Beiträge von Anna Panna-Sati im Thema „Die Wahrheit ist ein pfadloses Land“

    Solange ich einen Schutz vor der Wirklichkeit suche, gehe ich in die falsche Richtung.

    Ja, da kann ich dir prinzipiell zustimmen, wobei es m.E. nachvollziehbar, berechtigt und geradezu geboten ist, sich temporär vor der Wirklichkeit zu schützen, wenn die direkte Konfrontation einen aktuell komplett überfordern würde...


    Früher oder später holt die Wirklichkeit sowieso jeden ein, im Übrigen kann das Ziel auch (noch) erreicht werden, wenn man sich zuvor mal verlaufen, bzw. Umwege genommen hat...

    (Eine Richtungskorrektur ergibt sich oft von alleine, sobald es dem Menschen besser geht und er bereits ernsthaft beschlossen hatte, die Wahrheit zu suchen, sich der Wirklichkeit zu stellen.)

    Es ist dann eher ein Handel: Wenn ich A,B,C befolge, wird es mit besser gehen. Damit es mir gut geht, muss ich A,B,C befolgen. Und wenn Meister X,Y oder Z sagt, dass ich A,B,C nur machen muss, damit es mit besser geht, dann mache ich das. Hauptsache es geht mir besser als jetzt.

    Na ja, wenn es mir schlecht geht und ich mir selbst (vorerst) nicht anders helfen kann, suche ich Rat bei anderen Menschen, die ich für kompetent halte ("Verständige") und probiere deren Vorschläge/Anregungen auch aus, wenn sie mir Erfolg versprechend erscheinen - als "Erste Hilfe"-Maßnahme sozusagen.

    Danach wird man weitersehen und prüfen, ob die Methode (der von Anderen gewiesene Weg) auch langfristig helfen würde, tiefersitzende Probleme zu lösen, z.B. das Leiden an den Daseinsmerkmalen...





    So schwarz wie Mark Twain sehe ich es jedenfalls nicht:


    Zitat



    Man kann es auch so betrachten (typisch "Weltling" ;) ):


    Interessant, dass, u.a. von dem Philosophen Epikur, aber auch von Buddha Shakyamuni, eine Art "Rangfolge" aufgestellt wird, bezüglich der erkannten Wahrheit(en):


    Zitat

    Einige, sagt Epikur, haben sich zur Wahrheit durchgefunden ohne irgend jemandes Beistand. Sie haben sich selbst den Weg gebahnt. Diese lobt er am meisten, sie, die ganz dem eigenen Antrieb folgten, die ihre Vervollkommnung ganz sich selbst verdankten.

    Andere, sagt er, bedürfen fremder Hilfe, außerstande vorwärts zu kommen, wenn ihnen nicht einer vorangeht, aber als Gefolgsleute sich wohlbewährend. [...] Auch diese Art Geister erklärt er für vortrefflich, wenn auch nur zweiten Ranges.

    Was uns anlangt, so gehören wir nicht in die erste Reihe; wir können zufrieden sein, wenn wir für die zweite als genügend befunden werden. Verachte den Menschen nicht, der nur durch fremde Hilfe gerettet werden kann; es will schon etwas heißen, gerettet werden zu wollen.

    Außer diesen findet sich noch eine andere Art von Menschen, und selbst diese verdienen es nicht, daß man sie verachte. Es sind dies diejenigen, die man zum Rechten nötigen und drängen kann, die nicht nur eines Führers bedürfen, sondern eines Gehilfen und so zu sagen eines Zwangsvollstreckers. Das ist die dritte Klasse.

    Lucius Annaeus Seneca (ca. 4 v. Chr. - 65 n. Chr.), genannt Seneca der Jüngere; römischer Philosoph, Stoiker, Schriftsteller, Naturforscher und Politiker; Selbsttötung auf Geheiß seines ehem. Schülers Nero (Römischer Kaiser von 54 - 68)

    Quelle: Seneca, Briefe an Lucilius (Epistulae morales ad Lucilium), 62 n. Chr. 52. Brief. Übersetzt von Otto Apelt (1924)

    :?:shrug: Klingt nicht ganz zeitgemäß....

    Die "dritte Klasse", das sind dann wohl jene Menschen, die - aufgrund ihrer Bedürftigkeit - leicht auf "Rattenfänger" und dubiose Sekten hereinfallen und sich schlimmstenfalls von diesen unterwerfen und missbrauchen lassen.... :(


    Zum Schluss noch ein (versprochen! ;) ) letztes Zitat:


    Zitat

    Im Theravada-Buddhismus ist von der "edlen Suche" die Rede, gemeint ist das Streben nach dem Verständnis und der Verwirklichung von Nibbana/Nirvana, der "absoluten" Wahrheit...

    Dieses gilt als tugendhaft und das spirituelle Wachstum fördernd ("unedel" wäre somit das Streben nach sinnlichen Freuden...).




    Liebe Grüße, Anna _()_ :heart: :)

    Da könnte ich mir, wenn ich nicht so eingebildet wäre, ChatGPT als „Partner“ vorstellen. Da kommt es nicht zu Kriegen über die Deutungshoheit von Begriffen und Zitaten oder zu Streitereien über angeblich „unangemessene“ Worte.

    Es steht zu befürchten, dass KI schon jetzt, bei immer mehr Menschen, als "Partner" bzw. "Partnerersatz" fungiert: Immer höflich, freundlich, hilfsbereit und gefällige Antworten gebend, Ego-Bestätigung...


    KI erwies sich gar als hilfreiche Unterstützung in der WARTEPHASE auf einen (Psycho-)Therapieplatz... :eek: :


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    Ein gewisses Mass an Verantwortungsdelegation ist manchmal nicht das Verkehrteste. Du sagst es ja schon oben:

    "Sich nichts einbilden."

    Das gilt vielleicht in besonderem Masse in Bezug auf Selbstueberschaetzung.

    Wenn ich mir manche "gut-katholischen" Gläubigen in meiner Herkunftsfamilie so ansehe, bemerke ich, dass sie von der Abgabe von Verantwortung an ein höheres Wesen/Schöpfergott ("Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag...") überwiegend profitieren - zumindest kurzfristig (Stimmungsaufhellung, Angstreduktion/Beruhigung).


    In überfordernden Grenz- und Krisensituationen, wenn man sich hilflos, schwach und ausgeliefert fühlt, Sehnsucht nach der Hilfe von "oben"/"höheren Mächten" zu entwickeln, halte ich bei entsprechender Vorprägung durch die Familie, Lehrer/ Institutionen, ein Stück weit für normal und nachvollziehbar.


    Die empfundene Linderung/Hilfe dann diesem Gott zuzuschreiben, wäre für Gläubige dann deren subjektive "Wahrheit", die, wenn mit Gleichgesinnten geteilt, noch kraftvoller "wirken" kann...

    Verblendung??!


    Buddhas (und auch Krishnamurtis) Weg der vollen Selbstverantwortung ist ja recht anspruchsvoll und nicht jederzeit für jeden gangbar, wie es auch in diesem Forum schon vielfach betont wurde.

    (Psychische Gesundheit wird oft als Voraussetzung für die Teilnahme an Retreats verlangt - aber nicht jeder ist sich bewusst, "psychisch angeschlagen" zu sein...Gerade besonders sensible, nicht-gläubige Leidende suchen ja ihr Heil oft bei Buddhas Lehre, welche "Befreiung vom Leiden" verspricht...).



    Liebe Grüße, Anna :) _()_ :heart:


    Die "Unbestechlichkeit des Selbst" ist für mich der zentrale Begriff. Sich nicht korrumpieren lassen. Sich selbst nicht verarschen. Sich nichts einbilden. Die Verantwortung nicht delegieren, um sich schlafen legen zu können.

    Die Wahrheit erweist sich für manche Menschen aus verschiedenen Gründen unter Umständen als schwer- bis unerträglich, dann schützt sich die Psyche ggf. davor und kreiert "barmherzige Lügen" als Überlebensstrategie.

    ("Kognitive Verzerrungen" gibt es sicherlich nicht nur in Bezug auf Wahrnehmungen in der Umwelt - sie sind auch bei der Bewertung einer "Innenschau" und spiritueller Erlebnisse denkbar.)


    Erkennt man dies durch achtsame Selbstreflexion, umso besser, weil es dann unter Umständen (wenn man - z.B. durch buddhist. Praxis - innerlich gereifter und stärker geworden ist) später möglich ist, sich der Wahrheit wieder anzunähern, sich auf sie einzulassen...


    Ansonsten belügt man sich (und Andere) selbst, was, langfristig als großes Hindernis, Befreiung und Glück entgegensteht.



    Liste kognitiver Verzerrungen – Wikipedia



    Seltsam (und nicht stimmig) mag auch der Lebenswandel Krishnamurtis anmuten:

    Eine ca. 25 Jahre währende Liebesbeziehung zur verheirateten Frau seines Freundes (!), die im Unfrieden endete und am Schluss noch Rechtsstreit/ Gerichtsprozesse mit diesem und seiner Familie... :? :shrug:

    Zitat

    Das ist meine Ansicht, an der ich absolut und bedingungslos festhalte.

    Wenn jemand allzu fest an seiner Ansicht festhält, demonstriert er damit, dass er glaubt, am Ziel seiner (womöglich auch aller, es geht ja hier auch um spirituelle, "letzte" Wahrheiten?) Erkenntnisse zu sein, überzeugt, nichts mehr hinzulernen zu brauchen/können/"müssen" und offenbart dementsprechend eine Verweigerungshaltung gegenüber jeglichen Weiterentwicklungen....


    Da kommt leicht Skepsis auf und man denkt beispielsweise an die folgende Aussage:

    Zitat

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

    Obwohl dies ja auch wieder eine Sichtweise ist...

    Zitat

    auch sollte keine Organisation gebildet

    den, um Menschen auf einen besonderen Pfad zu führen oder zu nötigen.

    Demnach hielt(e) Krishnamurti die Gründung von Mönchs- und Nonnenorden durch Buddha Shakyamuni wohl auch für einen Fehler?



    Neben der Wahrheit und deren bewusster Verleugnung/Negierung, der Lüge, gibt es ja noch den Irrtum - das fälschliche Fürwahrhalten, welchem vielerlei Ursachen zugrundeliegen können, wie z.B. unvollständige oder Fehlinformationen, falsche Schlüsse, Täuschung,...


    Einem Irrtum kann jeder unterliegen, auch ernsthaft Wahrheitssuchenden kann er widerfahren und in so einem Fall mögen die Anderen (Lehrer, Sangha, "Verständige",...) gelegentlich sehr hilfreich sein, wenn man sich ihrem Rat nicht verschließt.