Beiträge von Elliot im Thema „Meditation und Kontrolle“

    Liebe Onyx,


    Onyx9:

    Da steht: "hege" keine Gedanken. Was heißt "hegen" ? Das heißt pflegen und nähren. Keine Gedanken haben wollen, geht nicht.


    Onda sagte doch:


    Onda:

    Man versucht, sie auf nicht-reaktive Weise als mentale Prozesse im eigenen Geist zu beobachten, ohne sich mit ihnen zu identifizieren.


    ... und ich wollte anmerken, dass dieses beobachten nicht in Richtung "hegen" gehen sollte. Wobei der Zusatz "auf nicht-reaktive Weise" ja eigentlich schon genügt. Wichtig ist halt, dass die Aufmerksamkeit beim Meditationsobjekt bleibt, zumindest bei dieser Art der Sammlung. Das Denken wird ja auch als der sechste Sinn betrachtet und für die Entfaltung dieses Sinnes gilt auch außerhalb der Meditation:


    Zitat

    "Wenn da ein Bhikkhu mit dem Geist ein Geistesobjekt [einen Gedanken oder Gedankengang] erfährt, entsteht in ihm Erfreuliches, es entsteht Unerfreuliches, es entsteht Erfreuliches-und-Unerfreuliches. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Nicht-Abstoßende im Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Nicht-Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Abstoßende im Nicht-Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Nicht-Abstoßende im Abstoßenden und Nicht-Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Nicht-Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Abstoßende im Nicht-Abstoßenden und Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Abstoßende darin wahrnimmt.


    Falls er wünschen sollte, 'Möge ich in Gleichmut verweilen, achtsam und wissensklar, indem ich sowohl das Abstoßende als auch das Nicht-Abstoßende vermeide', so verweilt er in Gleichmut gegenüber jenem, achtsam und wissensklar. (http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m152z.html)


    Viele Grüße
    Elliot

    Onda:

    Man lässt sie kommen und gehen und geht auf Distanz zu ihnen. Man versucht, sich nicht von ihnen "einwickeln" oder mitreißen zu lassen. Man versucht, sie auf nicht-reaktive Weise als mentale Prozesse im eigenen Geist zu beobachten, ohne sich mit ihnen zu identifizieren.


    Es geht aber durchaus schon so weit, erst gar keine Gedanken zu hegen:


    Zitat

    "Dann schult ihn der Tathāgata weiter: 'Komm, Bhikkhu, verweile, indem du den Körper als einen Körper betrachtest, aber hege keine Gedanken, die mit dem Körper verbunden sind; verweile, indem du Gefühle als Gefühle betrachtest, aber hege keine Gedanken, die mit Gefühlen verbunden sind; verweile, indem du Geist als Geist betrachtest, aber hege keine Gedanken, die mit dem Geist verbunden sind; verweile, indem du Geistesobjekte als Geistesobjekte betrachtest, aber hege keine Gedanken, die mit Geistesobjekten verbunden sind [2].'""Mit der Stillung der anfänglichen und anhaltenden Hinwendung des Geistes (zum Meditationsobjekt) tritt er in die zweite Vertiefung ein, die innere Beruhigung und Einheit des Herzens enthält, ohne anfängliche und anhaltende Hinwendung des Geistes, und verweilt darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Konzentration entstanden sind...(http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m125z.html)


    Wobei dafür aber nicht das Unterdrücken von Gedanken erforderlich sein sollte, sondern die Aufmerksamkeit sollte bereits so gut entwickelt sein, dass gar keine Gedanken sich erst breit machen. Das geht natürlich nicht, wenn beispielsweise Rastlosigkeit vorliegt:


    Zitat

    Wenn Rastlosigkeit und Gewissensunruhe in ihm vorhanden sind, versteht ein Bhikkhu: 'Rastlosigkeit und Gewissensunruhe sind in mir vorhanden;' oder wenn Rastlosigkeit und Gewissensunruhe in ihm nicht vorhanden sind, versteht ein Bhikkhu: 'Rastlosigkeit und Gewissensunruhe sind in mir nicht vorhanden;' und er versteht auch, wie noch nicht entstandene Rastlosigkeit und Gewissensunruhe entstehen, und wie bereits entstandene Rastlosigkeit und Gewissensunruhe überwunden werden, und wie überwundene Rastlosigkeit und Gewissensunruhe künftig nicht mehr entstehen."(http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m010z.html)


    Und das klingt für mich auch nach Rastlosigkeit:


    Onda:

    Doch eine Vielzahl von Gedanken tritt auf den Plan und versucht deine Aufmerksamkeit zu erhaschen und dich von deinem Vorhaben abzubringen. Diese Gedanken scheinen ein Eigenleben zu führen. Sie kommen, ohne eingeladen zu sein. Sie drängen sich dir auf, wie ungebetener Besuch.


    Viele Grüße
    Elliot

    Onda:

    In welchem Maße ist Meditation Kontrolle der Gedanken?


    Das kommt darauf an, was jeweils unter Meditation und unter Kontrolle verstanden werden soll. Die Entfaltung der Achtsamkeit auf den Körper beispielsweise:


    Zitat

    "Und wie, ihr Bhikkhus, verweilt ein Bhikkhu, indem er den Körper als einen Körper betrachtet? Da setzt sich ein Bhikkhu [3] nieder, nachdem er in den Wald oder zum Fuße eines Baumes oder in eine leere Hütte gegangen ist; nachdem er die Beine gekreuzt, den Oberkörper aufgerichtet und die Achtsamkeit vor sich verankert hat, atmet er völlig achtsam ein, achtsam atmet er aus. Wenn er lang einatmet, versteht er: 'Ich atme lang ein;' oder wenn er lang ausatmet, versteht er: 'Ich atme lang aus.' Wenn er kurz einatmet, versteht er: 'Ich atme kurz ein;' oder wenn er kurz ausatmet, versteht er: 'Ich atme kurz aus.' Er übt sich so: 'Ich werde einatmen und dabei den ganzen Atemkörper [4] erleben;' er übt sich so: 'Ich werde ausatmen und dabei den ganzen Atemkörper erleben.' Er übt sich so: 'Ich werde einatmen und dabei die Gestaltung des Körpers [5] beruhigen;' er übt sich so: 'Ich werde ausatmen und dabei die Gestaltung des Körpers beruhigen.' ...(http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m010z.html)


    ... könnte als eine Form der Meditation aufgefasst werden, bei denen die Aufmerksamkeit auf das Atem- und Körpererleben gerichtet wird, und dieser Aufmerksamkeit folgen dann auch die Inhalte der Gedanken, so sie denn aufkommen, insofern könnte man von "Kontrolle" sprechen.


    Onda:

    Was sind Merkmale einer achtsamen Kontrolle der Gedanken?


    Wenn Gedanken nicht unterdrückt werden, sondern aufgrund einer bestimmten Fokussierung der Aufmerksamkeit von allein in den Hintergrund treten.


    Onda:

    Besteht die Gefahr, dass die kontrollierende Instanz im Geist sich für ein stabiles Ich hält? (Ich kontrolliere, also bin ich).


    Eher weniger, da die "kontrollierende Instanz" sich ja gerade als Quelle der Gedanken entpuppt.

    Onda:

    Ist das Bedürfnis, etwas unter seine Kontrolle zu bringen ein Ausdruck von Machtgelüsten oder von Ängstlichkeit?


    Es ist zumindest die Voraussetzung für anhaltendere Stufen der Sammlung:


    Zitat

    "Freund, in der ersten Vertiefung sind fünf Faktoren überwunden und fünf Faktoren sind darin enthalten. Wenn da ein Bhikkhu in die erste Vertiefung eingetreten ist, ist Sinnesbegierde überwunden, Übelwollen ist überwunden, Trägheit und Mattheit ist überwunden, Rastlosigkeit und Gewissensunruhe ist überwunden und Zweifel ist überwunden; und es treten anfängliche Hinwendung des Geistes, anhaltende Hinwendung des Geistes, Verzückung, Glückseligkeit und Einspitzigkeit des Geistes auf. Auf diese Weise sind in der ersten Vertiefung fünf Faktoren überwunden und fünf Faktoren sind darin enthalten."(http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m043z.html)


    Onda:

    Ab wann wird Kontrolle repressiv?


    Wenn der Inhalt der Gedanken bewusst gesteuert wird, bevor überhaupt die Aufmerksamkeit beispielsweise auf Atem- und Körperwahrnehmung gelenkt werden kann:


    Zitat

    Ihr Bhikkhus, wenn da ein Bhikkhu die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Zeichen [2] richtet, und infolge jenes Zeichens entstehen in ihm üble unheilsame Gedanken, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind, dann sollte er die Aufmerksamkeit auf ein anderes Zeichen richten, das mit dem Heilsamen verbunden ist. Wenn er die Aufmerksamkeit auf ein anderes Zeichen, das mit dem Heilsamen verbunden ist, richtet, dann werden jegliche üble, unheilsame Gedanken, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind, in ihm überwunden und verschwinden. Mit dem Überwinden dieser Gedanken wird sein Geist innerlich gefestigt, beruhigt, zur Einheit gebracht und konzentriert. So wie ein geschickter Zimmermann oder sein Gehilfe einen groben Pflock mit Hilfe eines feinen austreiben, entfernen und herausziehen könnte, genauso sollte ein Bhikkhu - wenn er die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Zeichen richtet, und infolge jenes Zeichens in ihm üble unheilsame Gedanken entstehen, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind - die Aufmerksamkeit auf ein anderes Zeichen richten, das mit dem Heilsamen verbunden ist. Wenn er die Aufmerksamkeit auf ein anderes Zeichen, das mit dem Heilsamen verbunden ist, richtet, dann werden jegliche üble, unheilsame Gedanken, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind, in ihm überwunden und verschwinden. Mit dem Überwinden dieser Gedanken wird sein Geist innerlich gefestigt, beruhigt, zur Einheit gebracht und konzentriert [3]."(http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m020z.html)


    Onda:

    Ist Kontrolle vielleicht ein unpassendes Wort für achtsame Wahrnehmung?


    Würde ich nicht so sagen.


    Viele Grüße
    Elliot