Namaste!
Hallo Jojo,
Jojo:
wie war Euer Weg zu den Geboten, und wie übt Ihr mit den Geboten?
Gibt es ein Gebot, das für Euch besonders wichtig ist?
Ich bin ja ein Anhänger des "Dreifachen Weg"-Konzeptes, nach welchem der WEG aus Ethik, Meditation und Weisheit besteht. (Ich benutze allerdings lieber die Ausdrücke Ethik, Praxis und Erkenntnis.)
Folglich sind für mich die Gebote, respektive "Gelübde" - wenn man sie als solche angenommen hat, ein Aspekt des ganzheitlichen Weges.
Die Gebote sind für mich also Maßstäbe, man könnte auch sagen "Fragen", die ich mir in Zusammenhang mit Handlungen, Entscheidungen und ggf. auch Wertungen vergegenwärtige.
Z. B. beim wöchentlichen Einkauf im Supermarkt - gerade da muss man sich bei so manchem Produkt die Frage stellen, ob man mit dem Erwerb "nichts Böses tut", ob man "Gutes tut", ob man gar "tötet" oder "stielt".
Jojo:
Ein Schlauer verkaufte mir die Gebote mal so: „Die mühelose Verwirklichung der Gebote ist ein Kennzeichen der Erleuchtung". Das war für mich der Einstieg in die Frage, wo habe ich Mühe, die Gebote zu verwirklichen, so, wie ich sie im Augenblick ganz simpel verstehe?
Das Gebot „nicht kritisieren“ sprang mich da geradezu an. Karmisch bedingt, sozusagen
Mir fiel unmittelbar auf, wie kritisierend mein Geist war (im Sinne von giftig, destruktiv; nicht zu verwechseln mit "kritisch" im Sinne von aufmerksam und fähig zur Unterscheidung).
Jedes, jedes, aber auch jedes (!) Sinnesobjekt wurde von meinem Geist ganz ausführlich benörgelt. Auch mich selbst geißelte mein lieber Geist für einfach alles: fürs Handeln, fürs Nichthandeln, für alle Aspekte meines Seins, für meine bloße Existenz.
Meine erste konsequente Übung mit diesem Gebot war, morgens beim Aufstehen die Aufmerksamkeit von den automatisierten Selbstbeschimpfungstiraden meines Geistes auf das Empfinden des Atems zu lenken.
Dabei benutzte ich als Mantren "Identifiziere dich nicht mit Deinen Gedanken" von einem Lehrer, der mir unterwegs begegnet war, und von Ayya Khema "Erkennen, nicht tadeln, ändern". Erkennen, nicht tadeln, ändern ist immer noch ein wichtiges Mantra für mich
Irgendwann mal kam ich auf die drei Reinen Gebote. Das zweite und dritte ist zu schwer für mich, aber das erste kann ich fast immer anwenden. Auch wieder in einem ganz simplen Sinne, ohne große Recherchen, was denn genau „das Schlechte“ nun ist.
Das ist jetzt ein paar Jahre her. Seither weitet sich meine Praxis von „nicht-kritisieren“ immer weiter aus. Nachdem der Fokus auf diesem Gebot war, kam alles Weitere mit dem Sitzen irgendwie von selber.
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Sehr interessante Einblicke in dieses Gebot.
Das "nicht kritisieren" kenne ich zwar so auch als Übersetzung/Formulierung, aber es ist aus meiner Sicht so allgemein gehalten, dass man damit schwerlich arbeiten kann, da es nach meiner Empfindung zu sehr zur "Hinnahme" [hier im negativen Sinne des "sich mit allem abfinden"] aufruft.
Ich habe das expliziter als "Zeige nicht auf die Fehler anderer" kennengelernt.
Ich muss hier dann auch nochmal die Werbetrommel für das in SoGen's Blog veröffentlichte Sôtô Kyôkai Shushôgi schlagen! Darin sind unter 14 und 15 die "Sechzehn Gebote" (übrigens auch inkl. der "Drei Zusammenstellungen der Reinen Gebote" - also drei Zufluchten, jene drei und die Jukai) annährend so enthalten, wie ich sie kennengelernt habe.
Die Jukai entsprechen hierbei den "Zehn Hauptgelübden" des Brahmanetz-Sutras (hier in Englisch; gab auch eine Version in Deutsch im www, finde sie aber jetzt nicht), wobei ich zu beachten gebe, dass Jukai Nr. 5 grds. nicht dem Pancasîla Nr. 5 entspricht!
Jojo:
Irgendwann mal kam ich auf die drei Reinen Gebote. Das zweite und dritte ist zu schwer für mich, aber das erste kann ich fast immer anwenden. Auch wieder in einem ganz simplen Sinne, ohne große Recherchen, was denn genau „das Schlechte“ nun ist.
Gerade auch das erste der Drei Reinen Gebote / Drei Zusamenstellungen der Reinen Gebote finde ich sehr schwerwiegend.
Denn gerade jenes steht auch beim besagten Wocheneinkauf ganz oben auf der Frageliste.
Und aus meiner Sicht - für mich - gilt es sich hier die Frage zu stellen was man da kauft... also über die Herkunft nachzudenken, die Profiteure, die Ausgebeuteten (Menschen, Tiere, "den Boden"), etc.
Das kann man aber auf alles beziehen, auch auf so banale Dinge wie Autofahren, bei der Arbeit im Büro, usf.
Ich habe festgestellt, dass die Gebote selbst zwar sehr einfach sind, denn sie bedürfen absolut keiner Interpretation - sie sind genau-so wie sie sind!
Claude AnShin Thomas sagte mal: "Wenn man anfängt, die Gebote zu interpretieren, dann verfehlt man bereits den Punkt!", und damit hat er genau recht! Dann wird nämlich aus "Töte nicht" sowas wie "Töte nicht eigenhändig" oder "Morde nicht".
Allerdings sind die Situationen, in welchen die Gebote Anwendung finden wollen, nie so einfach wie sie sind, wenn man sich die Mühe macht, "alle Fäden, Verzweigungen und Verstrickungen in Indras Netz zu beleuchten", denn dann merkt man erst, wie verworren das "gewöhnliche Leben" mit der globalen Welt ist.
< gasshô >
Benkei