Beiträge von void im Thema „Warum gibt es Mahayana ?“

    nibbuti:

    der Buddha, Lehrer aller Buddhisten, hat nach Befreiung für sich selbst gestrebt


    Das scheint mir mit der Anatta Lehre unvereinbar. Verlöschen des Ego scheint mir schon selber sehr mit Mitgefühl verbunden zu haben. Willst du wirklich betonen, dass Theravada ein engstirniges Fahrzeug ist?


    void:

    die Grossartigkeit der Bodhisatavva-Motivation

    https://en.wikipedia.org/wiki/Superman_complexe[/quote]


    Ich finde die Motivation, das man Befreiung nicht für sich - also letzendlich aus seinem Ego heraus - erlangt, sehr wichtig.
    Dazu ist das Bodhsattva-Ideal sicher geeignet.


    Wenn es dazu führt, das man sich als Superman und Heiland fühlt, ist das sicher falsch und fällt eher unter "Risiken und Nebenwirkungen" bei Fehlanwendung.

    mkha':

    Die Begriffe "Hinayana", tib. theg-dman, kleines Fahrzeug, und „Mahayana“ , tib. theg-chen, großes Fahrzeug, tauchen ungefähr im ersten Jahrhundert (n.Chr.) auf; … und , nein, Void, die Tibeter sagen nicht „einfach Theravada“, denn der Theravada ist lediglich eine, genauer die letzte überlebende der Schulen, die (zum Zwecke der Unterscheidung: Hina Yana kleines Fahrzeug => weil nur einer darin sitzt, der Befreiung erreichen möchte, und Maha Yana, => ein mit vielen Menschen gefülltes Bodhisattva-Fahrzeug) im Mahayana unter dem Begriff Hinayana zusammen gefasst wurden. Also, einfach nur Theravada zu sagen, würde der Vielfalt des Hinayana gar nicht gerecht.


    Ich denke, dass der Begriff Hinayana in Mahayana-Belehrungen meist nicht verwendet wird, um über konkrete andere Schulen zu reden. Sondern dass da die Grossartigkeit der Bodhisatavva-Motivation didaktisch dadurch veranschaulicht wird, dass sie mit der kleinmütigen Hinayana- Motivation derer, die nach Befreiung für sich selber streben kontrastiert wird.


    Ein wenig so, wie in der Bibel die Pharisäser als kleinkarrierte Buchstabenfüchse und Erbenszähler rüberkommen. Wenige wissen, das Jesus natürlich selbst Pharisäer (Rabbi) war und selbst der Spruch "„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" von dem pharisäische Rabbi Hillel stammt. Aber die frühen Christen haben sich ja deswegen so negativ über die Pharisäer geäußert, weil sie ihnen so nahe waren, dass das Bedürfnis nach Abgrenzung so gross war.


    Damit man das diaktische Bild des "kleinen/egoistische Erlösungsgeistes" nicht mit den konkreten Nicht-Mahyana-Gläubigen assoziiert wird, haben manche angefangen, den Begriff "Hinayana" nicht mehr auf die heutigen Thervadins anzuwenden. Während andere Thervadins wirklich als "spirituelle Egoisten" auf dem minderen Weg sehen.

    blue_aprico:
    bel:

    Ich habe wirklich keine Ahnung, woran die Tibeter immer festmachen, dass sie Thervada studieren - es kann sich doch hier nur um Hinayana handeln.


    Sie sagen glaub ich “Sutrayana” dazu.


    Ich denke bei den Tibetern ist "Sutra" einfach das, was nicht "Tantra". Also z.B Vinaya, was aber natürlich eine Mahayana Vinaya ist.


    Der Begriff "Hinayana" wird ja oftmals als politisch nicht korrekt gesehen, weil er mit der Assozation "minderes Fahrzeug" eine Abwertung transportiert.


    Deswegen sagt man da einfach "Theravada", was zar historisch auch nicht passt, aber wenigstens nichts abwertendes hat.

    Doris Rasevic-Benz:

    [Hat sich denn der Spalt aufgetan, weil die eine Gruppe entschloss nun eine Gruppe zu bilden und die andere Gruppe ebenfalls?


    Schon zu Buddhas Zeiten, hgab es ja diejenigen die strenge, asketischere Regeln forderten und die die das nicht taten. Und ähnliche Auslegungsprobleme zum Vinya führten dann doch zum ersten Schisma zwischen Sthaviravadin und Mahasanghika . Später wurde zwar alles noch komplizierter und es gab noch mehr Schulen, aber hat sich nicht damals schon Grundpolaritäten wie mönchzentriert/laienzentriert oder auch das Ziel der Arhatschaft und des Bodhisattvaideals rausgebildet?


    Doris Rasevic-Benz:

    Mir scheinen diese historisch-räumlichen Trennungen viel zu komplex, um da eine Erklärung zu finden. Wenn schon, dann ein sehr großer Cluster an Ursachen.


    Ich schätze das ist wirklich ziemlich kompliziert. Könnte es beispielsweise so sei, dass in hinduistischen Ländern Mahyana vom hinduistischen Gegenreformation, die ja buddhitische Inhalte einbezog, geschluckt wurde und sich der Mahyana deswegen vor allem in nicht hinduistuschen Kulturkreisen erhalten hat? Während Thervada so weit vom Hindudismus weg war, dass es auch mit ihm koexistieren kann?


    Aber muss man allen Verzweiungen folgen oder kann man da nicht auch strukturell herangehen? Auch im Islam ist ja der Begriff der "Neuerung" (Bidʿa) ein total heisses Eisen gewesen. Und auch da gab es die, die an den Lehren der Alten buchstäblich festhielten und die, die da offen für neue Auslegungen waren.


    Doris Rasevic-Benz:

    Wo es um den Geist geht, muss man nach dem Geist gehen.


    Klar, kann man das so sehen. Ich verstehe aber auch, das Jemand sagt er hält sich lieber an Worte, die von jemand kommen der ne Ahnung hat, als an den eigenen verblendeten Geist.


    Zitat

    IWas im Mahayana wohl üblich ist, ist das Wissen darum, dass die Erfahrungen immer wieder neu erzählt werden müssen, damit sie frisch bleiben. Darum versteht Hans Meier einen modernen Text auch besser als einen Text aus dem 18. Jahrhundert. Nicht nur wegen der sprachlichen Veränderungen, sondern vor allem wegen der Bedeutungsverschiebungen, wegen des Kontextes, der Anspielungen, der Bilder- und Moralwelten.


    Auch im Thevada gibt es ja eine riesige Kommentarliteratur und Lehrer, die das alles in der Sprache von heute darlegen. Mahayana ist aber nciht einfach nur ein Update, das was in einen neuen historische Kontext stellt.


    Oftmals wird da eine vollommen neue Perspektive eingenommen. Anstatt die Welt voruazusetzen und sich zu Fragen, wie man die Skandhas zum Verlöschen bringt, denkt man von der anderen Seite. Von Anatta und Befreiung aus. Und kommt zum Shunyata-Konzept. Das ist nicht einfach nur ein Update sondern bringt ein ganz neue Dimension rein.


    Zitat

    IWas für mich logisch ist, da Buddha selbst sagte, dass jeder Buddhaschaft erreichen könne und er kein Alleinstellungsmerkmal wie ein Gott innehabe. "Buddha" scheint mir ergo eine Art Oberbegriff zu sein, der nicht nur auf den Herrn Gautama zutrifft. Folglich muss jeder Text eines Buddha – oder von mir aus Hochverwirklichten – ebenso wertvoll erscheinen wie die Texte, die dem Herrn Gautama zugeschrieben werden.


    Im Theravada gibt es einen Unterschied zu dem der vollkommende Befreiung erlangt hat und demjenigen, der das "Rad der Lehre" anstösst. Während man im Mahayana auch ersteren als Buddhas bezeichnen würde, nennt man den im Theravada Arhat (und nur zweiteren Buddha) Eine weiteres Anstossen des "Rad der Lehre" ist aus dieser Sicht nicht notwendig. Im Mahayana verwischt man diesen Unterschied durch die gewagte Konstruktion, dass jeder Befreite (Arhat) darauf hin in irgendeiner Alien-Welt zum neuen Lehren-Verkünder werden wird. Was von der Motivation die es erzeugt (ein Buddha zu werden zum Wohle aller Wesen) sicher toll ist. Aber ist es nicht wie beim Scientology, dass man nur dann auf Aleingeschichten verfällt, wenn einem nichts logischeres mehr einfällt?

    Doris Rasevic-Benz:


    Was soll am Mahayana "flacher und effektgeladener" sein? Was gibt es Effektgeladeneres als eine Pagode mit einem Dach aus purem Gold und einer langen Reihe von Menschen in orangener Uniform mit einem Topf in der Hand?


    Guckst Du Chan an, dann geht es nicht effektloser. Und die Masse will damit nichts zu tun haben, weil das alles komplett über den Haufen wirft, auch die so geliebten Diskussionen und Spekulationen. Alle Bücher und Roben, jedes Getue … alles weg. Und das nicht um des Effekt willens.


    Was ich - um die Frage "Warum gibt es Mahayana ?" zu untersuchen, versucht habe, ist die "anfängliche Divergenz" rauszufinden. Den Punkt wo sich ein Spalt aufgetan hat. So wie es, wenn man die Frage wo sich Echse und Säugetier auseinanderentwickelt haben, vilelicht Sinn macht, von so wuscheligen Ursäugern auzugehen.


    Natürlich ist dann alles wieder komplizierter und man kann bei den Säugetieren Fledermäuse, Robben und Wale rausgreifen und bei den alten Dinos Echsenflugsaurier und Meereesaurier. Und betonen, wie alles trotz unterscheidlicher Grundansätze doch wieder in ein ähnliche Nischen diffundiert.


    Und das ist natürlich auch bei Thevada und Mahyana so. Natürlich gab es dann auch im Thervada eine enorme volkstümliche Strömung mit starken Special Effects . Und gerade die überlebenden Mahyana-Schulen haben oft das Kennzeichen,quasi Gegenbewegungen gegen die überquellende Fülle und Phantasie der Mahyana-Sutren zu sein. Und wieder schlicht und klar zu werden. Und natürlich auch nüchtern.


    Doris Rasevic-Benz:


    Aber eine Frage stellt sich mir: Was hat das Lesen und Rezitieren von Texten mit Sachlichkeit zu tun? Und was ist "Sachlichkeit" eigentlich? Schon gar in diesem Zusammenhang?


    Wenn du einen Text hast, dann kannst du ja entweder akribisch daran halten oder ihn frei und phantasievoll interpretieren. Und nicht nach dem "Wort" sondern nach dem "Geist" gehen (Oder was du dafür hälst)


    Im Theravada wird der Palikanon als sehr ernst und sehr verbindlich gesehen ( was man als "fundmantalistisch" bezeichnen kann, wenn das nicht so nach Gewalt klänge )


    Das gibt es ja auch beim Theater. Da gibt es Autoren die sehr erpicht sind, dass ihre Anweisungen ganz detailiert durchgezogen werden, und wo bis hin zum Hintergrundbild alles festgelegt wird. Weil es ihnen am Wichtigsten ist, das was sie zus agebn haben, authetisch rüberzubringen und ihnen jedes Experiment ein Anlass zur Verfälschung ist.


    Auf der anderen Seite gibt es Regiseure, die nicht zögern ein altes Theaterstück in einen ganz neuen Kontext zu stellen. So dass ein Shakespeare auf einmal im Vietnamkrieg spielt. Weil sie nicht an Worten kleben sondern frei, mutig und phantasievoll auf Risiko und Experiment setzten.


    Klar. Auch das kann man wieder relativieren. Und im Thervada abgedrehte synkretische Formen finden ( die Verehrung von Nagakönigen ) und im Mahayana akribiische Pedanterie.


    Fledermäuse und Walfische und Robben und Eichörnchen, Schafe, Wölfe und Sachsen.

    nibbuti:

    bis mir klar wurde, was die jeweilige Zielgruppe und die Rahmenbedingungen sind
    der Buddha lud zur Sachlichkeit ein.


    Ich denke, dass ist ein wichtiger Punkt. Vielleicht war Mahayana anfangs wirklich in dem Sinne ein großes Fahrzeug, dass es auch diejenigen ansprache, die nicht so die Sachlichen, Nüchternen sind ?


    Ich denke, dass Menschen auch wenn sie Befreiung erlangt haben dennoch einen unterschiedlichen Charakter haben. Und da erscheint Buddha Shakyamuni als ein sehr sachlicher, nüchterner Mensch. War es nicht so, dass er allen möglichen "volkstümlichen Tendenzen" eher skeptisch gegenüberstand: Und für das was "nicht-sachlich" ist wie Statuen, Räucherwerk, singenden Rezitationen, Reliquienverehrung eher nicht so viel Verständnis fand? Wobei es ja so war, dass solche Mittel zu Buddhas Zeit nicht so nötig waren, weil die "Präsenz Buddhas" selber schon etwas nicht-sachliches, nicht-nüchternes, jenseits von Worten war, was auf viele seiner Zeitgenossen eine unglaubliche Wirkung hatte.


    Konzentriert man sich nur auf den Palikanon, so braucht es eine gewisse Gelehrsamkeit um diesen zu verstehn und zu würdigen. So wie es für manche Musiker, ausreicht, die Noten einer Symphoniezu sehen um sich sich den Klang so bildhaft vorstellen zu können, dass sie ihn buchstäblich hören. Für andere sind die Noten eher so Klexe, die nur eine ganz vage Ahnung geben. Ich kann mir vorstellen, dass Gelehrtenbuddhismus und Volksbuddhismus da relativ bald auseinander klafften.


    Und Mahayana als ein Versuch begann, nicht vernünftige, nicht sachliche Mittel zu verwnden um die Melodie hinter dem dürren Text rüberzubringen. Die Präsent Buddhas jenseits seiner Worte zu inszenieren. So dass man anstatt ein Buch für wenige zu haben, eine Verfilmung zu haben, die zwar etwas flacher und effektgelander ist, aber dafür die "breite Masse" anspricht.


    Worauf dann bestimmte Philsophen und Künstler hinzukamen, die dazu dann wieder ein "Buch zum Film" machten, in dem auch die Zwischentöne eingefangen und alles radikal konzentriert und destiliert wird. Und dabei das, was im Ursprungskript versprengt und angerissen ist, dadurch auszudrücken, dass eine neue Sprache und neue Konzepte eingeführt werden, die das können.


    So wie man beim Zeichnen von Karikaturen versucht, den Kern einer Person rauszuschälen. Was manchmal genial ist und dann in einem einzigen Bild das augedrückt ist, wofür man in "nüchternen Worten" eine ganze Anhandlung bräuchte. Was aber auch gehörig daneben gehen kann und dann eben ein "Zerrbild" liefert. Ein missglückte Verfilumung, die dem Text nicht gerecht wird.

    Cravin:

    Hey :),


    ich wollte fragen warum es denn Mahayana gibt, wenn denn Theravada auf Buddha Gautama (Gotama) zurück zu führen ist. Sollte man denn dann nicht gleich bei Theravada bleiben ?


    Im Theravada ist man ganz nahe an den Worten des historischen Buddhas. Was einerseits natürlich gut ist aber andererseits auch etwa unbefriedigendes hat, weil Buddha Shakymuni zu den unterschiedlichsten Gelegenheiten zu den unterschiedlichsten Leute ganz unterschiedliche Worte gesprochen hat.


    Man kann diese unverbundene Punktwolke natürlich stehen lassen und zu einem Gelehrten werden, der zu jeder Gegelegenheit die am besten passende Stelle weiss. So wie ein Medizinstundent alle die Muskeln und Knochen des menschlichen Körper geduldig auswendig lernen kann. Aber genau dieses Vorgehen kann einem auch gegen den Strich gehen, weil man hinter der Vielfalt der Erscheinungsformen die grundlegenden Prinzipien ausmachen möchte. Weil einem statt auswendig zu lernen, was Skayamuni zu jener Gelegenheit gegenüber jenem Menschen für ein Spruch über die Lippen kam, die Frage umtreibt was ein Buddha "eigentlich und wesentlich" ist. Weil man nicht am Text kleben möchte sondern an dem "grossen Bild" interessiert ist. Diese Bedürfnis, zu vereinfachen und zu systematisieren hatten vor allem zwei Gruppen: Einerseits die "einfachen Leute", die schlicht nicht die Zeit oder Geduld hatten zu Gelehrten zu werden. Und ein ähnliches Bedürfnis von den Details auf das Wesentliche zu kommen, hatten auch die Intektuellen und Philosophen, die sich nicht damit abfinden konnten das Shakyamuni mal zu diesem dies und mal zu jenem das gesagt hatte, sondern die sich ganz abstrakte Fragen stellten ("Was ist ein Buddha im Allgemeinen") und darauf ebenso abstrakte Antworten ( und keine "Fallbeispiele") erwarteten.


    Mahayana ist eine Verschwörung der Einheit gegenüber dem Detail. Des Volksfömmigen und des "abstrakten Philsophen" gegenüber dem akribischen, spitzfindigen, phantasielosen Thervada-Gelehrten. Und mit der Phantasie ist das ja so eine Sache: Sie vermag es aus dem Komplexen, Unzusammenhängen ein schönes, einfaches, ästhetisches Bild zu machen, das aber wenn es zu vereifachtend ist , auch zu einem Trugbild werden kann. Zu einer abgehobenen Spinnerei. Auf der anderen Seite ist auch ein Sicht die vor lauter Details das grosse Bild nicht sieht, ein ziemliches Problem. (So wie Mahayana in seinem hässlichen Extrem "abergläubische Götzenabeterei" ist, ist das hässlich Extrem des Thervada, dass eines Mönches, der eher eine Frau ertrinken lassen würde, statt das Gelübde zu brechen eine zu berühren.)


    Im Mahayana bestand durchaus die Gerfahr, sich in abgehobenen Spinnereien zu verfangen. Weswegen viele der heute exitsierenden Formen ( Vajrayana, Amida, Zen) des Mahayanas Gegenbewegungen gegen den intelektuelle, philosophischen Wildwuchs sind. Die gegenüber der Theorie und den Gedernkangebäuden eher skeptisch sind und sich stark auf die Praxis fokusieren.