Beiträge von Mirco im Thema „Gedanken achtsam beobachten“

    mindfullness:


    Ich hatte eine andere Unterscheidung erklärt bekommen. Kann Samatha auch zu Einsicht führen?
    Ist vipassana mit fortschreitender Praxis automatisch Ergebnis von Samatha?


    Ja. Beide sind Früchte des Pfades.


    Hier mag ich mit einem Zitat von Ajahn Chah antworten.



    Schöne Grüße

    mindfullness:

    Ich hatte diese klare Unterscheidung ja auch schon aufgegriffen.
    Danke, aber nein, das alles ist mir bestens bekannt und nichts Neues.


    Mir scheint, Du hast nicht recht hingeschaut.
    Wenn Du Lust hast, schau Dir doch bitte noch mal die Unterschiede an:


    Du schreibst:

    mindfullness:

    Samatha habe ich stets als reine Konzentrationspraxis verstanden. Ausschließlich den Atmen beobachten und bei jedweder Ablenkung wird die Konzentration sofort wieder auf den Atem gelenkt. Dies schärft die Konzentration, die für Achtsamkeit wichtig ist, aber es ist keine Achtsamkeit und führt nicht zu Einsicht.

    Ich zitierte:

    Zitat

    Samatha-Sammlung impliziert dagegen einen ruhigen und heiteren Geist,
    der aber sehr achtsam auf jede Geistesregung von Augenblick zu Augenblick ist.


    Weiter stelltest Du fest:

    mindfullness:

    Vipassana dagegen verstand ich als Achtsamkeitspraxis, bei der ich persönlich ebenfalls den Atem als Meditationsobjekt nutze. Jedoch kann zeitweise etwas anderes zum Objekt werden, wenn dieses "auftaucht". Die Betonung liegt hier auf zeitweise, da der Atem primäres Medi-Objekt bleibt. Spüre ich z.B. ein Jucken/Geräusche/Gedanken, so nehme ich diese solange achtsam wahr, bis ich irgendwann automatisch zum Atem zurück komme.

    Ich zitierte:

    Zitat

    Einsicht (vipassana): Erlangen eines immer tieferen Verstandnisses des unpersönlichen Vorgangs, wie Körper und Geist enstehen durch echtes Erkennen und Verstehen der Verbindung zwischen den vier Edlen Wahrheiten und dem andauernden Prozess des Bedingten Entstehens in jedem Jhana.

    mindfullness:

    Vielen lieben Dank für eure Antworten und eure Hilfe!


    Wenn ich die meisten Antworten hier lese, so scheinen die meisten von euch eher Samatha als Vipassana zu praktizieren, wobei beide Begriffe oft anders interpretiert werden und somit auch schnell Verwirrungen entstehen können. Samatha habe ich stets als reine Konzentrationspraxis verstanden. Ausschließlich den Atmen beobachten und bei jedweder Ablenkung wird die Konzentration sofort wieder auf den Atem gelenkt. Dies schärft die Konzentration, die für Achtsamkeit wichtig ist, aber es ist keine Achtsamkeit und führt nicht zu Einsicht. Vipassana dagegen verstand ich als Achtsamkeitspraxis, bei der ich persönlich ebenfalls den Atem als Meditationsobjekt nutze. Jedoch kann zeitweise etwas anderes zum Objekt werden, wenn dieses "auftaucht". Die Betonung liegt hier auf zeitweise, da der Atem primäres Medi-Objekt bleibt. Spüre ich z.B. ein Jucken, so nehme ich diese solange achtsam wahr, bis ich irgendwann automatisch zum Atem zurück komme. Das selbe gilt für Geräusche, aber auch Gedanken. Und Gedanken kann ich tatsächlich im Anfangsstadium achtsam wahrnehmen, ohne mich mit ihnen zu identifizieren!


    Allerdings wird von vielen Lehrern Vipassana als eigenständige Methode verstanden, die den Körper und seine Gefühle "von Kopf bis Fuße scannt". Die Unterscheidung ist wie gesagt nicht so klar, sodass ich mich vielleicht aufgrund der Dualität Samatha/Vipassana schwer tue?


    Da ist es wieder, das samatha-vipassana-Thema. Da wurden hier in diversen Threads hier schon sehr ausführlich dazu die Meinungen geäußert.


    Vielleicht sind ja diese kurzen Erläuterungen hilfreich:

    Zitat

    Heitere Gemütsruhe (samatha): Samatha bedeutet Ruhe, heitere Gemütsruhe, Frieden oder Gelassenheit. Oft wird darunter aber eine starke einspitzige Konzentration, Absorptions- oder ekstatische Konzentration verstanden. Die Wörter Ruhe und heitere Gemütsruhe implizieren ohne Frage eine andere Art von Sammlung als Absorption oder ekstatische Konzentration. Das Ziel von Absorption oder von ekstatischer Konzentration ist es, den Geist unter Ausschluss alles anderen auf nur einen Gegenstand zu fixieren, als wenn er festgeklebt wäre. Samatha-Sammlung impliziert dagegen einen ruhigen und heiteren Geist, der aber sehr achtsam bei jede Geistesregung von Augenblick zu Augenblick ist. Natürlich führt samatha-vipassana zur vollständigen Befreiung des Geistes, indem man erkennt, wie die vier Edlen Wahrheiten und Bedingtes Entstehen zusammenwirken. Der Bodhisatta hat aus eigener Erfahrung herausgefunden, dass samatha-vipassana direkt zu Nibbana führen, Absorption oder ekstatische Konzentration jedoch nicht.


    Einsicht (vipassana): Oberflächlich bedeutet dieses Wort: Die Dinge so sehen, wie sie wirklich sind. Dem Buddha zufolge geht die Bedeutung aber wesentlich tiefer. Einsicht in was oder Verständnis wovon? Erkennen der unpersönlichen Natur der Dinge und tiefes Verständnis der vier Edlen Wahrheiten und wie sich Bedingtes Entstehen in allem äußert, was im eigenen Geist und Körper entsteht und vergeht (anicca). Mit anderen Worten erlangt man durch echtes Erkennen und Verstehen der Verbindung zwischen den vier Edlen Wahrheiten und dem andauernden Prozess des Bedingten Entstehens in jeder Meditationsstufe (jhana) ein immer tieferes Verständnis des unpersönlichen Prozesses, wie Geist und Körper zustande kommen. Wenn man diese Prozesse überall in der gesamten Existenz deutlich erkennen kann, erfährt man ein unerschütterliches Wissen, dass man auf dem richtigen Weg ist. Der Geist sieht klar, dass alles, was entsteht und vergeht (anicca), Teil eines unpersönlichen Prozesses (anatta) ist. Diese Einsichten können jederzeit auftreten, sei es während der Sitzmeditation oder während der täglichen Aktivitäten. Ihr Erlebnis ist sehr tiefgreifend. Einsichten sind wie das Finden eines Puzzleteils und wahre Aha-Erlebnisse.

    Hallo mindfulness,

    mindfullness:

    Das klingt absolut einleuchtend. Du meinst also, um sicher zu gehen, dass ich Gedanken gar nicht erst aufkommen lassen sollte, sondern diese bei der Entstehung bereits achtsam wahrnehme, sodass es gar kein konkreter Gedanke wird?
    Wenn es ein konkreter Gedanke geworden ist, ist es quasi schon "zu spät" für Achtsamkeit und mit Hilfe von Labeln/Etikettieren kann ich als Hilfsmittel zur Achtsamkeit wieder zurückkehren?


    Es geht m.M.n. nicht darum, geistige Aktivitäten zu verhindern, sondern sie zu beobachten. Der Versuch, mit dem noch halbwegs untrainierten Geist einen Gedanken nicht entstehen lassen zu wollen, endet vermutlich im unterdrücken. Darum geht es nicht. Ebenso ist es nie 'zu spät', wenn man den konkreter Gedanke erst bemerkt, nachdem er geworden ist. Die geistige Aufmerksamkeit war bloß woanders und hat es deshalb nicht bemerkt. Es kann garnicht zu spät sein, weil es ein Lernvorgang ist. Wenn man sich beim Denken 'erwischt', ohne bemerkt zu haben, wie es den Anfang genommen hat, dann ist das halt so. Schlecht wäre es, es zu bemerken und dann weiter zu denken (weiter anzuhaften). Der Inhalt des Denkens ist dabei von keinerlei Wichtigkeit. Warum? Weil es nicht um den Inhalt geht, sondern darum, wie der Geist funktioniert. Wie bewegt sich die geistige Aufmerksamkeit? So bleibt also nix anderes übrig, als den Gedanken mitten im Satz, im Bild, in der Vorstellung zu beenden, sich zu entspannen und zum Mediobjekt zurück zu kehren. Labeln ist da schon zu viel des Guten.



    mindfullness:

    Wie oben geschrieben, ist mir der Unterschied zwischen Samatha und Vipassana noch nicht hinreichend klar. Vipassana bedeutet ja grob gesagt, Achtsamkeit anstatt Konzentration zu üben. Und Achtsamkeit heißt nicht Gedanken beobachten, sondern deren Entstehung, welchen ich nicht anhafte und somit vorbei ziehen lasse. Kann man das so schreiben?


    Meiner bescheidenen Meinung nach sind Samatha und Vipassana keine 'Übungen', sondern Früchte des Achtfachen Pfades. Sie können sich entfalten, wenn die Bedingungen dafür gegeben sind.


    Schöne Grüße

    Hallo,


    mindfullness:

    Man soll sich ja nicht in den Gedanken verfangen, sondern diese achtsam ohne Eingreifen beobachten, bis sie von alleine vorbei ziehen. Machmal gelingt es mir auch, Gedanken achtsam zu beobachten, aber sehr oft ist das das gleiche Muster: Ich bemerke erst, dass dort ein Gedanke ist, wenn ich mich bereits völlig in ihm verfangen habe. Sobald ich dies bemerke, ist der Gedanke schlagartig abgebrochen, quasi wie eine Seifenblase, die platzt und ich bin wieder beim Atem. Mir gelingt es nur, den Gedanken zu labeln, aber dann war es das auch schon. Es ist also quasi ein "oh, ich bin ja völlig in Gedanken und nicht mehr beim Atem. Ich war am Planen für morgen" und das war es dann auch und ich bin wieder beim Atem.


    Ich frage mich vor allem auch, wie man Gedanken beim langsamen Auflösen beobachten kann, ohne dass der Gedankenprozess unterbrochen wird, sobald man es bemerkt.


    Beides geht nicht. Man kann sich nicht beim Denken beobachten.
    Man kann entweder denken oder aus dem Denken ausgestiegen sein.
    Denken ist Anhaften, ist schon sich damit identifiziert haben.
    Beobachten aber ist mit Anhaften aufgehört haben / losgelassen haben.


    Zitat

    Nun frage ich mich nicht nur, wie es gelingen kann, Gedanken achtsam wahrzunehmen, bevor man sich in ihnen verfängt.


    Mehr Geduld. Irgendwann wird man dann dem gewahr, was dem Gedanken vorausgeht, seiner Ursache also und kann dann diese schon Loslassen und es kommt garnicht erst zum Gedanken.


    Viele Grüße