Beiträge von Doris im Thema „Buddhismus 2.0“

    Zitat

    Ehrlich gesagt, mir ist der Gedanke noch nicht gekommen.


    Es gibt eine schöne Geschichte aus dem tibetischen Erzählkanon:
    Ein großer Einsiedler lebt oben in den Bergen allein in seiner Höhle.
    Wie das in Tibet so üblich ist, kommen Dorfbewohner zu ihm und bringen Nahrung, hohlen sich einen Segen, berichten über dies und das.
    Eines Tages erzählen sie ihm, dass sein Meister sich auf den Weg gemacht hätte, ihn in der Einsiedelei zu besuchen.
    Der Einsiedler sieht sich in seiner Höhle um und stellt mit Erschrecken fest, dass er über das Meditieren, die Höhle und den Altar gänzlich hat verlottern lassen. Panisch fängt er an zu putzen und aufzuräumen. Als er fertig ist, sieht er sich sein Werk an, die Höhle ist picobello, der Altar rein und herausgeputzt, und da fängt er an zu lachen. Daraufhin nimmt er eine Handvoll Staub und wirft sie über den Altar.


    Und nein, ich denke nicht, dass damit das Reinlichkeitsbedürfnis gemeint ist. :D

    bel:

    Hätte ich vllt definieren sollen: "Wellness/Manager-Buddhismus" ist das, was einem völlig normalen "weltlichen" Bedürfnis höhere religiösen Weihen geben soll.


    Beziehst Du Dich auf mich?
    Ich habe Dich schon verstanden, denke ich.
    Nur fällt es mir schwer, das auf eine bestimmte Gruppe zu beschränken, die Genannten sind halt nur sehr plakativ. Aber im Grunde betrifft es jeden einzelnen in irgendeiner Weise. Es sind auch stets normale "weltliche" Bedürfnisse, die da höhere Weihen erhalten sollen.
    Ein bisschen habe ich den Verdacht, dass die Manager im Wochenendseminar und die Wellness-Gurus ein wenig den Status des Sündenbocks erhalten haben. Zum einen lenken sie von den eigenen Wellness-Bedürfnissen ab, zum andern kann man damit jedes Nachdenken über eine moderne Adaption der buddhistischen Lehren leicht diffamieren.


    Im übrigen bin ich sehr für Wellness. :D

    Ich weiß auch nicht, was "Wellness-Budhismus" und Säkularer Buddhismus miteinander zu tun haben sollten?
    "Wellness-Buddhismus" ist es doch auch, wenn in Thailand die Leute in den Tempel ein paar Räucherstäbchen anzünden, sich gut fühlen und dann nach Hause gehen und gut ist es.
    Sich das Etikett "Ich-bin-Buddhist" anhängen und nicht wirklich den Weg gehen, sondern seine Unzulänglichkeiten damit zu übertünchen, also Spiritueller Materialismus, ist auch nichts anderes als Wellness-Buddhismus. Ein bisschen Wellness-Buddhismus pflegt jeder, denke ich. Diese Gefahr ist also nichts Neues, nichts Westliches, nicht nur der Verkauf von Statuen im Baumarkt und Wochenendangebote im Luxusresort, nichts was nur die ominösen Anderen betrifft: "Aber ich, nein iiiiich bin doch soooo ein toller Buddhist! Und was ich schon alles gelesen habe! Und wie toll ich stundenlang meditieren kann! So spirituell und ernsthaft! So derart bemüht und erhaben über diese schnöde Welt der Dharma-Konsumenten! Gaaar nicht mit denen vergleichbar, den Managern, den Trainern, den Tussis mit den Vollholzmöbeln …!" :grinsen:


    Im übrigen bin ich sehr für Wellness.

    Onyx9:

    void:

    Zitat

    Batchelor verseht das dann so, dass hier ein Primat des Individuums gegenüber der Autorität und ein Primat der Erfahrung gegenüber dem "Glauben" gelehrt wird. Was ja herrlich säular nach unabhängig des Individuums gegenüber der Autorität klingt.


    Yup und das ist halt das ganze Problem und da strampeln sie sich dann ab an ihrer Grundneurose:
    Ich will eine ungläubige Autorität sein, weil das eine darf ich nicht glauben ( gaaaanz scharfe Ratio ) und das andere will ich selber ( allein ) sein ( Autorität ).
    Angst vor Autonomieverlust . Orale Phase. Als vereinnahmend erlebte Mutter bei abwesendem Vater. :grinsen:


    Und zu welchem Bild gehört das da oben?
    Was ist da geschehen? Unberechenbares Elternhaus? Eltern, auf die kein Verlass war? Alkoholismus? … :?:

    Ah, danke für die Klarstellung.


    Ich enthalte mich dennoch eines Urteils darüber wer was sein könnte. Habe mich schon allzu oft getäuscht.

    Die werte Aiko schreibt, sie fasse was aus einem Buch von Batchelor zusammen und verweist auf einen früheren Thread.
    Der Link führt aber nur zu einem von ihr geposteten Zitat aus Wikipedia.

    Lieber Merkur-Uranus,


    in den traditonellen Linien, denen ich angehöre, ist das anders. Da wird sehr wohl darauf hingewiesen, dass keine Zeit zu verschwenden ist, dass Erwachen in diesem Leben, ja, jetzt, erreichbar ist. Schon in diesem Augenblick. Da wird nicht vertröstet, sondern im Gegenteil, auf die Dringlichkeit der Praxis hingewiesen. Daher auch die Kontemplation über das Glück ein menschliches Leben erreicht zu haben und die Kürze der Lebensspanne. Und niemand bezweifelt die Existenz von Verwirklichern. Im Gegenteil.
    Nach meiner Erfahrung neigen die autodidaktischen Buddhisten eher dazu das zu leugnen. Was die Motive sind, darüber kann ich nur spekulieren.


    Liebe Grüße
    Doris

    Zitat

    Ansonsten wollte ich nur ausdrücken, dass alle Yogis, Rishis Buddhisten 1.0, Buddhisten 2.0, so etwas wie Frieden oder Transzendenz suchen, ja Todlosigkeit falls es so etwas gibt, eigentlich alles was, wie Buddha erklärt, Nibbana ausmacht. Nibbana das große "spirituelle" Ziel.


    Erfahrbar allerdings nur im Da-Sein. Daher finde ich den säkularen Ansatz sehr wichtig. Nibbana im Leben. Woanders ist es nicht "erlebbar".
    Bzw. wenn Nicht-Erleben Nibbana sein sollte (Bezug Nicht-Wiedergeburt), dann ist per Definition jeder Tiefschlaf Nibbana.


    Der säkuläre Ansatz ist ein Spielverderber für einige. Das wird ganz deutlich an den Emotionen, die hier aufkochen.


    Für mich ist es viel interessanter die Dinge für das Leben im Alltag herunterzubrechen. Das ist für mich der Ansatz, an dem ich beginne. Z.B. achtsam Geschirrspülen oder eine Broschüre gestalten. Aus dem Alltag heraus, aus diesen ganz schlichten Erklärungen und dem Weglassen aller Ausschmückungen und Spekulationen, entwickelt sich nach und nach ein tieferes Verständnis. Letztendlich Transzendenz. Mir selbst machen bildhafte Ausschmückungen kein Problem, verführen mich nicht zu spiritistischen Gedankengirlanden und Spekulationen. Ich bin jemand, der vom Wesen her poetisch veranlagt ist und mit Bilder, Mythen usw. viel anfangen kann, sie als Bilder für den Alltag erfassen kann. Aber nicht jeder ist so gestrickt. Manche denken dann, dass Drachen in der Erde schlummern, Geister in Gefilden herumschweben usw. Sie übernehmen dann Bilderwelten aus ihnen fremden Kulturen, schamanistische Metaphern und halten sie für wahr. Oder sie spekulieren an der poetischen Ausdrucksweise mythischer Erfahrungen herum, die vor 2500 Jahren gemacht wurden und machen genau das Gegenteil von dem, das Herr Gautama verordnet hat und merken es nicht. Sie spekulieren an Texten herum, statt sich vor allem selbst zu beobachten – da ist die Antwort auf die Fragen. Hauptsache es kommt was Transzendentes dabei heraus, etwas schwer Verstehbares. Warum auch immer … Für die Menschen von heute ist das vielfach der Grund, warum sie sich von Religionen abgewendet haben. Mit Recht, finde ich. Und dennoch schade.


    Der Ansatz diesen Spekulationsobjekten zu entsagen und sich auf die einfachen Dinge zu beschränken, den Alltag in das Zentrum zu rücken, auch verbal, indem schlicht erklärt wird, verständlich und so, dass auch Herr Müller was versteht und Frau Schmid das in ihren Alltag mit einbeziehen kann, ist in meinen Augen äußerst wichtig. Transzendenz entwickelt sich alleine, durch die Anwendung und das Transponieren auf die jeweiligen Lebensmomente. Wohl nicht bei jedem. Aber das ist auch so, wenn man sich mit Spekulationen beschäftigt. Das sieht nur kompliziert aus, ist aber keine Transzendenz. Transzendenz ist nichts Vergeistigtes, nichts, das erhaben wirkt, da leuchtet kein Licht, kein Glorienschein ist zu sehen. Die hübschen Erlebnisse in Meditation sind auch keine Transzendenz. … Wer die Fähigkeit hat "Transzendenz" zu erfahren (lassen wir mal aussen vor, was das ist und ob das überhaupt wichtig ist), der wird das auch. Wer sich da schwer tut, der bekommt wenigstens etwas in die Hand, womit er seinen Alltag besser bewältigen kann. Niemand muss sich in Spekulationen verzetteln.


    Es gibt das Wort, das es für mich am besten beschreibt:
    "Erst war der Berg ein Berg, dann war er mehr als ein Berg, dann wurde er wieder zu einem Berg."


    Liebe Grüße
    Doris

    Zitat

    Wenn da einer sagt das da und dort eine Wasserstelle ist, und man dann dorthin gehen und sehen kann das da tatsächlich eine Wasserstelle ist, dann hat das mit Lesarten überhaupt nichts zu tun. Entweder der Weg funktioniert so wie ihn der Buddha beschrieben hat, und man gelangt durch ihn ans andere Ufer, oder eben nicht. Da gibt es keinen Interpretationsspielraum. Ein Auto das nicht fährt taugt nicht als Fortbewegungsmittel.


    Das ist doch jetzt mal schön!


    Das letztendliche Ziel ist doch die Stadt Nirwana, nicht wahr?
    Dahin kann man aus verschiedenen Richtungen kommen, von Norden, Süden, Westen, Osten und allen Richtungen dazwischen.
    Und noch dazu auf verschiedene Weise. Die einen fahren mit dem Bus, andere auf einem Pferd, manche gehen zu Fuß, wieder andere nehmen ein Flugzeug, eine Gruppe steigt öfter um …
    Dann machen manche einen Abstecher oder mehr, andere verlaufen sich, wieder andere können nicht schnell genug hinkommen. Die einen kommen lebend an, andere verlaufen sich, wieder andere kommen gar nicht hin, aber sie haben so manche Dörfer, Inseln und Menschen kennengelernt. Die einen haben viel Gepäck dabei, andere nur eine Handtasche. Viele müssen sich durchfragen, andere laufen drauflos, wieder andere folgen streng der Karte. Einige lernen erst die Sprache aller Völker, an denen sie vorbeikommen, andere schlagen sich mit Zeichensprache und einem Lächeln durch und einige wird immer wieder die Einreise oder Auskunft verwehrt. …
    Die Reise ist nicht von TUI oder Thomas Cook organisiert.

    Bakram,


    Du liest da Sachen rein, das haut mich ehrlich um. :D


    Und sag mal, bist Du wirklich der Meinung DU wüsstest bescheid was Buddhismus sei und was nicht?
    Dann bist Du der Papst der Buddhisten. :shock:
    Inquisition? Exkommunikation? Häresie? Abspaltung von Mutter Kirche?


    Aber, puh, Du sagst ja selbst, es sei Deine Sicht.
    Ich dachte schon, ich müsste in den Untergrund gehen …


    Liebe Grüße
    Doris

    Zitat

    Aber genau das was am Buddhismus Angst macht, also dass er der normalen Wahrnehmung den Boden unter Füssen wegreisst und Abgründe auftut ist ja das was die über das indivduum hinausgehende Freiheitsräume auftut. Aber alles wo ein unverstehbarer und unhinterfrabarer Abgrund gähnt, gerät bei Batchelor gleich in den Verdacht Transzendenz zu stiften und deswegen kommt da ein Brett drauf, damit da keiner reinfällt.


    Ich sehe aber ganz viele, denen das furchtbar Angst machen muss.


    Darf ich Dich fragen, ob Du schon mal im Dharma was Unhinterfragbares gefunden hast?
    Hat der Buddha nicht selbst gesagt, seine Lehre sei verstehbar und klar und man solle alles genau prüfen und gegebenenfalls ändern, wenn was unrichtig sei?


    Ich sprech mal von mir: Mir macht das alles gar keine Angst. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass meine Erwartungen nicht in Richtung Erleuchtung usw. gehen? Mir geht es immer darum, mich selbst zu verstehen und meine Mechanismen zu durchschauen. Da ist dann jedes Wegziehen von Böden eine Freude und erwünscht. Wenn ich Halt im Dharma suchen würde, dann könnte das schon eher ein Problem sein. Für mich ist das ein Abenteuer und ich bin neugierig. Ich suche keine Rettung, keine Sicherheit, kein Seil, keinen Trost.


    Liebe Grüße
    Doris

    Zitat

    Darüber hinaus gibt es keinen "Buddhismus". Alles steht und fällt mit dem 8fachen Pfad.


    Lieber Geronimo,


    da sagst Du.
    Andere fügen dem noch Karma und Wiedergeburt hinzu, andere noch diverse Kleinigkeiten …
    Und jeder behauptet, seiner sei der wahre Buddhismus und darüber hinaus gäbe es nichts.
    Noch einmal: In dem Text von Batchelor wird nicht der 8-fache Pfad infrage gestellt. Keineswegs. Er ist auch für ihn die Grundlage.
    Ihm geht es wohl um die anderen Kleinigkeiten, die er überprüfen will.
    Allein der Wunsch darüber nachzudenken, wird dann von den Liebhabern genau dieser Kleinigkeiten als Adhamma gewertet.
    Dein Satz, den ich oben zitiert habe, ist also in völliger Übereinstimmung mit Herrn Batchelor. Ihr dünkt mir geradezu wie Seelenverwandte :D
    Wahrscheinlich würdet Ihr ein prima Gespräch führen können.


    Mir selbst kommt Herr Batchelor sehr puristisch vor in seinem Verständnis von Buddhismus. Jedenfalls in dem, was ich dem Text entnehmen kann. (Ich habe heute Nacht auch den Vorauszug im Link gelesen.)


    Liebe Grüße
    Doris

    Zitat

    Die Lehre des Buddha deswegen aber zu verändern
    halte ich vor schwer naiv und halte so einen für einen Spinner der
    sich ein giftiges Süppchen braut. Da muß ich gar nichts anderes
    von ihm wissen, gar nichts.


    quod erat demonstrandum

    Zitat

    Offensichtlich hat das nichts zu sagen.
    Manche altern nur nach Ochsenart heißt es beim Buddha.


    Ach, accinca!
    Du sagst von Dir, Du hast nichts von ihm gelesen. Also kennst Du ihn vermutlich gar nicht.
    Wie kannst Du dann über jemanden urteilen? Wie kann überhaupt jemand über die Erfahrungen und den Fortschritt eines andern wirklich bescheid wissen?
    Was maßt Du Dir da an? Hast Du das so nötig?

    Zitat

    Allerdings ohne Geburt, Krankheit und Tod würde es gar keine
    Folter geben ob nun menschengemacht oder nicht menschengemacht.


    Dann gäbe es auch keinen Buddhismus.

    Zitat

    Leider hast Du gar nichts verstanden von Buddhismus. Leben bedeutet Leiden, niemand ist schuld. Ob jemand von Menschen oder vom Schicksal gefoltert wird, weil er schmerzende Krebsgeschwüre hat, seine Kinder krank sind oder ess auch immer macht keinen Unterschied.


    Wenn es keinen Unterschied macht, dann brauchst Du Dich nicht an die Silas halten, Du tust dann nämlich nur das, was das Leben auch so mit Anderen täte.


    Ich sage: Ja, ich bin schuld, wenn ich jemandem Leid und Unrecht antue. Nicht das Opfer ist Schuld an seinem Leid, ICH bin schuld am Leiden des Opfers.
    Ja, und es ist SCHULD. Ich setze mich ins Unrecht, wenn ich jemandem Leid antue. Ich habe keine Ausrede für mich parat.
    Und aus diesem Grund sind für mich Mitgefühl und die Silas wichtig. Einen anderen Grund kann ich in ihnen nicht erkennen.
    Und wenn ich mir die Sutra anschaue, in der der Buddha seine Jünger tadelte, weil sie den kranken Mönch in seinem Durchfall haben liegen lassen und dafür lieber zur Meditation gingen, dann bezweifle ich, dass Herr Gautama nicht unterschieden hat und keine Prioritäten hatte.


    Liebe Grüße
    Doris