Beiträge von void im Thema „Zen und Daoismus“

    Ellviral:

    Hatte ganz vergessen wieviel ich schon vom Daoismus weggestrichen hatte. Du hast mir klar gemacht warum ich kein Interesse mehr für den Daoismus hatte.
    Mir wird auch gerade bewusst wieviel ich schon vom Buddhismus gestrichen habe. Buddha macht eben gründlich sauer und das merkt man erst wenn man Reaktionen bekommt.


    Kann man das nicht alles so stehen lassen wie es ist.


    Während andere Völker sich in komplizierten metaphysischen Vorstellungen verlieren ging Buddha radikal existentialistisch vom Menschen und seiner Wahrnehmung aus. Das ist in seiner Schlichtheit großartig und effektiv.


    Ein Problem dabei ist aber, dass die Tätigkeit der Befreiung vom Selbst genauso ein Kreisen um dieses Selbst werden kann wie das Anhaften daran. Anstatt links und rechts (in die offene Weite ) zu schauen verkriecht man sich in die Arbeit an seinen Verblendungen.


    Während der "einfache Chinese", der es gewohnt ist eher an seinen Reis und seinen Berg zu denken als an seine Macken, da Offenheit und Weite bringt. Den Blick von eignen Inneren darauf lenkt, dass auch im Aussen die eignen Verblendungen "nicht sind". "Nimm die einen Tee und schau in die Ferne. Da ist nichts zu befreien."


    Willst du da echt mit dem Rotstift rumzurennen und abzuchecken, was man da so streichen kann? So als wäre Vielfalt schlecht. So als wäre es nicht in Ordnung, dass es Kaffee, Eis, Eiskaffe und Kaffee-Eis gibt. Oder Buddhismus, Daoismus und Zen. Als müsse man zum wahren Wesen vordringen indem das das Oberflächliche abschabt.

    Ellviral:

    Eigentlich sind es doch zwei Zweige.
    Der Buddhismus und der Daoismus.
    Die Zweige sind aus einem Stamm und der Stamm hat die Wurzel:
    Wie kann ein Mensch seine Freiheit das Leben leben ohne Angst?


    Der Buddhismus geht vom Menschen (und seiner Angst) aus, aber gilt das wirklich für den Daoismus?


    Im chinesischen Denken war ja die Idee sehr mächtig, dass es einst (in mythischer Vorzeit) eine Zustand der Harmonie gab, der wiederhergestellt werden sollte. Konfuzius meint dies durch Tugend und Kultivierung zu bewerkstelligen während Lao Tsu meint, dass wir uns an die Natur und ihr Fliessen anpassen sollen.


    Weil für Buddha dagegen alles seit undenbarer Zeit leidvoll war, wäre ihm so ein Versuch Mensch und Himmel in Harmonie zu bringen, reichlich fremd gewesen. Er geht ganz exitstentialistisch vom Menschen und seinem Leiden/seiner Angst aus.


    Zen konnte nicht deswegen vom Daoismus profitieren, weil sie die selbe Wurzel hatten. Sondern gerade weil sie es NICHT hatten. Weil da das vom Menschen und um den Menschen kreisende indische Denken durchbrochen werden konnte. Wo doch gerade von dieser engen Perspektive befreit werden sollte.

    Buddhaghosa:
    goldie:

    D.T. Suzuki hat die für das Zen charakteristische bis ins Mark treffende Einsicht mit Chuang-tzus "Geist vergessen" gleichgesetzt.


    aber gibt es auch jemanden, der Zhuangzis "Geist vergessen" mit Buddhas bodhi gleichsetzt? Falls nicht, ist Satori im Zen nicht buddhistisch, oder?


    Das ist ein sehr wichtiger Punkt.


    Bei "Geist vergessen" fällt mir der "Metzger Ding" ein, der ohne einen bewussten Gedanken einen Ochsen "spielend" zerteilt, indem er ganz natürlich dessen Struktur folgt, so dass sein Messer niemals stumpf wurde. Dem Dao folgt man, so der Gedanke, indem man sich wie das Wasser den Bedingungen "spielend" anpasst. Ich frage mich nur, was Buddha Shakyamuni, der ja kein Freund des Metzgerhandwerks war, dazu gesagt hätte.


    Wahrscheinlich hätte er gesagt, dass uns "Metzger Ding" in der Art wie er die Dinge tut ein Vorbild sein kann aber nicht in dem was er tut. Ich glaube der Punkt ist die konzentrierte Sammlung also "Samadhi". Und diese kann ja auch bei allen möglichen weltlichen Tätigkeiten vorbildlich sein. Bei exzellenten Spitzensportler, genialen Künstler, hochgeschulten Krieger oder anderen Meistern ihres Faches, die so in ihrer Tätigkeit aufgehen müssen, dass sie dabei den "Geist vergessen". Ohne das was sie tun deswegen heilsam im buddhitischen Sinne sein müsste.


    Insofern Buddhas bodhi ein "samma samadhi", beinhalter er nicht am Geist festzuhalten sondern ihn zu "vergessen". Aber nicht alle Formen der Sammlung sind deswegen heilsam. Zhuangzi ist das viel breiter und lebenszugewandter. So offen, dass sich darin Künstler, Sportler, Metzger und Krieger wiederfinden können.

    Wenn immer mal wieder gesagt wird Zen sein eine "Vermischung" zwischen Daoismus und Buddhismus, dann klingt das für mich so als sei Zen ein synkretischer Kuddelmuddel.


    Kann man sich einen nicht duch China geprägten Chan vorstellen? Im Chan wird ja nicht davon ausgegangen, dass es sich um ein chinesische Erfindung handelt, sondern etwas was aus Indien kam und über Nāgārjuna und Mahākāśyapa auf Buddha zurückgeht.


    Für mich ist da Nāgārjuna der Dreh und Angelpunkt. Sanskrit ist ja wie Pali oder Latein eine sehr präzise und strukturiert aufgebaute Sprache. Die genau deswegen auch zur Quelle von Illusion werden kann. Weswegen Nāgārjuna ständig im Kampf mit ihre befindet, als wäre Sprache ein Gefängnis der Wirklichkeit, das Befreiung auf falsche Ansichten runterbricht.


    Die Chinesische Sprache ist viel besser dazu geiegnet, etwas anzudeuten und im Vagen zu belassen, statt es zu systematisieren und fest zu zurren. Diese Herangehensweise beschränkt sich nicht nur auf die Sprache sondern auch auf andere Aspekte. Während der indogermanischen Kultur ein "Horror vacui" bescheinigt wird, der sie dazu bringt ein leeres Blatt Papier möglichst effektiv zu füllen, sind chinesische Landschaftaufnahmen oftmals vom leeren Flächen dominiert. Auch auf religiösen Gebiet, bleibt Ambiguität und Numiosität erhalten, wo ein Inder und Grieche sich bemüht hätte den Nebel zu lichten und etwas Klares und Definiertes an seine Stelle zu setzten. ( Statt dem leisen Rauschen des Baches ein Diagramm auf dem die Hierarchie der Quellnymphen und ihre Zuständigkeitbereiche vermerkt sind.) Man hätte das "Dao" als Unennnbares, Unergründliches nicht ausgehalten.


    Wenn man sich, wie Nāgārjuna, der Verfälschung durch Sprache und Konzepte entziehen will, ist China von daher ein gutes Land, um dort geistig Asyl zu finden. Der Punkt am Daoismus ist nicht dass da gute geistige Gebäude bezogen werden könne, sondern dass die Daoisten sich bemüht hatten, natürliche Orte zu bewahren, wo man nicht auf geistige Häuser traf. So konnten dann die indischen (buddhitischen ) Hauslosen zu den chinesischen Hauslosen (Daoisten) kommen.


    Für mich sind die einflussreichsten daoistischen Elemente im Zen, eine tiefe Beziehung zur Natur, die es so in Indien nicht gab. Und die Idee des "wu-wei". Lao Tse war ja gerade kein Kulturfreak der die Errungenschaften der überlegene Kultur so schätzt sondern jemand, der sich von den 10 000 Dingen abwandte um in den Wald zu gehen und dort ein stilles, einfach Leben zu führen. Und genau deswegen war er dort offen für Gäste, die aus einer anderen Kultur kamen, deren Regeln und Konzepte sie hinter sich lassen wollen um mit leeren Händen aufzukreuzen.