Beiträge von void im Thema „buddhismus und ur-angst“

    Maybe Buddha:

    Spricht nix dagegen. Vor 10 Jahren hab ich auch so angefangen wie du jetzt. Und letztendlich bin ich endgültig bei der Lehre des Buddha gelandet (da mir alle anderen Lehren und philosophen auch nie ausreichende Antworten geben konnten). Wie gesagt hab ich früher auch gerne philosophiert und herumdiskutiert. Das bringt dich aber zu nichts ausser noch mehr verwirrung. Allerdings ist es grade für Grübler, Skeptiker und Philosophen (so wie ich damals), nicht damit getan wenn einem jemand diesen Rat gibt, denn an dem Rat zweifelt man natürlich auch


    Skepsis bedeutet ja zunächst einmal nicht zu vertrauen sondern in Frage zu stellen. Allerdings kann das dazu führen, das man von Hunderste ins Tausendste gelangt.


    Was man mit seinen Fragen ja wirklich ersehnt ist ein Punkt, wo man "zufrieden" sein kann - wo man sagt "ah das macht Sinn" und nicht das Bedürfnis hat weiterzufragen. Aber wie Faust versagt man sich ja genau das.


    Eben weil man - du vielleicht früher zenbo vilelicht jetzt - ein tiefes Gefühl dafür hat, das alle Antworten nur unzureichende Konstrukte sind und die Wirklichkeit so porös und fraktal ist, dass sie sich nicht mit einfachen Antworten einfangen lässt.


    Im Zen gibt es das Konzept des "Grossen Zweifels". Also nicht Zweifel beiseitezuscheiben, sondern an dessen Wurzel zu gehen. So radikal zu zweifeln (nicht intelketuell sondern mit dem ganzen Wesen) , dass man sich selbst in Frage stellt und in Erleuchtung umstülpt.

    zenbo:

    hab auf dem philosophie forum gefragt, hier die antwort von Existenzphilosoph:


    »Die drei Fragen lauten: „Wo komme ich her?“, „Wer bin ich?“, „Wo gehe ich hin?“. Solange wir auf diese Fragen keine Antwort finden, herrscht die Urangst. «


    und nun kann die diskussion eigentlich losgehen, beantwortet der buddhismus diese fragen mit endgültiger, oder wenigstens, nachvollziehbarer autorität?


    Es ist umgekehrt. Zuerst ist da die Urangst, das heisst ein Gefühl der Haltlosigkeit und der Ungeborgenheit. Und aus dieser Urangst entspringen dann unter Fragen. Aus der Hoffnung heraus, sich auf die Antworten gründen und sichern zu können. Wer die Ungeborgenheit nicht empfindet der braucht die Fragen nicht. Für die Philosophie, als die Disziplin die sich mit dem menschlichen Denken und Wissen beschäftigt, sind natürlich die Fragestellungen zentral.


    Aber eigentlich gehen die Existenzphiloophen alle von einer konkreten Begegnung, mit Angst, Verlorensein, Hoffnungslosigkeit aus. Bei Sartre war das beispielsweise das Gefühl des "Überzähligsein" im Haus seines Grossvaters, bei Camus Todeserfahrungen wegens eine Krankheit, bei Nietzsche der Tod seines Vaters. Die gewohnte Realität bricht zusammen und man stellt sich schon früh die Sinnfrage.


    Für viele buddhitische Lehrer war die Begegnung mit dem Tod die zentrale Erfahrung, die diese den Mönchweg einschlagen liess. Aber nicht um theoretische Fragen mit theretischen Antworten zu begegnen sondern um Angesichts der so hautnah drohnenden Vergänglichkeit Friede im Herzen zu finden.

    In folgendem Spiegleartikel zum 11. September ist die Ur-Angst gut beschrieben:


    Georg Diez:


    Angst ist ein älteres, ein stärkeres Gefühl als Trauer, als Mitgefühl, als Vorsicht. Angst ist kein Gefühl, das den Menschen einbettet in Zivilisation. Angst führt uns zu unserem eigenen Erbe, zu dem Punkt vor dem Fortschritt, der uns das Flugzeug gebracht hat und die Türme, die sich somit in gewisser Weise selbst zerstörten, denn egal, wie atavistisch Atta und die anderen Angreifer waren, das Ergebnis ihres Terrors war eben: Terror, das ist die Autopoiesis dieses Anschlags. Angst ist ein Entblättern dessen, was uns ausmacht. Angst wurde Politik. Angst wurde Realität.


    Lebten wir wirklich in Fiktionen oder fiel uns das erst nachher ein, weil es immer noch tröstlicher ist, dass jemand unsere Spielburgen zerstört als unsere echten Symbole? Ist die Fiktion nicht nur eine Laune der Postmoderne, sondern ein Schutzmechanismus, den sich der Westen ausgedacht hat, um seinen eigenen Abstieg nicht zu spüren?


    http://www.spiegel.de/kultur/g…aft/0,1518,785184,00.html


    Man bildet sich ein, in einer stabilen Ordnung zu leben, aber ganz plötzlich erscheint die Unsicherheit und Vergänglichkeit und entlarvt die Sicherheiten von gestern als schöner Schein über der Bodenlosigkeit.

    Mabuttar:

    Nun die innere Ruhe / Unruhe und die äußere Ethik werden jetzt vermischt.


    Im Buddhimus wird ja die Kultivierung von einen friedlichem Geist und die Kultivierung von Ethik als Einheit gesehen. Aber stimmt denn das? Vielleicht ist ja die Kultivierung von "innere Ruhe" eine Art Herausziehen aus der allgemeinen Misere. Vielleicht stimmt ja der Bodisattva-Gedanke, dass eine ausgeglichener Geist zu Mitgefühl führt nicht und Ethik ist nur möglich, wenn man sich mit einem Unglück indentifiziertund "mitleidet".


    Wenn das so ist, dann wären Zerknirschung und schlechtes Gewissen positive Geisteszustände ( weil sie der erste Schritt zu heilsamen Handeln sind), während innere Ruhe, sorglos und verantwortungslos ist, weil sie zu faulen Nicht-Handeln führt. Es spricht da eine Haltung des Selbstmisstrauens heraus, die unterstellt, dass aus Geistesruhe nicht Ethik und Hinwendung zum Leid sondern eine Realitätsflucht, eine bequeme Abwendung vom Leid folgt. Das ist eine berechtigte Sorge.


    Das hat viel mit Vertrauen zu tun und letzendlich kann man das nur an der eignen Praxis sehen, ob einen das für andere öffnet oder verschliesst.

    zenbo:


    muss man in anbetracht dessen die buddhistische lehre als eine art geistiger fluchtversuch deuten, um in einer unsicheren umgebung etwas sicherheit zu gewinnen? ist die anweisung , zweifelnde gedanken zu unterdrücken oder ignorieren , mit dem vermerk das es ja nur :"vergängliche gedanken sind"!, eine eigentliche beruihgungspille?


    Maybe Buddha:

    Seh ich auch so, es ist genau das Gegenteil. Die meißten Menschen leben in einer dauernden Flucht und der Buddhismus zieht der Illusion von Sicherheit den Boden unter den Füssen weg und holt uns in die Realität zurück...


    Aber auf der anderen Seite kann doch Quietismus auch wirklich ein Fluchtversuch sein. Wenn zur Zeit ein gigantischer Ökökollaps stattfindet und die Menschheit die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen vernichtet, dann ist das eine unagenehme und sorgenvolle Situation. Sich da um seine eigene Geistesinhalte zu kümmern und die Situation an sich abprallen zu lassen, ist doch ein Vogel-Strauss-Verhalten (Kopf in den Sand stecken). Man weicht der Realität aus und jeder Gedanke der einen beuruhigen könnte wird achtsam in den Papierkorb gezogen.


    Anstatt offen für die Welt und das Leid anderer Menschen zu werden, schottet man sich in freudvollen Zuständen ab. Man meditiert selig, während draussen der Regenwald abgeholzt wird. Eine Horrorvorstellung.


    Einer der Vorteile der Anattman-Lehre ist die Freheit sich komplett widersprechen zu dürfen.

    Du schilderst das Problem der Ur-Angst ja recht gut. Das Univesrum ist sehr unbestänndig und chaotisch, während das Denken des Menschen sich an Beständiges halten will. Daraus folgt dann ein Gefühl der Angst, weil alles unkontrollierbar ist und einem ständig entgeleitet. Albert Camus hat das die Grunderfahrung des Absurden genannt.


    Es gibt von Stephen Batchelor das Buch "mit anderen allein", in dem er den Buddhimus aus dem Blickwinkel der existentialistischen Philosophie sieht und genau die Probleme, die du ansprichst behandelt.


    Der Buddhimus geht mit der Situation dadurch um, indem er betont, das nicht wir etwas falsch machen, sondern die Welt tatsächlich so chaotisch, vergänglich und drucheinander ist ("dukkha"). Und das das Leid nur daduch entsteht, dass wir an festen Konstrukten festhalten, die wir der Realität aufzwingen wollen.


    zenbo:


    muss man in anbetracht dessen die buddhistische lehre als eine art geistiger fluchtversuch deuten, um in einer unsicheren umgebung etwas sicherheit zu gewinnen? ist die anweisung , zweifelnde gedanken zu unterdrücken oder ignorieren , mit dem vermerk das es ja nur :"vergängliche gedanken sind"!, eine eigentliche beruihgungspille?


    Wenn man in einer Welt der Unsicherheit und Vergänglichkeit darauf hinweist, das alles unsicher und vergänglich ist, dann bringt das deswegen Sicherheit, weil es die Fallhöhe zur Realität verringert. Warum sollte das eine Flucht sein?