Beiträge von Raphy im Thema „Bin ich auf dem richtigen Weg?“

    sascha_108:


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    Einen Meilenstein, wie etwa ein Jana, vermisse ich bis heute. "Du übst jetzt schon ein ganzes Jahr lang. Hast du dich wirklich genug bemüht, das Jana nicht zu wollen, damit du das Jana erreichst? Meditierst du überhaupt genug?"


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    Hallo lieber sascha_108,


    ich kann dir leider nicht sagen ob du auf dem richtigen Weg bist. Die anderen haben ja schon ein paar Sachen angesprochen. Aber die Dinge die du hier ansprichst, kennen bestimmt viele Praktizierende, ich auch.
    Und jeder hat seine Art damit umzugehen. Zweifel und Schwierigkeiten sind normal, denke ich.


    Zu den Jhanas. Meistens will man ja Jhanas gerne haben, wenn man hört was da für tolle Empfindungen und Zustände damit verbunden sein sollen.
    Aber nach meiner Erfahrung fällt man in die Jhanas, wenn man loslässt. Deswegen wohl oft der Hinweis, dass man nicht versuchen soll Jhanas zu "erreichen". Sonst wäre es "ergreifen", wenn man versucht sie zu erreichen.


    Und wenn du schreibst: "Hast du dich wirklich genug bemüht, das Jana nicht zu wollen, damit du das Jana erreichst? " klingt das für mich nach ergreifen. Was ja auch normal ist. Die meisten Menschen, wie auch ich, sind seit langem darauf trainiert und konditioniert zu ergreifen, Glück im Außen zu finden, in den äußeren Erscheinungen und Phänomenen Glück zu finden. Das alles zu greifen, haben zu wollen, besitzen zu wollen, sich zu eigen zu machen, sich daran zu ergötzen.


    Nach deiner Aussage und meinem Empfinden willst du Jhanas immernoch genauso ergreifen, nur hast du jetzt von dem Trick gehört, dass man Jhana nicht wollen soll um es zu erreichen. Aber du willst es nur nicht, um es dann doch zu erreichen. Es ist nur ein Trick, der aber nicht funktioniert. Die Motivation ist immer noch Jhana haben zu wollen, versteckt sich aber hinter dem Trick. Es ist nicht unschuldig. Es ist Berechnung. Haben wollen.


    Wenn du Jhanas haben willst, kannst du aber ersteinmal nichts dagegen machen. Es ist ja auch genau der richtige Weg sich vom sinnlichen Begehren zu lösen, um ein höheres, feineres Glück zu erleben. Das ist meiner Meinung nach eine gute Richtung.


    Der Buddha hat das auch immer gelobt, den Überlieferungen im Palikanon nach.
    Aber du merkst ja selbst, dass man es nicht erzwingen kann.



    Es ist auch oft gut eine Lehrrede ganz zu lesen, weil dann manchmal noch verschiedene Aspekte zur Sprache kommen und die Lehrrede in ihrer Ganzheit wirken kann.


    Am besten man setzt sich einfach zur Meditation und schaut was passiert. Ohne Leistungsdruck und ohne unbedingt jetzt gleich, auf der Stelle etwas erreichen zu wollen.
    Einfach sitzen und den Übungsanweisungen folgen, wenn man welche hat. Aber ohne etwas erreichen zu wollen. Im Grunde sind Jhanas eher der Wegfall von etwas, als etwas zu bekommen oder zu erreichen.
    Im Theravada wird das als der Wegfall oder die zeitweise Hemmung der 5 Hindernisse bezeichnet: 1. Sinnenlust, sinnliches Begehren 2. Übelwollen, Ablehnung ( Hass) 3. Stumpfheit und Mattheit (auch: Starrheit, Trägheit) 4. Ruhelosigkeit und Aufgeregtheit (auch: Aufgewühltheit, Sorge, Gewissensunruhe) 5. skeptischer Zweifel.


    Diese 5 Hindernisse oder Hemmungen fallen zeitweise weg im Jhana oder sind wenigstens geschwächt, so sagt man.


    Und wenn man aufhört etwas erreichen zu wollen, etwas bekommen zu wollen, kann man nach Innen fallen. Und dann ist man glücklich. Weil das Glück schon immer da war. Aber Innen, nicht Außen. Wir schauen einfach oft nur in die falsche Richtung. Es ist schon alles da an Glück, Liebe und Frieden. Wird aber oft überdeckt, übersehen. In der Hektik des Alltags, durch erlernte Überzeugungen wie Leben auszusehen hat, Überzeugungen wie man sich zu verhalten hat, Überzeugungen welche Ziele man im Leben zu haben hat, Überzeugungen wo Glück zu finden ist.


    Deswegen ist es auch ein großes Glück und Geschenk in einer Gesellschaft oder Umständen leben zu können, wo man die Ruhe und Muße hat, sich mit innerem Glück oder sogar vollkommener Befreiung von allem Leid beschäftigen zu können und die Möglichkeit hat es auch zu leben im Alltag.


    Das ist alles aber nur meine Erfahrung und Meinung. Ich kann mich auch irren. Es soll eher eine Anregung sein.


    Letztendlich muß jeder mit sich leben und zurecht kommen mit dem was er denkt, sagt und tut. Man kann die Verantwortung nicht an andere abgeben. Aber wenn man hilfreiche Lehrer trifft oder liest, super.


    Zum Thema Jhana hat Ayyah Khema viel gesagt, was ich ähnlich erlebe:


    http://www.buddha-haus-shop.de…diovortraege-Deutsch.html


    Wenn du bei dem Link runterscrollst findest du unter der Überschrift: "Ayya Khema - Kolpinghaus 1995 - Die Vertiefungen" eine Vortrag in 3 Teilen. Wo sie gerade für Anfänger gut erklärt, wie ich finde, wie man Zugang zu den Jhanas bekommen kann.
    Mir half zum Beispiel "liebende Güte Meditation" als Zugang zu den Jhanas. Vorher hatte ich das durch Konzentration, Visualisationen und Achtsamkeit auf den Atem gemacht, was auch funktionierte, war mir aber irgendwann zu hart und starr. Also ich kam mir zu hart und zu starr vor irgendwann. Und jetzt funktioniert auch wieder der Atem ganz gut für mich.
    Ich meditiere zur Zeit allerdings eher selten.


    Daran sieht man auch, dass Meditation und Praxis nicht etwas Starres ist, sie entwickeln sich. Es ist wie wenn man einen Beruf oder eine Kunst erlernt. Für den Anfang gibt es Hinweise und Ratschläge die sich bewährt haben. Aber die Theorie ist nicht alles, sie ist nur der Anfang und ergänzend. Sie muß lebendig ins Leben gebracht werden, mit Leben erfüllt werden. Es muß funktionieren und nicht nur eine schöne Theorie bleiben. Und man ist normalerweise nicht von Anfang an perfekt darin, man lernt. Und das kann dauern. Deswegen ist wohl Geduld auch eine spirituelle Tugend.


    Der edle achtfache Pfad nach Buddha ist meiner Ansicht nach etwas sehr Tiefes. Nichts was man an einem Wochende meistert. Es gehört Übung dazu. Immer wieder. Rückschläge gehören genauso dazu. Deswegen sind auch qualifizierte, am besten verwirklichte Lehrer wichtig. So wie man auch im Beruf oder erlernen einer Kunst möglichst gerne von den besten Meistern lernt. Manchmal ist aber auch nur das Leben der Meister, was ja super wäre.


    Und zur Übung kann auch gehören, jeden Gedanken an eine Übung oder etwas zu erreichen, loszulassen. Aber das entscheidet der Einzelfall, jeder Mensch ist anders und einzigartig. Was für den einen jetzt gut ist, kann für einen anderen jetzt eher nicht hilfreich sein. Und was mir jetzt hilft, muß mir morgen nicht unbedingt weiter helfen. Praxis ist eine Kunst. Man sollte sich weder überfordern, noch unterfordern.
    Ich denke aber jeder der es will, sich in diese Richtung hingezogen fühlt, kann es schaffen.


    Ein gutes Beispiel, was jetzt nichts direkt mit der überlieferten Buddhalehre zu tun hat, ist Beppo Strassenkehrer aus Momo:



    Kann ich nur unterstreichen, genauso ist es.


    Allgemein kann ich noch das Buch: Anapanasati - Die sanfte Heilung der spirituellen Krankheit, von Ajahn Buddhadasa empfehlen, falls du es noch nicht kennst sascha_108:


    http://www.dhamma-dana.de/buec…a_bhikkhu-anapanasati.pdf


    Gibt aber sicher noch andere gute Literatur. Das Leben wird dich schon da hinführen, wo du gut lernen kannst. Mir hat auch geholfen mich mit anderen Lehren als der Buddhistischen zu beschäftigen und andere Dinge auszuprobieren.
    Muß man aber nicht. Aber eine allgemeine Offenheit ist sicher hilfreich.


    Am besten ist es, wenn man einen Lehrer oder eine Gruppe von Praktizierenden treffen kann, zu denen man Vertrauen hat und mit denen man umgehen kann. Ist aber nicht immer möglich. Dann kann oder muß man den Weg auch so gehen.


    Alles Gute lieber sascha_108. :)


    Und alles nur meine persönliche, unvollkommene Meinung. Nur weil es für mich gerade passt, muß es nicht bei dir auch so sein. Ich tanze und singe zum Beispiel auch gerne mal. Oder tue verrückte Dinge. Das tut mir gut.


    Liebe Grüße