fotost:
Was haltet ihr (besonders die Frauen) von folgendem Text..
Wenn ich mich trotz meines Geschlechts dazu mal äußern darf -
fotost:
Zitat
Unmöglich ist es, und es kann nicht sein, daß ein Weib
ein Heiliger und Vollkommen Erwachter wird -
Hier ist zunächst einmal klarzustellen, dass mit "Heiliger und vollkommen Erwachter" ein Sammasambuddha / Samyaksambuddha gemeint ist. Also ein Mensch, "der die zur Befreiung und Vollendung führende Lehre, nachdem sie der Welt verloren gegangen ist, aus sich selbst heraus wiederentdeckt, selbst verwirklicht und der Welt lehrt" (https://de.wikipedia.org/wiki/Buddha#Samyaksambuddha). Nun ja - seit Buddha selbst hat das auch kein Mann mehr geschafft und wird es auf absehbare Zeit auch nicht. Insofern in statistischer Hinsicht ein doch kaum quantifizierbarer Vorzug des männlichen Geschlechts, auf den Mann sich nun wirklich nicht allzuviel einbilden sollte. Das Zitat ist in dieser Übersetzung missverständlich - es spricht Frauen nicht die Fähigkeit ab, ein Arhat zu werden (bei der Übersetzung "Heiliger" kräuseln sich mir immer leicht die Fußnägel) oder Erwachen (bodhi) zu erfahren. Deswegen habe ich das "und" in dem Zitat zur Verdeutlichung hervorgehoben. Das stünde zu vielen anderen Stellen im Palikanon in einem unauflöslichen Widerspruch.
Den Rest des Zitates -
fotost:
Zitat
ein Weltherrscher wird -
die Herrschaft über die (Dreiunddreißig) Götter, (*5)
über die Mara-Wesen (*6) oder
Brahma-Wesen ausübt.
- kann man mE mal beiseite lassen. Nicht nur Frauen, die Weltherrscher (cakravartin) werden oder die Götter, Marawesen und Brahmawesen beherrschen wollen, sind beim Buddhadharma an der falschen Adresse. Männer auch. Dass Frauen diese Fähigkeit im Gegensatz zu Männern völlig abgesprochen wird, ist zum einen rein spekulativ und zum anderen von recht nachrangigem Interesse. BTW - kennt hier jemand Männer, die dieser Stellenbeschreibung entsprechen?
fotost:
Nur historisch aus der Zeit und den Umständen zu verstehen und heute unhaltbar oder absolute Wahrheit, an der nicht gerüttelt werden darf?
Bei den meisten Buddhisten (zumindest hier im Westen) rennst Du da mit großem Anlauf eine offene Tür ein. Dass alle Sutten so und und nicht anders von Buddha gesprochen und über Jahrhunderte wortgetreu mündlich und nach einigen Jahrhunderten dann auch schriftlich überliefert wurden - also "vox ipsissima" Buddhas sind - glauben nur unbelehrbare Fundamentalisten. Die nehmen dann auch schon gerne mal in Anspruch, als Mann von Natur aus Frauen überlegen zu sein. Tatsächlich kann man das auch nur glauben - die Wissenschaft erzählt da eine andere Geschichte. Und ernst zu nehmenden Buddhisten sollte es schon eher um Wissen als um Glauben gehen.
Buddhismus entstand und wurde tradiert (notabene: tradiert von in der Regel unerleuchteten Männern) in einer patriarchalischen Gesellschaft - aber er begründet und rechtfertigt solche Strukturen nicht, er vertritt keine patriarchalische Ideologie. Er wandte sich zugegeben allerdings auch nicht explizit gegen sie. Gesellschafts- und Ideologiekritik war ursprünglich kein Anliegen des Buddhadharma - eine Einsicht in dukkha bedarf der Untersuchung solch vergleichsweise subtiler Erscheinungsformen von dukkha wie speziell der Benachteiligung von Frauen durch eine patriarchaliche Gesellschaftsform nicht. Da sind Alter, Krankheit und Tod doch etwas naheliegender ...
Trotzdem ist der Buddhadharma in Bezug auf Frauen - nach dem Maßstab seiner Entstehungszeit gemessen - bemerkenswert "fortschrittlich". Bereits von Anfang an gab es nach buddhistischer Vorstellung keine Entstehungshierarchie der Geschlechter wie beispielsweise nach biblischer Lehre - also keine vorgeblich "natürliche" Rangordnung. Nach buddhistischer Auffassung gab es zunächst keine unterschiedlichen Geschlechter bei den Menschen; erklärt werden sie durch eine Entwicklung parallel zur Arbeitsteilung (Digha-Nikaya Nr. 27). Daraus ergeben sich u.a. gleiche Rechte und Pflichten in der Partnerschaft für Mann und Frau (Digha-Nikaya Nr. 31). Wichtiger als solche obsoleten Herleitungen jedoch ist: das Ziel buddhistischer Praxis, also die 'Erleuchtung' (bodhi), kann in gleicher Weise von Mann und Frau erlangt werden, ohne geschlechtsspezifische Unterschiede in der Methode oder in der Qualität des Erreichten. Es gibt bei Mann und Frau keine Unterschiede bei den Abhängigkeiten und Anhaftungen, die überwunden werden müssen (Anguttara-Nikaya 1,1). Restvorbehalte wie der, dass eine Frau kein sammasambuddha werden könne (also wie Buddha selbst aus eigener Kraft und ohne Vorbild / Lehre den Weg zum Erwachen finden könne) sind von recht marginaler praktischer Bedeutung und durch die schon genannten zeitlichen und gesellschaftlichen Entstehungsbedingungen der Sutren erklärbar.
Selbstverständlich erkannte auch Buddha Ungleichheiten (Samyutta Nikaya 37,3), nämlich solche biologischer Natur (Menstruation, Schwangerschaft und Geburt) und solche sozialer Natur im Kontext der damaligen indischen Gesellschaft. So muß im Gegensatz zum Mann eine Frau ihr Elternhaus verlassen, um zum Mann zu ziehen und sie muss ihrem Ehemann dienen. Diese Unterschiede werden aber nicht als notwendige oder gar gottgewollte Übel angesehen, sondern schlicht als Tatsachen des Frau-Seins in der indischen Gesellschaft. So wurde auch der buddhistische Frauenorden von Buddha an den Männerorden angegliedert und ihm unterstellt, weil es in der damaligen indischen Gesellschaft keine Möglichkeit für einen unabhängigen Frauenorden (d.h. einen ohne männliche Vormundschaft) gab. Eine Frau ohne Vormundschaft eines Mannes - sei es Vater, Ehemann, Sohn oder ersatzweise sonst ein naher männlicher Verwandter - dessen Haushalt sie angehörte, war in der indischen Gesellschaft schutz- und rechtlos; sie konnte z.B. ohne weiteres versklavt werden. Bemerkenswert ist vielmehr, dass Buddha überhaupt einen Frauenorden schuf - das war zu seiner Zeit eine revolutionäre Neuerung, was auch die oft angeführten Vorbehalte gegen die Zulassung des Frauenordens erklärt und relativiert. Buddha war der erste, der Frauen die Möglichkeit eröffnete, in die Hauslosigkeit zu gehen und ihr Leben ausschließlich einem sprituellen Weg zu widmen.
In der Begrifflichkeit der frühen Sutren ist übrigens zwischen dem neutralen Begriff "itthi" (Frau) und dem diskriminierenden Begriff "matugama" (etwa: 'Mutter im Dorf') zu unterscheiden. Wenn in den Sutren von einfältigen Frauen und weiblicher Launenhaftigkeit gesprochen wird, dann ist von den matugama die Rede, nicht von itthi. Nun ist zwar jede matugama eine itthi, aber nicht jede itthi eine matugama.
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