Beiträge von Raphy im Thema „Von der Freiheit des Lossgelassenhabens“


    Gerne liebe/r Carneol,


    danke und dir auch schöne Grüße. :)

    Stero:
    Sherab Yönten:

    Entsagung ist eigentlich nichts anderes wie die Erkenntnis, dass der Daseinskreislauf letztendlich leidvoll ist (erste edle Wahrheit). Die weiteren Schritte ergeben sich aus den anderen 3 edlen Wahrheiten.


    Wenn Entsagung diese Erkenntnis ist, dann erübrigen sich "weitere Schritte". Warum? Weil mit der Erkenntnis die Entsagung vollzogen ist.


    Hallo lieber Stero,


    in der Buddhalehre wie ich sie verstehe und gelernt habe, ist es eben nicht so, dass Erkenntnis allein ausreicht. Der edle achtfache Pfad des Erhabenen umfasst acht Punkte, wo "richtige/rechte Erkenntnis" nur ein Punkt ist.
    Die anderen sieben sind: richtige/rechte Gesinnung (Absicht), richtige/rechte Rede, richtige/rechte Tat (Handeln), richtiger/rechter Lebenserwerb (Lebensweise), richtige/rechte Anstrengung, richtige/rechte Achtsamkeit und richtige/rechte Sammlung (Konzentration).


    Siehe zum Beispiel hier: http://www.palikanon.com/wtb/magga.html


    Auch aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass bei mir Erkennen allein nie lange ausgereicht hat. Es gibt immer noch genug für mich zu tun.


    Es kann natürlich sein, dass ich da einer Illusion unterliege und es letztendlich wirklich nichts zu tun gibt. Aber dann bin ich scheinbar noch nicht soweit. Und solange ich noch nicht soweit bin, tue ich sowieso Dinge in dieser Welt, schon allein aus lauter Langeweile. Und da es sowieso gleich ist was ich tue, kann ich auch versuchen dem edlen achtfachen Pfad des Buddha zu folgen.


    Denn falls das wirklich alles stimmt was überliefert ist oder wenigstens grob stimmt, dann mache ich für mich genau das Richtige und falls es nicht stimmt was überliefert ist, dann habe ich wahrscheinlich auch nicht mehr Nachteile, als wenn ich etwas Anderes gemacht hätte.


    Aussteigen kann ich immer noch wenn es mir zu krass wird oder ich meine es ist doch nicht der richtige Weg.


    Und ich hatte auch sehr oft Phasen im meinem Leben wo mir das alles zu viel war und ich mich nicht mehr um den achtfachen Pfad und die Buddhalehre gekümmert habe. Es war für mich rückblickend wohl wie eine Art Erholung. Trotzdem hat es mich immer wieder auch zur Buddhalehre zurückgezogen, weil ich in diesen Phasen der Erholung gemerkt habe, dass die Buddhalehre scheinbar wirklich was für mich ist und ich es auf jeden Fall ausprobieren will und schauen will wie weit ich da komme.


    Hier im Forum sind mir schon manchmal Leute aufgefallen die der Buddhalehre nach eigenen Angaben ein Stück weit gefolgt sind und diese dann aber aufgegeben haben. Ich war da nie so. Ich habe das in meinen Pausen immer offen gelassen ob ich mich irgendwann mal wieder damit beschäftige. Es kann ja theoretisch auch sein, dass ich einfach noch zu unfähig bin die Lehre komplett zu erfassen und zu praktizieren.


    Deswegen bin ich für mich zu dem Schluss gekommen dem Pfad weiter zu folgen. So gut oder schlecht ich eben kann und so weit wie meine begrenzten geistigen und körperlichen Fähigkeiten reichen. Und ich nehme mir auch weiterhin die Pausen die ich brauche.


    Abgesehen davon war ich sowieso immer jemand der sich auch mit anderen Lehren und Religionen beschäftigt hat. Aber die Buddhalehre hat sich bis jetzt als die tragendste herauskristallisiert.


    Nur mal so als Beispiel wie man auch an die Lehre heran gehen kann ohne sie gleich komplett zu verurteilen, wenn es mal schwer wird.


    Ein Beispiel was mir in dem Zusammenhang einfällt ist ein Süchtiger, der für sich die Erkenntnis hat, dass er mit der abhängig machenden Substanz aufhören will. Da steht der Entschluss und die Erkenntnis oft am Anfang eines langen und nicht unbedingt leichten Weges.


    Dein Ansatz Stero ist natürlich genauso berechtigt, aber mein Standpunkt zur Zeit ist eben ein anderer, scheinbar.


    Ich kann deinen Ansatz insofern nachvollziehen, dass ich eine Phase hatte, wo ich eine Art inneren Frieden oder friedliche Stille in mir wahrgenommen habe (In einer Art und Qualität die ich vorher nicht kannte.) und seitdem so gut wie möglich versuche dem treu zu bleiben. Wozu auch gehören kann sich nicht besonders um diesen Frieden zu kümmern, weil er dann erst recht verdeckt ist, wahrscheinlich durch Anhaftung an ihn. Auf der anderen Seite hat mich aber erst die Bemühung um diesen Frieden soweit gebracht zu erkennen, dass ich mich nicht immer darum bemühen muss. Trotzdem gibt es auch heute immer wieder Phasen wo ich mich auch aktiv bemühe. Aber dieses aktive Bemühen ist nicht die einzige Möglichkeit, sondern scheinbar nur die eine Hälfte. Das passive "sein lassen" scheint auch wichtig zu sein.


    Erinnert mich ein wenig an Ying und Yang, wo wohl auch das Ideal ist, dass sich die weiblichen und männlichen Aspekte - also auch aktiv und passiv - ergänzen, zusammenarbeiten und das eine sogar in dem anderen mit enthalten ist.
    Wo ich wieder beim mittleren Weg des Buddha bin, der die Extreme meidet.


    Aber um auf diesen mittleren Weg zu kommen, kann es wohl auch sein, erst einmal in das entgegengesetzte Extrem zu dem zu fallen was man vorher gelebt hat. Wie bei einem Pendel. Je extremer man gelebt hat, desto extremer geht das Pendel in die andere Richtung. Aber bei dieser Pendelbewegung streift man auch immer kurz die Mitte und das ist die Chance selbst zu erfahren was die Mitte ist und ob man diesen Frieden der da herrscht überhaupt will.


    Deswegen kann ich mir gut vorstellen, dass gerade jemand der sich zu sehr und extrem bemüht hat sein Leben lang, erst einmal in das andere Extrem fällt. Dabei aber vielleicht die Mitte streift, wenn er Sensibilität dafür hat und es ihn interessiert.


    Und für mich ist es so, um bei dem Bild des Pendels zu bleiben, dass ich am besten die Finger vom Pendel lasse damit es sich von selbst beruhigen kann. Das ist die passive "So-Sein-Lassen"-Seite. Aber wenn ich bemerke ich stoße das Pendel immer wieder an, dann muss ich Anstrengung aufwenden nicht zuzugreifen um das Pendel zu beeinflussen und immer wieder von neuem anzutreiben. Das wäre die aktive "Anstrengungs"-Seite.


    Das mit dem Pendel ist natürlich nur ein Bild was ein Prinzip oder eine Richtung verdeutlichen soll.


    Im Leben ist das alles natürlich noch Vielschichtiger. Denn oft will ich zum Beispiel gar nicht, dass das Pendel zum Stillstand kommt. Ich will lieber machen wozu ich gerade Lust habe und das alles möglichst ohne groß zu Leiden.


    Da ich aber auch die Erfahrung der inneren Stille und des Friedens kenne, könnte es sein, dass es wirklich der richtige Weg ist das Pendel sich auspendeln zu lassen bis es schließlich zum Stillstand kommt.


    Wo ich dann beim edlen achtfachen Pfad und der überlieferten Buddhalehre bin.


    Aber das ist alles nur meine derzeitige, begrenzte Meinung. Kann Morgen schon wieder ganz anders aussehen.


    Liebe Grüße