Beiträge von Jojo im Thema „Auswirkung der Meditation“

    boehnchen:

    Und letztendlich erklärbar ist das auch im nachhinein meist nicht. (Dazu bräuchte es echte Klarsicht/Höheres Sehen. Aber das haben wir ja nicht.
    oder?:->)


    ähm... Nein.
    @ zennie, böhnchen, void
    OK, ihr habt Recht. Es ist ein Ministerium :D

    Zennie:

    Depressionen sind in der Ausprägung nicht mehr so stark vorhanden, seit 3 Monaten fühle ich mich viel lebendiger und freier als je zuvor - alles ohne Medikamente
    - Herzryhtmusstörungen (psychosomatisch) sind so gut wie weg
    - Panikattacken sind so gut wie verschwunden
    - Kaffeesucht konnte etwas eingedämmt werden (Kaffee trinken war das Doping während der Arbeit..)
    - Soziale Beziehungen haben sich zum positiven entwickelt, ich nehme meine Konditionierung besser war und kann Sie z. T. auflösen


    he zennie,
    Vielen Dank für dieses Posting.
    Genau diese "Ergebnisse" hatte ich auch aus dem Sitzen. Nur habe ich ein paar Jahre länger gebraucht als du.
    Ob man diese Art von Sitzen jetzt Zen nennen darf oder nicht, ist mir wurst.
    Wer unter sowas - Depressionen, Angststörungen, Panikattacken, soziale Phobien - nie gelitten hat, hat keine Ahnung, welche Freiheit er besitzt.
    Ich wusste nicht, dass das Sitzen mich von diesem Sch... befreien kann. Und jetzt weiß ich auch nicht, was das Sitzen bewirkt. Es ist mir wurst. Irgendetwas verändert sich, wenn ich sitze. Und das ist gut.

    ernest:

    Besonders wenn ich nach längerer Abwesenheit wieder in die "Zivilisation" komme und dort meine Freunde und Bekannten an ihrem Leben leiden sehe. Es stürzt dann grade besonders auf mich ein. Krebserkrankungen, Depressionen, Selbstmorde, Langzeitarbeitslosigkeit, Hoffnungslosigkeit. Das zieht durch Mark und Bein und verfolgt mich auf meinem Kissen


    hallo ernest, deine frage hat mich nicht losgelassen und mir ist dazu noch was eingefallen.
    Wenn ich solche Dinger zu knacken habe, dann helfen mir oft die zeremoniellen Aspekte der Praxis.


    Zum Beispiel Niederwerfungen für Menschen, die leiden, denen ich aber nicht helfen kann. Dabei finde ich es wichtig, "schöne" Niederwerfungen zu machen, also es nicht nur irgendwie hinter mich zu bringen, sondern mir Zeit dafür zu nehmen und sie so gut wie möglich zu machen.


    Ich finde, das weckt in mir eine gewisse Demut, auch was meine persönlichen Fähigkeiten betrifft, anderen wirklich wirksam helfen zu können. Dazu auch meine Dankbarkeit, dass es mir im Moment gut geht.


    Ein Lehrer, den ich kenne, praktiziert bei jedem Sesshin eine Totenzeremonie und eine Heilungszeremonie. Dabei wird ordentlich teurer Weihrauch weggeräuchert, der Name des Toten oder des Leidenden mit einem Metta-Vers rezitiert (mögen sie Ruhe / Heilung finden) und dann drei Mal voll Stoff das Herzsutra rezitiert, mit Trommel, großer und kleiner Glocke, vorher und nachher Niederwerfungen, kurz gesagt mit allem Pipapo. Wenn Du in keiner Gruppe bist, kannst du das in einer kleinen Version vielleicht auch alleine und zuhause machen, aber in der Gruppe ist es einfach schöner. Wenn deine Gruppe es bisher nicht macht, kannst du sie vielleicht darum bitten. Es ist wie ein kleines Geschenk an die Toten, oder an die Welt. Ein bisschen sinnlose Schönheit in all den sinnlosen Schmerz hinein.


    Edit: Ja, wenn dir Zeremonien nicht liegen, kannst du vielleicht auf andere Weise bisschen sinnlose Schönheit erzeugen, als Ausgleich.

    ernest:

    Das ist nicht immer einfach. Besonders wenn ich nach längerer Abwesenheit wieder in die "Zivilisation" komme und dort meine Freunde und Bekannten an ihrem Leben leiden sehe. Es stürzt dann grade besonders auf mich ein. Krebserkrankungen, Depressionen, Selbstmorde, Langzeitarbeitslosigkeit, Hoffnungslosigkeit. Das zieht durch Mark und Bein und verfolgt mich auf meinem Kissen.


    Hammer.
    Gute Praxis.
    Gasshô.

    milapa:

    (...)Der Umgang im Zen mit der Sensibilität ist wohl folgender:

    Aiko:

    Es ist ein Auf-und Ab. Und wenn man die Angst verliert, aus der Kurve zu fliegen, macht das Leben richtig Freude.


    :D Nicht ganz. Der Umgang im Zen mit Sensibilität ist, sich zu fragen:
    WAS IST DAS, Sensibilität? Zur Verdeutlichung ein paar Hilfsfragen:


    Wie fühlt es sich an?
    Aus welchen Empfindungen und Gedanken setzt es sich zusammen?
    Wo ist die Grenze zwischen Empfindungen und Gedanken?
    Ist es immer gleich, oder verändert es sich?
    Verändert es sich in der Intensität?
    Ist es manchmal völlig weg?
    Wann tritt es auf?
    Wann endet es?
    Unter welchen Bedingungen tritt es auf?
    Kann ich die Bedingungen verändern?
    Kann ich meine Reaktion auf die Bedingungen verändern?
    Wo ist die Grenze zwischen der Bedingung und meiner Reaktion?
    Verändern sich die Bedingungen von selbst?
    Was hat es für Auswirkungen?
    Auf mich?
    Auf andere?
    Und so weiter.
    (Na, total gelangweilt von der Aufzählung? Na siehste).


    Nur wird das nicht so detailliert gesagt, weil jeder selber rausfinden muss, welche Fragen bei ihm funzen.
    Man soll ja sowieso nicht nachdenken, sondern GUCKEN oder besser HINFÜHLEN.
    Oder noch besser: zur Kenntnis nehmen, was einen da beim Atmen stört.


    Der Zennie wird also wahrscheinlich gefragt: WAS IST DAS, Sensibilität?
    Und dann aufs Kissen und ins Leben geschickt, um das zu beobachten.


    Er fängt dann irgendwo an, zu beobachten, und mit der Zeit klären sich die Fragen.
    Sobald sich die Fragen klären, klärt sich auch der Blick, und dann kommen auch die Antworten.


    Wenn sich beim Sitzen dazu keine Fragen einstellen, kann es nicht so ein Problem sein. Echten Problemen kannst du dem auf dem Kissen nicht ausweichen.
    Wenn sich beim Sitzen andere Fragen nach vorne schieben.... vielleicht ist es doch nicht so wichtig?
    Es kann sich herausstellen, dass die Sensibilität nur eine Nebelkerze des Geistes ist, um ein anderes Problem zu verdecken.
    Das weiß nicht nur der Lehrer nicht, das weißt auch du nicht - bis du die Sensibilität unter die Lupe nimmst.


    Zitat

    (...)(obwohl ich heute noch manchmal über gewisse Dumpfheits-Attacken von Anderen am fluchen bin - Nicht wegen mir, sondern wegen nochmals Anderen, die dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden). Aber so etwas wird im Zen wohl auch nicht bekannt sein.


    Andere? Nä, wat soll dat denn sein? :D
    (tut mir leid, der musste sein :oops: )

    ernest:

    Welche Erfahrungen konkreter Art habt Ihr mit den Auswirkungen der Meditation auf Euer Leben und den Alltag, auf Eure Empfindungen und Eure sozialen Beziehungen gemacht?


    hallo ernest, eine interessante Frage.


    Uns Zennies wird das Zweckdenken ja systematisch abgewöhnt.
    Dennoch verfolgt man heimlich doch immer wieder einen Zweck und ein Ziel.
    Mein Zweck war anfangs "die Erleuchtung", darunter verstand ich allgemeine Freiheit von Problemen :lol:


    Beim Warten auf die Erleuchtung bin ich zufällig darauf gestoßen, dass das Sitzen mich körperlich entspannt. Daraus folgte eine spürbare Verringerung meiner Irritierbarkeit. Früher war ich ein Angstbündel und wurde bei jeder Kleinigkeit ängstlich und aggressiv. Das hat sich deutlich entspannt.


    Die Entspannung wird mit der Zeit tiefer, und ich entdecke immer wieder neue Levels von Angstfreiheit. Das eröffnet immer mehr Spielraum im Umgang mit anderen. Mein Verhältnis zu anderen hat sich sehr verbessert, auch wenn noch ordentlich Luft nach oben ist. Wenigstens bin ich nicht mehr immer im Dauerstress.


    Meine Grundregel im Umgang mit anderen ist das erste der drei Reinen Gebote: "Schlechtes unterlassen". Und ein Spruch von Alan Watts: "Es ist nie zu spät, nichts zu tun". Aus meiner Ursprungsfamilie bringe ich viele destruktive Kommunikationsgewohnheiten mit. Also habe ich irgendwann beschlossen: wenn ich schon nichts Konstruktives beitragen kann, will ich nach Möglichkeit das Destruktive unterlassen. Was das ist, weiß ich durch das Sitzen inzwischen oft recht gut. Wenn ich destruktiv gehandelt habe, verfolgt mich das aufs Kissen.


    Langsam stoße ich mit dieser Passivitäts-Strategie aber an eine Grenze. Es kann sein, dass Du auch an so einem Punkt bist. Ich stelle fest, dass es nicht reicht, mich zurück zu ziehen. Ich muss manchmal Orientierungspunkte für andere setzen, oder ich muss in bestimmten Situationen irgendwie aktiv werden, weiß aber nicht wie.


    Ich denke, das ist ein toter Punkt, wie Diane Rizzetto ihn in ihrem Buch "Waking up to what you do" beschreibt. Die bisherige "Haltung" funktioniert nicht mehr, und eine neue stabile "Haltung" hat sich noch nicht entwickelt.


    Mir hilft da nur, in diesem toten Punkt zu "verweilen". Damit sitzen, und nicht die Augen verschließen vor dem, was passiert, auch wenn es unangenehm ist, auch wenn es mich überfordert. Irgendwann öffnet sich ein Fensterchen, entwickelt sich ein neues Verständnis, eine neue "Haltung". So war es bei mir bisher immer.


    Nur nicht die Schotten dicht machen, Keep on cruising. ;)