Beiträge von Sôhei im Thema „Unterschied mit und ohne Enthaltsamkeit?“

    Mirco:


    Wenn es gut läuft, wird ja gut hingeschaut. Lust gilt es durch Einsicht und Weisheit zu überwinden.
    Richtig ausführt, soll es nach diese Praxis keine sexuelle Lust mehr geben. Jedenfalls steigt die Wahrscheinlichkeit enorm, schätz ich mal.
    Herzliche Grüße


    Ich wiederum denke, das kann zu allem möglichen führen; ansich ist das nämlich ziemlich sinnfrei. Nicht umsonst muss man ja extra immer "Widerlich! Widerlich!" als Gedanken dazurichten (Vis.Mag.). Es handelt dabei eben keineswegs um einen inhärenten Zusammenhang, sondern um eine selbstverpasste Gehirnwäsche. Natürlich kann das auch gegen zu starkes Anhaften helfen, gesund und natürlich ist es m.M.n. aber nicht. Wenn man dann am Ende meint, man wäre besonders einsichtig, weil man den Körper als widerlich erkannt hat, ist man nur genauso verirrt wie jemand, der den Körper als das einzig Wertvolle betrachtet.

    Ich versuche mal ein bisschen zusammenzufassen:


    1)
    Einige hier empfinden die Enthaltsamkeit als förderlich, andere nicht; d.h. die gemachten Erfahrungen bzw. deren Deutung unterscheiden sich.


    2)
    Eine empirischer Studie oder logisch/rational/argumentative Begründung für das Postulat: "Enthaltsamkeit fördert heilsame meditative Versenkung (oder so ähnlich)." fehlt bislang und ist in dieser Tragweite wohl kaum möglich. Die notwendigen Vorarbeiten (Fragebogen, Operationalisierung der Begrifflichkeiten, etc.) wären extrem aufwendig. Studien zur Wirksamkeit von Meditation allein sind ja schon ein umstrittenes Thema.


    3)
    Es gibt die Sichtweise eines formalen Theravada-Buddhismus (was nicht unbedingt das sein muss, was der Buddha lehrte oder wie er sich gewünscht hat, dass sein Erbe weitergetragen wird), dass Enthaltsamkeit eine Notwendigkeit für die völlige Befreiung/Nibbana ist.
    Diese Sichtweise wird v.a. mit Textstellen unterlegt, in denen zur Enthaltsamkeit aufgefordert wird; oder in denen auf die unheilsame Wirkung von Sinnenlust verwiesen wird. Das ist im Rahmen des Theravada-Buddhismus eine wie ich finde durchaus ernstzunehmende Sichtweise, ja vielleicht tatsächlich die einzig mögliche.


    4)
    Zwei Probleme die im Zusammenhang mit dem Thema m.M.n. zu kurz kommen sind:


    a) Der Zeitpunkt und die Dauer der Enthaltsamkeit. Auch bei Akzeptanz der Theravada-Sichtweise einer Notwendigkeit der Enthaltsamkeit wäre zu fragen: wann, bzw. ab wann, ist es richtig enthaltsam zu leben? Wenn wir Enthaltsamkeit als Folge einer Triebversiegung sehen, dann ist es ja gerade widersinnig, die Wirkung zur Ursache machen zu wollen. Richtig wäre dann eine Praxis des achtfachen Pfades, welche zu einer immer geringeren Lust führt, und in einer völligen Enthaltsamkeit resultiert. Aber selbst der aktive Entschluss zur Enthaltsamkeit kann ja zu verschiedenen Zeiten erfolgen. Ich denke hier an das vier-Lebensstadien-Modell des Hinduismus; d.h. aktive Enthaltsamkeit erst in einem fortgeschrittenen Alter. Wer ordiniert muss halt die Enthaltsamkeit geloben egal wie alt er dabei ist; aber für die anderen gibt es ja die auch Möglichkeit zwischen 20 und 80 (oder so), d.h. die Enthaltsamkeit zum richtigen Zeitpunkt in den Weg zu integrieren.


    b) Das zweite Manko ist die Beschränkung auf die reine Enthaltsamkeit an sich. Denn davon abgesehen sind es doch v.a. die lüsternen Gedanken, welche einen vielleicht Unheilsames tun oder Leiden zufügen lassen, bei der Meditation ablenken etc., welche die Sexualität in Verruf bringen. Aber die Gedanken verschwinden ja nicht mit dem Verzicht auf Sex, wie z.B. die Berichte über im Schlaf eijakulierende Mönche bezeugen, oder die ständige Warnung vor der "lustvollen Gestalt der Frau". D.h. die simple Zwangs-Enthaltsamkeit löst wohl in den wenigsten Fällen irgendetwas, was mit Trieben und Lust zu tun hat. Hier gälte es viel genauer und sorgfältiger hinzuschauen.

    Hallo Mirco,


    du fragst nicht nach Grundlagenwissen, sondern konkreten Forschungsergebnissen. Wenn du aber ein wenig Grundlagenwissen hättest, würdest du verstehen, wo die Probleme mit den hier zum Teil geäußerten Behauptungen liegen. Dazu braucht es gar keine Forschung.
    Und nochmal: deine Erfahrungen sind deine Erfahrungen. Aber wenn du daraus ableitest, dass sie allgemeine Gültigkeit infolge einer zugrundeligenden Gesetzmäßigkeit besitzen ist das solange ein Glaube, bis Begründungen erfolgen.


    Die Ausgangsfragestellung ist auch völlig diffus, ebenso wie die Antworten. Um überhaupt mal auch nur in die Richtung von etwas brauchbarem zu kommen, könnte man mit einer Umfrage im Forum beginnen:


    Sexuelle Enthaltsamkeit = kein Sex und keine Selbstbefriedigung
    Beobachtungszeitraum: 15 Tage
    Gedanken an Sex: viel/wenig/mehr/weniger
    Andere Aktivitäten (Sport): mehr/weniger
    Essen: mehr/weniger
    Empfinden bei der Meditation: gleich/besser/schlechter
    In Partnerschaft lebend: ja/nein
    Alter:


    etc. etc. Das ist jetzt nur mal aus den Fingern rausgeschrieben, da einen brauchbaren Fragekatalog zu erstellen kostet viel Zeit; ebenso wie die Auswertung. Und je aussagekräftiger es werden soll, desto geringer der Geltungsbereich. Also nix mit "Enthaltsamkeit ist gut oder schlecht."

    nibbuti:


    für Leute mit viel Staub auf den Augen liegen solche Aussagen bar jeder Überprüfbarkeit
    Grüße


    Ah, ein Klassiker: Ich kann es zwar argumentativ nicht begründen, und sehen oder zeigen kann man es auch nicht, aber es stimmt trotzdem. Und wer es nicht glaubt oder andere Erfahrungen gemacht hat, hat den Dhamma eben falsch verstanden oder noch ´zuviel Staub auf den Augen´.

    Elliot:
    Sôhei:


    Doch, genau deshalb dienen die Erfahrungen christlicher Priester, die im Zölibat leben, aber die angenehmen Verweilungen hier und jetzt nicht kennen, nicht zum Vergleich.
    Elliot


    Aha. Und was willst du mit diesem ominösen Satz und dem Zitat sagen?
    Sorry, muss spekulieren, da du ja nicht schreibst worum es dir geht: Können christliche Priester/Mönche an und für sich nicht diese von dir angeführten Verweilungen erreichen? Oder hat jeder enthaltsam Lebende, egal ob Christ oder Buddhist, der unzufrieden mit der Enthaltsamkeit ist, diese Verweilungen nicht erfahren? Oder endet mit einer Erfahrung dieser Verweilungen jegliches sexuelle Verlangen ein für allemal? Oder oder oder? Was willst du sagen?

    mukti:

    Falls du Notwendigkeit in Bezug zur Befreiung meinst - oder nenne es Erwachen, Erlösung, Erleuchtung - dann ist es natürlich nicht absurd, jede Art von Trieb, oder Sinnesbefriedigung, nicht zu ergreifen. Andernfalls versteht man überhaupt nicht worum es dabei geht. Das funktioniert halt nur mit gleichzeitiger intensiver Praxis, weil es dann zu einem höheren Glück und Erkennen kommt, das Sinnesbefriedigung uninteressant werden lässt. Verdrängung ist nicht anzuraten, und diese Art Enthaltsamkeit ist z.B. als Laie auch nicht gefordert.


    Schon wieder, "man". Du magst ja eine Vorstellung von Erwachen etc. zu haben, für die das zutrifft. Richtig müsste dein Satz dann aber lauten: "Dann versteht man überhaupt nicht, worum es mir bei meiner Vorstellung von Erwachen etc." geht.
    Nimmst du noch Nahrung zu dir? Dann wird das aber nix mit deinem Erwachen. Denn Hunger ist ein Trieb, den darf man dann wohl nicht ergreifen...
    Auch hier finde ich wieder deine Rigorosheit beängstigend: "jede Art von Trieb, Sinnesbefriedigung, nicht zu ergreifen." Sollte nicht weises Erwägen auch ein Teil des Dhamma sein? Warum immer dieses totalitären Aussagen? Verweigerst du dir und Menschen die dir nahestehen ärztliche Hilfe? Weil, ist ja ein Trieb der dahintersteckt... Warum nicht gleich Schluss machen? Ach so ja, dann kommt ja die böse Wiedergeburt.

    Mirco:

    Mit den von Dir o.g. Disziplinen habe ich mich nicht beschäftigt. Ich lasse mich aber gerne ausführlich von Dir über die konkreten wissenschaftlich gesicherten Forschungsergebnisse belehren.


    Nun noch die direkte Frage an Dich: Wie sind Deine direkten Erfahrungen mit der Wirkung von sexueller Enthaltsamkeit und Nicht-Enthaltsamkeit auf Meditation?


    Herzliche Grüße


    Da du, wie du selbst sagst, keinerlei Ahnung von Logik, psychologischen Forschungsdesigns, Wahrheitstheorien, epmirischer Forschung etc. hast, würde das wohl den Rahmen hier sprengen (und ist mir auch definitiv zu aufwendig). Es gibt viele gute Bücher dazu, wenn es dich wirklich interessiert nenne ich dir gerne ein paar Titel die auch für Beginner geeignet sind.
    Wie gesagt geht es mir nicht darum, deine Erfahrungen und deine Meinung zum Verhältnis Enthaltsamkeit-Meditation zu kritisieren; du kannst ja schließlich glauben was du willst. Wenn aber allgemeingültige Aussagen getroffen werden, bedarf es der Begründung.


    Zu deiner Frage: Meine persönliche Erfahrung und Meinung ist die, dass mich akute sexuelle Gedanken natürlich mehr oder weniger von der Beschäftigung mit etwas anderem ablenken können. In der Betrachtung über einen Zeitraum der letzten sagen wir 25 Jahre hinweg mit mal mehr mal weniger enthaltsamen Phasen kann ich jedoch keinen direkten Zusammenhang zwischen (m)einer grundsätzlichen geistigen Ruhe/Ausgeglichenheit und Enthaltsamkeit erkennen.


    Vielleicht noch so viel: hier fängt es ja schon an: Von was reden wir eigentlich, wenn wir von Enthaltsamkeit und Meditation sprechen? Was genau wird dabei wie beobachtet? Welche Zusammenhänge werden postuliert?

    mukti:

    Enthaltsamkeit wirkt sich sehr positiv aus. Durch ständiges Üben klärt sich das Bewusstsein, es entsteht Glück und Losgelöstheit, es geht einem dann nichts ab. Wer was anderes behauptet, hat keine Erfahrung damit. Nicht umsonst wird bei ernsthafter Praxis der Mönche und Nonnen auf Enthaltsamkeit wert gelegt.


    Sorry, auch hier, mukti: Solange du von deiner Erfahrung sprichst, wunderbar. Aber wie kommst du auf die absurde Vorstellung, dass es sich dabei um so eine Art Gesetzmäßigkeit oder Notwendigkeit handelt???


    Am ehesten sind zu dem Thema doch wohl noch Befragungen christlicher Priester zugänglich, und da zeichnet sich klar ab, dass der Zölibat eher als unbefriedigend empfunden wird (und jetzt bitte nicht mit: "die folgen ja auch dem falschen Glauben", "meditieren ja nicht wie Buddhisten" etc. kommen). Von Mönchen und Nonnen weiß ich nicht ob es Befragungen gibt.


    Zwei Möglichkeiten:
    1) Ich sehe Enthaltsamkeit als erstrebenswert für mich persönlich an, und glaube dass sie auf meinem Weg zu dem, was ich mir unter Befreiung vorstelle, förderlich ist.


    Null Problem, eine tolerante Aussage.


    2) Enthaltsamkeit ist eine Notwendigkeit auf dem Weg der Befreiung.


    Null Toleranz, null Beweiskraft.


    (Was alles nichts damit zu tun hat, dass mann/frau sich natürlich auch viel Kummer mit der Sexualität bereiten können.)


    Hallo Mirco,


    das ist der status quo, wie er von der Wissenschaftstheorie oder innerhalb anderer Disziplinen, welche sich mit Fragen von Begründung/Wahrheit befassen, von der überwältigenden Mehrheit derjenigen akzeptiert wird, die in diesen Feldern tätig sind (natürlich nicht alle zu 100% einer Meinung, aber eben im großen und ganzen).
    Ich vermute, du hast dich noch nicht/nie mit Wissenschaftstheorie, Erkenntnistheorie, Logik, empirischer Sozialforschung, psychologischen Forschungsdesigns, Syllogistik etc. beschäftigt?

    nibbuti:

    hier wurde bloß von Vorteilen der Enthaltsamkeit & Nachteilen der Nichtenthaltsamkeit für Meditation gesprochen, die eindeutig vorhanden sind


    da muss man sich nichts vormachen


    Sogar du solltest einsehen können, dass solche Aussagen bar jeder Überprüfbarkeit liegen.
    Absolut alles was du dazu von dir gibst ist deine Meinung und dein Glaube; was ja okay ist.
    Darüber zu diskutieren ist allerdings weitgehend sinnfrei, und das ganze in einen echten Begründungszusammenhang (geschweige denn empirischen Kontext) zu stellen, wäre so verallgemeinernd gar nicht möglich.


    Wenn du glaubst dass dir die Enthaltsamkeit gut tut und sie für deinen Weg als unverzichtbar ansiehst, fein.
    Umso besser :badgrin: