Beiträge von Tai im Thema „Cannabis Legalisierung?“

    Kaum beachtet ist im Rahmen der Teillegalisierung auch der Zugang zu medizinischem Cannabis entbürokratisiert und für die Patient*innen erleichtert worden:


    Ist sicher, dass das Cannabis rein war, etwa aus der Apotheke oder legal? Es gibt andere Substanzen ...?

    Der Betroffene im obigen Beispiel berichtet ja, dass es sich um selbstangebautes, also wohl "sauberes" Cannabis gehandelt habe. Man kann hier und da auch noch andere Berichte über Cannabis als Auslöser einer HPPD finden. Und da Betroffene HPPD als eine Art Hölle beschreiben, ist es durchaus angemessen, davor zu warnen wie @Henna01 es weiter oben getan hat.


    Man muss allerdings fairer Weise auch sagen, dass HPPD eine sehr seltene Erkrankung ist und dass unter den bekannten Fällen Cannabis gegenüber Halluzinogenen wie LSD, Psilocybin, synthetischen Cannaboiden oder Ecstasy nochmal deutlich seltener als Auslöser auftritt - vor allem, wenn man dem dann gegenüberstellt, wie häufig Cannabis weltweit konsumiert wird. Trotzdem gibt es vereinzelte Fälle und es macht Sinn, davor zu warnen.


    Womit ich nicht mehr mitgehe, ist, daraus eine Verbotsforderung für Cannabis abzuleiten. Das erscheint mir als unverhältnismäßig. Mit derselben Logik könnte man auch das Verbot von Erdnüssen forden - tödlich für manche Nussallergiker - und überhaupt Nüsse. Auch histaminhaltige und alle glutenhaltige Lebensmittel wie Getreide, natürlich auch Milch und sämtliche Medikamente, bei denen es jemals zu unerwünschten Nebenwirkungen gekommen ist usw. usf.

    Es macht für die meisten Leute einfach keinen Sinn, Cannabis über eine Apotheke zu beziehen. Ausgenommen davon sind natürlich Menschen, den das soziale Netzwerk fehlt, um Cannabis mit einem guten Standard zu beschaffen.

    Stimmt sicher, aber gerade der "gute Standart", also eine gewisse spürbare Wirkung wird eben leider häufig auch über die zugesetzten gefährlichen synthetischen Canaboide erzielt. Nur Dealer mit Stammkunden haben i.d.R. überhaupt ein Interesse an solchen Wirkungsstandarts, da sie ihre Kunden halten bzw. neue Stammkunden hinzugewinnen wollen. Die Gewinnmarge wird gesteigert, indem man einerseits das Produkt massiv streckt und gleichzeitig den Qualitätsverlust mit synthetischen Canaboiden (über-)kompensiert. Die Dealer machen große Gewinne und die Kunden sind zufrieden mit ihrem "guten Standart". Der ehemalige Dealer Banks berichtet im Podcast Grasland z.B. davon, dass seinen Kunden sauberes, also nicht mit synthetischen Canaboiden besprühtes Cannabis einfach nicht wertig genug erschien. Ihnen war dabei natürlich nicht bewusst, woher die "Wertigkeit" kam; soetwas wird von den Enddealern selbstverständlich nicht kommuniziert - sofern diese das überhaupt selber wissen.


    Das "Straßen-Cannabis", das jeder leicht an einschlägigen Orten etwa in Berlin oder anderen Großstädten erwerben kann, ist dagegen teilweise auch einfach nur gestreckt ohne mit synthetischen Cannaboiden "aufgewertet" worden zu sein. Hier geht es für die Dealer i.d.R. um Laufkundschaft, da spielt der Standart keine besonders große Rolle. Schließlich sind auch synthetische Cannaboide ein Kostenfaktor - wenn auch ein geringer.


    Dass Herr Lauterbach den Schwarzmarkt austrocknen will, halte ich angesichts der extremen gesundheitlichen Gefahren besonders

    von Streckmitteln wie Klebstoff, Blei, Glassplittern, Sand, Flüssigplastik, Haarspray oder Dünger, aber auch von synthetischen Cannaboiden für ausgesprochen sinnvoll. Ich kann mir aber nicht vorstellen, wie die beschlossenen Maßnahmen das bewirken sollen. Schließlich wird es ja auch nach der Legalisierung nicht möglich sein, Cannabis irgendwo in Deutschland legal zu kaufen (außer auf Rezept wie schon jetzt). Und selbst Cannabis anzubauen oder in einen der mit limitierter Mitgliederzahl Cannabis anbauenden Clubs einzutreten, halte ich schon für eine hohe Hürde.

    Bei der Legalisierungsdiskussion geht es um das Rausch-Mittel Cannabis, das einen zig-fach höheren THC-Anteil hat als die Hanfpflanze vor 20 ... Jahren

    Dass Cannabis heute meist stärker ist als früher, wurde hier ja schon mehrfach thematisiert. Aber von einem "zig-fach" höheren THC-Anteil zu sprechen, scheint mir doch ein wenig überdramatisiert. Eine aktuelle Untersuchung, die den THC-Gehalt von Marihuana in Deutschland innerhalb des Zeitraums von 2008 - 2021 betrachtet, spricht von einem "leichten Anstieg" der letzten Jahre:


    Zitat
    War etwa bei Blüten im Jahr 2008 noch ein THC-Gehalt von rund zehn Prozent im Durchschnitt üblich, lag der Wirkstoffgehalt der Droge im Jahr 2021 dagegen bei rund 14 Prozent.

    https://de.statista.com/statis…marihuana-in-deutschland/

    Ich vermute, du meinst es nicht so, aber hier von einer "zigfachen" (also mindestens 20-zigfachen oder noch größeren) Erhöhung zu reden, klingt leider ein bisschen nach Dämonisierung dieser Pflanze - die in den vergangenen 100 Jahren schon so häufig und oft wider besseren Wissens demonisiert wurde.


    Eine Steigerung von 10% auf 14% innerhalb von 15 Jahren ist ja auch schon nicht ganz unerheblich. Und wenn du noch weitere 10 Jahre zurückgehst, kommst du sicher auf noch höhere Steigerungsraten (wenn auch sicher nicht auf zigfache). Die entscheidende Steigerung des heute verbreiteten Cannabis kommt aber nach meinem Wissensstand nur bedingt durch höhere THC-Werte als viel mehr durch die zusätzlich aufgesprühten synthetischen Cannaboide zustande. Wir reden hier über eine Vielzahl von Stoffen, die noch kaum erforscht, aber leider weit verbreitet sind, ohne dass die Nutzer i.d.R. überhaupt wissen, dass dem gekauften Cannabis etwas zugefügt wurde. Pauschal lässt sich wohl zumindest festhalten, dass die meisten synthetischen Cannaboide um ein Vielfaches stärker wirken als THC, wenn auch meist nur für etwa 30 Minuten, dass sie (im Gegensatz zu THC) auch körperlich abhängig machen können und als teils sehr gesundheitsschädlich eingestuft werden.


    Eine Cannabis-Legalisierung würde den Zugang zu nichtgestrecktem Cannabis dagegen erleichtern. Neben synthetischen Cannboiden wären da vor allem noch Klebstoffe, Blei, Glassplitter, Sand, Flüssigplastik, Hormone, Haarspray und Phosphor/Kaliumdünger als Streckmittel zur Gewichtserhöhung/Ertragssteigerung der gedealten Ware zu nennen (Quelle: Deutscher Hanfverband).

    ... auf dem Land ist es extrem schwierig, einen Arzt zu finden, der Cannabis verschreibt und womöglich die Verordnung dann auch noch so begründet, dass du eine Kostenübernahmezusage der Kasse beantragen kannst. Die wäre dann das geringste Problem. Selbst in der nächsten größeren Stadt (ca. 25 km) ist ein Ableger der Uniklinik (Lehrkrankenhaus) der Landeshauptstadt und meine Ärztin dort hat mir gesagt, sie haben eine strikte Vorgabe der Krankenhausleitung, keine Cannabis-Produkte zu verschreiben. Und das in einer onkologischen Ambulanz ... Sie bieten Beratung durch eine externe Schmerzspezialistin an - aber die hat mir gesagt, sie könne keine weiteren Patienten mehr annehmen, sie sei 'voll'. ... ein Verfahren wegen Drogenschmuggel ist noch anhängig.

    Es ist nicht zu fassen, dass ein derart absurder Irrsinn noch immer möglich ist in diesem Land. Es ist zwar mittlerweile kleinteilig belegt, dass der us-amerikanische Kreuzzug gegen Canabis ab den 30ger-Jahren - auf den die heutigen Vorurteile weiter Teile unserer Gesellschaft letztlich eins zu eins zurückgehen - von Anfang an jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrte und lediglich ein machtpolitischer Schachzug war (u.a. um die afroamerikanische Jazz- und Swingkultur zu kriminalisieren und den durch Aufhebung der Prohibition arbeitslos gewordenen Polizisten ein neues Betätigungsfeld zu schaffen). Aber trotzdem hält offenbar leider immer noch ein beträchtlicher Teil unserer Gesellschaft und Parteienlandschaft an der uns allen über Jahrzehnte eingetrichterten Voreingenommenheit gegenüber Canabis fest und verschließt sich dabei eindrucksvoll wissenschaftlicher Erkenntnisse und rationaler Argumente.


    Nun frage ich mich wie ihr die Frage der Cannabis-Legalisierung seht.

    Als jemand, der seit fast 50 Jahren unter Migräneanfällen leidet, kann ich bestätigen, dass Canabis ein wirkungsvolles Medikament sein kann, ohne - wie herkömmliche Schmerzmittel - Leber und Nieren zu belasten oder sonstige schädliche Nebenwirkungen zu haben. Zu den gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen kommt bei Schmerzmitteln für mich hinzu, dass die milderen wie Aspirin oder Paracetamol gegen Migräne keinerlei Linderung bringen, während Ibuprofen, Diclofenac und besonders Metamizol (Novalgin. Novaminsulfon) mir Übelkeit erzeugen und den Migräneanfall verschlimmern bzw. einen weiteren Anfall triggern. Triptane helfen mir zwar recht gut, führen aber schnell zu einer Situation, in der mein Körper jeden zweiten Tag einen neuen Migräneanfall ausbrütet, ich also jeden zweiten Tag ein Triptan bräuchte, um in meinem Beruf arbeitsfähig zu bleiben - auch als sogenannte "Triptan-Spirale" bekannt.


    Canabis ist natürlich auch kein Wundermittel, aber es kann in manchen Situationen eine gute Hilfe sein. Das funktioniert aber nur mit sauberem Canabis. Wenn man nicht selbst anbaut oder einen vertrauenswürdigen Grower kennt, ist auf dem illegalen Markt sauberes Canabis praktisch nicht zu bekommen. Im hörenswerten Podcast "Grasland" schildert ein ehemaliger Dealer, wie verbreitet das Srecken mit synthetischen Canaboiden heutzutage ist (diese weitgehend unerforschten Stoffe bergen große gesundheitliche Risiken und können im Gegensatz zu natürlichem Canabis u.a. auch körperlich abhängig machen etc.). Im Selbstversuch eines Youtubers aus Berlin waren 8 von 9 Zufallsproben verschiedener Dealer mindestens mit einem stark gesundheitsschädlichen, zuckerhaltigen Klebstoff gestreckt. Der Deutsche Hanfverband zählt darüberhinaus noch Blei, Glassplitter, Sand, Flüssigplastik, Hormone, Haarspray, Gewürze und Phosphor/Kaliumdünger als Streckmittel zur Gewichtserhöhung/Ertragssteigerung der gedealten Ware auf.


    Auch unabhängig von der rein medizinischen Bedeutung von Canabis begrüße ich die geplante Legalisierung. Solange wir in einem Staat leben, der uns zum Glück (!) nicht durch Verbote und Regularien jeglicher Selbstverantwortung entzieht, ist es nicht zu rechtfertigen, Tabak und vor allem Alkohol gesellschaftlich zu tolerieren und den gesundheitlich viel harmloseren Canabiskonsum zu kriminalisieren. Das führt nicht nur zu einer Vielzahl von absurden Situationen wie z.B. den von Sudhana weiter oben geschilderten. Ganze Lebensschicksale sind dadurch ruiniert worden, sei es gesundheitlich (Stichwort mit giftigen Stoffen gestrecktes Canabis), sei es durch Strafverfolgung, sei es durch z.B. familiere Ächtung unserer diesbezüglich leider stark indoktrinierten Gesellschaft.


    Abschließend aus buddhistischer Perspektive betrachtet, würde ich persönlich den Aspekt verminderter Geistesklarheit (zumindest bezogen auf sauberes Canabis) erst mal nicht überbewerten. Den Geist des Erwachens aufrechtzuhalten bzw. von Augenblick zu Augenblick in seiner Lebendigkeit zuzulassen, ist für mich keine Freizeitbeschäftigung, die sich auf die Stunde Sitzens am Morgen oder das Sesshin am Wochende begrenzt. Es geht nach meiner Auffassung darum, diesen Geist in jedem Augenblick und bei jeder Tätigkeit zu verwirklichen. Es ist daher auch unabdingbar, eine Praxis zu kultivieren, die unabhängig von unserem jewiligen Geisteszustand authentisch und lebendig bleiben kann (in meinem Fall die Koanpraxis). Dass THC i.d.R. eine deutliche Veränderung unseres Geisteszustandes bewirkt, dürfte außer Frage stehen. Ich würde jetzt aber auch nicht behaupten, dass man in diesem Zustand zwangsläufig weniger achtsam und schon gar nicht "gewissenloser" ist. Es spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, auch unter dem Einfluss von THC mit dem Koan zu praktizieren - wenn es sich mal so ergeben sollte. Ich würde auch nicht sagen, dass das, was dabei herauskommt, "schlechter" oder "besser" sei als die Praxis in einem anderen Zustand.


    Bezogen auf bestimmte andere Aktivitäten sehe ich Canabiskonsum dagegen sehr viel kritischer. Ich denke da z.B. an die Teilnahme im Straßenverkehr als Auto- oder Fahrradfahrer, an die Arbeit oder den Umgang mit Kindern etc. Aber das gilt natürlich auch für Alkohol, starke Medikamente und, klar, auch für starke Schmerzen.


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