen und ruhig scheint

    Die goldne Welt; o dorthin nimmt mich,

    Purpurne Wolken! und möge droben


    In Licht und Luft zerrinnen mir Lieb' und Leid! -

    Doch, wie verscheucht von thöriger Bitte, flieht

    Der Zauber; dunkel wirds und einsam

    Unter dem Himmel, wie immer, bin ich -


    Komm du nun, sanfter Schlummer! zu viel begehrt

    Das Herz; doch endlich, Jugend! verglühst du ja,

    Du ruhelose, träumerische!

    Friedlich und heiter ist dann das Alter.


    Friedrich Hölderlin