Beiträge von sand

    Dorje Sema:

    »[i]Vollständig vervollkommnete Buddhas sind niemals Frauen.
    Und warum?
    Eben weil ein Bodhisattva (d.h. jemand auf dem Weg zur vollständigen Erleuchtung) ... den Zustand der Weiblichkeit vollständig aufgegeben hat.
    In seinem Aufstieg zum höchsten Thron der Erleuchtung wird er nie wieder als Frau geboren.
    ...


    Ja, genau das wurde mir so auf einem Retreat in einem Theravada Kloster "beigebracht".
    Zusammen mit dem Hinweis, dass alle Anwesenden wohl besonders gute Taten im letzten Leben vollbracht haben müssen, um nun die Gelegenheit zu haben, auf diesem Retreat zu sein. ...
    Ich kann solchen Selektierungen nichts abgewinnen. Für mich scheint ein "ich bin besser als Du" / "wir sind besser als ihr" durch solche Aussagen hindurch.


    Es wird dann oft argumentiert, dass meine ablehnende Haltung auf einer Persönlichkeitsannahme fußt und im Dualistischen stecken bliebe (gut/schlecht- ich/Du). Mag sein.
    Dennoch ... wo bitte liegt die Notwendigkeit solche Aussagen zu tätigen?
    Es ist sehr leicht, Macht durch Abwertung auszuüben. Insbesondere dann, wenn man dem anderen zusätzlich noch abspricht, genug Einblick zu haben, um diese Macht richtig zu deuten!


    .

    Über Buddha wird immer anerkennend gesagt:
    „Er verließ seine Frau, sein Kind und begann mit der spirituellen Suche.“


    Wie anders wäre doch das gesellschaftliche Empfinden gewesen, wenn es geheißen hätte:
    „Sie verließ ihren Mann und ihr Kind…“
    .
    .
    .

    lauscher:

    Wie ist es aber mit der bewusste Lüge und ihre Wirkung auf die >Wirklichkeit der Wahrnehmung<?, denn der Selbstbetrug ist Unbewusst und hinterlässt möglicherweise(?) wenige oder vielleicht auch andere Spuren, als die bewusste Lüge?


    Dass unbewußter Selbstbetrug weniger Spuren hinterlässt, das bezweifel ich stark. Denn ist er unbewußt, gibt es kaum Reue oder Skrupel sich selbst gegenüber als kontrollierendes Instrument. Und so belügt man sich Tag für Tag über Jahre hinweg. Die "Kerbe", die diese Lüge zieht wird jedes Mal aufs neue bedient und damit tiefer und tiefer.


    Eine bewußte Lüge kann unter Umständen sporadisch auftreten. Man fühlt sich unwohl dabei und versucht sie zu vermeiden. Es kommt selten vor, dass man über einen langen Zeitraum bewußt in Lüge lebt. Häufiger sind die Bequemlichkeitslügen "ich habe keine Zeit", "ich habe Kopfschmerzen", "ja, Du siehst gut aus". Diese sind nicht ehrlich und erzeugen ein ungutes Gefühl, aber, ab und zu ausgesprochen, doch nicht so beständig und wirkungsvoll wie ein permanenter Selbstbetrug, oder?
    Womöglich lässt sich aber von den alltäglichen Bequemlichkeitslügen auch auf die eigenen verdeckten Themen schließen. Warum habe ich es nötig, Kopfschmerzen vorzutäuschen...Welches Muster/ welche Wahrnehmung steckt dahinter?


    Als drittes würde ich die Lügen aufführen, die bewußt einer anderen Person schaden (um eigenen Vorteil zu erlangen). Soetwas dauerhaft zu tun, erzeugt starke Unruhe/Schuldgefühle/ Zweifel und geht, meines Erachtens, immer einher mit einem Selbstbetrug! Rechtfertigungen, projizierte eigene "Wirklichkeit", ein Film - oder Selbstverachtung...

    Onyx9:

    Ich frag mich eh warum die Lamas immer als Männer wiedergeboren werden ( wollen ).


    Möglicherweise geht es hier um Tradition, Macht und Einfluss? Allzu menschlich und in jeder Kultur und Religion anzutreffen?
    Ich habe so meine Zweifel was diese Herren betrifft und besinne mich vorerst auf meine Praxis.
    Wenn ich Menschen/ Lehrern begegne, die spirituelles Wachstum unterstützen, wunderbar. Das zeigt sich mir aber durch ihre Lehre und es ist spürbar in ihrer Umgebung.
    Ich schaue nicht auf den Stempel: "Wiedergeboren als..." Ist mir zu bildlich und entspricht nicht meinem heutigen Erkennen.

    Hallo Monika,


    ja, das was Du schreibst kann ich annehmen.
    Der Nutzen vom Spekulieren über „schrecklichste Szenarien“ ist sicherlich begrenzt. Er erscheint mir aber dort sinnvoll, wo verallgemeinerte Aussagen fallen, die nicht auf der eigenen Erfahrung gegründet sind. Die Aussage: „Es ist so und so“ muss sich eben auch an extremen Beispielen messen lassen.


    monikamarie:

    Was ich heute fühle, ist dem, was ich früher empfand, weit überlegen, denn es unterliegt nicht mehr so sehr dem Für und Wider. Es ist eines der vier, nämlich Gleichmut. Die anderen Empfindungen sind nicht so gefärbt wie früher. Ich bin nicht vor Liebe aus dem Häuschen und fange nicht gleich aus Mitgefühl an zu weinen, dafür ist meine Mitfreude größer als früher, genauso wie mein Gleichmut. Es hat sich halt alles relativiert.


    So eine Aussage empfinde ich als schlicht und stimmig. Hier zeigen sich die Früchte der rechten Praxis, am eigenen Beispiel.

    Ja, durch die Praxis erkenne ich Abläufe in mir und anderen und starke Emotionen (Haß, Feindschaft) tauchen nicht mehr so unverhofft auf wie früher.
    Und es mag auch stimmen, dass es möglich ist, mit der richtigen Ansicht und Erkenntnis, diese Gefühle gänzlich nicht mehr aufkommen zu lassen.


    Doch denke ich, dass ich in einer Extremsituation (KZ, Folter, etc.) meinen Feind nicht lieben könnte. Ich wäre schon froh, wenn ich nicht in Haßgefühlen versinken würde.
    Gefällt mir nicht das zu schreiben, ist aber ehrlich.


    Hier im Forum fühlen sich viele sehr schnell angegriffen. :evil:
    Es erscheint mir nicht ganz glaubhaft, dass das Gefühl der Anfeindung für manche kein Thema ist... ;)

    monikamarie:

    was immer sich jemand vorstellt, ob tolle Sachen oder schreckliche, wirkt sich eben in den Emotionen aus, selbst, wenn man dabei im Schneidersitz ursprünglich meditieren wollte. Vorstellungen jeglicher Art führen in die Irre und gaukeln etwas vor, was eben nur in der Phantasie stattfindet - aber die kann ja sehr stark sein und somit sogar körperliche Reaktionen auslösen :lol: . Dies wirklich zu verstehen und davon Abstand zu nehmen, ist ebenfalls ein Befreiungsschlag gegen den eigenen inneren Sklaventreiber. :lol:
    Der Verstand wünscht Sicherheit. Deshalb sucht er nach pro und kontra.



    Im Alltäglichen kann ich Deinen Ausführungen folgen. Ich erschaffe mir meine Feindbilder selbst, indem ich Taten auf mich beziehe, nicht haben will was ist und nicht loslassen kann was nicht (mehr) ist.


    Aber die Massenvernichtung von Menschenleben hat stattgefunden. Mag es auch keine Täter und Opfer geben, weil das "Ich" eine Illusion ist. So gibt es doch Taten. Das ist keine Vorstellung, oder?

    Lauscher:
    Zitat

    Kehren sie allerdings heim aus Asien, meist um hier "etwas" für den Dhamma zu tun, fühlen sich viele von uns als zwischen den Welten stehend, haus- und heimatlos, als Fremde hier wie dort. Wohin gehören wir? Gibt es überhaupt irgendwo einen Platz für uns?


    Wow - was für eine gute Übung im Nicht- Anhaften.
    ;)

    Oh wie ich das kenne! In solchen Momenten tritt selbst das bereits „Erkannte“ in den Hintergrund und es erscheint wie Hohn, wenn mir jemand mit annicca oder anatta antwortet.
    Ich „bestehe“ dann auf mein Leid, denn es fühlt sich so real an.
    Zwar mag es möglich sein, in sieben Tagen erleuchtet zu werden, doch wer schafft es schon, 7 Tage lang ununterbrochene Achtsamkeit zu praktizieren - Wahrzunehmen ohne eigene Vorstellungen- alle Konzepte (auch die des Leids und Wohlbefindens) als solche zu erkennen und loszulassen?


    Immer weiter - und man darf auch mal Atem holen und sich anlehnen ;)

    Geronimo:

    Man muss sich die Menschen doch nur einmal näher anschauen. So viele komplett unterschiedliche Charaktere mit total individuellen Neigungen und Anlagen, die sich schon in der Kindheit offenbaren und ihr Leben bestimmen. Die Talentierten, die weniger Talentierten, die Klugen, die weniger Klugen, die Hübschen, die weniger Hübschen, usw. und ihre dadurch angenehmen oder weniger angenehmen Leben


    bambus:

    - Ich möchte in diesem meinem subjektiv gefühlten Leben möglichst eigenes Leid vermeiden.
    - Ich möchte anderen Wesen (welchen denen ich begegne oder auch welchen die nach meinem Tod durch meine Handlungen beeinflusst werden) kein Leid zufügen.


    Geht es darum, ein möglichst angenehmes Leben zu haben? Ist das die Belohnung von guten Taten? So kann ich es nicht sehen. Gut, schlecht, hübsch, häßlich. Dualistische Ansichten, kulturell geprägt.
    Die schwerste Krankheit kann im übrigen zu tiefer Erkenntnis führen. Ist das dann Leid?


    Mit der Realisierung von anatta verlieren diese Unterschiede ihre Bedeutung.


    Ursache und Wirkung, Leben und Wiedergeburt sind nach meinem "Sehen" komplexer als persönliche Entwicklung. Bedingungen gestalten das "Jetzt", alles ist miteinander verbunden oder ist "eins".
    "Ich" bin nicht von Bedeutung. Meine Handlungen erzeugen Folgen. Von Bedeutung sind diese Folgen nicht. Sofern weder ich noch mein Gegenüber damit Vorstellungen/ Anhaftungen verbindet.
    Tuen wir aber. Also machen wir "Zwischenschritte" auf dem Weg, "gute Taten", "gutes Karma", die uns Bedingungen schaffen, die uns unsere Entwicklung ermöglichen.


    Daraus erschließt sich mir nicht, dass Wiedergeburt eine Voraussetzung ist, Erleuchtung zu erlangen.


    http://www.palikanon.com/diver…patthana/satipatt_10.html

    Auch wenn meine Situation nicht die gleiche ist wie die von Lauscher, so danke ich Dir dennoch, Helmut.
    Es trifft gerade eine aufkommende Gewissheit in mir und irgendwie, haben mir Deine Worte gerade ... well, you made my day!


    Merci


    sand

    Aiko:


    Obwohl es Frauen sind ...geht es m.E. auf einer anderen Ebene auch um die unterschiedliche Verwirklichung der selben Praxis.


    :badgrin: Ha, ha, ha... obwohl es Frauen sind! ;)

    Zitat

    accinca hat geschrieben:
    Du hast kein Ziel: Dann gibt es dich und
    kein Ziel: Dualismus!


    Es ist wohl zu unterscheiden zwischen „Ziel haben“ und „auf ein Ziel fixiert sein “.



    Zitat

    Dudjom hat geschrieben:
    Gut dass ich das nicht muss


    Na, Glückwunsch!
    :D


    Zitat


    sand hat geschrieben:Hmm... leicht vom Thema abgekommen..


    Wohl wahr.



    In diesem Sinne . . .

    Hi anicca,


    Oft steht ein Ziel mit Suchen und einer Absicht in Verbindung, manchmal enge ich mich auf dieses Ziel ein. Dann gibt es mich und das Ziel: Dualismus.
    Ich brauche zwar das Ziel, um für mich den Weg zu wählen, aber die eindringlichsten Erfahrungen habe ich dann gemacht, wenn ich in der „angestrengten“/ konzentrierten Meditation innerlich losgelassen habe. Es ergab sich dann nicht mehr die Suche, sondern das Finden, Erfahrung von Einheit, jenseits von mir und meinem Ziel.
    Das temporäre Loslassen von einem Ziel ist auch eine Art von Begierdelosigkeit. Auch das Ziel kann zur Sucht werden, so paradox es klingt.




    „Was ist der Weg?“ „Er liegt vor deinen Augen.“
    „Warum kann ich ihn dann nicht sehen?“ „Weil du an dein Ich denkst.“
    „Siehst du ihn denn?“ „Solange du Worte gebrauchst wie “Ich“ und “Du“
    und Sätze sprichst wie “Du siehst“ und “Ich sehe nicht“, kannst du ihn nicht sehen.“
    „Wenn es kein Ich und kein Du mehr gibt, kann man ihn dann sehen?“
    „Wenn es kein Ich und kein Du mehr gibt, wer will ihn denn dann sehen?“
    (ZenText unbekannt)



    sand