Beiträge von Anna Panna-Sati im Thema „Tätige Nächstenliebe im Buddhismus“

    Heißt riskiert hier jemand, dass er aus eigener persönlich erhandelten Erfahrung, mit eigenen Worten und eigener Haut sagt, was er erfahren hat und riskiert nicht verstanden zu werden, für nicht buddhistisch gehalten zu werden?

    Ja, u.a., du, immer wieder. :)


    Wo ist die echte Hilfe, die Buddha immer mitliefert, ganz ohne Buddhismus?

    Was würde Buddha Shakyamuni wohl dem Fragesteller im Sesshin (# 31) antworten?


    Wieso musste der Teilnehmer - als Ordinierter, der die Bodhisattva-Gelübde empfangen hat - überhaupt jemanden fragen?


    (Weiß man nach Jahren/Jahrzehnten der (Zen-) Praxis immer noch nicht, was zu tun ist?)


    Was würdest DU ihm sagen?




    Liebe Grüße _()_ :heart: :)

    Ich halte es auch für einen Irrtum, zu glauben, das Boddhisattva-Ideal bestünde darin, erstmal persönlich Erleuchtung zu erlangen, um dann auch andere zur Erleuchtung zu führen.

    Ich dachte bisher immer, der Bodhisattva verzichte bewusst auf das Eingehen ins Nirvana, um, erfüllt von Bodhicitta, zunächst allen anderen Wesen zu helfen, befreit zu werden?

    Gemäß dem Bodhisattva-Idael unter Auflösung der "Ich"-"Andere"-Dualität für alle da zu sein, ist als Praxis bereits Ausdruck des Erwachens.

    Aha, also ist er doch schon erwacht, aber eher "inoffiziell"?

    In der Realität mögen wir alle ja noch sehr weit entfernt von der Verwirklichung dieses Bodhisattva-Ideals sein. Das liegt dann aber vielleicht auch oft an einem falschen Verständnis der buddhistischen Lehre.

    Es ist ja wirklich auch ein hoher (in der Praxis unmöglich zu erfüllender) Anspruch, der in dem Bodhisattva- Gelübde zum Ausdruck kommt.

    (Z.B.: "Die Zahl der Wesen ist unendlich, ich gelobe, sie ALLE zu erlösen.")


    Hier scheint es wohl mehr um den innigen Wunsch, das Wollen der Erleuchtung für alle Wesen, zu gehen, als um vollständige praktische Umsetzung? :shrug:



    Ein Beispiel aus dem realen, alltäglichen Leben mag dies veranschaulichen:


    Da fragt in einem Sesshin ein (ordinierter!) Teilnehmer den Zen-Meister um Rat...

    Er sei verheiratet und seine Frau seit einiger Zeit schwer krank. Demzufolge könne er nun nicht mehr länger von zu Hause wegfahren, um an Sesshins teilzunehmen und dies würde seine (spirituelle) "Praxis beeinträchtigen".

    Konkrete Frage: "Wie kriegt man das geregelt?"


    Antwort des Zen-Meisters: "Die kurze Antwort ist vermutlich:

    Du kriegst es nicht geregelt!" .... :o


    (Die längere Antwort führt aus, dass dieser Fall, wie ein - letztlich nicht zu lösender - Koan sei, das Einzige, was man tun könne, sei, " es mit vollem Herzen, mit Hingabe, falsch zu machen...mit vollem/ganzem Herzen zu scheitern..."

    Hm.... :? )


    Im Endeffekt scheint es sich hier doch um das Thema

    Selbstfürsorge/-liebe versus Nächstenliebe/-fürsorge zu drehen?


    (Wobei klar ist, dass die Situation schlussendlich eine Art Kompromiss erfordert, weil ein pflegender Mensch auch Pausen zum "Auftanken" benötigt, wenn es nicht zu einem Burnout kommen soll.)


    In diesem Fall hätten es Christen definitiv leichter, eine Entscheidung zu treffen:

    Selbstverständlich wäre es gelebte ("Nächsten-) Liebe und praktiziertes Christentum, bei der Frau zu bleiben und sie zu pflegen.

    (1x pro Woche Sonntagsgottesdienst wäre ja noch drin, es braucht ja nicht unbedingt eine Wallfahrt oder Exerzitien, um Gott nahe zu kommen...)


    Im Zweifelsfall finden sich in christlichen Gemeinden jedoch meist auch Ehrenamtliche, die vertretungsweise "einspringen" (meist Frauen...).


    (Der -alleinstehende- Chorleiter des Kirchenchors, in dem meine Mutter früher sang, erkrankte vor Jahren an ALS und wurde in seinen letzten Tagen von Gemeinde- und Chormitgliedern rund um die Uhr begleitet - bis in den Tod. :heart: :wrose: )


    Es wäre m.E. schön und erstrebenswert, wenn dieses gelebte Mitgefühl auch bei den Buddhisten, in den Sanghas, praktiziert würde....

    Oder?



    Liebe Grüße, Anna _()_ :heart: :)

    Konsequent gelebt, führt das von dir beschriebene Verständnis* zu einer extrem empathischen, "selbst"losen Einstellung in Leben und Taten. Die christliche Tugend der Nächstenliebe, an welcher die buddhistische Lehre in diesem Thread gemessen und (ab)gewertet wird, postuliert eine starke Dualität zwischen "Ich" und "anderen".


    * Bezug auf Nanus Zitat:

    "Ich sehe es ganz laienhaft so, dass im Buddhismus meine Nächsten nicht getrennt von mir existieren und eher ein Teil meiner eigenen Wahrnehmung sind, in diesem Sinne ein unabtrennbarer Teil meiner Existenz. Und so gehe ich mit meinen Nächsten um wie mit mir selbst."

    Ja, da kann ich nur zustimmen, konsequent gelebt, bewirkt der einzelne Praktizierende sicher viel Heilsames, auch in seinem Umfeld.


    Als Abwertung der Buddha-Lehre per se, möchte ich meine Anmerkungen (# 18) keinesfalls verstanden wissen, sie beziehen sich vielmehr auf Buddhisten als Kollektiv, die eben - im Vergleich zu Christen - (öffentlich) weniger als Tätige im "Dienst am Nächsten" in Erscheinung treten.


    Die Art der Praxisausübung durch die (westlichen) Buddhisten, welche ja i.d.R. einen christlich - humanistischen Hintergrund haben, könnte durch mehr karitatives Engagement in der Gesellschaft ergänzt werden, was die positive Nebenwirkung einer "Werbung" für den Buddhismus mit sich brächte.

    Es fehlt augenscheinlich vielerorts an buddhist. Nachwuchs -

    die meisten Praktizierenden gehören zur Altersgruppe 50 + - auch bei den Dharmalehrern steht wohl in den kommenden Jahren ein Generationenwechsel an...


    Wo diese Art des dualitären Verstehens konsequent losgelassen wird, ist gar kein Raum mehr da für egoistische Selbstbevorzugung. Man tut, was zu tun ist und die Früchte kommen allen Wesen zugute.

    Ja, das leuchtet ein, allerdings:

    Wie viele Buddhisten sind schon so weit?


    Tatsächlich befinden sich wohl die meisten Praktizierenden noch in der Dualität und handeln als "Ich" , wobei es den Hilfsbedürftigen egal sein dürfte, ob der Helfende (auf dem Weg) schon weiter fortgeschritten ist - Hauptsache, er handelt mit offenem Herzen, verstehend, achtsam, liebevoll und mitfühlend.


    Deshalb wäre es nicht sinnvoll, mit dem Handeln bis zur "Erleuchtung" zu warten... ;)



    Liebe Grüße, Anna _()_ :heart: :)

    Hallo Maha , :)

    vielen Dank für das Ansprechen dieses, wie ich finde, sehr bedeutsamen Themas! _()_


    Ich habe manchmal in den buddhistischen Kreisen hier in unserer Gesellschaft den Eindruck, dass die Motivation zur eigenen Erleuchtung, dem Beenden des Daseinskreislaufs, so im Mittelpunkt steht, dass die aktive Nächstenliebe gar nicht so eine große Rolle spielt.

    Mit diesem Eindruck stehst du nicht alleine...


    Der Vorwurf des "Egoismus" haftet den Buddhisten im Westen ohnehin schon ein wenig an, Tenor: "Die sitzen da nur auf dem Kissen herum, während andere, z.B. Christen, die Ärmel aufkrempeln, sich organisieren und praktische Hilfe leisten...!"


    (Z.B. "Grüne Damen" in Krankenhäusern, Besuche in Altenheimen, bei einsamen, kranken Gemeindemitgliedern, Gründungen von "Tafeln", etc.)




    Wenn der Buddhismus seine Glaubwürdigkeit als "friedlichste Religion" mit Schwerpunkt "Mitgefühl für alle Wesen" behalten (und im Westen überleben) will, wäre es m.E. wichtig, nicht länger das Bild zu vermitteln, man "sitze" nur so für sich...

    "An ihren "Früchten" werdet ihr sie erkennen.", ein Ausspruch Jesu -Mt 7,16- , der auch auf Buddhisten anwendbar ist...


    Den gesprochenen Worten: "Mögen alle Wesen glücklich und zufrieden (frei vom Leid und den Ursachen des Leides) sein." auch entsprechende Taten der Sangha-Mitglieder folgen zu lassen, welche hilfreiche, heilsame Folgen für die "leidenden Wesen" hätten,

    wäre eine Option, die möglicherweise auch mehr Menschen motivieren würde, sich für den Buddhismus zu interessieren.


    Einige engagierte Buddhisten machen es bereits vor:


    Humanitäre Hilfsorganisation
    Buddhistische Hilfsorganisation, die ausschliesslich humanitäre Hilfsprojekte startet, um Notleidenden in Hungergebieten und Katastrophen akut und nachhaltig…
    www.mia.eu.com


    Erschöpft sich die tätige Nächstenliebe für uns in einer außerweltlichen Askese und Praxis? Wie seht und erlebt ihr das?

    Nach meinem Dafürhalten: Bedauerlicherweise - derzeit - meistens schon, obwohl es auch hier und da positive Beispiele gibt (siehe oben: "Mitgefühl in Aktion")


    Viele Menschen, die es zum Buddhismus zieht, sind allerdings, meiner Beobachtung nach, ziemlich stark (körperlich und/oder psychisch) Leidende und versuchen - vernünftiger- und verständlicherweise - zunächst mal, sich selbst zu helfen.

    Die Initiative zu mehr wohltätigem Einsatz in der Gesellschaft, müsste daher wohl von den buddhistischen Zentren ausgehen, die u.a. Meditationskurse, Sesshins, usw. anbieten.


    Durch die Praxis der meisten buddhist. Schulen, wird allerdings auch liebende Güte und Mitgefühl entwickelt und gefördert, was, beim Einzelnen, sicherlich (fast automatisch) Handlungen der "Nächstenliebe" im Alltag nach sich zieht.

    Der Buddhismus bekämpft Gier, Hass und Verblendung. Was aber auch bedeutet dass er Grosszügigkeit, Geduld und Mitgefühl kultivieren kann. Nächstenliebe ist also erstmal eher eine Nebenwirkung.

    Genau, aber dabei muss es ja nicht bleiben....


    Zitat
    ...

    Asanga wurde von einer heftigen und schier unerträglichen Empfindung des Mitgefühls überwältigt. Er schnitt sich ein Stück seines eigenen Fleisches aus dem Körper und gab es dem Hund zu fressen. .....


    Aber während die christliche Nächstenliebe zur Gründung von Krankenhäusern führte, bleibt das ja ein Beispiel von extremen Mitgefühl ohne dass sich daraus eine Asanga Gemeinschaft gebildet hatte, die das Wohl der indischen Straßenhunde verbesserten. Auch hier steht die Verwirklichung des Bodhisattva Ideals im Vordergrund und nicht die Steigerung des Hundewohls in der Welt.

    Ehrlich gesagt, erscheint mir diese Geschichte nicht als ein Beispiel für (extremes) Mitgefühl, sondern eher für eine (irrsinnige) Opferbereitschaft, aus der Überwältigung durch MitLEID heraus, die - in der Realität - dem betroffenen Tier nicht wirklich geholfen hätte...


    Diese Erzählung/Legende sollte wohl nur demonstrieren, dass selbstloses Aufopern - aus "Liebe"/Mitgefühl - "belohnt" wird? :?


    Die angestrebte Verwirklichung von hohen Idealen hat ja immer ein leichtes "Geschmäckle" von Narzissmus - das Ziel, einst ein (großer) Boddhisattva zu sein, könnte u.a. Gefühle von Ehrgeiz hervorbringen, die das Ego fördern, anstatt es aufzulösen...


    (Teilweise zu beobachtendes, fast verächtliches, Herabschauen von Mahayanas auf die Theravadins, deren Fokus/Ziel zunächst die "eigene" Befreiung ist, mag schon ein Ausdruck davon sein - von "Nächstenliebe" zeugt es jedenfalls nicht gerade... :shrug: )




    Liebe Grüße _()_ :heart: :)