Beiträge von VOOM108 im Thema „Selbstverteidigung und Buddhismus“

    Auch wenn ich mich mit dem Video schwer tue, so kann ich mir doch vorstellen, warum und wie das funktioniert, aus meinen bescheidenen Erfahrungen mit Energien im und um den Körper herum. Dabei ist entscheidend, dass die Manipulation der Energien in einem selbst und einem Angreifer, den man bewusst wahrnimmt, etwas komplett anderes ist, als irgend ein "magischer Schutzschild". D.h. eine Kugel wäre damit z.B. wohl nicht abzuwehren. Auf der anderen Seite, die Arbeit von einem der Schützer des Dalai Lama (also Bodhisattva-Schützer, nicht menschliche Bodyguards), der Palden Lhamo nämlich, habe ich auch schon am eigenen Leib erfahren. Sie schützt u.a. vor Vergiftungen, Infektionen und verdorbener Nahrung. Es aktiviert die Fähigkeit des Körpers, Gifte zu erkennen effektiver auszuscheiden, so dass sie ohne Wirkung durch den Körper gehen oder indem sie tatsächlich neutralisiert werden. Der Dalai Lama hat 8 Hauptschützer, also rein auf menschlichen Schutz wird sich da nicht verlassen.

    Eigentlich ist ja Missionierung im Buddhismus eigentlich nicht vorgesehen... Was die "engagierten Buddhisten" in der Hinsicht machen, weiss ich nicht, so genau habe ich mich mit denen nicht beschäftigt. Ich hatte den Eindruck bekommen, dass es ihnen vor allem darum geht, nicht in "buddhistische Passivität" zu verfallen, wo man sich "nur noch" mit der eigenen Erleuchtung beschäftigt, und an den pragmatisch nützlichen Dingen in der Welt gar nicht mehr teilnimmt.


    Ich selbst gehe ohnehin meinen eigenen Weg und ich würde mich phasenweise nicht mal als "Buddhist" titulieren. Das ist nur ein Aspekt von mir, wenn auch einer, der mir besonders wichtig ist für mich selbst. Von daher tue ich, was vor meiner Nase liegt, dafür muss ich mich keiner Gruppierung anschliessen. "Engagierter Mensch" zu sein reicht mir völlig - und Retreats schaffe ich mir phasenweise auch, wenn ich die Zeit und Aufmerksamkeit primär für die Praxis brauche.

    Das wäre ein Pladoyer für einen "engagierten Buddhismus" - da gibt es ja solche Zusammenschlüsse unter dem Namen :) Und da geht es ja auch nicht darum, den Buddhismus an sich zu schützen, sondern sich in der Welt engagiert einzusetzen. Das muss dann aber letztlich im Detail auch wieder jeder nach der eigenen Vorstellung von dem, was gut und richtig ist, tun... Die mag durch die buddhistische Praxis beeinfusst sein, aber mir scheint der Buddhismus gibt jenseits von gewissen Grundregeln sehr wenig davon vor. Und selbst die Grundregeln müssen offenbar manchmal übertreten werden. So muss dann ultimativ jeder sein Handeln vor allem vor sich selbst verantworten können.

    Danke für diese konstruktiven und aufklärenden Beiträge :) Durch deren (teilweise überraschende) Differenziertheit ist damit für mich die historische Perspektive jetzt wesentlich klarer geworden...


    Aktuell und für den Einzelnen, eine Ebene die ich ja vor allem auch angesprochen habe, kann man ja fast zwei Fragen stellen: kann ich den Buddhismus als Begründung anführen, nichts gegen Aggressoren zu tun? und: kann ich den Buddhismus als Begründung anführen, etwas gegen Aggressoren zu tun? (Ausser meditieren für den Frieden)


    Aus buddhistischer und moderner säkularer Perspektive, wo es um die Verteidigung einer säkularen friedlichen Gesellschaft geht, in der dankenswerter Weise eine Trennung zwischen Religion und Staat existiert, ist meine Antwort: ich kann beides tun, sollte aber in beiden Fällen nicht den Buddhismus als Entscheidungsgrundlage hernehmen oder vorschieben. Es ist eine persönliche Entscheidung, die der Buddhismus weder legitimiert, noch ausschliesst.


    Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass ich in jeder gefährlichen Situation ohne körperlichen Kampf bestehen konnte, indem ich ganz andere Mittel angewendet habe. Nämlich innere Mittel, z.B. indem ich die Aggression des Angreifers einfach habe ins Leere laufen lassen, wo sie verpufft ist. Ich konnte im Grunde alles konsequent "diplomatisch" lösen.


    Bei einer Massenschlägerei vor vielen Jahren, wo nachher sogar Messer gezogen wurden, wurde ich, um Freunden zu helfen, die meinten, schlichten zu müssen, mitten in das Getümmel gezogen - und habe z.B. Leute auseinander gezogen und getrennt gehalten, viele die aus Zorn Eingreifen wollten mit geschickten Argumenten weggeschickt usw. Ein Messer fuhr wenige Millimeter an mir vorbei, hat mich nicht berührt, aber weil ich da stand, auch niemand anders getroffen. Am Ende war ich mit den Freunden, die schlichten wollten, unter den einzigen, die neben einem schwer verletzten auf die Polizei gewartet haben, die wir selbst zuvor informiert hatten.


    Ich habe in der Situation rein instinktiv gehandelt und kannte keine Kampfkünste. Es geht also auch ohne, wenn man die richtige Einstellung hat. Trotzdem mache ich inzwischen Aikido, um meine Fähigkeiten auszubauen und vor allem den Körper mit Reaktionsmustern zu schulen, die dieser ja umsetzen können muss. Ganz im Sinne der Aikido-Philosophie würde ich keinen Kampf aufnehmen, der nicht vermeidbar ist und wenn er völlig unvermeidbar ist, versuchen dem Angreifer keinen Schaden zuzufügen und ihn nur zu blockieren.


    Die Frage kann vielleicht wirklich nur jeder Einzelne für sich selbst beantworten, Buddhismus hin oder her, einfach als Mensch.

    Zu der Zeit war aber Tibet doch noch gar nicht buddhistisch, oder?
    Wenn es tatsächlich jetzt Tibeter gibt, die das so sehen, dann halte ich das für eine grosse Verwirrung.


    Ich bin aber nicht überzeugt, dass da im Namen des Buddhismus ein Eroberungskrieg geführt wurde.
    Das macht ja schon einen gravierenden Unterschied.

    Zitat

    Wenn man Buddhismus als sein "Eigenes" ansieht, dann wird man sehr gerne feststellen wollen, dass überall wo der Buddhismus herrschte, Frieden und Gewaltfreiheit dominierten. Stimmr diese Sicht nicht mit der Realität überein, dann wird man das unbuddhitischesn Einflüssen von Aussen zuschreiben. Da ein buddhitische Gesellschaft ja per Definitionem gut, freundlich und positiv sein muss.


    So meine ich das nicht. Ich finde schon, dass wir genug Aussenblickwinkel und halbwegs "objektive" Geschichtsschreibung haben, um das differenziert betrachten zu können. Ich halte weder Tibet für ein Shangrila - deswegen schreibe ich ja auch, dass es keine ideale Gesellschaft auf der Welt gibt oder gab - noch ist Buddhismus "mein Eigenes". Ich habe einen recht weiten Blickwinkel und habe ich mich genauso intensiv mit christlicher Mystik, südamerikanischem Schamanismus und den Runen beschäftigt, um nur ein paar Beispiele zu nennen.


    Betrachten wir die Geschichte doch wirklich mal nüchtern: ja, Tibet hatte seine massiven Konflikte und Missstände im Inneren. Aber hat es jemals im Namen des Buddhismus einen Krieg begonnen? Hat ein anderes Land im Namen des Buddhismus einen Krieg begonnen? War es nicht eher so, dass ein umfassendes Auftauchen des Buddhismus in einer Gesellschaft eher kriegerische Tendenz gemindert hat?


    Zitat

    Auf der einen Seite das friedfertige Tibet auf der anderen Seite die bösen, materialistischen Chinesen, die einen Genozid verübten. Den man naiv und friefertig erduldete.


    Immerhin hat Tibet kein anderes Land angegriffen und ich wüsste nicht, dass Tibet China irgend einen Grund geliefert hätte. Das war komplett unprovoziert und maximal historisch begründet (ähnlich wie derzeit die Vereinnahmung der Krim durch die Russen historisch begründet wurde...). Als der Krieg begonnen hat, hat Tibet schon versucht sich zu wehren und den Angriff nicht einfach erduldet. Aber sie waren im Grunde fast völlig unvorbereitet auf sowas...


    Im Gegensatz dazu haben eigentlich fast alle anderen grossen Religionen im Namen ihrer Religion Krieg geführt oder führen innere blutige Konflikte bis hin zum Terrorismus. Auch heute...


    Mir geht es jetzt nicht um eine spirituell-philosophische Diskussion über das Selbst; sowas gibt es hier ja schon zur Genüge. Es ist eher die Frage, wie sich der Buddhismus auf die weltliche Entwicklung einer Gesellschaft oder eines Menschen auswirkt und ob nicht auch eine friedfertige Lehre dringend Elemente braucht, die zeigen, wie man sich schützen und wehren kann, wenn man angegriffen wird.

    Danke :)


    Zitat

    Den Buddhismus möchte ich nicht verteidigen. Mag sein, dass er mal verloren geht. Aber der Dharma nicht. Was Besonderes ist er auch nicht. Die Menschen kommen überall von alleine darauf. Das sieht man, wenn man sich mit anderen Religionen beschäftigt oder einfach mal die Menschen in ihren Erfahrungen beobachtet.
    Zu meiner Lebzeit muss kein Buddha kommen, es sind genügend von ihnen unterwegs und viele kennen die Schriften.
    Sehr dunkle Zeiten ...? Vor dem Erscheinen des Herrn Gautama war die Welt sicher auch nicht viel dunkler. Und jetzt halte ich sie nicht für heller. Dunkel wird es erst, wenn wir die Erde kaputt gemacht haben oder ein Meteorit hier einschlägt.


    Was ich meinte, war eine Distopie davon, dass der Dharma wirklich völlig verloren geht, als Gedankenspiel. Wobei ich unter "Dharma" nicht unbedingt den Buddhismus als Religion meine, sondern den Inhalt der essentiellen Lehren. Die Idee der "dunklen Zeiten ohne Dharma" ist aus den tibetischen Belehrungen entlehnt, wo zwischen den historischen Buddhas dunkle Zeiten ohne Dharma liegen. Da ist Siddharta der 4. von 1000 in diesem Kalpa (Zeitalter)...


    Ich bin mir nicht sicher, in welchem Umfang man wirklich alleine auf den Kern stossen kann. Vielleicht vereinzelt, aber wenn der Weg dahin nicht in einem Lehrgebäude gebündelt ist, an dem viele Menschen sich orientieren können, reicht es vielleicht nicht um in der Welt irgendwas zu verändern.

    Ich wollte das lieber aus einem anderen Thread abtrennen, aber ich finde das wichtig zu diskutieren. In einigen Tantras und Pujas geht es, wortwörtlich übersetzt, darum, dass man Feinde des Dharma zerstören soll oder die Schützer bittet, diese zu zerstören. Natürlich geht es in den Tantras und Pujas um die inneren Feinde, also um eine rein esoterische Bedeutung und Bilder für etwas, das im übertragenen Sinne innerlich passiert. Ich persönlich finde auch da eine weniger martialische Sprache und Umgangsweise besser, wie sie z.B. eben in "Den Dämonen Nahrung geben" von Tsültrim Allione beschrieben wird.


    Aber darum geht es mir hier jetzt gar nicht. Viele haben eine Idealvorstellung von einem Shangrila oder einer buddhistischen Kultur, die völlig friedfertig ist. Auf der Erde gibt und gab es keine mir bekannte Gesellschaft, die diesem Ideal auch nur annähernd nahe kommt. Aber nehmen wir mal so eine fiktionale oder utopische Gesellschaft und setzen sie auf die Erde, so wie es in Aldous Huxleys "Eiland" beschrieben wird. Wenn die Vorstellung von einer friedfertigen Kultur keinerlei Aspekte der (Selbst)verteidigung vorsieht, ist sie dann nicht gefährdet, durch die Umwelt geschluckt zu werden, wie es in "Eiland" letztlich passiert? Buddhistische Klöster waren z.B. in China immer wieder durch Plünderungen und Raubüberfälle bedroht. Daraus ist die Tradition der "Kampfmönche" entstanden, die durch Kung Fu für den Schutz der Klöster zuständig waren.


    In einem größeren Rahmen ist mir keine buddhistischen Kultur bekannt, die sich kriegerisch ausgedehnt hätte, oder "Feinde" unprovoziert angegriffen oder getötet hätte. Umgekehrt ist aber der Buddhismus in der Geschichte immer wieder bedroht und teilweise in einigen Regionen sogar völlig verdrängt worden.


    Obwohl es in Tibet eine martialisch klingende Esoterik-Tradition gab, hatten die Tibeter dem chinesischen Übergriff so gut wie nichts entgegen zu setzen. Tatsächlich waren sie lange Zeit so naiv, dass sie geglaubt haben, den Konflikt friedlich lösen zu können. Die offizielle Haltung der Exilregierung ist trotz des Genozids immer noch, eine gütliche Einigung mit den Chinesen zu finden.


    Spricht das alles für die Lesweise einiger Kritiker, es gäbe in den Tantras Hinweise auf eine exoterische, auf feindliche Menschen bezogene Tötungsabsicht? Gibt es in der Geschichte der Welt irgendwelche Hinweise, dass mit dem Kalachakra-Tantra (das nicht mal zu den originär buddhistischen Tantras gehört) einen exoterische Weltherrschaftsabsicht verbunden sein könnte und keine esoterische Umwandlung der inneren Welt des Praktizierenden? Kennt irgend jemand von Euch einen praktizierenden (tibetischen) Buddhisten, der andersdenkenden wirklich massiv Schaden zufügen will?


    Man kann sich eine Menge Erhirnen, wenn man die Dinge unbedingt so sehen will. Aber letztendlich braucht man sich nur die Früchte der Praxis und das reale Geschehen in der Welt anzusehen, um solche Lesweisen zu entkräften. Selbst da, wo kritikwürdige Dinge geschehen, muss man doch immer feststellen, dass diese nicht wegen der buddhistischen Lehren passiert sind, sondern trotz dieser - sonst hätte das ganz anders ausgesehen...


    Ich würde sogar sagen, dass es mehr Buddhisten geben müsste, die bereit und in der Lage sind, sich selbst und eine friedliebende, Frieden liebende, Kultur und Gesellschaft (ob buddhistisch oder säkular geprägt) gegen unprovozierte Angreifer zu verteidigen. Die Tantras geben Hinweise darauf, wie man es schaffen kann, das zu tun, ohne buddhistische Gelübde zu verletzen und den eigenen Weg zur Erleuchtung zu blockieren oder zu zerstören. Buddhisten, die alle wegrennen, sobald es schwierig wird, kann die Welt nicht gebrauchen und das könnte auch dazu führen, dass der Buddhismus verloren geht. In unserer Lebenszeit brauchen wir dann nicht mehr damit rechnen, dass uns wieder ein Buddha den Dharma bringt. Dann brechen erst einmal sehr dunkle Zeiten an.


    Wie seht ihr das?