Namaste!
Hallo Jinen,
Jinen:So gesehen ist da ja weniger die frage, war der oder der erleuchtet wichtig. Und wir können uns trefflich über das drum herum streiten. Aber dadurch verpassen wir vielleicht das, was wir sonst auch so leicht übersehen. Das Nur.
Ja, diese "auslesende Konsequenz", das absolute Vertrauen in eine einzige Praxis, [Shikantasa, Nenbutsu, Daimoku, jeweils bei Dôgen Zenji, Shinran Shonin und Nichiren Shonin] findet man so bestimmt und kompromisslos nur bei wenig anderen Meistern.
Die drei genannten "Traditions-Gründer" hatten zwar alle die Tendai Shû als "Mutter" [wird so ja auch in der "Ahnengalerie" auf dem Hiei-san "verkauft"], allerdings hatten sie auch alle eine andere Begründungen vorgelegt, weshalb man eben nur eine einzige Praxis - nämlich ihre - ausüben sollte.
Dôgen Zenji berief sich da auf seine nicht zielführende Praxis als Tendai-Mönch und später als suchender Zen-Schüler, der dann einzig bei Tiantong Rujing den "Wahren Dharma" fand und auch übermittelt bekam. Für ihn gab es damit - aus seiner Erfahrung heraus - keinen anderen Weg.
Shinran Shonin führte die Erfahrung seiner eigenen Unzulänglichkeiten [die wir wohl heute nicht mal als solche erkennen würden, bzw. als gar nicht so gewichtig ansehen würden] zu Hônen Shonin, dessen Lehre er dann noch radikaler interpretierte. Da er sich selbst bereits als Bompu ansah, uns sich seine Schüler im Vergleich mit ihm wohl ebenfalls so sahen, war die logische Konsequenz, sich ganz Amida Buddha hinzugeben.
Nichiren Shonin sah demgegenüber in dem Umstand, dass sich die Tendai-Mönche immer mehr von den ursprünglichen Tendai-Lehren Saichô's und Chigi's abwandten, und stattdessen Schriften und Praktiken des Zen, Jôdo oder Shingon anwandten, einen Verfall der "Wahren Lehre" seiner Patriarchen.
Aus meiner Sicht spielt bei ihm - im Gegensatz zu Dôgen und Shinran - eher der Wille zur Bewahrung einer Tradition, hier dem Lotos-Sutra-Aspekt der Tendai Shû, die Hauptrolle bei seiner "Selektion" des Daimoku, und [zumindest zu Beginn] nicht so sehr seine persönlichen Erfahrungen. Denn zu Anfang versucht er noch, Nenbutsu, Mikkyô und Zen anhand der Schriften (insbesondere dem Lotos Sutra) zurückzuweisen, auch indem er anderen Mönchen vorwirft, sie würden das Lotos-Sutra geringschätzen. Der Erfahrungsaspekt kommt dann erst später hinzu.
Aber wie dem auch sei;
sie vertreten jedenfalls alle die Auffassung, dass man "einen Weg für die Besteigung des Berges auswählen soll, und diesen dann zu Ende gehen muss".
Anders also als in der traditionellen Tendai Shû, wo bereits Saichô sowohl Aspekte der traditionellen Tiantai-zong, der Mahayana-Ordination, Zen, und Shingon [Mikkyô] vereinte, und später dann Ennin noch das Nenbutsu hinzufügte.
Auch Eisai Zenji und die Rinzai-Mönche der nächsten Generationen hielten teilweise vor allem noch an Mikkyô-Aspekten fest, während andere Rinzai-Mönche, zum Beispiel Mujû Ichien Dôkyô, auch noch das Nenbutsu schätzten.
Selbst Hônen Shonin ließ ja neben dem Nenbutsu weitere Praktiken als unterstützende Übungen zu, obwohl er natürlich riet, sich hauptsächlich auf das fortwährende Nenbutsu zu konzentrieren.
Das erinnert dann irgenwie an den Vorwurf der indischen Mahasiddhas an die tibetischen Buddhisten, der ja in etwa lautete:
"Ihr Tibeter praktiziert zahlreichen Übungen parallel oder gleichzeitig und meistert doch keine einzige davon.
Wir Inder beschränken uns auf wenige Praktiken oder gar nur eine einzige, meistern diese, und meistern dadurch auch alle übrigen."
Da mag etwas sehr Wahres dran sein.
Allerdings verkennen diese "selektiven Traditionen", dass es auch Menschen geben kann, denen gerade diese einseitigen Sichtweisen nicht liegen.
Jinen:Ich hab mal nen Vortrag von nem koreanischen Zen-Mönch amerikanischer Abstammung über das Diamantsutra gesehen. Das was hängengeblieben ist und für mich so eindrücklich war, war seine Betonung auf "Not special", nichts besonderes.
Dieses "nichts besonderes" erinnert mich irgendwie an Shunryû Suzuki's Worte in "Der Tigerbericht", oder auch Linji's Worte aus "Shulazi: Morgengespräche im Kloster des Abtes Linji":
"Das alltägliche Leben selbst ist der WEG. Bist du hungrig - so iss; bist du müde, so leg dich nieder!"
[Diese Worte werden auch oft den Zen-Meistern Jôshu oder Nansen in den Mund gelegt.]
Ich hab mir übrigens "Nichiren Daishonin and the Great Mongol Invasion" bei Youtube angesehen.
Ist, wenn auch recht vereinfacht dargestellt, ganz interessant. Die englischen Untertitel waren eigentlich einfach gedanklich zu übersetzen, auch wenn gerade die belassenen japanischen Begriffe anders geschrieben wurden, als man es mittlerweile gewohnt ist.
Wer Zeit hat, kann sich den Film ja mal ansehen.
Einen schönen Sonntag!
< gasshô >
Benkei
Namu-Myôhô-Renge-Kyô