Beiträge von Karnataka im Thema „Ventil für Wut und Frust“



    Ja, ich hatte vor geraumer Zeit ein Problem mit einem körperlichen Leid, wo ich nach einiger Zeit nicht mehr wusste, wo da der körperliche oder aber seelische Anteil liegt. Mit einer Metaebene konnte ich das Selbstgemachte dann sehr wohltuend in der Meditation erkennen und das Unwohlgefühl sehr deutlich reduzieren. Eine solche Metaebene gibt es sicher auch wenn wir Wut betrachten. Ich stimme schon zu, dass die Beobachtung befreiend wirken kann. Kognitive Hintergründe zeigen sich aber wohl eher dann, wenn ein verkrampftes Gefühl sich lockert.


    Ich glaube aber, dass dies reine Beobachten der Emotion unter Umständen etwas hilflos ist. Man kann, wie gesagt, verzweifelt auf eine Verspannung glotzen, die aber selbst nur die körperliche Seite dieser Verzweiflung ist. Man kann sich also bei der Beobachtung von Gefühlen festfahren, sodass nichts Heilsames dabei raus kommt. Ich denke daher, dass wir im Umgang mit Gefühlen eine Richtlinie brauchen, sofern wir sie nicht intuitiv besitzen (Großmuttergeist). Diese Richtlinie ist für mich die Kenntnis von Mitgefühl.


    Es hat vermutlich mit unserem psychischen Bedürfnis zu tun, ob wir den Schwerpunkt der Meditation eher auf Befreiung und Erkenntnis legen oder aber auf Glück und Stimmung und letztlich Veränderung emotionaler Strukturen. Wenn wir intensive Gefühle erzeugen, so verändert sich das Atemmuster drastisch. Daher ist es für mich kein Ziel, die Atmung ruhig zu halten. :)

    Was die Meditation betrifft, denke ich, dass es ausgesprochen schwierig ist, wie ein Wissenschaftler zu beobachten. Denn wir können die Wut nur wütend beobachten, anders geht es nicht. Nach meiner Erfahrung kreisen die Gedanken sodann um das Gefühl, halten es fest. Denn natürlich können wir schwerlich beobachten, wie ein Gefühl verschwindet, sondern aktivieren es allein durch unsere Aufmerksamkeit erneut. Im schlimmsten Fall lernen wir, das unliebsame Gefühl mit der Meditationssituation zu verknüpfen, konditionieren uns in die falsche Richtung, was zur Qual werden kann. Die Konzentration auf ein wichtiges Meditationsobjekt bietet sich als Ausweg an.
    Ich halte dagegen eine Überzeugung oder Einsicht, welche Vorstellungen zum Glück führen plus die aktive Bereitschaft, sich Glück zuzugestehen, für einen guten Weg. Also die Mitgefühlsmeditation, wie sie der Dalai Lama erklärt. So kann man lernen, emotional zu meditieren und Glücksgefühle bewusst entstehen zu lassen und auszudehnen, was für sich schon eine überaus wertvolle Erfahrung ist.

    Verrückter:


    Ich habe vor Kurzem erst gelesen, dass auch der Dalai Lama mit seinem Jähzorn umzugehen versucht, also sind Buddhisten wohl auch keine Roboter :) Was du tust ist wohl eher deine Wut abzulehnen. Ablehnung ist eine der Ursachen für dukkha. Du siehst deine Wut als "schlecht" an. Das halte ich für den falschen Weg. Richtig wäre aus buddhistischer Sicht meiner Meinung nach, zunächst die Gründe für deine Wut zu erkunden.


    Das Buch des Dalai Lamas Gefühl und Mitgefühl kann man durchaus unter dem Hauptaspekt des Umgangs mit Wut lesen. Seine Lehre besagt, dass viele Emotionen einen biologischen Sinn haben, doch wenn sie unverhältnismäßig werden, dann werden sie destruktiv. Mit Übung lässt sich erkennen, wann Emotionen unverhältnismäßig sind. Das Wichtigste im Umgang mit solchem Zorn ist, zu wissen, dass er den Blick trübt. Wir sehen nur noch die negativen Eigenschaften des anderen oder den Aspekt der Ungerechtigkeit einer Situation, die uns trifft. Es ist daher klar so, dass es zuerst um Zurückhaltung in Taten und Worten geht. Zorn hat nur eine Alarmfunktion. Das gilt auch, wenn wir uns über eine Ungerechtigkeit, die jemand anderen betrifft, empören. Als Ratgeber ist er unbrauchbar. Wieweit er eine positive Handlungsmotivation ist, kann man nicht einheitlich sagen, ich habe da Zweifel.


    Die zweite Frage ist, wie man sich davon befreit. Zorn kann ausgesprochen quälend sein. Nur selten gibt es Menschen, die gerne zornig sind. Der Dalai Lama gibt verschiedene Ratschläge dazu. Im Wesentlichen geht es um einen zweifachen Weg. Einerseits ist den destruktiven Emotionen mit Aufmerksamkeit, einer kognitiven Einsicht in ihre Destruktivität, Einsicht in die eigene Verursachung und einer abwehrenden Haltung zu begegnen, andererseits im Bemühen, positive Charakterzüge zu verstärken, was auf die Mitgefühls-Meditation hinausläuft.


    Der Dalai Lama bringt u.a. einen interessanten Gedanken (den ich etwas ausbaue): Er sieht Charaktereigenschaften, Stimmungen, Emotionen, Affekte (Jähzorn) auf einer gemeinsamen zeitlichen Skala, nur eben von unterschiedlicher Dauer. Die charakterliche Disposition kann eine Neigung zu einer bestimmten Emotionalität bringen, die ins Destruktive läuft: Zorn, Angst, Neid oder Zweifel. Ich glaube, es ist notwendig, etwas zu entdecken, das einem selbst die Sicherheit gibt, nicht mehr so leicht zornig zu werden. Das kann sehr befreiend wirken. Auch Versöhnung ist etwas, das man erlernen kann.