Beiträge von void im Thema „Bodhishattva“

    Jojo:

    Deswegen heißt für mich "Dein Wille geschehe" nicht, meinen Willen an ein imaginäres Wesen abzugeben, sondern schlicht "Do not pick and choose." (ich sag´s lieber auf Englisch, weil es für mich annehmbarer klingt als die deutsche Übersetzung)


    Irgendwann habe ich mal gelesen: Die verschiedenen Religionen sind wie verschieden geformte Schöpfkellen, die aus demselben Brunnen schöpfen.
    Das gefällt mir.


    Für mich sind Religionen Praxiswege. Und diese Praxis bringt dann bestimmte Entscheidungen und Konzept mit sich. Die christliche Herangehensweise ist eine, die an das Heilsame in einer Weise herangeht, die im Prinzip "sozial" ist und als ein "Weg der Liebe" von "Person", "Vater", "Liebe" und tiefer Bindung handelt. Und die dafür dass sie diese Verbindung eingeht, einerseits die Ressourcen unserer tiefsten, persönlichen Bindungunsfähigkeit nutzen kann. Andereseits aber auch einen Preis zahlen muss, indem sie die negativen Seiten der persönlichen Bindung zu akzeptieren hat, also Herrschaft, Eifersucht und enttäuschte Liebe. "Vater" ist keine blosse Maetapher sondern definiert eine Beziehung. Es ist sozusagen Programm. Ein Programm, das sich subtil an allen möglichen Stelle auswirkt.


    Man sieht das am "Reich Gottes": Einerseits könnte man das auch vom Buddhismus her verstehen. Auch hier könnte man einen Bereich der Herrschaft von Begierde (Samsara) dem Wirkungsbereich eines Buddhas ( z.B ein Buddhaland) gegenüberstellen. Aber der Begriff "Reich Gottes" ist nicht so allegmein sondern hat Schlagseite hin zu einem Denken, das von einer "Herrschaft" handelt die es zu errichten und durchzusetzten gilt. Von einer blossen spirituellen Metapher ist es ausbaufähig hin zu Errichtung des Reich in dieser Welt. Was sich sowowhl positiv wie auch negativ auswirken kann. In Mutter Theresa oder in Kreuzzügen.


    Jojo:

    @ void: "dein Reich komme" konnte ich mir bisher nicht erschließen. Deshalb ist dein Beitrag für mich sehr interessant. Allerdings wirft er für mich auch eine Frage auf. Deinem Beitrag zufolge fand die Entwicklung hin zum radikalen Idealismus/Utopismus weit nach Christus statt. Das Vaterunser stammt aber angeblich von Jesus Christus selbst ("so lehrte er die Jünger beten"). Steckt darin also vielleicht doch etwas anderes als ein einfacher Utopismus?


    Weit vor Christ. Der pesische Prophet Zarathustra, bei dem ja die Dualität Himmel/Hölle Gott/Teufel zum ersten mal auftauchte lebte ja weit vor Christi. Und von dort sickerte das während und nach der baylonischen Gefangenschaft (ca 600 v Chr) ins Judentum. Wo es am extremsten von den Essenern und dem Umfeld von Jesus vertreten wurde.

    Ellviral:

    Woher weiss Du wie die Welt zu sein hat?
    Wo hast Du ein Model wie die Welt mal war?
    Irgenwann muss sie ja mal richtig gewesen sein.
    Es sieht doch eher so aus das nicht die Welt durch dich gerettet werden muss sondern Du durch die Welt.
    Solange Du deinen Willen an irgendwelche imaginären Wesen abgibst hast Du keine Chance von der Welt gerettet zu werden.


    In dem Buch "Cosmos, Chaos, and the World to Come" von Norman Cohn geht es genau um diesen Übergang hin zu einer Mythologie des "Alles wird gut werden", der sich vor allem in Zoroastrismus, Judentum und Christentum vollzog.


    Auch in anderen Religionen ist die Idee eines Kofliktes zwischen Gut und Böse, Ordnung und Chaos durchaus verbreitet. Aber dort wird das eher als eine "immerwährende Aufgabe" angesehen. So wie der Gärtner dauernd Unkraut jäten muss und der Bauer die Balance zwischen Überschwemmung und Trockenheit sucht, so sind wir beständig damit beschäftigt gegen Verblendungen zu kämpfen oder auch Werte wie "Menschenwürde" und "Gerechtigkeit" aufrechtzuerhalten.


    Von dieser "Gärtnerlogik" zu der Idee überzugehene, es gäbe in der Zukunft tatsächlich einen idealen Zustand ohne Unkraut, Mücken, Verblendungen, Brennessel oder Ungerechtigkeit war eine neue Art des Denkens, die mit Zarathustra aufkam. Ein Paradies, so die Annahme könne geschaffen werden, indem man das Böse/den Teufel entgültig besiegt. Ein Denken das viel an idealistischer Begeisterung entfacht hat, aber eben auch zu Hexenwahn und anderem führte.


    Ich würde den Buddhismus ganz auf der Seite der "Gärtnerlogik" sehen. Ein messianisch/apokalyptisches Denken wie es im Vaterunser vorkommt ("Dein Reich komme") ist da ein Randphänomen.


    Ich verstehe das Herzsutra und das Bodhisattva-Ideal so, sich dem "endlosen Jäten" ganz hinzugeben. Uns sich Nirava eben nicht als eine Art freien Sonntag nach der Arbeitswoche vorzustellen.

    Ellviral:

    Wie will ich etwas hilfreiches erreichen wenn ich keine Kategorien habe an denen ich hilfreich und nicht hilfreich erkennen kann bevor ich etwas tue. Ich bin nicht der erste Mensch und nicht der einzige und nicht der letzte.


    Man kann ja auch Radfahren lernen, ohne dass man jeweils berechne wie Fliehkraft, Beschleuigung, Reibung und Gravitation zusammenwirken. Indem man sich auf das Fahren selbst kontrolliert und nicht so wie diese Art von Lenker jetzt heisst und aus welchen Material genau die Griffe sind und warum man egnau die Anzahl von Spechen braucht. Nicht das das unwichtig wäre. Ein Profiradfahrer lernt mit der Zeit sein Material und dessen Stärken und Schwächen immer besser kennen.

    Ellviral:

    Ich seh das so das das zusammenbasteln der Erleuchtungsglieder gerade dazu führt das es zu Anhängen an diesen kommt und das ist auch so gewollt.Das erwerben dieser Glieder macht Sinn damit ich bereit bin sie fallen zu lassen. Das Ablassen von Riten und Regeln macht erst Sinn wenn ich weiss was Riten und Regeln sind, wenn ich sie zusammengekämpft habe.


    Um etwas zue erreichen, brauchst du es nicht kategorisieren. Im Thevada gibt man sich Mühe Erreichungszustände (Jhana ) genau zu kategorisieren und voneinander abzugrenzen. Im Zen macht man das nicht, aber das bedeutet doch nicht, dass man die Erreichungszustände nicht erreicht. Man kann achtsam und gesammelt sein, ohne darin verschiedene Glieder zu sehen.

    Benkei:

    Daraus folgt, dass auch den Zen-Schulen die Bhumis-Lehre nicht fremd ist.
    Wahrscheinlich nicht zu Unrecht neigen viele Lehrer dazu, ihren (Laien-)Schülern derartiges Gedankengut vorzuenthalten.


    Ich denke Zen sieht sich selbst als ein "Integrative Praxis" und steht von daher Einteilungen, die das in Stufen einteilen und aufdröseln skeptisch gegenüber. Nicht so sehr inhaltlich sondern eher strukturell. Da ist keinerlei Problem darin, zu sagen, dass sich Befreiung bestimmte Aspekte hat. Wahrscheinlich würde man das so audrücken, dass sich Befreiung als Achtsamkeit,Sammlung, Willenskraft , Gleichmut und den anderen Erleuchtungsgliedern äußert.


    Weswegen man solche Aufteilung scheut, ist die Gefahr der falschen Sichtweise zu verfallen, Befreiung als etwas zusammengesetztes oder Zusammensetzbares zu sehen.


    Frankenstein dachte, dass man einen Menschen erschaffen kann, indem man sich die entsprechenden Teile vom Friedhof besorgt und das ganze mit Blut und Strom versorgt. Aber indem man da Teile aneiandernäht geht man womöglich an der eigentlichen Sache vorbei und schafft ein Monster. Genauso ist die Vorstellung man könne Befreiung zusammenbastelt, indem man die verschiedenen Glieder erwerben und zusammennäht, etwas, was an der Sache selbst vorbeigeht.