Entstehung des Mahayana Buddhismus

  • Liebe Gemeinschaft,
    ich lerne derzeit viel über den Buddhismus und bin dabei mir eine Übersicht zu verschaffen welche buddhistischen Richtungen es gibt, aus welchen Richtungen sie entstanden sind und aus welchen Gründen sie entstanden sind.
    Mein derzeitiger Informationsstand ist der, dass nach dem 3. Konzil (oder war es das zweite?) um ca. 250 v. Chr. die Mahasanghikas aufgrund Uneinigkeiten im Konzil "entstanden" sind. Sie wollten mehr Texte in die buddhistische Lehre aufnehmen, als die "konservativeren" Buddhisten, aus denen dann bald die Theravadins entstanden (korrigiert mich, wenn die Infos falsch sind, aber bitte nicht, wenn sie unvollständig sind).


    Aus meinen Internet-Recherchen kann ich jedoch nicht nachvollziehen wie und aus welchen Gründen aus den Mahasanghikas dann der Mahayana erwachsen ist. Könnt ihr mir vielleicht weiterhelfen, indem ihr mir Internetquellen nennt, auf denen so etwas nachzulesen ist?


    Liebe Grüße
    Tendzin

    Fuß spürt Fuß, wenn er Boden spürt.

  • Tendzin:


    Mein derzeitiger Informationsstand ist der, dass nach dem 3. Konzil (oder war es das zweite?) um ca. 250 v. Chr. die Mahasanghikas aufgrund Uneinigkeiten im Konzil "entstanden" sind. Sie wollten mehr Texte in die buddhistische Lehre aufnehmen, als die "konservativeren" Buddhisten, aus denen dann bald die Theravadins entstanden (korrigiert mich, wenn die Infos falsch sind, aber bitte nicht, wenn sie unvollständig sind).
    Aus meinen Internet-Recherchen kann ich jedoch nicht nachvollziehen wie und aus welchen Gründen aus den Mahasanghikas dann der Mahayana erwachsen ist.


    Das Fehlannahme besteht darin, daß man die Entstehung der heutigen "Richtungen" als eine Abfolge von Orden und festgefügter Schulungsrichtungen darstellen könnte. Das trifft zwar da zu, wo sich nach dem 3.Konzil verschiedene Abhiddhammas nachweisen lassen - aber es gibt keinen Abhiddhamma der frühen Schulen, aus dem sich dann eine Mahayana-Succession ableiten ließe.
    Hinzu kommt, daß wir das, was wir von den frühen Richtungen wissen, oftmals nur aus den Standpunkten schließen, die von ihren jeweiligen Kritikern unterstellt wurden - ob dem tatsächlich so war ist eine zweite Frage.


    Das Mahayana hat eine grundsätzlich andere Geschichte, es entstand als Geisteshaltung im Widerstand gegen Auffassungen, die schon von den Vorläufern des Theravada kritisiert wurden. Das Mahayana im Sinne von Orden und Schulen entstand (wie auch das Theravada) erst durch Abwanderungen und eine gewisse geographische Isolation - die Theravada in Srilanka und von dort nach Südasien, die Mahayana in Ostasien (China, Korea, Japan) und erst Jahrhunderte später in der sehr spezifischen Form Vajrayāna in Nordasien (Tibet, Mongolei).
    Philosophisch kann man für das Mahayana zwei wesentliche Ausgangspunkte ermitteln:
    1.
    das Mādhyamaka mit seinem Exponenten Nagarjuna (ca. 2. Jahrhundert) - dessen Werk sich vorallem gegen die Sichtweise der Sarvastivadin wandte, also gegen eine Richtung, die sich nach dem 3.Konzil von den Vibhajjavada (Analytische Schule, daraus dann Theravada) abspaltete.
    2.
    das Cittamatra (Nur-Geist, ab 4.Jh)- ich verwende diesen Begriff in Abgrenzung zum späteren Yogācāra des 5und 6.Jh, nicht als dessen Synonym. Das für das ostasiatische Mahayana wichtigste Sutra ist hier das Lankavatara-Sutra. Zu den wichtigsten Vertretern: Vasubandhu wandte sich ebenso wie Nagarjuna gegen Auffassungen, wie sie den Sarvastivadin ("Alles ist") zugeschrieben werden, Asaṅga scheint den Mahīśāsaka zugehörig gewesen zu sein, also einer Schwesterschule der Theravada, lange nach dem 3.Konzil.


    Bleibt noch die Bodhisattva-Frage. Hier scheint es so, daß gewissermaßen vagabundierende Ideen des Mahasanghika aufgenommen wurden, nämlich: Buddha und Bodhisattva als Prinzipien, allerdings ohne daß es eine direkte Verbindung zum Mahasanghika gab und ohne daß der dem Mahasanghika zugeschriebene Standpunkt von der Nichtexistenz des Buddhas als historische Person unterstützt wurde.