Beiträge von void im Thema „Shogun“

    Das man als Kind mit einem gewissen festen Glauben erzogen wurde. So ähnlich wie in anderen Religionen und weniger bis gar nicht in der Bevölkerung meditiert oder der Buddhismus „studiert“ wurde.

    In der Fernsehserie Shōgun geht es ja um den Aufstieg von Torranaga (Tokugawa Ieyasu) zur Macht. Mit ihm war Japan geeinigt und eine lange Zeit der Bürgerkriege fand ihr Ende


    Aber diese Zeit des Durcheinanders war eben auch eine, in der es dramatische Umwälzungen im japanischen Buddhismus gab. Während der Buddhismus davon als so eine "Spezialität von Mönchen" gesehen wurde, erreichte er da zunehmend größere Bevölkerungsschichten.

    Die starken Reformkräfte innerhalb des Buddhismus dieser Zeit sind wahrscheinlich der Ausbreitung des Buddhismus in breitere Bevölkerungsschichten zuzuschreiben. Vor allem der Amida-Buddhismus mit seinem starken Glauben an die Errettung in Amidas Reinem Land (jōdo) lässt sich als Antwort auf das Bedürfnis nach einer einfachen, für jedermann praktikablen Form der buddhistischen Religionsausübung auffassen. Im Unterschied zu den etablierten Schulen hatten die amidistischen Reformer nicht mehr nur die gesellschaftlichen Eliten im Auge und waren nicht mehr bereit, sich in den Dienst ihrer Interessen zu stellen. Sie predigten auf öffentlichen Plätzen und scharten Anhänger aus allen gesellschaftlichen Schichten um sich. Das hatte einerseits einen breiten Zulauf zur Folge, andererseits brachte es die Amidisten bald mit den staatlichen Autoritäten in Konflikt.

    Die zweite große Strömung des "neue Buddhismus" war der Nichiren Buddhismus der mit seinem Fokus auf das Lotussutra und seiner Ablehnung des Unterschied zwischen Laien und Mönchen ebenfalls breite Schichten ansprach.


    Gleichzeitig kam es zu einem Aufschwung des Zen. Zunächst innerhalb der Elite:

    In Adel und bei den Samurai war es dagegen nicht unüblich, dass man sich ab einem gewissen Alter zurückzog und zum "Laienmönch" wurde und sich durchaus religiös betätigte. (Aber dann auch wieder schnell die Rollen wechselte. In Epen wie dem Taiheiki kommen dauern kämpfende Laienmönche vor die abwechseln dass Schwert schwingen und schlaue Zitate von vergänglichkeit von sich geben)


    Aber es gab auch viele Händler die auf einmal sehr reich wurden und indem sie

    Formen der Zenkuktur ( Teezeremonie, Ikebana, Steingärten, Dichtkunst) übernahm , den sozialen Aufstieg probten. Bei der Teezeremonie sass man zusammen und sozialer Stand wurde säkundär.


    Teilweise gab es

    fast so etwas wie zarte Versuche einer "japanischen Renaissance". So war Sakai eine blühende Hafenstadt in der eine gewählte Stadtverwaltung und allerlei Händler und Handwerker gab die durchaus gebildet waren. Dort unterrichtete Ikkyū Sōjun Zen an Leute aus allen möglichen Schichten:


    Dort praktizierte er Zen in Tavernen und Bordellen, predigte im neuen Umfeld seine exzentrischen Ansichten, und machte sich mit seiner Verrücktheit einen Namen.In seiner Zeit in Sakai konnte Ikkyū viele Schüler und Gönner für sich gewinnen, des Weiteren beteiligte er sich damit unbewusst an der Verbreitung des Zen in niedrigere Gesellschaftsschichten, und pflegte ein gutes Verhältnis zur Händlerklasse

    Für viele Mönche war die Idee, dass jetzt Händler und Handwerker meditieren irritierend.


    Religiöse Veränderung war also oft eng mit sozialer Veränderung verbunden. So war die Ikkō Bewegung ein vom Amida Land Buddhismus getragene revolutionäre Bewegung, die (ähnlich den Bauernauständen in Deutschland) ihr Vertrauen in Amida Buddha setzten und die Feudalhertschaft der Daimyōs ( und Teilweise auch das Privateigentum) ablehnten und sich auch mit Armeen an den zahlreichen Kriegen beteiligten.


    Seit dem Ōnin Krieg hatten die Bewohner Kyotos eine städtische Selbstorganisation gebildet, wo die einzelnen Standviertel Milizen aufstellten, was ganz eng mit dem gemeinsamen Bekenntnis zum Nichiren-Buddhismus ( ein wenig wie Calvins Tugenregime in Genf) verbunden war.


    Es waren die in dem Roman Shōgun vorgestellten drei Reichseiner - die den chaotischen dynamischen Verhältnissen ein Ende setzten und Japan in eine statische geordnete "Militärdikatur" verwandelten.1580 besiegte da Nubunaga die Ikkō Ikki. 1582 beendete Toyotomi Hideyoshi die Autonomie Sakais und befahl dem Meister der Teezeremonie Sen No Rikyu den Selbstmord. Und

    1603 zerschlug Tokugawa Ieyasu ( Torranaga sama in Shōgun) die fuse-fuse Bewegung innerhalb des. Nichiren-Buddimus. Gleichzeitig kam es zu einer erbitterten Verfolgung des Christentums.


    Ab da würde Religion sehr stark staatlich reglementiert. Die im Film gezeigte Grausamkeit, wo Samurai Bauern einfach nur töten weil sie im Weg standen, zeigt eher die verhärtete soziale Ordnung der Tokugawa Zeit als die Zeit davor.


    Und es ist wieder ein Topos des Orientalismus sich selber als aufgeklärt darzustellen indem andere Kulturen an ein Bild des mittelalterliche Europa und den Katholizismus angeglichen werden.

    Sie spielt im Japan um 1600. Und basiert mehr oder weniger auf tatsächliche Erfahrungen eines Europäers der damals dort gestandet ist.

    Die Serie stellt sehr gut die unterschiedlichen Kulturen dar. Und wie schwer dem Europäer es anfangs fällt diese zu akzeptieren bzw. damit umzugehen.

    Gerade die Darstellung der kulturellen Unterschiede ist hochgradig verzerrt.


    Nachdem das Buch Shogun von James Clavell so erfolgreich wurde, tat sich eine Gruppe von Japanologen und Historikern zusammen um in einem kleinen Büchlein ( "Learning from SHŌGUN: Japanese History and Western Fantasy") zusammenzutragen, welche Aspekte wahrheitsgetreu sind und welche Teil eines verzerrten Blicks.


    Der von Edward Said geprägte Begriff "Orientalismus" drückt aus, dass Erzählungen vom "Orient" oft die Funktion haben, dieses als ein "Anderes" zu konstruieren, gegen das man das "Eigene" abgrenzt. Statt Fortschritt, Stagnation, start Vernunft Emotion, statt Demokratie Tyrannei u.s.w.


    Gerade das britische Empire lebte von einer Ideologie wo es sich selber als zivilisiert und seinen Kolonien als orientalisch sah. Und James Clavell stammte ja nicht nur aus einer Militärfamilie sondern kämpfte selber im zweiten Weltkrieg gegen die Japaner, geriet in Kriegsgefangenschaft und erlebte dort traumatisietende Dinge.


    Der ganze Teil von Shogun wo Blackthorn gefangen ist, entspricht nicht den historischen Tatsachen sondern Clavells eigenen Erlebnissen im 20 Jahrhundert. Während im Buch Shōgun

    Blackthorn mit seiner Mannschaft unmenschlich gefangen gehalten wurde - schrieb sein historisches Vorbild -

    William Addams- nichts von irgendwelchen Gräueln.


    Der orientalistische Gegensatz zwischen dem "aufgeklärten" Europa und dem "dunklen" barbarischen Japan ist eine imperialistisch gefärbte Rückprojektion. Die Gesellschaft aus der Adams stammte war noch keine moderne Gesellschaft. Sie stand erst am der Schwelle zur Moderne und befand sich in der Hochzeit der Hexenverfolgung . Man war weder weniger brutal, noch weniger fatalistisch noch weniger abergläubisch. In obigem Buch schreibt die Tudor-Expertin Sandra Piercy:


    The great majority of the people had no way to explain natural phenomena scientifically. The English believed devoutly in the supernatural and tended to see sickness, death, storms, famine, and accidents as the result of direct intervention by God in their lives. The attitude of the English toward such phenomena as earthquakes would have been very like that of the Japanese peasant who called a big earthquake a sign from the gods (p. 469). Blackthorne, instead of just shrugging and saying “karma,” would surely have seen the earthquake as a judgment on the village for permitting the death of an innocent old man. The characteristic European outlook appears when the crew of the Erasmus draw lots. They say, “Let God decide” (p. 81). Country folk also believed in nature spirits somewhat like the Japanese kami (p. 652). Blackthorne would recognize the Japanese relationship to these spirits, since it was so like the English. They told each other stories about fairies and pixies who could do people harm if they were angered, and who needed to be placated with simple rites and charms. People also used charms to make their crops grow better and to increase the fertility of their animals and spouses. Young people desired love potions. Victims of crime wanted to divine who the guilty party was or to take revenge. The Europeans of this era held the idea of a “great chain of being” in which everything in the universe, from angels to stones, had its proper place in the scheme of things. This hierarchy was created by God, and disruption of it was held sinful. Thus, the respect of peasants for their betters and of the gentry for the crown was founded not only on economic or political power, but also on the belief that God had ordained the political and social structure. One gets a sense of resignation in some areas of Elizabethan life. The people of sixteenth-century England accepted chronic illness and discomfort as a natural part of their existence. Food, clothing, and shelter were often inadequate in England’s cold, damp climate. Death was ever-present. Disease was rampant, accidents and seri- ous injury frequent. There was little empathy among the English for the physical suffering of others. People had a taste for public whippings, brandings, and other violent punishments. The English did not say “Karma, neh?” but they could have, leading one to suspect that in this, as well as in other areas, Japanese and English attitudes were closer than Shōgun would have us believe.