Beiträge von Raphy im Thema „Verdunklung statt Erleuchtung“

    P.S.:
    Mir kommt es auch so vor, als wenn es zwei Arten von dunklen Tälern oder Leid gibt.
    Einmal das normale Leid, das daraus entsteht weil wir dem Habenwollen und Ablehnung nachgehen. Das Leid ist nicht immer so offensichtlich und unmittelbar. Es basiert ja auch auf Unbewußtheit oder Unwissenheit.
    Und dann das andere Leid, das daraus entsteht weil wir dem Habenwollen und der Ablehnung nicht mehr so stark nachgehen. Wenn wir immer mehr sehen, dass es uns so garnicht gibt wie wir immer dachten. Wenn immer mehr Licht auf unsere unbewußten und verdrängten Anteile fällt. Wenn Dinge wegfallen mit denen wir uns identifiziert haben. Es basiert eher auf Bewußtheit oder Wissen.

    Milou:
    Zitat

    Raphy schreibt:
    ... akzeptieren ... Und wenn man dann noch anfängt über sein Leiden nachzudenken, statt es einfach zu fühlen, wird es noch schwerer. Und denken ist ja unsere Lieblingsbeschäftigung. ...


    Ich denke auch, dass das Denken möglicherweise der Feind des Erwachens ist. Solange ich über mein Leid nachdenke, verstärkt es sich eher. Wenn ich es akzeptieren und annehmen kann, ist der erste Schritt schon getan.


    Manchmal trifft man Menschen - vermeintlich einfache Gemüter - die glücklich sind ohne zu denken, ohne eine Vorstellung von Leid oder Glück mit sich herumzuschleppen. Manchmal beneide ich diese um ihr Glücklichsein, obwohl ich der Meinung bin, dass ohne Denken/Erkenntnis das Glück nicht vollkommen ist.


    Interessante Fragen. Kenne ich von mir.
    Das Denken an sich ist nichts schlechtes. Ich sehe es aber eher als Werkzeug oder als Diener. In unserer jetzigen Gesellschaft scheint es mir aber eher so zu sein, dass das Denken der Meister geworden ist und alles andere unterwirft. Der Verstand ist eher ein Tyrann, als ein weiser, guter König.
    Deswegen habe ich für mich entdeckt, meine Aufmerksamkeit weniger auf den Verstand zu richten, sondern mehr hier zu sein. Das Leben zu erleben und weniger zu "zerdenken". Mehr auf das Herz und den Bauch zu hören.
    Meine Erfahrung ist, wenn man das Denken braucht passiert es. Und das ist nicht so oft.
    Ich versuche das Denken eher als Werkzeug zu benutzen oder auch mal zur Unterhaltung. Aber für mich wird immer klarer, dass ich nicht das Denken bin. Es kommt mir eher wie eine Art Berauschung vor, wie ein Hamsterrad das sich immer weiter und schneller dreht je mehr man sich damit identifiziert. Es bringt mich weg von "hier".
    Inwieweit Denken wirklich der Befreiung dienlich ist oder nur einen Anfangsschritt darstellt weiß ich nicht. Aber ich bleibe dran :D



    Zitat

    Ist es nur meine Einbildung, dass umfassendes Glück nur umfassend sein kann, wenn ich mir meines Glückszustands vollkommen bewusst bin? Wenn ich die optimale Sonne haben möchte, so muss ich einen immer sonnigen Berggipfel erklimmen. Vor dem sonnigen Gipfel liegt nochmal ein tiefes, dunkles Tal, vor dem Tal ein halbsonniger Hügel. Ist es nicht weniger anhaftend, wenn man sich mit dem manchmal sonnigen und manchmal schattigen Hügel zufrieden gibt, anstatt das tiefe, dunkle Tal zu durchschreiten um den immer sonnigen Gipfel zu erreichen? Oder betrüge ich mich nur selbst, weil ich mich davor fürchte, durch das dunkle Tal zu schreiten?


    LG,


    Milou


    Ja, ich denke auch, dass es weniger anhaftend ist sich mit dem manchmal sonnigen und manchmal schattigen Hügel zufrieden zu geben. Denn das führt meiner Erfahrung nach in Richtung Frieden. Wenn man das sonnige im Leben so akzeptiert wie es passiert und dem nicht nachjagd (Habenwollen) und das schattige im Leben so akzeptiert wie es passiert und es nicht versucht losszuwerden (Ablehnung). Man ist einfach glücklich, weil Ablehnung und Habenwollen dieses Glück überdecken. Es ist eigentlich die ganze Zeit da dieses Glück, so erscheint es mir jedenfalls.


    Was uns in diese tiefen, dunklen Täler stürzt, ist eben dieses nichtakzeptieren können von dem was jetzt hier ist. Man kann sich aber auch nicht entscheiden: "Ab heute hafte ich nie wieder an etwas an oder lehne nie wieder etwas ab. Werde alles akzeptieren was passiert. " Es wird trotzdem passieren, vielleicht noch für eine lange Zeit. Das ist das Dilemma. Das ist unser gegenwärtiges Karma. Es bringt nichts gegen sich selbst und seine Natur zu kämpfen. Wir kämpfen ja eh schon die ganze Zeit gegen uns.
    Aber man kann sich entscheiden auf was man seine Aufmerksamkeit richtet. Man kann erkennen, was einem selbst gutttut und was man eigentlich wirklich will. Unabhängig davon was die verrückte Welt da draußen meint was wir zu wollen haben. Und dann wird der Weg klar sein. Das kommt dann aber eher aus dem Herzen, als aus dem Kopf.


    Ich denke auch nicht, dass man die dunklen Täler suchen muß. Die dunklen Täler kommen zu einem, wenn es so weit ist. Es ist meiner Erfahrung nach sogar so, dass man durch akzeptieren eher in so ein reinigendes Gewitter gerät. Jedenfalls die Gewitter die in diesem Leben auf jeden Fall dran sind. ;) Und wenn man dann Lust auf nochmehr Gewitter hat kann man ja meditieren :D
    Es ist ja auch ok sich vor dem tiefen dunklen Tal zu fürchten. Man sollte wohl nichts tun was einen momentan überfordert. Das Leben hilft, sich da langsam heranzutasten.


    Ich denke es ist gut, ersteinmal so eine Art inneren "Grundfrieden" zu fühlen, es sich angenehm zu machen, um dann vielleicht die dunklen Täler aktiv zu suchen.


    So jedenfalls meine Erfahrungen und Ansichten, die natürlich subjektiv sind und nicht der Wahrheit entsprechen müssen.



    Zitat

    Ist es nur meine Einbildung, dass umfassendes Glück nur umfassend sein kann, wenn ich mir meines Glückszustands vollkommen bewusst bin?


    Ja, ist auch meine Erfahrung. Ich würde auch Unbewußtheit mit Unwissenheit gleichsetzen und Bewußtheit mit Wissen. Dann hat das ganze nicht mehr in erster Linie etwas mit dem Verstand zu tun.



    Liebe Ostergrüße

    Das mit dem nahen Verwanden von dir, tut mir leid. Weiß ja nicht ob es gerade erst passiert ist oder schon länger her ist.
    Ich finde es immer wieder schade, wenn jemand sein Heil im Tod sucht, statt sich den Herausforderungen jetzt zu stellen.
    Ich will das aber auch nicht verurteilen, da ich nicht weiß, wie sehr so jemand wirklich leidet und wie ich in so einer Situation handeln würde.


    Alles Gute und liebe Grüße

    Hallo Milou,


    ich denke diese dunklen Phasen hat jeder, der sich auf den Weg zur Freiheit macht. Es sind ja gerade diese unangenehmen Dinge in uns, die wir uns nicht anschauen wollen, welche uns die Sicht versperren.
    Sie gehören aber genauso zu uns, wie die angenehmen Dinge. Das alles will befreit werden. Aber bevor das geschieht muß man es sich nochmal in seiner ganzen Hässlichkeit anschauen.


    Wie will man auch etwas ergründen und dann losslassen wenn man es garnicht richtig kennt? Wenn man noch nicht einmal gewillt ist einen kurzen Blick darauf zu werfen?


    Die Zeit der Depression und Dunkelheit, die " dunkle Nacht der Seele", kommt bei jedem Suchenden zwangsläufig irgendwann. Ich denke entscheidend ist es in so einer Zeit, es sich so angenehm wie möglich zu machen, Schwäche zuzulassen, auf sich selbst zu achten und sich nicht noch unnnötiges Leid zusätzlich aufzubürden. Und das Wichtigste meiner Meinung nach: aktzeptieren, aktzeptieren, aktzeptieren was da geschieht, gefühlt wird. So gut und bewußt es jetzt gerade möglich ist.


    Da ja gerade Ostern ist. Jesus am Kreuz ist da sicher ein gutes Bild für totales Aktzeptieren.


    Es ist dann meist auch die Zeit des Rückzugs, was ja auch gut ist, weil dieser Prozess viel Ruhe, eine geschützte und verständnisvolle Umgebung braucht. Nur wird dieser Rückzug von der Gesellschaft meist negativ bewertet, weil wir alle so durchgedreht sind ;). Nur das tun zählt in der Gesellschaft, etwas was man sehen und vorzeigen kann, was etwas bringt. Das macht es dann natürlich nicht unbedingt einfacher, solche schwierigen Zeiten zu aktzeptieren.


    Und wenn man dann noch anfängt über sein Leiden nachzudenken, statt es einfach zu fühlen, wird es noch schwerer. Und denken ist ja unsere Lieblingsbeschäftigung.

    Bevor es richtig hell wird, muß es wohl nochmal richtig dunkel werden.


    Viel Spaß :)