Beiträge von Sôhei im Thema „Drei Daseinsmerkmale - Weltlich / Spirituell“

    Ji'un Ken:
    Sôhei:

    ...Ich lasse mich aber überzeugen...

    :lol:


    Warum sollte dich irgend jemand überzeugen wollen? So lange du mit deiner Meinung zurecht kommst und dich kein wirklich tiefsitzender Zweifel plagt, ist doch alles ok für dich.
    Ich freue mich immer wieder, wenn ich Menschen treffe, die keine grösseren Probleme haben. :D


    Hallo Ji´un Ken


    Ich habe ja nicht geschrieben, dass mich jemand überzeugen soll. Sondern, dass ich meine Ansichten auch bereit bin in Frage zu stellen, mich nicht auf meinem Standpunkt festbeiße, nicht auf Biegen und Brechen Recht haben will, bereit bin meine Meinung zu ändern etc. (Hoffentlich :-)) Ich finde das Thema durchaus interessant, und es hat auch genug persönlichen Bezug. Darum teile ich meine Sichtweise, und versuche auch die der anderen zu verstehen. Aber auch zu hinterfragen, so wie meine eigene auch.
    Keine größeren Probleme - hmm, kommt drauf an was du darunter verstehst. Aber ja, war schon mal schlimmer.

    Aiko:

    Der Glaube an ein Selbst wird dann erfahrbar, wenn es um Verlust geht, von den Dingen, die dir wichtig sind. Und das erfährt man auch oft erst, wenn sie verloren sind.


    Auch hier lese ich das so: "Ich, Aiko, habe besonders in Verlustsitutationen erlebt, wie ich unbewusst doch noch an ein Selbst geglaubt habe. Manchmal auch erst sehr spät."


    Bitte korrigiere mich ggfs.

    Davon abgesehen: Das Verlinken von Büchern, Artikeln etc. impliziert für mich irgendwie immer: "Du hast es noch nicht richtig verstanden." Und das wiederum impliziert, als ob allgemeiner Konsens darüber bestehen würde, wie es sich tatsächlich verhält. Und das ist eben nicht der Fall.


    Deine Antwort verstehen ich daher so: "Ich, Aiko, sehe den Persönlichkeitsglauben als Hauptursache für dukkha. Zu dieser Ansicht hat das verlinkte Buch (damals) nicht unerheblich beigetragen. Ich bin der Ansicht, dass der Persönlichkeitsglaube die Ursache vieler oder aller weiteren Leiden ist und daher zuerst hinterfragt werden sollte. Dadurch wurde mir auch die Wahrheit vom Leiden verständlicher."

    Aiko:

    Mir hat diese Schrift mal ganz gut geholfen, das schwer zu verstehende ein wenig zu verstehen.
    http://www.dhamma-dana.de/buec…sentliche%20Bedeutung.pdf


    Die drei Daseinsmerkmale gelten für die Menschen, die ein Selbst sind - und damit für fast alle Menschen. Nur diese Selbstsicht ist die Ursache des Leidens, da nur aus dieser falschen Ansicht heraus alle anderen falschen Ansichten folgen. Und deshalb ist es zunächst ganz wesentlich den Persönlichkeitsglauben aufzugeben. Erst dann sieht man diese Wahrheit vom Leiden.


    Hallo Aiko,


    danke für den Link. Das Buch kenne ich noch nicht, werde ich mir gerne mal anschauen. Aber natürlich ist es nicht so, dass ich nicht schon das eine oder andere zu dem Thema gelesen hätte.


    Auch der Glaube an ein (beständiges) Selbst ist aber bei den Menschen unterschiedlich ausgeprägt. Ich kenne jetzt durchaus Menschen, die gar nix mit Buddhismus am Hut haben, und trotzdem einen (meiner Ansicht nach) extrem geringen, wenn überhaupt vorhandenen Glauben an ein Selbst haben. Ergo auch weniger Leiden. Aber bei denen ist das denke ich mal auf die Erziehung und sonstige Erfahrungen (einschließlich Studium) zurückzuführen, welche dazu beigetragen haben, sich selbst eben nicht so wichtig zu nehmen.

    blue_apricot:

    Von Stoizismus steht nix in der Lehre. Aber von Ergründen und Durchdringen, von Wachsamkeit und Präsenz ist häufig die Rede. Dukkha meint für mich vorrangig beständige Unzufriedenheit. Existenzielle Furcht. Das Gefühl eines grundlegenden Mangels. Suche. Ob man es nun ( jetzt ) so wahrnimmt oder nicht kann man Dukha nicht `rational` - auch nicht mit `geschickten Mitteln ` wegwischen.


    Danke für deine Meinung. Gibt es auch eine Begründung dafür?
    Wie gesagt: ich denke keiner würde behaupten, dass das Leben nur Spass macht. Und manche leiden mehr, manche weniger; manche trifft es härter, manche weniger hart. Aber dukkha zu einem der drei wesentlichsten Daseinsmerkmale, und damit für alle Menschen zu erklären, ist ein gewichtiger Schritt. Und den sehe ich nicht wirklich begründet, und auch nicht begründbar.
    Der Verweis auf vermeintlich fehlende Einsicht oder Autorität des Buddha hilft da auch nicht weiter. Wenn du es glaubst, ist ja okay. Ich glaube es nicht.
    Ich lasse mich aber überzeugen (zumindest habe ich in der Vergangenheit meine Ansichten bezüglich mancher Fragestellungen aufgrund von Gesprächen und Reflexion schon mal revidiert; prinzipiell sollte es also möglich sein).
    Aber für mich lautet die Frage: "Ist dukkha ein universelles Daseinsmerkmal (und wie wird das begründet)?" Eine abschließende Antwort habe ich hierauf für mich nicht, neige aber aufgrund meiner Überlegungen (und deren Austausch mit anderen) zu der Vermutung: "Nein."
    Ich habe den Eindruck, für viele hier ist die Ausgangsbasis statt dessen: "Dukkha ist ein universelles Daseinsmerkmal. Wie kann ich diese Annahme bestätigen?" (Und zwar nur bestätigen, weil von der Richtigkeit bereits ausgegangen wird).

    Bestimmt wird das ein Buddhist anders sehen, und mit Zitaten aus dem Pali-Kanon untermauern.


    Ohne den Glauben an ein universelles und ein Einzel-Leben-übergreifendes dukkha besteht ja sonst gar keine Erlösungsnotwendigkeit. Dann könnte man ja einfach mit stoischem Gleichmut "ändern was man ändern kann, und akzeptieren was man nicht ändern kann", und gut ist :)

    Hallo Ji´un Ken


    Die beiden Aufsätze kenne ich, danke.
    Dass das anders gesehen werden kann ist ja klar. Das macht aber das eine oder andere noch nicht richtiger.


    Nach wie vor behaupte ich: Ein Werturteil (Unvollkommenheit, Leid-erzeugend) ist nicht aus einem Sachverhalt abzuleiten. Anderes Beispiel: Aus der Tatsache, dass Menschen hungern, kann ich nicht folgern, dass das ungerecht ist. Dazu bedarf es einer zugrundeliegenden normativen Sichtweise, die man bestenfalls begründen, nicht aber zwingend daraus ableiten kann.


    Und auch die Universalität von dukkha, wie sie in den Aufsätzen diskutiert wird, ist eben für mich eben eine unzulässige Verallgemeinerung.


    Hallo Florian,
    nein, nicht verschrieben :)


    Was ich damit sagen will:
    Vergänglichkeit ist eine wertfreie, empirische Beobachtung. Wir können beobachten wie Blumen verwelken, Leichname zerfallen etc. (Bei anderen Dingen wird es schon schwieriger, weil die Veränderungen sich über lange Zeiträume erstrecken, und nur winzig sind.) Und wir können natürlich auch im geistigen Bereich beobachten, wie sich z.B. unsere Einstellung gegenüber Personen, Verhaltensweisen und Lehren ändert.
    Dukkha als Unvollkommenheit (und Leid-erzeugend) ist dagegen ein Werturteil. Und ein Werturteil kann eben nicht aus einer wertfreien Beschreibung hergeleitet werden. Ich muss die Tatsache, dass Menschen geboren werden, altern und sterben aber nicht als Mangel empfinden, sondern kann das auch einfach als natürliches Geschehen akzeptieren. Als Mangel empfinde ich es doch nur dann, wenn ich den bewussten oder unbewussten Wunsch nach Unvergänglichkeit in mir trage.


    Die Empfindung von Geschehnissen ist eben unterschiedlich; abhängig von Sozialisation, Selbsterziehung etc. Es ist aber meines Wissens nach nicht möglich, Werte und Empfindungen einheitlich, universell und logisch aus Geschehnissen abzuleiten.

    Ich finde die drei Daseinsmerkmale in letzter Zeit alles andere als universell:


    - Vergänglichkeit: Ist empirisch zwar vielerorts beobachtbar, aber teilweise eben auch nicht. Im Bereich der fünf Sinne/kamaloka scheint Veränderung/Bewegung aber zumindest ein Grundprinzip. Aber ob das Universum vergeht und ein neues entsteht, ist mir durch Beobachtung nicht zugänglich, und soweit ich weiß sind sich die Physiker da auch nicht einig. Mathematische Gesetzmäßigkeiten, wie z.B. der Satz des Pythagoras, sind aber eigentlich keiner Veränderung unterworfen.


    - Leiden bwz. dukkha. Ich postuliere, jeder wird der Aussage zustimmen, "dass das Leben unvermeidlich auch leidvolle bzw. schmerzhafte Erfahrungen mit sich bringt". Aber ob und inwieweit tatsächlich alles Gestalten bzw. Gestaltete (sankhara) leidhaft oder zu Leiden führend ist, ist m.M.n. diskussionswürdig. Und Leid als Folge von dukkha ist ein nicht zulässiger Schluss.


    - Nicht-Substanz oder Substanz, bzw. was das eigentlich sein soll. Noch schwieriger; ungeklärter Streitpunkt bei Buddhisten, hinduistischen Denkern und abendländischen Philosophen seit 2500 Jahren.