Beiträge von Anandasa im Thema „Eine Erfahrung von Anatta?“

    fwka92:

    Seit letzten Dienstag, es war gegen Abend hat mich ein starkes Gefühl der Leere überwältigt. Ich benutze diesen Begriff bewusst, weil es sofort offensichtlich für mich war, dass Buddha DAS damit gemeint haben musste.


    Das ist interessant. Ich habe mich eigentlich immer vor so einer drohenden Leere gefürchtet. Beim Meditieren lässt man die Gedanken im Kopf auslaufen, heißt es. Dann ist Leere da oder wie? Ist diese Leere dann das Nichts? Kommt man aus dem Nichts dann nicht mehr heraus?


    Ich bin für mich auf eine "Einsicht" zu diesem Problem der Angst vor der Leere gekommen als ich einmal Reisebilder von früher angeschaut habe als ich als junger Erwachsener die Möglichkeit hatte einige südostasiatische Länder zu bereisen. Als ich die Reisebilder von damals anschaute erinnerte ich mich, dass ich damals "glücklich" war, d.h. innerlich zufrieden, nicht auf der Suche, innerlich ganz in Ruhe.


    Dieser mentale Zustand ist während vielen Jahren verloren gegangen, war aber immer offensichtlich da, nur verschüttet. Das war mein Gedanke beim späteren erneutem Anschauen der Reisebilder. Man muss gar nicht nach dem Glück suchen, nach etwas Ausschau halten, dem man anhaftet und vielleicht kommt so das Glück (was bekanntlich nur Leiden verursacht). Denn das "Glück" ist immer da und greifbar, wenn man innerlich ruhig und konzentriert ist und der Blick darauf klar wird. Ich meditiere seitdem manchmal eines der Reisebilder von damals anschauend um mich zu erinnern, dass das "Glück" (also innere Ruhe und Zufriedenheit) auch in diesem Moment da ist so wie es damals bei der Reise durch Südostasien da war. Für mich funktioniert es gut. Meine Schmerzen, die mal stärker mal schwächer sind, aber immer da sind, gehen dann auch deutlich zurück. Es gibt sonst nichts womit ich das sonst so hinbekäme (außer Tabletten halt). Und das ist für mich ein untrügliches Zeichen, weil ich sonst schon alles mögliche versucht habe und das kaum was brachte.


    fwk92 hat mit seinem Beitrag über Leere natürlich was anderes gemeint, aber es erinnerte mich an diese Geschichte mit den Reisebildern und ich wollte die mal erzählen. Ich glaube schon, dass objektiv was dran ist. Jedenfalls bin ich sehr froh, dass seitdem meine Angst oder Missverständnis von Leere vorbei ist. Oder ich habe es misverstanden und was anderes entdeckt. Kann auch sein ... ;-).

    Hallo fwka92,


    ich hatte mal sowas ähnliches. Für einen Sprachkurs hatte ich ein Vokabelheft gekauft und wollte gerade meinen Namen X.Y. in das Namensfeld auf dem Deckblatt schreiben. Da kam mir die spaßige Idee nicht X.Y. draufzuschreiben, sondern Anandasa. Es war nur ein ulkiger Gedanke, doch schlagartig wurde mir klar, dass es das ist. Alles was du für X.Y. hältst hast du selbst erfunden. Du hast alles das selbst aufgebaut. In Wirklichkeit gibt es X.Y. so gar nicht. Der ganze Kram wie "ich bin toll wie die anderen, weil ich auch dieses und jenes kann" und "ich bin doch nicht so toll, weil offensichtlich kann ich doch nicht dies und das" kann man sich völlig schenken. Ist nur eine riesige Belastung für den Kopf, der dir deine geistige Kapazität wegnimmt und nur zu Anhaftungen führt, die dich krank machen. Aber es war nur ein Moment des Erkennens. Nicht lange später steckte ich wieder in meinen Anhaftungen drin. Wut/Ärger/Gier hatten wieder zugeschlagen.


    Zitat

    Genau genommen war keine große Veränderung zu erkennen. Nur dass Klarheit da war, dass dieses eingeschränkte, persönliche Ich aufgesetzt wurde und praktisch ein Phantom ist, dass sich gerade in Luft aufgelöst hat.

    Das ist wunderbar. Du bist von dieser ganzen Last ein Selbst zu konstruieren befreit. Jetzt ist nicht mehr nichts da, denn Güte, Mitgefühl, Freude sind immer noch da. Einem kleinen Kind, das hingefallen ist und weint, aufhelfen und trösten ist immer noch da und ist eine wunderbare Sache. Nur sieht man es als das was es ist und es geht nicht los mit "ein Kind zu haben wäre schon gewesen", etc.


    Das wichtige an Leerheit/Nicht-Selbst ist aus meiner Sicht, dass sie verhindern Anhaftungen zu bilden. Ich hatte die letzten Jahre mit zwei sehr großen starken Anhaftungen zu kämpfen. Es kam ihmmer wieder. Das Leben schlug mir deswegen auf den Kopf, aber dieser Kram hat zäh an mir gehaftet. Dies ist über Jahrzehnte der falschen Interpretation von Dingen, Mangelgefühl, Rückstandgefühl gewachsen. Das hat mich schwer geplagt und war sehr mühsam wieder wegzubekommen. Das Gehirn hat es lange eintrainiert. Aus dieser Erfahrung weiß ich wie wichtig es ist keine Anhaftungen zu bilden und dafür sind Leerheit bzw. Nicht-Selbst die Werkzeuge. Deswegen halte ich Leerheit nicht für etwas, das mich bedroht, sondern für etwas, das mich geistig gesund behält. Leerheit hindert mich nicht daran verdienstvolle Taten zu sammeln.


    Es gibt ein sehr gutes Buch vom Dalai Lama zu dem Thema mit dem Titel "Die Essenz der Lehre Buddhas". Dort erklärt er für Laien gut verständlich was Leerheit / Nicht-Selbst ist ohne eine Streiterei zwischen Theravada und Mahayana zu veranstalten. Er erklärt sogar rein sachlich wo bei Mahayana und Theravada die (kleinen) Unterschiede liegen.


    Ich glaube aber, dass ich weiß was du meinst. Was man sich selbst ständig konstruiert hat, fehlt jetzt: "Wenn ich dies und das erreiche, bin ich wirklich zufrieden mit mir und die anderen werden mich als wertvoll ansehen.". Diese Objekte der Gier sind nicht mehr da und was mach ich jetzt? Ich für meinen Teil habe nur den Umstand erlebt, dass meine Anhaftungen immer mehr abgefallen sind (muss natürlich weiterhin daran arbeiten) und ich wieder auf dem Weg der Gesundung bin. Ich würde es so sagen: "Sein statt sein wollen". Zu sein statt etwas sein zu wollen ist das wahre Leben ohne Täuschungen. Erwachen bedeutet keinen Täuschungen mehr zu unterliegen.


    Grüße, Anandasa