Stero:Scheinbar, aber nur scheinbar, stellt sich die Frage, was mit der "Aufhebung des Nichtwissens" gemeint sein könnte. Aber die unmittelbare Deutung folgt ganz notwendig aus der Deutung des Entstehens:
Weil bei der Entstehung von Leben Bewußtsein entstanden ist, wurde damit notwendigerweise die Grundlage für Wissen geschaffen, also für die Aufhebung des Nichtwissens, welches im unbewußten Stadium z.B. des Embryos noch vorlag. So steht die "Aufhebung des Nichtwissens" einfach für die Entstehung des Lebens und aus der Enstehung des Lebens folgt natürlich ganz logisch auch dessen Vergehen, was also einfach durch die negative Folge des Entstehens ausgedrückt wird.
Da gibt es eigentlich nicht viel zu deuten, denn im Palikanon steht an mehreren Stellen gleichlautend, was mit Nichtwissen und Aufhebung des Nichtwissens gemeint ist:
Zitat"Freunde, wenn ein edler Schüler Unwissenheit versteht, den Ursprung von Unwissenheit, das Aufhören von Unwissenheit, und den Weg, der zum Aufhören von Unwissenheit führt, dann ist er auf jene Weise einer mit Richtiger Ansicht, dessen Ansicht geradlinig ist, der vollkommene Zuversicht in Bezug auf das Dhamma hat und bei diesem wahren Dhamma angelangt ist."
"Und was ist Unwissenheit, was ist der Ursprung von Unwissenheit, was ist das Aufhören von Unwissenheit, was ist der Weg, der zum Aufhören von Unwissenheit führt? Dukkha nicht zu kennen, den Ursprung von Dukkha nicht zu kennen, das Aufhören von Dukkha nicht zu kennen, und den Weg, der zum Aufhören von Dukkha führt nicht zu kennen - dies wird Unwissenheit genannt [9]. Mit dem Ursprung der Triebe ist der Ursprung von Unwissenheit. Mit dem Aufhören der Triebe ist das Aufhören von Unwissenheit. Der Weg, der zum Aufhören von Unwissenheit führt, ist eben dieser Edle Achtfache Pfad; nämlich Richtige Ansicht, Richtige Absicht, Richtige Rede, Richtiges Handeln, Richtige Lebensweise, Richtige Anstrengung, Richtige Achtsamkeit, Richtige Konzentration."
(Majjhima Nikāya 9: Richtige Ansicht - Sammādiṭṭhi Sutta)
ZitatAlles anzeigenEinmal hielt sich der Erhabene bei Sāvatthī im Jeta Hain, dem Park des Anāthapiṇḍika auf.
Dann, als es Abend war, erhob sich der ehrwürdige Mahā Koṭṭhita [1] aus der Meditation, ging zum ehrwürdigen Sāriputta und tauschte Grußformeln mit ihm aus. Nach diesen höflichen und freundlichen Worten, setzte er sich seitlich nieder und sagte zum ehrwürdigen Sāriputta:
"'Ein Nicht-Weiser, ein Nicht-Weiser', so sagt man, Freund. Worauf bezieht es sich, wenn man von 'einem Nicht-Weisen' spricht?"
"'Einer, der nicht versteht, einer, der nicht versteht', Freund, deshalb spricht man von 'einem Nicht-Weisen'. Was versteht er nicht? Er versteht nicht: 'Dies ist Dukkha'; er versteht nicht: 'Dies ist der Ursprung von Dukkha'; er versteht nicht: 'Dies ist das Aufhören von Dukkha'; er versteht nicht: 'Dies ist der Weg, der zum Aufhören von Dukkha führt'. 'Einer, der nicht versteht, einer, der nicht versteht', Freund, deshalb spricht man von 'einem Nicht-Weisen'."
Mit den Worten "Gut, Freund", war der ehrwürdige Mahā Koṭṭhita entzückt und erfreut über die Worte des ehrwürdigen Sāriputta. Dann stellte er ihm eine weitere Frage:
"'Ein Weiser, ein Weiser', so sagt man, Freund. Worauf bezieht es sich, wenn man von 'einem Weisen' spricht?"
"'Einer, der versteht, einer, der versteht', Freund, deshalb spricht man von 'einem Weisen'. Was versteht er? Er versteht: 'Dies ist Dukkha'; er versteht: 'Dies ist der Ursprung von Dukkha'; er versteht: 'Dies ist das Aufhören von Dukkha'; er versteht: 'Dies ist der Weg, der zum Aufhören von Dukkha führt'. 'Einer, der versteht, einer, der versteht', Freund, deshalb spricht man von 'einem Weisen'."
(Majjhima Nikāya 43: Die längere Reihe von Fragen und Antworten - Mahāvedalla Sutta)
Und auch, was mit Gestaltungen gemeint ist, muss nicht gedeutet werden, sondern steht ausdrücklich bereits im Palikanon:
ZitatAlles anzeigen"Freunde, wenn ein edler Schüler Gestaltungen versteht, den Ursprung der Gestaltungen, das Aufhören der Gestaltungen, und den Weg, der zum Aufhören der Gestaltungen führt, dann ist er auf jene Weise einer mit Richtiger Ansicht, dessen Ansicht geradlinig ist, der vollkommene Zuversicht in Bezug auf das Dhamma hat und bei diesem wahren Dhamma angelangt ist."
"Und was sind Gestaltungen [8], was ist der Ursprung der Gestaltungen, was ist das Aufhören der Gestaltungen, was ist der Weg, der zum Aufhören der Gestaltungen führt?
Es gibt diese drei Arten der Gestaltungen: die Gestaltung des Körpers, die Gestaltung der Sprache, die Gestaltung des Geistes.
Mit dem Ursprung von Unwissenheit ist der Ursprung der Gestaltungen. Mit dem Aufhören von Unwissenheit ist das Aufhören der Gestaltungen. Der Weg, der zum Aufhören der Gestaltungen führt, ist eben dieser Edle Achtfache Pfad; nämlich Richtige Ansicht, Richtige Absicht, Richtige Rede, Richtiges Handeln, Richtige Lebensweise, Richtige Anstrengung, Richtige Achtsamkeit, Richtige Konzentration."
(Majjhima Nikāya 9: Richtige Ansicht - Sammādiṭṭhi Sutta)
ZitatAlles anzeigen"Was aber, Ehrwürdige, ist die Gestaltung des Körpers? Was ist die Gestaltung der Sprache? Was ist die Gestaltung des Geistes?"
"Das Einatmen und das Ausatmen, Freund Visākha, ist die Gestaltung des Körpers;
Gedankenfassung und diskursives Denken sind die Gestaltung der Sprache;
Wahrnehmung und Gefühl sind die Gestaltung des Geistes."
"Warum aber, Ehrwürdige, ist das Einatmen und das Ausatmen die Gestaltung des Körpers? Warum sind Gedankenfassung und diskursives Denken die Gestaltung der Sprache? Warum sind Wahrnehmung und Gefühl die Gestaltung des Geistes?"
"Freund Visākha,
das Einatmen und das Ausatmen ist körperlich, diese Zustände sind eng mit dem Körper verbunden; deshalb ist das Einatmen und das Ausatmen die Gestaltung des Körpers.
Zuerst faßt man Gedanken und denkt diskursiv und anschließend beginnt man zu sprechen; deshalb sind Gedankenfassung und diskursives Denken die Gestaltung der Sprache.
Wahrnehmung und Gefühl sind geistig; diese Zustände sind eng mit dem Geist verbunden; deshalb sind Wahrnehmung und Gefühl die Gestaltung des Geistes."
"Ehrwürdige, wie kommt das Erlangen des Aufhörens von Wahrnehmung und Gefühl zustande?"
"Freund Visākha, wenn ein Bhikkhu das Aufhören von Wahrnehmung und Gefühl erlangt, kommt ihm nicht der Gedanke: 'Ich werde das Aufhören von Wahrnehmung und Gefühl erlangen', oder 'Ich erlange gerade das Aufhören von Wahrnehmung und Gefühl', oder 'Ich habe das Aufhören von Wahrnehmung und Gefühl erlangt'; sondern sein Geist ist bereits dahingehend entwickelt, daß er ihn zu diesem Zustand führt."
"Ehrwürdige, wenn ein Bhikkhu das Aufhören von Wahrnehmung und Gefühl erlangt, welche Zustände hören zuerst in ihm auf:
die Gestaltung des Körpers,
die Gestaltung der Sprache oder
die Gestaltung des Geistes?"
"Freund Visākha, wenn ein Bhikkhu das Aufhören von Wahrnehmung und Gefühl erlangt,
hört zuerst die Gestaltung der Sprache auf,
dann die Gestaltung des Körpers,
dann die Gestaltung des Geistes [5]."
(Majjhima Nikāya 44: Die kürzere Reihe von Fragen und Antworten - Cūḷavedalla Sutta)
Viele Grüße
Elliot