Beiträge von crocus im Thema „Der mittlere Weg“

    Quote from Pano:

    "Daran anschließend stellt sich mir die Frage in wieweit der „mittlere Weg“ schon den Monismus im Buddhismus begründet (also im Gegensatz zum dualismus)."


    Die Antwort ist wohl Nein. Sie ist das Lebenswerk des indischen Philosophen Candrakirti und im Madhyamakavatara (The Entry into the Middle Way) ausgeführt. Die kurze Argumentation lautet: Mit einer Dichotomie wie Monismus-Dualismus machst du selber zwei Extreme auf, von denen weder das eine noch das andere korrekt sein kann, weil beide in Widersprüche führen. (Anmerkung von mir: diese Widersprüche Schritt für Schritt im Werk nachzuvollziehen, ist sehr mühselig, zumal sie aus heutiger Sicht nicht wasserdicht sind, aber bei gutem Willen wohl wasserdicht gemacht werden könnten.) Man kann sich damit Jahre beschäftigen. C.W. Huntington hat das bravourös gemacht in "The Emptiness of Emptiness: An Introduction to Early Indian Madhyamika".

    Er sieht Candrakirtis Anwendung des Mittleren Weges auf einer Stufe mit dem Dekonstruktivismus von Derrida, was etwas heißen will.

    Schopenhauer und Nietzsche muss man ihrer Zeit sehen, also auf welche Philosophien sie reagiert haben. Das waren damals so 'wenn Gott tot ist, hat nichts mehr einen Sinn'- Diskurse. Bei Schopenhauer und Nietzsche begann damals eine Tendenz des Schwarz-Weiß-Denkens. Sie haben sich Ende des 19.Jh. bewußt von der Mitte abgewandt, da die vorher von Hegel, Schelling und den anderen Idealisten bis zum Überdruss mit scheinbar 'wässrigem Gelaber' ausgefüllt wurde. Doch: Extremdenken führt nicht zum Ziel, hat der Buddha sinngemäß gesagt und er sollte auch im 20. Jh. Recht behalten. Schopenhauer und Nietzsche waren ganz große Denker, aber das bedeutet nicht, dass ihre Philosophien der Weisheit letzter Schluss waren. Husserl, Heidegger, Derrida und das ganze 20. Jh. sind der Beweis dafür, dass man weiter denken muss, um sein Leben in seiner Zeit sinnvoll zu orientieren.