Beiträge von Thorsten Hallscheidt im Thema „Weiß jemand, welcher Richtung Rodrigo Gonzalez Zimmerling angehört?“

    Nun ja... wenn Du genau liest, siehst Du, dass ich auf einen Text aus dem Buch ab Seite 109 verwiesen habe, und dann noch das Resüme der Autoren auf S. 121.


    Aber es lohnt sich in jedem Fall, auch das ganze Buch zu lesen.


    Du musst im Übrigen ja meiner Auffassung nicht folgen. Jedenfalls hast Du die Möglichkeit, meine Argumentation nachzuvollziehen. Aber auch das – versteht sich – ist natürlich vollkommen freiwillig. Wo kämen wir denn da hin....!


    :)

    Zitat

    Du bist aber bisher nicht bereit gewesen, diese begründet zu belegen.


    Doch, na klar. Ich habe ein ganzes Buch zitiert, in dem anhand von sehr vielen Belegen, Quellen und Überlegungen gezeigt wird, dass und wie man in den frühbuddhistischen Texten authentische Texte von nachträglichen Einfügungen gut unterscheiden kann. Das Buch ist voller unmittelbarer Textbelege. Auch gibt es im Text Überlegungen und Hinweise, warum diese nachträglichen Ausschmückungen vorgenommen worden sind. Lies das. Dort findest Du Begründungen zu meiner These zuhauf. Warum soll ich das alles nochmal hier aufschreiben? Das ist mir zu viel Arbeit.


    Oder bist Du vielleicht nicht willens, nicht bereit, Dich auf diese Argumentation einzulassen, lieber Helmut?


    Hm?


    (:

    Hallo Helmut.


    Nachdem ich die gruppierte Sammlung gelesen hatte, wunderte ich mich über die ganzen Geschichten , die voller indischer Gottheiten und Feenwesen sind. Diese Texte sind ist so ganz anders als die Sutten, die ich zuvor gelesen hatte. Remo Beyerlein, der Herausgeber der deutschsprachigen Ausgabe des Palikanon, verwies mich dann auf dieses Buch, in dem die historischen Bezüge und Entwicklungen des Pali-Kanon untersucht werden – und zwar aus der Perspektive von zwei Mönchen, die ein großes Interesse haben, die Authentizität der Schriften zu belegen. Remo ist ein echter Experte in Bezug auf den Palikanon. Hinter ihm verstecke ich mich gerne –> besser gesagt, ich vertraue seinen Aussagen. ^^


    T

    Kannst du dafür mal so zwei oder drei Beispiele aus dem Palikanon mit genauer Quellenangabe und einer Begründung dafür, warum es werbetechnisch motivierte Einschübe sind, geben?


    Gruß Helmut


    Hallo Helmut.


    Oh, da gibt es ein ganzes Buch dazu:


    authenticity.pdf


    z.B. ab Seite 109


    Auf Seite 121 resümieren die beiden Autoren:

    Zitat

    Wir leugnen nicht, dass in den FBT eine Weltsicht zum Ausdruck kommt, zu der übernatürliche Phänomene gehören. Es ist sogar wahrscheinlich, dass genau diese Weltsicht teilweise dafür verantwortlich war, dass solches Material in die erzählerischen Abschnitte aufgenommen wurde. Das, und das Prestige, dass das den Suttas möglicherweise in den Augen der beabsichtigten Zuhörerschaft gegeben hat, ist ausreichend, um seine Anwesenheit zu erklären. Es gibt keinen guten Grund, zu glauben, dass die Existenz dieser Elemente zeige, dass die Weitergabe des Hauptinhalts der Lehre unzuverlässig war.


    Viele Grüße


    T

    Also das Buch habe ich Zuhause und da steht zwar viel, aber von Nebenfrauen steht soweit ich mich erinnere nichts drinnen. Was nicht heißen soll, dass es nicht stimmt, aber eben nicht von dieser Quelle kommt. Aber in dieser Biografie wird nur Dagmema erwähnt. Außerdem auch nur 2 Söhne, keine 7 Kinder.

    Na ja, die Autoren schreiben ja, dass die Geschichte mit den Nebenfrauen nur am Rande oder im Rahmen von mündlichen Überlieferungen erwähnt wird. Ich nahm an, dass sie sich auf dieses Buch beziehen, weil es große Ähnlichkeiten in der Struktur mit dem Artikel aufweist. Vielleicht haben sie es ja auch nur erfunden... wir können sie ja mal fragen.

    Ja, ja, ich weiß schon... Diamantwegbuddhismus... Ole Nydahl... Kann man sich auf diese Quelle verlassen? Lügen die nicht alle? Tja, wer weiß... andererseits: nur, weil jemand 1998 bei Ole Nydahl war, muss er nicht unbedingt Unsinn erzählen. Aber vielleicht doch? Hm...


    Allem Anschein nach jedenfalls beziehen sich die beiden Autoren in Buddhismus Aktuell auf folgende englische Übersetzung aus dem Tibetischen:


    -> Klick


    Ob nun aber Tsangnyön Heruka vertrauenswürdig ist? Wenn selbst im Palikanon werbetechnisch motiviert erfundene Einschübe zu finden sind – wem kann man da überhaupt noch trauen?!


    :lies:


    T

    Hallo Leonie.


    Zitat

    Aber damit mache ich keine Geschäfte. Das sind Hungergeister, die von Hungergeistern gefüttert werden.


    Marpa, der Lehrer von Milarepa, hat mit Dharma-Unterweisungen so viel Gold verdient, dass er jahrelang davon leben und reisen konnte. Er hatte einige Dharmazentren gegründet und betrieben... in einem jeden von diesen Zentren hatte er eine Frau, genauer Nebenfrau zu seiner Hauptfrau.


    Nun ja... andere Länder andere Sitten.


    Die biografischen Eckpunkte zu den drei Persönlichkeiten sind übrigens keine Erfindungen. Es sind vielleicht etwas ... zeitgenössischere ... Formulierungen. :|


    Warum habe ich das geschrieben? Ist doch klar... Du legst offenbar bei der Beurteilung eines Lehrer sehr viel Wert auf eine schlüssige Biografie. Gerade bei den herausragenden Lehrern finden sich aber eher von Pragmatismus, Krisen und Unstetigkeit geprägte Lebensläufe. Das ist auch kein Wunder... immerhin gedeiht der Dharma auf dem Boden von Krisen besonders gut.


    (:


    T

    Hallo Leonie.


    Keine Erfindungen. Der erste ist Milarepa, der zweite Buddha, der dritte Jesus.


    Der Deal früher war anders als heute: Du gibst Unterweisungen und bekommst dafür Essen und medizinische Versorgung. Als obdachloser Landstreicher, der religiöse Lehre verbreitet, warst Du anerkannt und bist es in Indien zum Teil bis heute. Werbung haben alle von mir genannten Personen auf ihre Weise gemacht, entweder sie selbst oder die Schüler. Paulus z.B. war der PR-Manager des Christentums, und auch Buddha musste ausgerechnet von Brahman, dem höchsten Gott des indischen Panteons, gebeten werden, zu unterrichten... drunter gings offenbar nicht, um Buddhas Bedeutung für das einfache Volk zu unterstreichen. Jede Zeit hat ihre Werbemechanismen.


    In Japan führt z.B. die Ausbildung zum Zen-Priester zu einem lukrativen Einkommen, indem der Priester Zeremonien gegen Geld durchführt. In Tibet sind die Mönche zwar "arm" gewesen, die Klöster zum Teil aber sehr wohlhabend – im Gegensatz zu der völlig verarmten "normalen" Bevölkerung.


    Die Vermittlung der Lehre brauchte gestern wie heute Infrastruktur und Zeit. Woher kommt das Geld?


    Jeder Profi braucht Zeit und Geld, um seinen Job gut zu machen. Zwischen "sein Lebensunterhalt bestreiten" und "sich bereichern" besteht meiner Ansicht nach ein großer Unterschied.


    Viele Grüße


    T

    Zitat

    Wenn biographische Angaben lückenhaft oder undeutlich sind, ohne Daten die nachprüfbar wären, dann kommen berechtigte Zweifel auf.


    Hallo Leonie.


    Was ist denn von einem Typen aus prekären Verhaltnissen, aus der Unterschicht, zu halten, eine Halbwaise, die Morde begangen, Leute betrogen und andere dubiose und düstere Machenschaften ausgeübt hat, um sich dann ausgerechnet einen reichen Kaufmann, mehrfachen Familienvater und Hobbyübersetzer als buddhistischen Lehrer zu suchen... was ist von einem zu halten, der schließlich behauptet, alle seien verrückt, nur er nicht, der dann irgendwo in der Wildnis haust, Stimmen hört und sich von Brennesseln ernährt, wenn ihn die Leute von dem wenigen, was sie haben, nicht anders durchfüttern?


    Oder vom verwöhnten Sohn eines Provinzbonzen, der Frau und Kinder sitzen lässt, zu irgendwelchen Linken oder Hippies in den Wald zieht, mal diesen, mal jenen Guru ausprobiert, bei keinem lange bleibt, sich mit dem Establishment anlegt, schließlich fast draufgeht, um dann zu behaupten, er allein habe die Wahrheit gefunden, die aber wahrscheinlich eh keiner außer ihm versteht?


    Oder vom durchgeknallten Sohn eines Handwerkers, der behauptet, er wäre der Auserwählte, sich mit dem Kapital anlegt, mit der Staatsmacht, nie was Gescheites arbeitet, sich durchfüttern lässt, für den sich keiner so richtig einsetzen will als er im Knast sitzt, der von seinen eigenen Freunden verleugnet wird und der schießlich von allen verlassen auf einem Hügel vor der Stadt elends verreckt.



    Habe die eine schlüssige Biografie? Wirken die vertrauenswürdig?


    Liebe Grüße


    T

    Hallo @mkha' .


    Mir ist in den letzten Jahren und vielleicht Jahrzehnten aufgefallen, dass Lehrer, die von irgendwem autorisiert worden sind, nicht unbedingt gute Lehrer waren. Oft war es sogar die Tradition, die so viele Beschränkungen erzeugt hat, dass die Lehre erstarrt und eng wurde. Ich beobachte es immer wieder, dass gerade sehr alte Traditionslinien kein Garant für die Qualität der Lehre sind, weil es oft an authentischer Erfahrung fehlt. Die Lehrenden, die sich innerhalb der großen Traditionslinien behaupten können, haben oft genug einen Weg von Ehrgeiz, Machtansprüchen, Unterwerfung, blindem Gehorsam und Bigotterie hinter sich. Das hat diese Menschen geformt, zum Teil verformt...

    Zudem bemerke ich zunehmend, dass sehr oft die kulturellen Hintergründe der verschiedenen Lehrsysteme ein echtes Hindernis für ein lebendiges Verständnis der Lehre bedeuten. Aus diesem Grund finde ich den Ansatz eines deutschen (oder besser westlichen) Zugangs zum Buddhismus, den Rodrigo Gonzalez Zimmerling vertritt, auch gut, egal, ob er nun von jemandem autorisiert wurde oder nicht.


    Was mich an einigen Geshes, Meistern, Lamas der verschiedenen Traditionen zum Beispiel mittlerweile echt nervt, ist, dass sie zum einen glauben, auf alles eine Antwort haben zu müssen, zum anderen aber jede Diskussion, ob diese Antwort auch richtig oder angemessen ist, verhindern. Der Nimbus der tradierten Autorität umfängt diese Personen mit einer scheinbaren intellektuellen Unangreifbarkeit, die Schüler wie Interessierte vor lauter "heiliger Scheu" verstummen lässt. Auf diese Weise erleben diese Lehrer auch nie eine echte Kritik an Inhalt oder Methode ihrer Lehre. Es findet ab einem bestimmten Punkt offenbar kein Dazulernen (-wollen) mehr statt, sondern sie reproduzieren den immer gleichen Text – wie seit Jahrhunderten. Das bringt aber nix, weil die Lehre immer wieder der lebendigen Auseinandersetzung bedarf, bei der keine Frage, Bemerkung oder Kritik deplatziert sein darf – im Gegenteil. Gerade weil die buddhistische Lehre das wichtigste überhaupt ist, was es zu verstehen gibt, muss es eine echte Auseinandersetzung geben, die nicht durch Autorität, falschen Respekt oder Tradition eingeschränkt sein darf. Statt dessen sitzen einige "Lehrer" da auf den Thronen ihrer jeweiligen Traditionen, lassen sich verehren und bedienen, und verbreiten die Illusion, sie wären im Besitz der letzen Wahrheiten, die nur besonderen Eingeweihten zugänglich sei.


    Es gibt Ausnahmen, natürlich... Aber die findet man nicht, indem man auf die äußeren Label von Tradition oder Autorisierung, nicht auf Prunk oder "Heiligkeit" achtet. Die findet man nur, indem man den Leuten alle Fragen stellt (und stellen kann!), die einem auf der Seele brennen, und nachvollziehbare Antworten bekommt – Antworten die mit unserem konkreten Leben, unseren konkreten Problemen und unserer konkreten Kultur zu tun haben, auch wenn diese Antwort manchmal sein kann: Ich weiß es nicht. Oder: Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, danke für den Hinweis! Diese offene Form der Auseinandersetzung mit einem Lehrer habe ich leider nur selten erlebt.


    Sobald es hingegen ein Lehrer zulässt, dass ein Schüler sich vor ihm oder ihr tatsächlich oder intellektuell auf den Boden wirft, kann es keine verlässliche Vermittlung der Lehre mehr geben... nicht mehr heute, nicht bei uns im Westen. In der tibetischen, indischen oder der japanischen Kultur mag diese devote Haltung ein angemessener Ausdruck des Respekts gewesen sein. Bei uns ist das der falsche Weg.


    Robert Aitken ist ein solcher Lehrer gewesen, der einen anderen Weg eingeschlagen hat, folgt man seinen Schriften und dem, was seine Schüler über ihn gesagt haben. Sicher gibt es noch viele andere, die aber oft unbekannt bleiben, weil sie es innerhalb der Hierarchien der jeweiligen Traditionen nicht besonders weit gebracht haben.


    Krishnamurti bringt dieses Dilemma in seinen Büchern und Vorträgen auch immer wieder sehr gut auf den Punkt. Darum habe ich das Zitat oben hier angeführt.


    Es grüßt


    T

    Welche Linie... welcher Lehrer... Teravada, Mahayana, Zen oder Diamantweg... ist er/sie autorisiert oder nicht und von wem überhaupt ...?


    Das ist so sinnlos... :|


    "Das Gute hat nicht das geringste mit dem Streben nach Konformität zu tun. Wenn Sie sich einem Glauben, einer Vorstellung, einer Idee, einem Prinzip anpassen, ist das nicht gut, weil es einen Konflikt erzeugt. Das Gute kann nicht durch irgendjemanden anderen zum Erblühen gebracht werden, durch keine religiöse Persönlichkeit, kein Dogma, keinen Glauben. Das Gute kann nur auf dem Boden umfassender Aufmerksamkeit erblühen, da, wo es keine Autorität gibt. [...]


    Ein Mensch, der die Dinge beobachtet, erkennt, was die Welt ist und dass er die Welt ist. Er sieht, dass die Welt nicht anders ist als er, dass er diese Welt erschaffen hat, dass er die Gesellschaft und die Religionen mit ihren unzähligen Dogmen, Glaubenssystemen, Ritualen, mit ihren Aufspaltungen in Gruppen und Untergruppen erschaffen hat. Menschen haben das geschaffen. Ist es das, was uns daran hindert, gut zu sein? Ist es, weil wir an etwas glauben oder weil wir so sehr mit unseren eigenen Problemen beschäftigt sind, unseren sexuellen Schwierigkeiten, unseren Ängsten, unserer Einsamkeit, unserem Verlangen nach Erfüllung, unserem Wunsch, uns mit irgendetwas zu identifizieren? Ist es das, was ein menschliches Wesen davon abhält, gut zu sein? Wenn diese Dinge uns daran hindern, dann sind sie wertlos. Wenn Sie sehen, dass die Entfaltung des Guten durch jeglichen Druck gleich welcher Art – Ihr Glaube, Ihre Prinzipien und Ideale eingeschlossen – absolut verhindert wird, werden Sie all das ganz einfach ohne zu zweifeln und ohne inneren Konflikt ablegen, denn Sie erkennen, wie dumm das ist.[...]"


    Jiddu Krishnamurti aus "Ein Leben in Güte" (1979).