Ich muss gestehen, dass ich jetzt nicht den ganzen Thread gelesen habe, aber auf der ersten Seite kamen mir zwei Gedanken, die ich einwerfen möchte.
Mir scheint es, dass es in Bezug auf Magie und Siddhis zwei Arten Menschen gibt, und zwar die, die einen "angeborenen" Zugang zu magischen Ebenen des Bewusstseins habe, und solche, die diese "magischen Gene" nicht haben. Eine Vermutung ist, dass ca. 10% der Menschen solche "magischen Gene" haben, das schliesse ich unter anderem aus Untersuchungen aus Russland / Sibirien, die sich auf den schamanischen Nachwuchs beziehen. Es ist in Sibirien das Problem aufgetreten, dass es nicht mehr genügend schamanische Lehrer gab, so dass die Menschen, die sonst erkannt und ausgebildet wurden, nun nicht lernen, mit ihren Fähigkeiten umzugehen. Das führt zu vielen Problemen im Alltag, weil ihre natürlichen Kräfte nun fehlgerichtet sind. (Alkoholismus, Aggressionen usw.)
Wer das nicht in sich trägt, der sieht von der ganzen magischen Welt einfach nichts, das ist keine Ignoranz, sondern tatsächlich so. Insofern sind Diskussionen zwischen Menschen, die Zugriff darauf haben und den "Muggles", darüber ob es "Magie gibt" oder nicht, auch komplett sinnlos. Diese Erfahrungsebenen lassen sich auf der Ebene nicht zusammen bringen.
In Bezug auf das Thema hier bedeutet das, dass es einige Menschen gibt, die Tantra "magisch" anwenden können. Die brauchen nur eine Verbindung zu einem Yidam, z.B. durch eine einfache Segenseinweihung, und dann gibt der Yidam im Zweifel selbst zum richtigen Zeitpunkt und bei Eignung die notwendigen Anleitungen und fehlenden Einweihungsaspekte. Jeder andere wird aber selbst mit den richtigen vollständigen Einweihungen sehr viel tun müssen, bis eine Erfahrung eintritt oder Siddhis erlangt werden.
Über die Befähigung zur Erleuchtung usw. sagt das zunächst mal wenig aus. Man muss weder Siddhis haben, um Erleuchtung zu erlangen, noch wird Erleuchtung zwangsläufig Siddhis bei jedem hervorbringen. Siddhis gehören zur bedingten Ebene und können beim Einen Erkenntnis fördern und beim Anderen diese sogar verhindern.
Wenn man keine natürliche magische Befähigung hat, ist echtes Bodhicitta eine gute Basis, und wenn man wirklich eine spezielle Kraft oder Einsicht braucht, wird man diese von den Yidams genau für den Zeitpunkt und nicht willkürlich bekommen. z.B. um sich oder andere zu schützen. Wenn man eine natürliche magische Befähigung hat, ist Bodhicitta auch eine gute Basis, denn dann hilft sie, die Kräfte zu kanalisieren und richtig - ohne sich und anderen zu schaden - anzuwenden.
Zu der Frage, ob die Ýidams eigenständige Wesen sind oder nicht, kann man eigentlich nur sagen: sowohl als auch. Wenn die Grenze zwischen Subjekt und Objekt nicht existiert sondern willkürlich durch "Unterscheidung" erst generiert wird, dann ist auch die Grenze zwischen dem Yidam als Teil des eigenen Bewusstseinsstroms oder als äußere Entität eine Frage der Grenzziehung. Betrachte ich ihn als Teil meines Bewusstseinsstrom, wird dieser sozusagen "einkompiliert" und ersetzt die unerleuchteten Muster, mit denen er resoniert; tue ich das nicht, findet eine Wechsel-Wirkung zwischen Muster Innen und Aussen statt und diese Wechselwirkung transformiert oder ergänzt das dysfunktionale oder unvollständige Muster im Inneren, bis sie sich im Inneren und im Äußeren vollständig gleichen. In dem Moment finde die Verschmelzung von Innen und Aussen statt, die in jeder tantrischen Meditation Teil der Laborübung ist, bis sie zur wirk-lichen Erfahrung wird. An dem Punkt unterscheidet sich die Frucht des "magischen Tantrikers" von der des "nicht-magischen Tantrikers" nicht mehr. Die Trennung von Subjekt und Objekt wurde aufgehoben. Allerdings besteht beim nicht-magischen Tantriker hier noch die höhere Wahrscheinlichkeit trotz der Aufhebung der Trennung diese subtil durch Gedankenmuster weiter aufrecht zu erhalten. Aber da das Durchschneiden in den Meditationen durch die Verschmelzungsphase so lange geübt wurde, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die letzten Schleier von selbst fallen.