Beiträge von Leonie im Thema „Naturalistischer Buddhismus und Naturspiritualität“

    Mein Lama hat mal gesagt, dass man sich nicht aus Samsara herausdenken kann. D.h. also in die Erfahrung gehen, Denken sein lassen, zumindest, wenn man in die Erfahrung geht.

    Du kannst aus dem samsara auch nicht durch "reines Gewahrsein" oder durch Erfahrung - von was denn? - herauskommen.

    Erfahrung ist immer gebunden an die fünf skandhas - an ein Ich-Bewusstsein oder Selbst-Bewusstsein oder Mein.


    Wir haben nur die Modelle, die wir durch unsere Sinneseindrücke und Gehirnaktivitäten als Weltbilder entwickeln. Wir leben also in Simulationen und kommen aber durch eigene Erfahrung und die Erfahrung anderer dazu diese Weltbilder ständig anzupassen.

    Das Problem liegt aber darin, dass wir zur Prüfung, ob unsere eigenen Erfahrungen richtig oder falsch sind, d.h. angemessen oder unangemessen, die Anderen mit ihren anderen Erfahrungen und Weltbildern brauchen.

    Letztlich gründen alle Weltbilder in Erfahrung, die durch Wechselwirkung mit realen Gegebenheiten sich herausbilden.

    Wüstenmenschen unterscheiden sich von Waldmenschen, ebenso Stadt und Land, usw.

    Buddhistisch gesehen geht es also immer um Erfahrung des Samsara - und "leider" kann man eben Nirvana nicht erfahren, sondern nur das Verlöschen des Begehrens.

    Vielen reicht es aber, wenn sie sich bis zum höchsten Daseinsbereich, dem der Götter durchgesessen haben - aber da gibt es eben auch noch Vergänglichkeit und selbst der netteste Gott ist doch irgendwie unglücklich und verlangt nach Musik und Abwechslung in seinem Dasein.

    Die Punkt ist aber, dass man in die Anschauung geht, ohne zu ergreifen, sein Ego abstreift, reines Gewahrsein zur Natur.

    Für einen Arhat sind die fünf Skandhas eine Ansammlung und Bezeichnung ohne ergreifen - ob ihm so etwas wie "Natur" gewahr wird, ist fraglich. "Natur" ist ja eine Abstraktion und eine Ansicht und ein geistiges Objekt. Damit erscheint auch das Subjekt - denn Subjekt und Objekt beziehen sich aufeinander. Als Subjekt fällt er damit auch aus seinem "reinen Gewahrsein".

    Auch das Ego ist lediglich als Vorstellung vorhanden und kann diesbezüglich als Vorstellung erkannt werden.

    Wenn du gefragt wirst - zeig mir die Natur - kannst du immer nur auf Konkretes verweisen. Anschauung ist daher immer Ergreifen.

    Und Ergreifen ist so unmittelbar mit Anhaftung verknüpft, dass es lange Übungspraxis braucht, um den Akt des Loslassens zu vollziehen. Alle Sinneswahrnehmungen sind ein "Ergreifen".

    Zitat

    Der Begriff upàdàna (Ergreifen) aus den Darlegungen des Buddha beschreibt den Akt zentraler Gestaltungskraft im Dasein des Menschen. — Als psychologische Realität bezeichnet upàdàna den letzten und wirkungsvollsten Akt jenes Prozesses, in dem sich die fatale Zweiteilung meiner Wirklichkeit in ein „Ich“ und eine „Welt“ vollzieht. Es ist der Akt, in welchem das unfreie Herz sich die Dinge seiner Sinneserfahrung wahlweise als „Selbst“ und „Welt“ aneignet — sich also eine Daseinssituation schafft, in der einige Phänomene seiner Erfahrung einem „Selbst“ zugeordnet werden und andere, augenscheinlich außen liegende und nicht diesem Selbst zugehörige, werden als „die Welt“ verstanden. Aus „Selbst“ und „Welt“ wird implizit „mein Selbst“ und „meine Welt“ und beide werden nun so zueinander in Beziehung gesetzt, daß sie sich schließlich gegenseitig und scheinbar zweifelsfrei begründen. Dieses Ergreifen und Sich-Aneignen - upàdàna - wird vom Buddha als ein tiefsitzender Impuls des unfreien Herzens verstanden, mit welchem wir uns angesichts der offenkundigen Unbeständig-

    keit alles Erfahrbaren vor der Hinfälligkeit unseres Daseins zu schützen versuchen. Der Buddha zeigt auf, daß dieser Versuch misslingen muß und daß der im Unverständnis unserer wah-

    ren Situation missratende Schutzversuch in Wahrheit unsere Leidensanfälligkeit begründet.


    https://akincano.net/wp-content/uploads/Wo_das_Herz.pdf