Hallo
@mkha' .
Mir ist in den letzten Jahren und vielleicht Jahrzehnten aufgefallen, dass Lehrer, die von irgendwem autorisiert worden sind, nicht unbedingt gute Lehrer waren. Oft war es sogar die Tradition, die so viele Beschränkungen erzeugt hat, dass die Lehre erstarrt und eng wurde. Ich beobachte es immer wieder, dass gerade sehr alte Traditionslinien kein Garant für die Qualität der Lehre sind, weil es oft an authentischer Erfahrung fehlt. Die Lehrenden, die sich innerhalb der großen Traditionslinien behaupten können, haben oft genug einen Weg von Ehrgeiz, Machtansprüchen, Unterwerfung, blindem Gehorsam und Bigotterie hinter sich. Das hat diese Menschen geformt, zum Teil verformt...
Zudem bemerke ich zunehmend, dass sehr oft die kulturellen Hintergründe der verschiedenen Lehrsysteme ein echtes Hindernis für ein lebendiges Verständnis der Lehre bedeuten. Aus diesem Grund finde ich den Ansatz eines deutschen (oder besser westlichen) Zugangs zum Buddhismus, den Rodrigo Gonzalez Zimmerling vertritt, auch gut, egal, ob er nun von jemandem autorisiert wurde oder nicht.
Was mich an einigen Geshes, Meistern, Lamas der verschiedenen Traditionen zum Beispiel mittlerweile echt nervt, ist, dass sie zum einen glauben, auf alles eine Antwort haben zu müssen, zum anderen aber jede Diskussion, ob diese Antwort auch richtig oder angemessen ist, verhindern. Der Nimbus der tradierten Autorität umfängt diese Personen mit einer scheinbaren intellektuellen Unangreifbarkeit, die Schüler wie Interessierte vor lauter "heiliger Scheu" verstummen lässt. Auf diese Weise erleben diese Lehrer auch nie eine echte Kritik an Inhalt oder Methode ihrer Lehre. Es findet ab einem bestimmten Punkt offenbar kein Dazulernen (-wollen) mehr statt, sondern sie reproduzieren den immer gleichen Text – wie seit Jahrhunderten. Das bringt aber nix, weil die Lehre immer wieder der lebendigen Auseinandersetzung bedarf, bei der keine Frage, Bemerkung oder Kritik deplatziert sein darf – im Gegenteil. Gerade weil die buddhistische Lehre das wichtigste überhaupt ist, was es zu verstehen gibt, muss es eine echte Auseinandersetzung geben, die nicht durch Autorität, falschen Respekt oder Tradition eingeschränkt sein darf. Statt dessen sitzen einige "Lehrer" da auf den Thronen ihrer jeweiligen Traditionen, lassen sich verehren und bedienen, und verbreiten die Illusion, sie wären im Besitz der letzen Wahrheiten, die nur besonderen Eingeweihten zugänglich sei.
Es gibt Ausnahmen, natürlich... Aber die findet man nicht, indem man auf die äußeren Label von Tradition oder Autorisierung, nicht auf Prunk oder "Heiligkeit" achtet. Die findet man nur, indem man den Leuten alle Fragen stellt (und stellen kann!), die einem auf der Seele brennen, und nachvollziehbare Antworten bekommt – Antworten die mit unserem konkreten Leben, unseren konkreten Problemen und unserer konkreten Kultur zu tun haben, auch wenn diese Antwort manchmal sein kann: Ich weiß es nicht. Oder: Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, danke für den Hinweis! Diese offene Form der Auseinandersetzung mit einem Lehrer habe ich leider nur selten erlebt.
Sobald es hingegen ein Lehrer zulässt, dass ein Schüler sich vor ihm oder ihr tatsächlich oder intellektuell auf den Boden wirft, kann es keine verlässliche Vermittlung der Lehre mehr geben... nicht mehr heute, nicht bei uns im Westen. In der tibetischen, indischen oder der japanischen Kultur mag diese devote Haltung ein angemessener Ausdruck des Respekts gewesen sein. Bei uns ist das der falsche Weg.
Robert Aitken ist ein solcher Lehrer gewesen, der einen anderen Weg eingeschlagen hat, folgt man seinen Schriften und dem, was seine Schüler über ihn gesagt haben. Sicher gibt es noch viele andere, die aber oft unbekannt bleiben, weil sie es innerhalb der Hierarchien der jeweiligen Traditionen nicht besonders weit gebracht haben.
Krishnamurti bringt dieses Dilemma in seinen Büchern und Vorträgen auch immer wieder sehr gut auf den Punkt. Darum habe ich das Zitat oben hier angeführt.
Es grüßt
T