Beiträge von Sudhana im Thema „Frage zum Thema Mitgefühl und Gewalt“

    Aber wäre al-Mawasi nicht eher ein Ghetto?

    Ganz Gaza ist ein Ghetto - mit zerstörter ziviler Infrastruktur. Einrichtungen der zivilen Verwaltung, Gesundheitsversorgung (Krankenhäuser), Schulen, die Universität - gezielt zerbombt. Mindestens die Hälfte aller Gebäude durch Bomben beschädigt oder zerstört (meldet die BBC); 80% der Bevölkerung, 1.7 Millionen Menschen, aus ihren Häusern vertrieben; gut die Hälfte davon ist in den Süden Gazas geflohen, wo sie nun erneut vertrieben werden (ebenfalls BBC).


    Al-Mawasi ist ein militärisch bewachtes Zeltlager im Dünensand. Die derzeitigen Bewohner der östlichen Zone von Rafah (ca. 100.000 Menschen, ein großer Teil Flüchtlinge aus dem Norden Gazas) werden von der israelischen Armee in ihrem Leben bedroht, wenn sie nicht weiter fliehen - nach al-Mawasi. Da es praktisch keine anderen Möglichkeiten gibt, den angekündigten Kampfhandlungen auszuweichen, ist das de facto eine Zwangsumsiedlung in ein Lager mit katastrophalen humanitären Bedingungen.

    Mir gings bei der Frage auch nicht darum, ob KZ's oder das was dort passiert ist, verbrecherisch ist. Sondern wie man das aufarbeitet und damit umgeht.


    Übrigens war an dem Tag auch jemand mit einer Palästinenserflagge dort, was für Aufsehen sorgte: "Free Palestine" bei der Befreiungsfeier im KZ Mauthausen

    Ja - wie geht man mit so etwas um? Nach Möglichkeit so, dass es sich nicht wiederholt. Wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, dann ist es doch das Mindeste, dass man ihn mit einem Deckel sichert. Was konkret bedeutet, dass man ethnische Säuberung und Genozid zumindest beim Namen nennt und nicht aus politischer Opportunität verschweigt - mit der Rückfalloption des Beschönigens, Relativierens und Entschuldigens, falls Ignorieren nicht ausreicht. Aber man kann natürlich auch einmal jährlich um den Brunnen tanzen und Geister beschwören.


    Übrigens war am Montag auch der "Marsch der Lebenden" von Auschwitz nach Birkenau. Da gab es auch schwerste antisemitische Ausschreitungen: die ca. 8.000 Teilnehmer wurden von 9 Aktivisten belästigt, die nicht israelische (die gab es reichlich im Zug), sondern palästinensische Flaggen schwenkten sowie per Lautsprecher Israel "einen weiteren Völkermord" vorwarfen (die Aktion war perfiderweise angemeldet und genehmigt). Man wehrte sich, indem man laut die israelische Nationalhymne skandierte, um die Mahnung zu übertönen - was ich nicht so recht verstehe. Schließlich leben Juden nirgendwo weltweit gefährdeter als in der Siedlungskolonie Israel, auch wenn sie da privilegiert sind. Keine Kolonie ohne Kolonisierte; Letzteres ist keiner gern.