Jojo:Alles anzeigenmukti:Aber der Vorgang des reinen Beobachtens ist an sich ohne Gefühle und Gedanken, das ist ja das Befreiende daran. Das entsteht alles, besteht eine Weile und vergeht wieder, zieht vorüber. Dabei lässt sich auch erkennen wie und warum etwas entsteht, durch welche äußeren Umstände und innere geistige Bedingungen es zustandekommt. Man sieht das klarer wenn man nicht involviert ist, nichts ergreift, sich nicht hineinziehen lässt, nicht identifiziert, sondern eben nur rein beobachtet. So entwickeln sich Achtsamkeit und Wissenklarheit.
ich denke, beides ist richtig.
Was versteht man denn unter "wie ein Wissenschaftler beobachten"?
Damit meinte ich eben: sich nicht involvieren lassen, nicht bewerten, sondern nur wahrnehmen und "mitprotokollieren".
Der Wissenschaftler wird im Versuch nicht mitspielen, und er wird die Aktionen seiner Versuchsperson nicht mit Zustimmung oder Ablehnung betrachten, sondern er wird lediglich mitschreiben, was die Versuchsperson tut. Karnatapa hat recht, dass die stetige Rückkehr zu einem Meditationsobjekt dabei sehr hilfreich ist. Der Atem ist sozusagen das Mikroskop, durch das der Wissenschaftler blickt. Spätestens wenn der Wissenschaftler von seinem Platz am Mikroskop aufspringt, um im Versuch mitzuspielen, wird er merken, dass was schiefläuft, und an seinen Platz zum Mikroskop zurückkehren. Ich hatte das übersehen.
(Zugegeben ein etwas schräger Vergleich, weil man Versuchspersonen kaum durch ein Mikroskop beobachten wird
Ihr wisst, was ich meine.)
Es stimmt natürlich: Wenn die Wut aufsteigt, ist man ruck-zuck aus dem Beobachtermodus raus und involviert. Das Meditationsobjekt (z.B. der Atem) hilft, zu bemerken, wann man abrutscht. Man kehrt zum Objekt zurück, und im Zurückkehren zum Atem kann man sich von der Wut wieder lösen. Dann rutscht man wieder rein. Dann kehrt man zum Atem zurück und löst sich wieder von der Wut. Und so weiter.
Wenn ich das oft genug gemacht habe, verändert sich mein Verhältnis zu der Wut, und ich fange an festzustellen, dass die Wut nicht "ich" ist, sondern etwas Hinzugefügtes. Dann wird der Beobachtermodus stabiler.
Ja, ich hatte vor geraumer Zeit ein Problem mit einem körperlichen Leid, wo ich nach einiger Zeit nicht mehr wusste, wo da der körperliche oder aber seelische Anteil liegt. Mit einer Metaebene konnte ich das Selbstgemachte dann sehr wohltuend in der Meditation erkennen und das Unwohlgefühl sehr deutlich reduzieren. Eine solche Metaebene gibt es sicher auch wenn wir Wut betrachten. Ich stimme schon zu, dass die Beobachtung befreiend wirken kann. Kognitive Hintergründe zeigen sich aber wohl eher dann, wenn ein verkrampftes Gefühl sich lockert.
Ich glaube aber, dass dies reine Beobachten der Emotion unter Umständen etwas hilflos ist. Man kann, wie gesagt, verzweifelt auf eine Verspannung glotzen, die aber selbst nur die körperliche Seite dieser Verzweiflung ist. Man kann sich also bei der Beobachtung von Gefühlen festfahren, sodass nichts Heilsames dabei raus kommt. Ich denke daher, dass wir im Umgang mit Gefühlen eine Richtlinie brauchen, sofern wir sie nicht intuitiv besitzen (Großmuttergeist). Diese Richtlinie ist für mich die Kenntnis von Mitgefühl.
Es hat vermutlich mit unserem psychischen Bedürfnis zu tun, ob wir den Schwerpunkt der Meditation eher auf Befreiung und Erkenntnis legen oder aber auf Glück und Stimmung und letztlich Veränderung emotionaler Strukturen. Wenn wir intensive Gefühle erzeugen, so verändert sich das Atemmuster drastisch. Daher ist es für mich kein Ziel, die Atmung ruhig zu halten.