Beiträge von Jojo im Thema „Euer Weg zu und mit den Geboten Reloaded“

    Jojo:

    bel, ich seh mal nach, ob der Text dort als Kyojukaimon ausgewiesen wird.


    Der Text wird genannt: "Kyojukaimon von Meister Keizan". Wer das ist, keine Ahnung.
    Das ganze Büchlein ist aber auch nur gemeint als eine liebevolle Zusammenstellung der Texte für den alltäglichen Gebrauch in der Sangha, und nicht als wissenschaftliche Abhandlung angelegt.

    Jikjisa:

    bel:

    Zitat

    Tatsächlich weiß ich nicht, ob im Sutrenbuch der AZI der Text auch als Kyojukaimon explizit ausgewiesen wird


    Eben. Aber deine ganze Argumentation zu diesem Kommentar baut auf der gegenteiligen Annahme auf . Der wird dann wohl einfach von Deshimaru sein. Wieso hätte er auf Dogens Kommentar zurückgreifen müssen bzgl. der Kai ?


    bel, ich seh mal nach, ob der Text dort als Kyojukaimon ausgewiesen wird.


    Jikjisa, dieser ganze Thread war sehr interessant für mich.
    Es ging zu keiner Minute darum, ob Deshimarus Version richtig oder falsch ist, und ob das, was die AZI macht, in Ordnung ist oder nicht. Wenn Du genau gelesen hast, hast Du festgestellt, dass wir das sogar explizit thematisiert haben.


    Es ist völlig klar, dass Deshimaru das Recht hat, die Texte so zu vermitteln, wie er sie versteht, und seine Schüler ebenso. Es ist aber auch völlig klar, dass jede (!) Übersetzung immer eine Interpretation und damit eine Einschränkung der Originalbedeutung ist.


    Ausgangspunkt der Frage war, dass mir auffiel, dass der Text, so wie ich ihn kannte, missbraucht wird.
    In diesem Zusammenhang war es für mich interessant zu erfahren
    1) dass der Text im Original von Dogen ist,
    2) dass die Stellen, die missbraucht werden, im Original nicht von Dogen sind.


    Damit ist nicht gesagt, dass Deshimaru Blödsinn geredet hat, oder dass die AZI böse ist. Es ist nur gesagt, dass in den Texten mehr drin steckt, als ich bisher in der Lage war zu sehen.
    Und das ist doch interessant, oder? Hier fängt doch die eigentliche Arbeit an, oder?
    Dann kommt nämlich die Frage: wie lautet der Text denn ursprünglich, was ist denn ursprünglich gemeint?


    Es sind ja nicht viele Texte, die im Soto-Zen eine Rolle spielen. Aber die, die es gibt, haben es in sich. Sie sind meiner Meinung nach alle Koans, werden nur lebendig im Fortschreiten der Praxis und des Lebens. Sie werden nicht passiv rezipiert, sondern wir machen sie lebendig. Wenn wir das nicht tun, bleiben sie nutzlos.


    Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber ich habe deshalb das Interesse, jedes Wort dieser Texte zu erforschen und zu hinterfragen, notfalls über das hinausgehend, was ich von meinen Lehrern bisher gehört und verstanden habe. Was notabene nicht unbedingt dasselbe ist wie das, was sie tatsächlich gesagt haben.


    Manchmal brauchen wir eben zwei, drei oder mehr Lehrer, bis wir endlich anfangen können, zu hören und zu sehen. Deshimaru - oder sonstwer - ist einer davon, aber er braucht nicht der einzige zu bleiben.

    bel:

    Gelöbnis zur Nichtverleumdung der 3 Schätze (Buddha, Dharma, Sangha)
    Dogens Kommentar:
    1) In der Manifestation des Lebens wird der Dharma (der 3 Kostbarkeiten) gelehrt,
    2) dies ist Furt und Brücke im Überschreiten der Welt.
    3) Alle Tugenden (im Halten dieses Prinzips) finden Erfüllung im allerhöchsten Samadhi,
    4) dessen Ausmaß unmöglich zu denken, doch mit Hingabe und ständiger Übung auszuschreiten ist.


    Ich habe es ein bisschen einwirken lassen.


    Das hat mich jetzt wirklich überrascht. Ein paar Begriffsähnlichkeiten, und den Rest in die Tonne? Ich bin ein bisschen traurig, weil mir dieser Teil des ersten Satzes "selbst praktizieren, ohne die anderen nachzuahmen" viel gegeben hat in der Frage, wie ich konstruktiv mit den Traditionen umgehen kann.

    bel:
    Jojo:

    Ein oder zwei Ordinierte in meiner Umgebung übersetzen dieses Gebot aber so: „Ich bin ordiniert, und mein Denken und Handeln repräsentiert die korrekte Tradition. Gehorche mir, und übe so, dein Ego abzulegen.“


    Kaum zu glauben. :lol:


    Na ich muss zugeben, so wird es nicht gesagt. Gesagt wird "folge der Tradition und übe so, dein Ego abzulegen".
    Faktisch läufts aber raus auf "tu was ich sage".
    Was zeitweise auch ne gute Übung sein kann, in unserem Fall aber ein Hindernis geworden ist.

    bel:

    Haha
    Was da im AZI-Sutrenbüchlein in den letzten beiden Sätzen steht (im Original beginnt der Passus mit 不 "fu" ), ist auch vollkommen ausgedacht.


    Du bist verrückt.
    Danke Dir sehr.


    Bitte nicht von dieser Übersetzung auf die AZI allgemein schliessen.
    So viele bemühen sich dort aufrichtig.

    bel:

    Expounding the Dharma with the body is a harbor and a fish pool. The virtues return to the ocean of reality.


    Kleine Zwischenbemerkung, unbeleckt von Kenntnissen japanischer Standardmetaphorik. Hafen und Fischteich könnten Metaphern für "geschützte Umgebung" sein, der Ozean die rauhe Wirklichkeit?

    bel:

    Worum es hier geht, ist m.E., daß der Dharma, "die Lehre" nur durch Übung verwirklicht wird und nicht durch Worte.


    hallo bel, danke für die Mühe. Ich lasse Deinen Beitrag mal auf mich wirken. bin im Moment im Büro, und die Realität will, dass ich arbeite für mein Geld... :)

    fotost:

    Warum nennst Du es 'Gebote'?


    Die Umgebung, in der ich praktiziere, verwendet diesen Begriff. In Englisch ist es "precepts", d.h. wenigstens wird ein verbaler Unterschied zu den christlichen "commandments" gemacht, aber inhaltlich tut sich da auch nichts: http://en.wiktionary.org/wiki/precept


    Zitat

    Wenn Du den zitierten Text als ein Anregung zum eigenen Nachdenken nimmst, gibt es doch keine Probleme, oder?


    Ja. Aber ich praktiziere nicht alleine, und ich bestimme nicht, wie die Gebote in meiner Umgebung aufgefasst werden. Speziell dieses Gebot wird benutzt.


    Ich fasse dieses Gebot so auf: "Kritisiert den Dharma nicht. Akzeptiert ihn vollständig." Den Begriff Dharma verstehe ich hier nicht als "die Buddha-Doktrin", sondern als die Realität, wie sie mir begegnet. Ich kann die Realität lange kritisieren, sie wird sich darum nicht scheren. Sie ist, wie sie ist.


    Also ist dieses Gebot für mich eine Wiederholung des Gebotes "nicht kritisieren", in dem es darum geht, seiner Vorstellungen gewahr zu werden und diese nicht zu einem Maßstab zu machen, dem die Realität zu gehorchen hat.


    Ein oder zwei Ordinierte in meiner Umgebung übersetzen dieses Gebot aber so: „Ich bin ordiniert, und mein Denken und Handeln repräsentiert die korrekte Tradition. Gehorche mir, und übe so, dein Ego abzulegen.“

    Das letzte der Gebote lautet in meinem AZI-Sutrenbüchlein:


    "Nicht die drei Kostbarkeiten verleumden. Das Dharma lehren, indem man selbst praktiziert, ohne die anderen nachzuahmen, bedeutet der Welt ein Beispiel zu geben. Das Verdienst, das darin besteht, es zu ermöglichen, diese Welt der Täuschungen zu durchqueren, wird die Quelle aller Weisheit. Kritisiert die Lehre nicht. Akzeptiert sie vollständig."


    Der zweite Satz ist interessant und eine wichtige Übung. Den dritten versteh ich nicht so ganz im Zusammenhang eines "Gebots". Der vierte und fünfte Satz ist problematisch, und ich hoffe, dass auch hier wieder ein Übertragungsfehler vorliegt.


    Besonders die letzten zwei Sätze werden meiner Erfahrung nach nämlich gern dazu benutzt, Leute mundtot zu machen.
    Gibts hier andere Versionen?


    Diese hier las ich in Wikipedia. Sie scheint mir sehr schön und angemessen:
    "Nicht Buddha, Dharma oder Sangha missbrauchen („Dai jiu fu bodayu bosanbo kai“)".


    Das ist meiner Meinung nach ein wirklich dringend nötiges Gebot. Die erste Version klingt mir dagegen irgendwie krank nach Corporate Politics, und "alle voran marschiert, zur Erleuchtung".