Beiträge von fotost im Thema „Rime“

    Das wäre wohl eine Beschreibung, die auch die meisten säkularen Buddhisten annehmen könnten.


    Mir persönlich würde es in einem Punkt sogar zu weit gehen, Ich möchte eigentlich überhaupt nicht, daß buddhistischen Lehren in westliche Kulturkreise integriert werden.
    Das hätte für mich den Geschmack von (wie hieß das früher mal) Kulturimperialismus :lol:


    Wenn der größte Teil der buddhistischen Weltgemeinde im Osten lebt, soll doch für sie bitte die Lehre in ihren (weltlichen) Umgebungen integriert bleiben.


    Mir würden da schon einfachere Dinge reichen. Die uneingeschränkte Anerkennung der allgemeinen Menschenrechte etwa, die für mich sowieso weitestgehend mit fast allen buddhistischen Schulen zu vereinbaren ist. Eine Aufforderung zur Zusammenarbeit mit Menschen guten Willens über den buddhistischen Zaun hinaus etc. Eine Auseinandersetzung mit dem europäischen Humanismus...


    Wenn man im letzten Absatz einmal Buddhismus durch andere große Denksysteme ersetzt ist deutlich, was ich meine.

    kilaya:


    Ich würde sagen, dass es bestimmte Dinge gibt, die zu 100% nicht mit dem Buddhismus vereinbar sind. Es gibt auch bestimmte Dinge, die definitif nicht fehlen dürfen. Und dann gibt es eine Reihe von "weichen Faktoren": Wenn zu viele davon fehlen, wird es irgendwann verwässert, aber welche davon dabei sind, kann variieren.


    Das ist irgendwie die beste Beschreibung der Situation (meiner Situation. die ganz tief im Inneren zu tun hat mit Rime oder dem Versuch einen einheitlichen Kern in den verschiedenen Beschreibungen der Lehre zu finden)...


    Was ist 100% nicht vereinbar?
    Was darf nicht fehlen?
    Was ist weich - Verhandlungsmasse?

    Dieser Thread ist einer der besten im Buddhaland bisher zum Thema Dialog über die Grenzen der Schulen hinaus.


    Danke an die Mods. das ihr das so weiterlaufen laßt :D


    Ich möchte diesen schönen Dialog nicht in das kleine Unterforum sB entführen. Ich schätze die Möglichkeit auch über die Grenzen etablierter Schulen hinaus diskutieren zu können..

    Thomas23:

    Und warum wird der Buddhismus eigentlich zu den fünf großen Weltreligionen gezählt wenn er keine Religion ist?


    Ein Problemfeld für einen eigenen Thread. Mit der Frage 'Buddhismus - Religion, Verhaltenslehre oder Philosophie?' bekommst Du locker 2 Hauptseminare eines Studiums voll :lol:


    Das Problem liegt einerseits an der Unschärfe des Begriffs Religion, für den es beliebig viele Definitionen gibt andererseits daran, daß die meisten dieser Definitionen nicht von einem einzelnen Bestimmungsgedanken ausgehen, sondern meist mit Katalogen von Faktoren arbeiten.


    So gibt es im Buddhismus Elemente, die eben rein funktionell typisch für eine Religion sind - Riten, Zeremonien, in fast allen Schulen Mönchsorden, Kultobjekte...


    "Sag' mir, was für Dich eine Religion ausmacht und ich sag' Dir ob für Dich Buddhismus eine Religion ist." :lol:

    kilaya:

    Weltliche Weltverbesserer, die z.B. als Politiker oder Wissenschaftler entscheidende Veränderungen in Gang bringen oder umsetzen, werden als Bodhisattvas gesehen, auch wenn sie keinerlei Bezug zum Buddhismus haben. (Einfach bezogen auf die Qualität ihrer Aktivität). Die Bewegung des sog. "engagierten Buddhismus" propagiert ausdrücklich diese Art von Aktivität.


    Ok, das ist/wäre für mich in dieser Form vollkommen neu, aber ein sehr schöner Gedanke, den vermutlich jeder sB Anhänger annehmen kann. Ist das für alle tibetischen Schulen akzeptierte Lehre?


    Der Begriff und das Konzept Engagierter Buddhismus paßt hervorragend in diesen Thread 8)

    Sherab Yönten:
    fotost:

    Nicht auch wesentliche Elemente des Vajrayana?


    Das hängt von der Betonung ab. Wenn Du mit "Beendigung des Leids" meinst "Beendigung des Leids für alle Wesen" ist das eine Mahayana Motivation, wenn Du Dein eigenes Leid beenden möchtest ist das eine Theravada Motivation. ;)


    Gut, da ist ein Unterschied. Ich vermute, die sB Idee dazu wäre eher bei Theravada soweit es die zentral buddhistische Betrachtungsweise angeht. Andererseits, Ende des Leids aller Wesen schließt die Beendigung des eigenen Leids ein.


    Weiter oben im Thread habe ich geschrieben


    Zitat

    Zu den Fortschritten seit der letzten etablierten Neugründung im Buddhismus gehören natürlich auch noch Dinge wie Demokratie, allgemeine Menschenrechte, Freiheitsrechte, die für mich hervorragend mit der buddhistischen Lehre zu vereinbaren sind. Und diese Dinge sind für mich nicht nur relevant bis zur nächsten Änderung. Ich würde es aufregend finden, sie in die Entwicklung eines sB einfließen zu sehen.


    Zu diesen Elementen gehört sicher auch der europäische Humanismus und damit der Wunsch nach dem Wohlergehen aller Menschen-Wesen. Dies wäre aber eher eher eine Betrachtung aus einem nicht spezifisch buddhistischen Blickwinkel. Zugang zu sauberem Wasser, Bildungsangebote, Sicherung von Ernährung, Arbeitsmöglichkeiten beenden Teile von Leiden, aber aus buddhistischer Sicht nur auf den unteren Stufen und ohne Bezug zur Lehre. Mir fällt da die Maslowsche Bedürfnishierarchie ein.

    Sherab Yönten:
    fotost:

    Beendigung des Leidens.
    Unabhängigkeit/Freiheit, nicht mehr wiedergeboren werden müssen (keinen neuen großen Lebensabschnitt wegen leidhafter Erfahrung mehr beginnen müssen [sB Übersetzung]).
    Die 5 Silas befolgen, lernen..


    Das sind doch wesentliche Elemente des Theravada ! :)


    Nicht auch wesentliche Elemente des Vajrayana?


    Sherab Yönten:
    fotost:

    Morgen muß ich Wäsche machen und der Tiefkühler könnte mal wieder aufgefüllt werden


    Zen ? :D


    Realität :lol:

    Sherab Yönten:
    Yeshe:

    "Säkulärer Buddhismus" ist nach meinem Kenntnisstand kein Pfad, der unmittelbar zur Befreiung führt.


    Das wäre eine Frage für fotost: Wenn jemand "säkularen Buddhismus" praktiziert welche Motivation/ welche Ziele sind damit verbunden ?


    Die Frage ist schwieriger als sie auf den ersten Blick aussieht - da sB bisher nicht ausformuliert ist, gibt es kein spezifisches Praktizieren und das steht auch nicht im Mittelpunkt bei der Entwicklung des sB. Leider habe ich in Hamburg auch noch keine Mitstreiter für den Weg gefunden.


    Natürlich ist mir klar, daß Neid un-buddhistisch ist (soweit reicht die Gemeinsamkeit noch :lol: ) aber manchmal verspüre ich so etwas wie Neid oder damit es unverfänglicher klingt Sehnsucht nach einer nicht virtuellen Gemeinde und sogar, hor­ri­bi­le dic­tu, nach Dingen wie Riten oder Zeremonien.


    Motivation/Ziele? Ich vermute, wenn die Mitglieder, die sich hier in diesem Thread austauschen ihre Kernmotive und Ziele auf je einen Zettel schreiben und wir die Zettel gründlich mischen würde niemand meinen Zettel erkennen. So buddhistisch langweilig bin ich 8)

    Zitat


    So wie der große Ozean nur einen Geschmack hat,
    den Geschmack von Salz,
    so hat auch meine Lehre nur den einen Geschmack,
    den Geschmack von Freiheit.


    Beendigung des Leidens.
    Unabhängigkeit/Freiheit, nicht mehr wiedergeboren werden müssen (keinen neuen großen Lebensabschnitt wegen leidhafter Erfahrung mehr beginnen müssen [sB Übersetzung]).
    Die 5 Silas befolgen, lernen..


    Morgen muß ich Wäsche machen und der Tiefkühler könnte mal wieder aufgefüllt werden :idea:

    kilaya:
    fotost:

    Der Geist funktioniert dort weitaus besser, wo Freiheit herrscht und wo der technische Fortschritt für eine ausreichende Lebensgrundlage sorgen kann.


    Ja und Nein. Es ist eine Frage der Balance - eine Grundfreiheit muss vorhanden sein, eine ausreichende Lebensgrundlage muss vorhanden sein - aber auf der anderen Seite viel Freiheit und weltliche Möglichkeiten im Überfluss sorgen schnell für Ablenkungen und die Verfügbarkeit der Lehre mag quantitativ vorhanden sein, aber der Zugang ist dennoch erschwert, weil man "keine Zeit dafür hat". Und natürlich ist zu viel Wohlstand ein mögliches Hindernis für die Praxis, eine Art Halbgötter- oder Götter-Daseinsbereich wo es einem zu gut geht um einen Leidensdruck zu haben für die Praxis.


    Ich hoffe, Du hast wohlwollend zur Kenntnis genommen das ich 'ausreichende' Lebensgrundlage geschrieben habe :lol:


    Beim zweiten Teil stimme ich Dir vollkommen zu. Einem einfachen Zeitgenossen Buddhas muß jemand der gehobenen Mittelschicht in Europa heute wie ein Gott vorgekommen sein.

    kilaya:


    Säkularer Buddhismus - das kommt darauf an, was man damit meint. Wenn man nur eine buddhistische Methode nimmt und die Zielsetzung ändert, ist das kein Buddhismus mehr. Es kommt darauf an, ob der Kern, die Essenz bewahrt wird. Wenn das der Fall ist, spielen äußere umkleidende Aspekte keine grosse Rolle. Das wäre der Prozess, der in jeder neuen buddhistischen Kultur stattgefunden hat. Allerdings ist "der Westen" keine homogene Kultur. Ein Ausdruck eines "westlichen Buddhismus" könnte postmodern sein, dass es eben Platz gibt für viele traditionelle und moderne Formen nebeneinander.


    Ok, danke dafür :)


    Dazu fällt mir ganz spontan der FWBO (Freunde westlichen Buddhismus Order) ein. Eine Organisation in Großbritannien 1967 gegründet mit der erklärten Absicht traditionelle buddhistische Konzepte (Orden, buddhistische Arbeitsgemeinschaften..) für den Westen für viele Menschen annehmbar zu machen.
    Nicht unbedingt eine säkulare Organisation aber ziemlich nahe. Die haben irgendwann mal angefangen und sind suchend, helfend, (missionierend) nach Indien gegangen und haben dort Zentren gegründet, bis sie im Kontakt mit den Leuten dort gemerkt haben, daß die den Begriff Westen (westlicher Buddhismus) gar nicht gut fanden.
    Sie haben sich dann in Triratna umbenannt. :lol:

    Sherab Yönten:

    ...
    Hallo fotost,


    mal eine Gegenfrage: Wo genau siehst Du den Unterschied zwischen "einem" (es gibt dort ja wohl auch mehrere Varianten) sogenannten säkularen Buddhismus und "Wellness Buddhismus" ?


    Ich denke,daß die Bezeichnung säkularer Buddhismus ziemlich unglücklich ist.
    Aus verschiedenen Gründen. Mehrdeutigkeit des Begriffs säkular, Vorspiegelung einer nicht vorhandenen Geschlossenheit und Einigkeit über wesentliche Inhalte etc. Der Begriff wird allgemein verwendet, darum nehme ich ihn auch.


    Die noch zu erfüllende Voraussetzung bei der Bestimmung eines sB müßte für mich die Erarbeitung eines Mindestkanons sein. Wir hatten dazu im Forum in anderen Zusammenhängen einige sehr gute (und viele schlechte) Threads.


    Ich sehe ganz ehrlich noch nicht einmal eine gedankliche Nähe zwischen sB und einem Wellness Buddhismus.


    Das eine ist eine mühevolle Kleinarbeit gegen erhebliche Widerstände im Ringen um intellektuelle Ehrlichkeit, das andere ist Ausdruck einer Selbstbedienungsmentalität die sich Versatzstücke aus allen möglichen Kulturen und Denkrichtungen ausprobierend aneignet um (etwas stressbefreiter) im Prinzip genau so weiterleben zu können wie bisher.


    Ich vermute, daß viele, die versuchen einen sB aufzubauen, es einfacher gehabt hätten, wenn sie sich einer historischen Richtung angeschlossen hätten. Besonders gilt dies für diejenigen, die bereits irgendwo integriert waren. Wahrscheinlich geht es da einigen wie Luther "Hier stehe ich, ich kann nicht anders" :lol:


    Ich hoffe sehr, daß für Dich sB und Wellness Buddhismus nicht so ungefähr das gleiche sind.


    Sherab Yönten:


    Revolutionen und Naturwissenschaften sind veränderlich und vergänglich, wie alles andere auch. Ihre Ergebnisse mögen relevant sein bis zur nächsten technischen Revolution oder neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Der Buddhismus sollte sich m.E. nicht von den materiellen Wissenschaften abhängig machen, sondern weiter bemüht sein, die Funktionsweise des Geistes zu erforschen, denn bei der Erforschung des Bewusstseins stoßen auch sämtliche naturwissenschaftliche Ansätze bisher an ihre Grenzen.


    Ja, sicher. Das geht nur an meiner Ausgangsfrage vorbei. Ich nehme neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse gerne an, ich bin immer wieder fasziniert darüber, was Menschen alles herausbekommen können 8) und wie oft wir herausfinden, daß die Ergebnisse von gestern einfach falsch waren. Viel wichtiger in diesem Zusammenhang ist das Prinzip des wissenschaftlichen Arbeitens.


    Zu den Fortschritten seit der letzten etablierten Neugründung im Buddhismus gehören natürlich auch noch Dinge wie Demokratie, allgemeine Menschenrechte, Freiheitsrechte, die für mich hervorragend mit der buddhistischen Lehre zu vereinbaren sind. Und diese Dinge sind für mich nicht nur relevant bis zur nächsten Änderung. Ich würde es aufregend finden, sie in die Entwicklung eines sB einfließen zu sehen.


    Der Geist funktioniert dort weitaus besser, wo Freiheit herrscht und wo der technische Fortschritt für eine ausreichende Lebensgrundlage sorgen kann.

    Mich würde interessieren wie ihr im Zusammenhang des Threads den 'säkularen Buddhismus' seht.


    Seit der letzten großen Veränderungsbewegung im Buddhismus hat es immerhin die europäische Aufklärung und die sog. technische Revolution gegeben verbunden mit einem völlig veränderten (natur)wissenschaftlichen Bild der Welt.


    Um dem Einwurf gleich entgegen zu kommen - es ist mir klar, daß das nicht die zentralen Felder und Themen der Lehre sind. Doch über 90% aller Menschen sind keine Buddhisten und selbst unter diesen ist die Zahl derjenigen, die ihr Leben weitgehend durch die Lehre bestimmen lassen eher klein.


    Akzeptiert ihr die Bemühung um einen sB als einen legitimen Versuch eine für die heutige Zeit angemessene Ausdrucksform der Lehre zu finden?
    Immerhin war jede der heute bestehenden Richtungen irgendwann auch einmal der Versuch genau dies zu tun.

    Danke für den Hinweis Thomas, interessantes Thema auch für einen nicht-Tibeter.


    Es hat ja solche Ansätze für 'den Buddhismus' insgesamt immer mal wieder gegeben etwa ausgehend von den b. Weltkongressen.
    https://en.wikipedia.org/wiki/…da_and_Mah%C4%81y%C4%81na


    Ich finde es spannend, wenn jemand ernsthaft versucht, die Zentralaussagen der Lehre herauszuarbeiten und das Gemeinsame zu betonen.