Ich versuche mal ein bisschen zusammenzufassen:
1)
Einige hier empfinden die Enthaltsamkeit als förderlich, andere nicht; d.h. die gemachten Erfahrungen bzw. deren Deutung unterscheiden sich.
2)
Eine empirischer Studie oder logisch/rational/argumentative Begründung für das Postulat: "Enthaltsamkeit fördert heilsame meditative Versenkung (oder so ähnlich)." fehlt bislang und ist in dieser Tragweite wohl kaum möglich. Die notwendigen Vorarbeiten (Fragebogen, Operationalisierung der Begrifflichkeiten, etc.) wären extrem aufwendig. Studien zur Wirksamkeit von Meditation allein sind ja schon ein umstrittenes Thema.
3)
Es gibt die Sichtweise eines formalen Theravada-Buddhismus (was nicht unbedingt das sein muss, was der Buddha lehrte oder wie er sich gewünscht hat, dass sein Erbe weitergetragen wird), dass Enthaltsamkeit eine Notwendigkeit für die völlige Befreiung/Nibbana ist.
Diese Sichtweise wird v.a. mit Textstellen unterlegt, in denen zur Enthaltsamkeit aufgefordert wird; oder in denen auf die unheilsame Wirkung von Sinnenlust verwiesen wird. Das ist im Rahmen des Theravada-Buddhismus eine wie ich finde durchaus ernstzunehmende Sichtweise, ja vielleicht tatsächlich die einzig mögliche.
4)
Zwei Probleme die im Zusammenhang mit dem Thema m.M.n. zu kurz kommen sind:
a) Der Zeitpunkt und die Dauer der Enthaltsamkeit. Auch bei Akzeptanz der Theravada-Sichtweise einer Notwendigkeit der Enthaltsamkeit wäre zu fragen: wann, bzw. ab wann, ist es richtig enthaltsam zu leben? Wenn wir Enthaltsamkeit als Folge einer Triebversiegung sehen, dann ist es ja gerade widersinnig, die Wirkung zur Ursache machen zu wollen. Richtig wäre dann eine Praxis des achtfachen Pfades, welche zu einer immer geringeren Lust führt, und in einer völligen Enthaltsamkeit resultiert. Aber selbst der aktive Entschluss zur Enthaltsamkeit kann ja zu verschiedenen Zeiten erfolgen. Ich denke hier an das vier-Lebensstadien-Modell des Hinduismus; d.h. aktive Enthaltsamkeit erst in einem fortgeschrittenen Alter. Wer ordiniert muss halt die Enthaltsamkeit geloben egal wie alt er dabei ist; aber für die anderen gibt es ja die auch Möglichkeit zwischen 20 und 80 (oder so), d.h. die Enthaltsamkeit zum richtigen Zeitpunkt in den Weg zu integrieren.
b) Das zweite Manko ist die Beschränkung auf die reine Enthaltsamkeit an sich. Denn davon abgesehen sind es doch v.a. die lüsternen Gedanken, welche einen vielleicht Unheilsames tun oder Leiden zufügen lassen, bei der Meditation ablenken etc., welche die Sexualität in Verruf bringen. Aber die Gedanken verschwinden ja nicht mit dem Verzicht auf Sex, wie z.B. die Berichte über im Schlaf eijakulierende Mönche bezeugen, oder die ständige Warnung vor der "lustvollen Gestalt der Frau". D.h. die simple Zwangs-Enthaltsamkeit löst wohl in den wenigsten Fällen irgendetwas, was mit Trieben und Lust zu tun hat. Hier gälte es viel genauer und sorgfältiger hinzuschauen.