Beiträge von Karnataka im Thema „Zen-Priester unter Missbrauchsverdacht“


    Ich würde das symbolische Kapital als Markenwert verstehen. Welchen Schaden nimmt das Unternehmen Katholische Kirche in der Ortschaft Oberstinkenbrunn, wenn sich herausstellt, dass der Pfarrer was mit seiner Köchin hat? Zuvor: 45 Besucher der Sonntagsmesse. Danach: 8 Besucher. O weh…


    Soziales Kapital scheint mir ein für das Verständnis von Ökonomie wichtiger Begriff. Zentral scheint mir hier das Vertrauen. Vertrauen der Marktteilnehmer zueinander, Vertrauen zum Rechtsstaat, vielleicht auch das Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft. Der Begriff zeigt, dass Wirtschaft Verantwortung braucht.


    Vertrauen scheint also für das symbolische wie auch soziale Kapital entscheidend.

    Was ist eine unmoralische Beziehung?


    Nehmen wir die Trumps. Er: Äußerst mächtig und sehr reich. Sie: wesentlich jünger, zudem kann sie als ehemaliges Mannequin als sehr attraktiv bezeichnet werden. Dieser Gegensatz kann als Hinweis gedeutet werden, dass die gegenseitige Anziehung oberflächlich sein könnte. Ist er nicht mehr mächtig und reich, ist sie nicht mehr jung und attraktiv, zerfällt die Beziehung – sofern sie bloß darauf gründet.


    Tatsächlich wird Trump mächtig und reich bleiben und seine Frau im Verhältnis jung und schön. Die Beweggründe sind also nicht besonders zerbrechlich. Die Trumps können getrost an ihre Liebe glauben.


    Sicher ist es legitim, durch Liebe besitzen zu wollen: Reichtum, Macht, Schönheit, Jugend. Dennoch gibt es graduelle Unterschiede. Tritt der Wille zum Haben zu deutlich in Erscheinung, liegt der Verdacht nahe, dass ein solcher Mensch nur oberflächliche Werte besitzt.


    Bezogen auf den Buddhismus-Lehrer habe ich das Problem der Gemeinschaft schon zur Diskussion gestellt. Wenn es zudem um ein Haben geht, etwa Prestige für den Schüler, Jugend für den Lehrer, steht zur Frage, ob heimlicher Sex wirklich gewünscht wird.

    Tychiades:

    Wenn man das Gute im Menschen nicht voraussetzen kann, woher kommt es dann? Übereinkünfte bzw. Verträge werden mit Gleichrangigen getroffen, aber bereits hier ist das eine Annahme, die unterstellt wird. Bevor ich aber Verträge abschließe, braucht es bereits dafür eine Grundlage.
    Es ist m.E. umgekehrt: die Übereinkünfte ergeben sich auf Basis einer Ethik.
    Wenn man nun hinsichtlich der Ethik keine gemeinsame Basis hat, lassen sich Übereinkünfte nicht schließen. Es kommt zum Zerfall.


    Das sehe ich genauso.


    Ohne einer fürsorglichen Affenmutter kann sich ein Affenkind nicht gesund entwickeln. Bei Menschen wird dies noch deutlicher. Eine liebevolle Mutter ermöglicht die Bildung eigener fürsorglicher Fähigkeiten. Diese bringen in motivationaler, kognitiver Hinsicht das, was sich als „guter Wille“ bezeichnen lässt, also die Anerkennung des anderen Menschens und seines Strebens nach Glück. So gesehen ist das Gute im Menschen die Basis von Ethik.


    Das Gute im Menschen zeigt sich naturgemäß besonders in menschlichen Nahbeziehungen. Für größere und anonyme Gemeinschaften wird Gerechtigkeit bedeutsam. Was ist Gerechtigkeit? Wenn Affen ungerecht gefüttert werden, die einen mit Gurken, die anderen mit Weintrauben, reagieren sie sehr verärgert. Es scheint also einen Zusammenhang von Neid und Gerechtigkeitsempfinden zu geben.


    Neid kann daher eine Motivation sein, Regeln für das Leben in großen Gemeinschaften zu schaffen. Regeln sollen Gewalt verhindern, solche Verträge dem beiderseitigen Vorteil dienen. Lässt sich draus schließen, dass das Gute im Menschen für die Großgruppe an Bedeutung verliert?


    Ich denke nicht. Regeln alleine reichen nicht aus. Besitzen Menschen keinen guten Willen, wird er auch bei den Verantwortlichen nicht zu finden sein. Sind die Verantwortlichen aber nicht integer, nützt das beste Regelwerk nichts.

    Sudhana:

    Trotzdem gibt es einen Zusammenhang zwischen tabuisierter oder unterdrückter Sexualität und pädophilen Straftaten. Die meisten Straftäter (grob 90%) gehören nicht zum sog. 'fixierten Typus' (dem 'klassischen' Pädophilen), sondern zum 'regressiven Typus', bei dem man auch von einem "Ersatzobjekttäter" spricht. Diese sind nicht speziell auf Kinder ausgerichtet, wenden sich ihnen jedoch als 'Ersatzobjekt' zu, wenn sie es (aus den unterschiedlichsten Gründen) nicht schaffen, eine sexuelle Beziehung mit Erwachsenen einzugehen. Die aus der Presse bekannt gewordenen Details des Falles Döring deuten auf solch einen Typus hin. Dieser Typus ist vergleichsweise (zum fixierten Typ) gut therapierbar; die Rückfallquote wird auf 10 - 30% geschätzt (Beier K. M.: „Dissexualität im Lebenslängsschnitt“, Theoretische und empirische Untersuchungen zur Phänomenologie und Prognose begutachteter Sexualstraftäter. Berlin 1995), während sie bei einem straffällig gewordenen 'fixierten Typ' mit ca. 80% anzusetzen ist (a.a.O.). Hier sind dann Präventionsprogramme zur Verhinderung einer ersten Straffälligkeit besonders wichtig, mit denen diese Gruppe auch gut erreichbar ist.


    Ergänzend: als dritte Gruppe existiert noch der antisoziale Typus. Hier gibt es ebenfalls keine sexuelle Fixierung speziell und ausschließlich auf Kinder, sondern vor allem auf Gewalt. Kinder sind hier vor allem die leichteren Opfer - und der Mißbrauch beginnt häufig mit Entführung und endet mit Mord. Leider ist es vor allem diese - statistisch insignifikanteste - Gruppe, die die Einstellung großer Teile der Öffentlichkeit gegenüber pädophilen Straftätern bestimmt. Was die psychischen, psychosomatischen und psychiatrischen Folgeschäden, die durch einen Mißbrauch durch einen Täter vom regressiven Typ verursacht werden können, nicht verharmlosen oder beschönigen soll. Auch, wenn Genpo Döring diesem regressiven Typus zuzuordnen wäre, bleibt er doch ein Krimineller und ist ganz gewiss kein Justizopfer oder Opfer einer verklemmten gesellschaftlichen Sexualmoral. Was man ihm zugute halten kann und auch sollte, ist seine Geständigkeit, die es voraussichtlich den von ihm missbrauchten Kindern erspart, vor Gericht aussagen zu müssen. Und ja - natürlich ist er auch ein Mensch, der einem leid tun kann, auch wenn für sein Leiden das eigene Handeln ursächlich ist.


    Die Einteilung Fixierung/Regression/bösartige Persönlichkeitsstörung ist gut nachvollziehbar.


    Der antisoziale Psychopath ist als pädophiler Täter sicher nur eine Randerscheinung und findet sich öfter unter gewöhnlichen Gewaltverbrechern. Allerdings skizziert Kernberg eine fortschreitende Pathologie vom harmlosen Narzissten über den Ausbeuter zum bösartigen Narzissmus hin zur antisozialen Persönlichkeitsstörung.


    Eben aufgrund der ausschließlichen Orientierung auf Gewaltbeziehungen ergibt sich die extrem schlechte Behandlungsprognose der antisozialen Persönlichkeitsstörung. Denn jede Behandlung wird unmöglich, wenn der Klient zur Gefährdung für den Therapeuten wird, weil er sein Schema der Gewaltbeziehung bestätigt sehen will.


    Dieser Typus fügt nicht nur Kindern, sondern vielen Menschen in seinem Umfeld Leid zu, möchte alles Gute aus Neid zerstören. Er begegnet dementsprechend hauptsächlich in Haftanstalten. Ich glaube jedoch nicht, dass sich eine sichere Diagnose und Prognose und Abgrenzung zu weniger gefährlichen und besser behandelbaren Persönlichkeitsstörungen treffen lässt. Der DL weist in seiner Ethik darauf hin, dass wir jedem Menschen die prinzipielle Möglichkeit zur Veränderung zugestehen müssen (so wie wir das auch für uns selbst annehmen und uns selbst verzeihen). Zugleich muss die Gesellschaft vor extremen Störungen geschützt werden. Mein Lieblingspsychopath: https://www.youtube.com/watch?v=TxtrOBYUhUE


    Sicher ist demgegenüber der ungleich häufiger vertretene Typus des regressiven Missbrauchtäters gut behandelbar. Er sucht ein Ventil für seine Sexualität, ist dabei jedoch nicht auf Kinder oder Jugendliche fixiert und kein ausgesprochener Gewalttäter. Natürlich sind solche Menschen für die Arbeit mit Jugendlichen völlig ungeeignet, selbst wenn sie sonst vielleicht engagierte Lehrer sind: https://www.youtube.com/watch?v=pjU7P6M7rj4

    Zuerst eine Entschuldigung: Bei mir sind zum Thema sogleich Überlegungen entstanden, die ich mitteilen möchte. Eure Beiträge habe ich nicht verfolgt und werde das heute abend nachholen!


    Interessant scheint mir die Frage, ob es einen statistisch signifikanten Zusammenhang von Missbrauch und der Ächtung sexueller Beziehungen gibt. Werden also beispielsweise Pfarrer oder Mönche leichter zu Tätern, wenn sie mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, als andere in diesem Bereich Tätige? Folgt man dieser bekannten und naheliegenden These, dann sollten religiöse Gemeinschaften von ihren Lehrern keine prinzipielle sexuelle Enthaltsamkeit fordern und beispielsweise zulassen, dass diese verheiratet sind.


    Wieso sollen spirituelle Lehrer aber keine sexuellen Kontakte zu erwachsenen Schülern haben dürfen? Wo liegt der Sinn einer solchen Regel? Es ist doch normal, dass sich erwachsene Menschen sexuell voneinander angezogen fühlen. Ebenso normal ist, wenn Vertrauensbeziehungen besonders anregend wirken. Wieso sollte beispielsweise eine buddhistische Lehrerin keinen Sex mit einem erwachsenen Schüler haben dürfen, wenn sie ungebunden ist (oder wenn es für ihren Partner oder ihre Partnerin okay ist)?


    Zunächst zu den allgemeinen Vorstellungen der Moral. Manche meinen, dass zum Sex eine Liebesbeziehung gehört. Zuneigung, Wertschätzung, Verantwortung und das Glück von Intimität geben menschlichen Beziehungen Qualität - auch wenn der Sex dann vielleicht nicht wertschätzend sondern hemmungslos ist. Naturgemäß und völlig berechtigt sind diesbezüglichen Forderungen an ein spirituelles Vorbild besonders hoch. (Braucht es dafür aber Romantik? Passieren emotionale Verletzungen nicht hauptsächlich, weil Menschen sich bis über beide Ohren verlieben und dabei den Verstand verlieren?)


    Der prinzipielle Grund, weshalb spirituelle Gemeinschaften sexuelle Beziehungen zwischen Oberhaupt und Mitgliedern in der Regel als höchst problematisch empfinden, scheint mir jedoch in der Konfusion der Rollen zu liegen. Da nämlich eine vertrauensvolle Beziehung und spirituelle Anleitung erwartet wird, nimmt das Verhältnis der Neutralität gegenüber den Mitgliedern der Gemeinschaft durch den sexuellen Kontakt Schaden. Eben weil es zu einer sehr störenden Subgemeinschaft innerhalb der Gemeinschaft kommt, bedarf es besonderer Rücksicht. Kommt es dennoch zum sexuellen Kontakt zwischen spirituellem Lehrer und erwachsener Schülerin, sollte dieser zum Schutz der Gemeinschaft unbedingt verheimlicht werden. :)