Beiträge von Onda im Thema „psychoknacks durch achtsamkeit?“

    Roni:

    Es ergibt sich vielleicht auch die Frage, wer das ist, der Kontrolle ausübt. Wenn im Zustand der vollen Achtsamkeit (ich nenne das jetzt mal so) die Wahrnehmung des Subjekts entfällt, kann es auch kaum einen Kontrolleur geben.


    Solange Wahrnehmung im herkömmlichen SInne stattfindet, gibt es ein Subjekt. Wahrnehmung ist die Wahrnehmung eines Objektes durch ein Subjekt. Wird dieser Dualismus durchbrochen, findet keine Wahrnehmung im herkömmlichen Sinne mehr statt. Es ist die SICHT des Letzendlichen. Aber das führt vom Thema weg. Rechte Achtsamkeit führt sicherlich nicht zum Psychoknacks.


    Gruß
    Charlie

    darkwave:


    der streitpunkt ist aber nicht ob das nicht geht, man kann sich doch so einiges abgewöhnen, die frage ist was dabei herauskommt.


    Hallo zenbo,


    Was ist denn so abwegig daran, mit wachen Augen durch die Welt zu gehen? Und nicht sofort jedem inneren Impuls nachzugeben? Stell dir einen cholerisch veranlagten Menschen vor. Der kann natürlich bis zum Sanktnimmerleinstag seine Agressionen spontan ausreagieren, leidenschaftlich ausrasten und sich damit viel Ärger verschaffen. Er könnte sich aber auch mal fragen, ob er nicht die Freiheit hat, anders zu handeln. Ja, die Freiheit. Darum geht es bei der ganzen Achtsamkeitsgeschichte. Die Freiheit, nicht mehr nur wie ein Roboter seine Gewohnheitsreaktionen abzuspulen sondern Souverän seiner Handlungsoptionen zu sein.


    LG
    Charlie

    darkwave:

    ...die reaktion auf die umwelt ist eigentlich unmittelbar, man reflektiert eigentlich nicht ständig sondern reagiert sofort. was für eine gesellschaft entsteht wohl wenn jeder sich ständig überlegt ob er das jetzt darf oder nicht?


    gruss zenbo


    Hallo zenbo,
    Achtsamkeit heißt nicht: permanentes Reflektieren. Zu einem guten Teil ist Achtsamkeit prä-konzeptionell, also nicht begrifflich. Achtsamkeit und spontanes Reagieren schließen sich nicht aus. Achtsamkeit bedeutet nicht, alles erst mal durch die Mühle der Reflektion zu drehen.


    Nyanaponika:
    4. Spontaneität


    "Es braucht nicht befürchtet zu werden, daß Gewöhnung an das Innehalten vor einer Betätigung jede spontane Äußerung wertvoller Art ausschalten oder lähmen wird. Im Gegenteil, das Innehalten selber wird durch Übung zu einem spontanen Vorgang werden und einen geistigen Auswahlmechanismus ermöglichen, der mit immer größerer Sicherheit und Reaktionsgeschwindigkeit das als unheilsam Erkannte ausschließt. Wie gewisse Reflexbewegungen spontane Schutzmaßnahmen unseres Körpers sind, so soll auch das Innehalten zu einem geistig-sittlichen Selbstschutz ausgebildet werden. Ebenso wie ein Mensch mit einem durchschnittlichen sittlichen Niveau vor Diebstahl oder Mord instinktiv zurückschreckt, so kann durch das beobachtende Innehalten der Bereich solch spontan funktionierender Sicherungen systematisch erweitert und das sittliche Feingefühl gestärkt werden. Auch falsche Denkgewohnheiten kann man in gleicher Weise durch rechte und heilsame ersetzen.


    Die Hemmung und Ausschaltung übler Impulse bringt auch eine größere Entfaltungsmöglichkeit für die guten Impulse mit sich. Jenes Gute in uns, das sich zunächst nur gegen innere Widerstände, nach einem Kampf der Motive, durchsetzen konnte, vermag sich nun frei und spontan zu äußern. Es wird mit größerer Verläßlichkeit auftreten und auch mit größerer Wirkungs- und Überzeugungskraft auf andere. Hier öffnet sich ein Weg, auf dem man allmählich das «vorbedachte Gute» (sasankhārika-kusala-citta) in ein spontanes (asankhārika) verwandeln kann, welches, nach der Wertskala des Abhidhamma, den ersten Rang einnimmt, sofern es mit Wissen verbunden ist. Es ist also nur die Spontaneität des Unheilsamen, die durch das beobachtende Innehalten gebrochen werden soll.


    Bei einer weisen Benutzung der in der Buddha-Lehre gegebenen Hilfen, gibt es tatsächlich nichts, was dieser gewaltlosen, mit dem Innehalten beginnenden Satipatthāna-Methode widerstehen kann."
    http://www.palikanon.com/diver…atthana/satipatt_08b.html


    Lg
    Charlie

    Wenn Achtsamkeit zwanghaft wird, dann ist es keine rechte Achtsamkeit.
    Achtsamkeit heißt nichts anderes, als deutlich und klar mitbekommen, was hier und jetzt gerade abläuft (Darum auch sila Nr. 5, das Gelöbnis, vom Drogengebrauch Abstand zu nehmen).
    Wach sein. Voll und ganz bei dem zu sein, was du gerade machst, mit deiner ganzen Aufmerksamkeit.
    Diese Art von Praxis steht im Zentrum der buddhistischen Lehre und sollte bei Rechter Anwendung zur Heilung und nicht zur Erkrankung führen.


    Gruß
    Charlie

    darkwave:


    dauernde achtsamkeit auf den fluss der gedanken und gefühle ist ein ganz massiver eingriff in die psyche, vergleichbar mit einer operation, man ist sich ja ständig bewusst was man tut. wer so praktiziert, muss sich selber eingestehen das er sich ganz massiv unterscheidet von nichtreligiösen menschen.


    Worin besteht deiner Meinung nach die schädigende Wirkung einer solchen Praxis? Und inwiefern ist der so Praktizierendende "neben der Spur"?
    Ich finde die Frage, die du aufgeworfen hast, interessant.


    Gruß
    Charlie

    darkwave:


    vermutlich sind die auswirkungen dieser dauerselbstbetrachtung noch nie wissenschaftlich analysiert worden, es ist aber offensichtlich das diese dauerkontrolle seltsame blüten treibt:


    Hi darkwave,


    wenn es da keine Untersuchungen gibt, wieso ist es dann so offensichtlich, dass Achtsamkeitspraxis seltsame Blüten treibt?
    Hast du da eigene Feldstudien durchgeführt?


    "Dauerkontrolle" ist kein gutes Wort für Achtsamkeit. Der Kontrolleur greift ein, will gestaltend regeln. Der Achtsame beobachtet lediglich. Achtsamkeit ist eine Form von nicht-wertender Wachheit.


    Gruß
    Charlie