Beiträge von Mirco im Thema „Passt Buddhismus und Tiere einschläfern zusammen?“

    Hallo Doris,


    Doris Rasevic-Benz:
    Zitat

    Und so wurde ich zum Sterbebegleiter. Hinterher, als es nach ein paar Wochen vorbei war, ...

    Das ist lediglich eine Beschreibung EURER beiden Emotionen. Mit dem Tier hat das nichts zu tun.


    Nun ja, 'meine' gehandelte Version der Realität hat funktioniert. Von daher bin ich damit zufrieden.



    Doris Rasevic-Benz:

    Auch ein Arzt, der den Zahnstein entfernt, spielt Gott. Ein Mensch, der dem Hund einen Napf voll Futter gibt, spielt Gott. Ein Mensch, der kein Futter gibt, spielt Gott.


    Zwischen Zahnstein entfernen/Hund füttern und Tötung besteht für mich ein Unterschied. Das kann ich nicht in den selben Sack legen.



    Doris Rasevic-Benz:

    gibt so ein wohliges Gefühl, das Leiden ertragen zu haben, hach, den Schmerz des Tieres wie am eigenen Leib erfahren zu haben …


    Ich habe das nicht so erlebt. Hast Du das so erlebt?



    Doris Rasevic-Benz:

    Wie Ayya Khema starb ist mir egal. Was Du bei ihr erlebt hast, ist mir auch egal. Jedes Sterben ist ein individuelles. Ich würde mir nie anmaßen, anderen meinen Umgang mit dem Sterben aufzudrücken.


    Ayya Khema kenne ich nicht. Habe mal einen Vortrag auf CD von ihr gehört und fand das nicht sehr erhellend.
    Die hier gemeinte Ehrwürdige Khema ist eine andere, sie lebt und Du kannst Dich bei Bedarf mit ihr darüber austauschen (sisterkhema ät yahoo . com).



    Doris Rasevic-Benz:

    Sterben ist nicht Karma, sondern Teil des Lebens, unabwendbar und unumgänglich.


    Nach der Logik ist Karma kein Teil des Lebens.



    Doris Rasevic-Benz:

    Karma habe nur ich, die Mitgefühl aufbringt oder nicht.


    Karma wirkt bei jedem. Lediglich ist Dein Einflussbereich auf Dein Karma beschränkt.



    Doris Rasevic-Benz:

    Das unterscheidet sich nicht davon, wie wenn ein Buddhist Leiden als Chance betrachtet. Das kann jeder von mir aus für sich selber so halten, aber dies anderen zuzumuten, sogar noch Wesen, die das gar nicht verstehen können, ist einfach nur grausam. Das ist krank. Und mit der Lehre Buddhas hat das nichts zu tun. Er lehrte nicht, dass Leid durchlitten werden müsse, sondern die Befreiung vom Leid...


    Wäre es anders, dann müssten wir über jedes Schlachttier in Jauchzen ausbrechen, denn seine Schlachtung beinhaltet, dass es lediglich sein Karma aufbraucht, und das ist doch wünschenswert, nicht wahr? Jedes Morden, Foltern, jedes Unrecht wäre nur ein Aufbrauchen von Karma seitens des Opfer und damit konsequenterweise begrüßenswert. Jedes Verhindern dieser Dinge wäre nur ein Aufschieben des Verbrauchs von negativem Karma und damit auch der Erleuchtung.


    Nochmal: Buddha lehrte nicht das Leiden, sondern die Aufhebung des Leidens.


    Aufhebung des Leidens ist durch körperliches Sterben ebenso nicht zu erreichen ist wie durch's Töten eines Leidenen.



    Herzlich,
    Mirco

    routeserver:

    Mein Hund wird nicht irgendwann ruhig einschlafen, sondern Tage, je nach Kraft auch wochenlang unter Atemnot sich quälen, bis er irgendwann wegen zu geringer Lungenleistung erstickt. Das ist per Definition Tierquälerei. Und ich bezweifle, dass es ein Gott auf dieser Welt gibt, der so etwas, unter welchem Vorwand auch immer, gutheißt. Deswegen folge ich lieber der beschriebenen Sichtweise. Jeder muss Verantwortung für seine Taten übernehmen. Und wenn ich mein Hund einschläfere, um ihn vor weiterer Quälerei zu bewahren, dann mache ich das Beste in dieser ausweglosen Situation. Wer sich schon mal mit dem Tod bei Tieren beschäftigt hat, der weiß, dass die Tiere irgendwann signalisieren, dass sie nicht mehr leben wollen.


    Du beschreibst die Situation mit Deiner Vorstellung von Tierquälerei, Gotteswille, Ausweglosigkeit, dem Besten und Deiner Interpretation von Tiersprache.


    Hierbei mag ich erwähnen, das dies alles nur Deine Wahrheit ist.
    Es ist sind keine Universalgesetze oder allgemeingültige Wahrheiten.
    Es ist bloß die Welt und die Werte nach Deinem bisherigen Verständnis.


    Ich hatte ziemlich die gleiche Unterhaltung mit der Mutter meines Sohnes, welche sein Tier einschläfern lassen wollte, habe ihr die gleichen Dinge gesagt wie jetzt Dir, worauf sie dann meinte: "O.k., wenn Du Dich darum kümmern möchtest, bitte tue es. Ich kann das nicht." Und so wurde ich zum Sterbebegleiter. Hinterher, als es nach ein paar Wochen vorbei war, hat sie sich bei mir bedankt, dass ich mich darum gekümmert habe und das es wohl besser als einschläfern gewesen sei...



    Herzlich,
    Mirco

    Hallo Doris,


    Doris Rasevic-Benz:

    Einschläfern bedeutet Töten. Das ist Bewußtwerdung der Vergänglichkeit per se. Wer schon mal seinen Freund hat einschläfern lassen weiß, wie schmerzvoll das ist, weiß was es bedeutet jede Hoffnung fahren zu lassen, jemanden gehen zu lassen. Das bedeutet die Vergänglichkeit zu akzeptieren.


    Stimmt schon. Spielte man aber nicht Gott, geschähe es ebenso.



    Doris Rasevic-Benz:

    Dieses tüttelige Totpflegen ist nichts als Tierquälerei


    Deine Vorstellung oder selber getan?



    Doris Rasevic-Benz:
    Sister Khema:

    Das Tier verbraucht sein Karma aus einem anderen Leben und hier liegt nun Deine Chance zu Mitgefühl.


    An so einem Satz sieht man, wie Religion zu Grausamkeit führen kann.


    Nun, ich war bei ihrem Leidensweg und Tod dabei. Da ich sie sehr gut kannte, glaube ich beurteilen zu können, das sie sich durch unser pflegendes, wohlwollendes Verhalten (Gedanken, Worte, Taten) wohl gefühlt hat, wie ihr das durch den krankheitsbedingten Rahmen möglich war.



    Doris Rasevic-Benz:

    Erinnert mich an Mutter Theresa, die den Sterbenden bekanntlich sogar Schmerzmittel verweigert hat.


    Na so was. Böse Mutter Theresa. Das sollte man dem Leidenden doch schon selber überlassen.



    Herzlich,
    Mirco

    Jikjisa:
    sukha:

    Dabei sollte jeder mehrmals täglich über den eigenen Tod und damit über die Vergänglichkeit kontemplieren.
    Und was gibt es für bessere Möglichkeiten als mit Krankheit und Tod direkt vor der Nase konfrontiert zu werden.


    Sorry. So etwas ist ungeheuerlich für mich.


    Joa, die Absicht gefällt mich auch nicht. Jemand sterbenden zu begleiten, ist die Gelegenheit, Gutes zu tun.


    "Sterbende begleiten heißt — ihnen den Mantel der Geborgenheit umlegen."
    Zitat von einer Webseite eines Mahayana-Hospizes.

    Doris Rasevic-Benz:
    Zitat

    Möchtest Du auch Menschen einschläfern die einen unschönen Tod bzw. Krankheit erleiden, weil sie schwerer Luft bekommen und z.B. oft über die Luftröhre abgesaugt werden müssen? Auch diese Menschen wollen meist möglichst noch lange leben.


    Hast Du schon mal in einem Altersheim auf einer Pflegestation gearbeitet? Was mein Mann mir erzählt spottet, jeder Beschreibung.
    Schon mal einen Menschen stundenlang, über Tage und Wochen um den Tod betteln gehört?


    Das mag sein. Eine Pflegestation ist aber auch etwas anderes als ein Haustier im Kreis der Familie.


    Gruß,
    Mirco

    Sukha:

    Die Frage ist immer: "warum lässt man Tiere einschläfern"?
    Tatsächlich weil die Tiere leiden, oder weil man selber leidet und
    es oftmals auch lästig ist, wenn sich eine Krankheit und damit die Pflege (länger) hin zieht?


    Ich denke, dass dies die Hauptgründe für's Einschläfern sind. Und die Unlust, sich mit der Vergänglichkeit zu beschäftigen.


    Hier noch ein Auszug aus der Unterhaltung mit meiner buddhistischn Lehrerin, als unsere Ratte damals im Sterben lag und ich sie vorm Einschläfern gerettet hatte:


    Hallo Jörg,


    ich habe damit Erfahrung gemacht und kann nur empfehlen, es nicht zu töten, sondern voller Liebe bis zum Schluss zu begleiten. Wir neigen dazu, Tieren einschläfern lassen zu wollen, weil wir unser eigenes Leid ablehnen und dies auf das Tier projizieren.


    Alle beteiligten Menschen, auch der Tierarzt, wollten unser Haustier von ihrem Leid "befreien" und es töten (einschläfern). Ich habe mich ihr angenommen und sie gepflegt bis sie nach dann vielen Wochen, in denen sie nur noch herumlag, gestorben ist. Sie bekam Rückenmassagen und konntze sich dabei entspannen. Ich erzählte ihr, das alles o.k. sein würde, so, wie es ist und wenn diese Zeit vorbei sei, es nur noch besser. Ich konnte ihr wirkliches Wohlwollen senden. Zum am Ende der Zeit rief sie nach uns und die letzte halbe Stunde hat sie dann ganz eng zusammen mit mir und meinem Sohn verbracht. Dann tat sie ihren letzten Atemzug und ich durfte ein Leben verlöschen sehen. Das war wunderschön, so komisch es vielleicht klingen mag.


    routeserver:

    Doch meine Frau hat Bedenken. Gemäß der Lehre Buddhas ist das eine Tötung und damit nicht erlaubt.


    Der Buddha war ein Meditationslehrer, der den Weg zu Nibbana gelehrt hat.
    Auf diesem Weg gibt es Hindernisse.
    Damit diese kleiner werden, hat Er empfohlen, gewissen Dinge zu beachten, damit es leichter wird.
    Nicht töten gehört zu den fünf Haupt-Empfehlungen.
    Denn was wir tun, bestimmt, wer und wie wir werden.
    Wenn wir töten, begünstigt das Gier, Lust und Anhaften: der "Ich will"-Geist.



    routeserver:

    Doch nichts zu tun bedeutet, dass sich dieser Hund quält und elend erstickt.
    Das kann als auch keine Lösung sein.


    Es gibt ja auch noch einen anderen Weg.


    Wie es dem Hund tatsächlich geht, weiß nur er selbst. Ob er sich quält und es für ihn elend ist, sind nur Mutmassungen. Ich mutmaße mal, das es schlimmer für ihn wäre, von den Menschen die er liebt, getötet zu werden.


    Ihr könnt liebevoll für ihn da sein. Pflegt ihn, liebt ihn, so, wie er ist. Redet gut zu ihm. Schafft ihm ein gemütliches Plätzchen in eurer Mitte. Lasst ihn wissen, das es o.k. ist, wie er ist, auch wenn er Angst und Schmerzen hat. Erklärt ihm, dass ihr aus medizinischer Sicht nichts mehr für ihn tun könnt. Lest ihm erbauliche Geschichten zum Thema sterben vor. Empfehlung : Unser wirkliches Heim.² Heilung ist ja nun eh nicht mehr möglich. Das Beste was ihr tun könnt, ist, es voller Liebe und Anteilnahme zuzulassen. Ich weiß nicht, ob er Musik mag. Friedliches chanting kann neben ihm abgepielt werden/oder selber chanten. Durch all diese Dinge kann es dazu kommen, das sein Geist friedlich und ruhig ist, ohne Angst, wenn er stirbt. Weil er sich geborgen fühlt. Er wird Angst vorm Sterben. Schenkt ihm Liebe und Geborgenheit. Schenkt ihm die Gelegenheit, sein Ableben bei vollem Bewußtsein zu erleben, so können alle sehr viel positives lernen.



    So, das ist meine Wahrheit zu dem Thema :)



    Herzlich,
    Mirco


    ² Diese Lehrrede wurde für eine ältere Laienschülerin gehalten, die kurz vor dem Tode stand.