Selbst:
Zitat
Emotionen zu mögen oder nicht zu mögen ist Anhaftung.
Warum hast du denn Angst vor dieser Art von Anhaftung? Jemanden zu lieben ist zum Beispiel sehr angenehm, und ich mag das. Das liegt auch am Hirn und ist, wie du schreibst, nichts Besonderes. Aber wieso sollte man denn nicht an jemandem anhaften, den man furchtbar gern hat, und sich in diesem Gefühl suhlen? Wo ist das Problem? Davon schreibt doch auch Benson: Solange es gut ist, ist es gut. Und das hat seine Berechtigung an sich. Dann tritt es in einen anderen Zustand über, und der hat dann auch seine Berechtigung.
Ist die ganze Motivation für Buddhismus vielleicht bloß die Angst vor dem Leiden, vor diesem anderen Zustand, der auf das Glück folgen kann, den Anhaften bedeuten kann?
Dein Kopfkino …
Ich habe keine Angst vor dem Anhaften, aber ich hafte an, ständig an irgendwas.
Ja, lieben kann angenehm sein. Anhaften kann den Menschen nutzen und es ist nicht das Ziel einen Zombie aus sich zu machen. Aber darum geht es gar nicht.
Erst mal ist es wichtig, sich das alles anzusehen, ohne Bewertung. Nur ansehen und analysieren. Die Entscheidung, ob das für mich dann in Ordnung ist oder ob ich da noch mal genauer hinsehen muss, fällt erst danach. Das ist also der zweite Schritt, nicht der erste. Sich hinzustellen und zu sagen: "Lieben ist schön!" und deshalb diesen Punkt nicht zu untersuchen, wäre Ausblenden einer sehr wichtigen Facette unseres Daseins. Schließlich geht es um die Selbsterforschung. Gerade die offensichtlich angenehmen Erfahrungen mit einem Untersuchungstabu zu belegen, halte ich für fatal, da sich ausgerechnet hier, unsere tiefsten Abgründe auftun können.
Als ich mich dem Dharma zugewendet habe, war ich glücklich, mir fehlte nichts, ich wollte nichts anders in meinem Leben. Schmerzen und Leiden kannte ich, das war mir vertraut, und ich wusste damals schon, dass ich mit allem klar kommen würde. Also war das sicher nicht die Motivation.
Ich habe lange gebraucht um zu verstehen, dass das Leiden nicht einfach nur in großen schmerzlichen Emotionen besteht, sondern dem Leben immanent ist und sich daher in allen Dingen und äußerst subtil äußern kann. (Die Leute, die im Forum schon lange dabei sind, kennen die Diskussionen mit mir.)
Eigenartigerweise geschieht folgendes je mehr ich mein persönliches Leiden in allen Momenten erkennen kann: Ich leide weniger und lache noch mehr. Sobald ich merkte, dass ich dem Leiden nicht entkommen kann, dass es überall ist, und in den tollsten Verkleidungen daherkommt, wird es lustig. Weil ich nämlich damit aufhören kann dem Leiden zu entkommen. So kann ich aus dem Hamsterrad der Leidvermeidung aussteigen. Und weil das Leid dazu neigt immer wieder zu kommen, muss ich das von Augenblick zu Augenblick tun (wahrscheinlich solange ich lebe, weil ich erst am Anfang stehe und ich ziemlich doof bin). Gelingt mir noch lange nicht, aber manchmal schon. Diese paar "gelungenen" Momente genügen mir aber, um diese Erfahrung beschreiben und einordnen zu können. Ich weiß also, dass Leid nicht nur im Offensichtlichen wohnt.