Beiträge von Yofi im Thema „Buddhismus und freier Wille“

    Das ist vollkommen richtig, aber die als einzig erprobte und effektive Weise um die konventionelle Haltung zu stärken ohne dass man im Kreis schlechter Gewohnheiten stecken bleibt, nennt man im Buddhismus den Achtfachen Pfad. Punk für Punkt, und diese Kombination ergibt Ruhig-Geist und eine friedliche Einstellung, die wiederum die passende Art des Umgangs mit anderen und die richtige Meditation möglich macht. Dadurch ist das Ich erstmal auf eine zielgerichtete Art gestützt. Zen in seiner Tradition hat viel auch mit Gemeinschaft, mit Selbstdisziplin und tugendhaftem Leben zu tun.

    sati-zen:

    Deshalb zieht es mich zum Zen-Buddhismus weil es zwar eine geistige und spirituelle Gemeinschaft ist aber keine Religion.


    Wie kommst du mit der Gefahr zurecht, dass gerade hier die Selbstständigkeit ein Weiterführen der Illusion des Ich bedeuten kann? Wie hält man das im Zen auseinander?


    sati-zen:

    Wer jedoch auch aus dem Buddhismus eine Religion macht legt Wert auf die eigene Selbstaufgabe um Buddha bedingungslos zu folgen, da kann man nichts machen.


    Das kann u. U. eine Methode nicht für die Selbst-, sondern für die Ichaufgabe sein. Eine Methode ist keine angestrebte Ausrichtung und auch kein Ziel. Aus einem geschlossenen Kreis kann man nur dann ausbrechen, wenn man darauf vertraut, dass das Ausbrechen einen Sinn macht. Zweifelt man, bleibt man weiterhin gefangen. Dann gibt es aber auch viele Missdeutungen, und wenn man sich von ihnen fernhält, ist es sicher kein Fehler.

    Spacy:

    Lebewesen streben danach, nicht nicht zu sein. Das macht aber auch der Mond, die Galaxis, das Sandkorn, so what....


    Paläste, Ehen, Esssucht und prall gefüllte Bankkonten, obwohl die Umwelt stirbt und selbst die Luft zum Atmen dünn wird - das kann nicht nur ein nicht nicht sein sein, sondern ist ein klarer Hinweis auf eine verzweifelte und missglückte Suche nach etwas, das das Unglücklich-Sein relativieren könnte. Weil eben exakt durch diese Aktivitäten das nicht sein als eine direkte Folge eintreten wird. Daraus lässt sich ableiten, dass das nicht nicht sein sich in dem Fall nicht auf das körperliche Überleben richten kann. Und das, was gesucht wird, kann nur ein Zustand sein, in dem man weder sucht noch ein Umweltkollaps stattfindet.

    Durchhalteparolen und Gehorsam haben etwas gemeinsam, nämlich dass man die Selbstverantwortung aufgibt. Das ist auch sehr bequem, aber eben nur ein Leben in der Unwissenheit mit negativen Folgen. Weil viele sich in dieser Art den religiösen Institutionen anschließen, gibt es auch das Missverständnis bezüglich des Begriffs 'Religion'. Religion bedeutet in Wirklichkeit die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen bzw. sie auch auf das soziale Umfeld auszuweiten. Wie heißt dann das Andere? Mitgliedschaft oder Zugehörigkeit. Man kann aber nur sich selbst zugehörig sein.


    Mit der Diskrepanz ist Verlangen, Gier gemeint. Ich frage mich aber, wie das bei Menschen sind, die nicht mehr Leben wollen, die sich selbst töten - sie hoffen sicher darauf, dass dann alles zu Ende sein wird.


    Wenn man auf einem anderen Weg den Daseinswunsch überwindet, ist im gewissen Sinne ziemlich viel vorbei.

    Irmin82:

    Yofi
    Ich find den Text super gut, Yofi. Vielen Dank. :rose:
    Hier wird aber klar, dass der Buddha den Fatalismus ablehnt und in dem Text wird sehr wohl davon ausgegangen, dass der Mensch wollen kann, was er will.
    Denn sonst würde ja nicht empfohlen werden:

    Zitat

    Du musst dein Wollen verändern, dein Bedürfen mindern, dann findest du den ersehnten Frieden. - Das ist der andere Weg.


    Super, das freut mich wirklich. Einiges hattest du schon vorher selbst geschrieben, und das ist oft das Schöne, dass hier viel Intuition im Spiel ist und trifft man auf einen Text, der eigene Gedanken weiter führt, ist es immer ein Gewinn.


    Der "Wunscheswille", Sinnliches Verlangen, dieses ganz unbewusste Wollen, das uns gar nicht auffällt und doch allem Denken und Handeln zugrunde liegt, ist die erste Hemmung - kāmacchanda.


    Das ist definitiv ein guter Anfang beim der Hinwendung zum Innenleben insofern man andere Hemmungen überwunden hat oder diese nicht so stark ausgeprägt sind, und man anfängt diesen Weg gehen zu wollen.


    :)


    http://www.palikanon.com/diver…tipatthana/satikom05a.htm

    Irmin82:

    Die Entscheidung, die man dann trifft, ist immer von dem Wunsch nach wohl und nicht nach wehe getragen. Das kann man auch ausprobieren. Von Äpfel kriegst du immer Bauchschmerzen, also nimmst du die Banane. Du kannst aber auch den Apfel nehmen, aber dann tust du es, um mir zu beweisen, dass du einen "freien Willen" hast und das bringt dir (in dem Moment) mehr wohl als das vermeiden der Bauchschmerzen.


    Deshalb werden auch diese Willensimpulse, die zum Teil im Instinktverhalten wurzeln, nicht hoch bewertet. Die Zahl der Optionen ist immer begrenzt, und es gibt auch Begrenzungen in Bezug auf die Richtigkeit der Entscheidung, die von Erfahrungswerten, Intellekt usw. abhängt. Warum sollte dieser begrenzte Wille frei sein, warum sollte er richtungsweisend sein?

    Es gibt einen Strom von Ereignissen, von aufflackernden Feuern, von aufgehenden und erloschenen Leben, von Tausend Dingen, die alle miteinander den Fluss namens Samsara bilden. Du bist ein Teil davon, in der körperlichen Gestalt und auch ohne sie. Nichts endet und nichts bleibt gleich.

    Sunu:
    Yofi:

    Die Wahrheit ist real, aber die kennen wir nicht, wir haben nur Vorstellungen von ihr. Der Wille ist aber greifbar, er wurzelt in der Selbsttäuschung, dem Ergreifen und Ablehnen.


    Es ist das was ist..... Vorstellungen wie etwas zu sein hat oder sein sollte, sind Vorstellungen....Mehr steckt aber nicht dahinter..sie sind weder real noch Täuschung, da sie leer sind.. Das ist aber auch nur eine Vorstellung..


    Ah, es gibt nichts. Davon habe ich auch schon (etwas) gehört.


    (: Gruß

    Die Wahrheit ist real, aber die kennen wir nicht, wir haben nur Vorstellungen von ihr. Der Wille ist aber greifbar, er wurzelt in der Selbsttäuschung, dem Ergreifen und Ablehnen.



    Und in der Praxis als GEFÜHLS-BETRACHTUNG:


    Zitat

    «Gefühl» (Pāli: vedanā) bezeichnet hier, sowie stets in der buddhistischen Psychologie, lediglich die angenehmen, unangenehmen und neutralen Empfindungen körperlichen oder geistigen Ursprungs. Gefühl im hier verstandenen Sinne hat nicht die vielfältigen Inhalte der Emotion, an der auch Lust, Haß, Stolz, Liebe, reflektierendes Denken usw. teilhaben können.


    Im hier verstandenen Sinne gehört die gefühlsmäßige Bewertung eines Objektes zu den ersten Reaktionen des Geistes auf einen Sinneneindruck (auch einen geistigen) und verdient daher die besondere Aufmerksamkeit derer, die eine Kenntnis und Meisterung des Geistes erstreben. In der Reihe der «Bedingten Entstehung» (paticca-samuppāda), in welcher der Buddha die «Entstehung dieser ganzen Leidensfülle» aufzeigt, ist Gefühl durch den sechsfachen Sinneneindruck bedingt und kann seinerseits eine Entstehungsbedingung für das Begehren (tanhā) sein, woraus wiederum das starke Anhangen oder Greifen (upādāna) erwächst. Das unvermischte Gefühl selber ist jedoch ein moralisch noch undifferenzierter Zustand. Gelingt es nun, bei einem empfangenen Bewußtseinseindruck bei der ersten einfachen Gefühlreaktion innezuhalten und diese dem Reinen Beobachten zu unterziehen, so kann die Weiterentwicklung des Gefühls zum Begehren oder zu anderen Leidenschaften unterbunden werden.


    SATIPATTHᾹNA


    "Der Wille als Herrscher über die Wünsche ist Selbstüberwinder; «eben durch den Willen wird der Wille überwunden: denn ist durch den Willen die Heiligkeit erreicht, so ist der Wille danach gestillt»." D33

    Spacy:
    Yofi:

    Am Anfang ist der Wille unfrei.


    Im/Am Anfang ist kein Wille. Es ist nur Wollen. (Kalendersprüche 0815-4711-0014)


    Das Wollen ist bedingt durch Täuschungen, nicht eine, sondern viele, die sich immer weiter fortpflanzen.


    https://biglovelamayeshe.wordp…/29/we-react-react-react/


    Der Wille zum Heilsamen erlischt irgendwann auf dem Weg, eben dann, wenn die Möglichkeit sich anders zu verhalten, nicht mehr gegeben ist. Bevor sie endgültig erloschen ist, existieren die Täuschung und ihre Unterarten dann nur noch latent, werden nicht mehr aufsteigen/werden nicht aufgegriffen.

    Yofi:

    Die Frage "von was" der freier Wille frei ist, beantwortet also der Buddhismus mit "Frei von unheilsamen Willensimpulsen", was dann weiter die Be-frei-ung auf der geistigen Ebene bewirkt.


    Das ist dein freier Wille, und daher:


    Yofi:

    Die Freiheit schlechte Gefühle zu wandeln, abbauen, wie du schreibst, ist ja gegeben.


    ... und:


    Bakram:

    Am Anfang ist der Geist und somit sein Wille eher unfrei weil er durch die Kleshas getrübt wird. Mit zunehmender Geistesschulung kann der Geist nach und nach befreit werden und somit wird auch der Wille frei. Er entscheidet nun frei etwas zu tun (z.B heilsames) oder nicht zu tun (z.B unheilsames).


    Am Anfang ist der Wille unfrei.


    Gruß, Yofi

    Monikadie4.:
    Yofi:


    "Alles Wollen entspringt aus Bedürfnis, also aus Mangel, also aus Leiden."
    Arthur Schopenhauer


    Ja, ich z.B. will gerade im Moment nicht Kontakt zu bestimmten Personen aufnehmen. Da sie aber wichtig sind, leide ich an meinem Ge-Wissen. Deshalb werde ich früher oder später doch Kontakt aufnehmen. Aber eigentlich geht es nicht um die Person, sondern um den Abbau meiner unguten Gefühle.
    Wo ist da noch der freie Wille?
    _()_ Monika


    Die Freiheit schlechte Gefühle zu wandeln, abbauen, wie du schreibst, ist ja gegeben. Dazu muss man ggf. den Gedanken daran zulassen, dass alle unsere Versprechungen und Verbindlichkeiten unseren eigenen Bedürfnissen entspringen. Ohne sie gäbe es keinen Grund dafür, an einem bestimmten Ort oder bei einer bestimmten Person sein zu müssen. Bedürfnislosigkeit kennt keine Verpflichtungen, sie beruht auf Freiwilligkeit, und das ist vermutlich genau das Gegenteil davon, was du jetzt erlebst.

    Die Frage "von was" der freier Wille frei ist, beantwortet also der Buddhismus mit "Frei von unheilsamen Willensimpulsen", was dann weiter die Be-frei-ung auf der geistigen Ebene bewirkt. Das ist etwas anderes als eine nicht-buddhistisch verstandene Auslegung - "frei im Sinne der Beliebigkeit". Diese Vielfalt ist begrenzt, an Bedingungen geknüpft und vergänglich. Deshalb sagte Arthur Schopenhauer nichts Unrechtes. Mit seinem In-Frage-Stellen der konventionellen Gegebenheiten ist er den anderen westlichen Philosophen sicher in vieler Hinsicht voraus gewesen.


    "Alles Wollen entspringt aus Bedürfnis, also aus Mangel, also aus Leiden."
    Arthur Schopenhauer

    Irmin82:

    @ Yofi Ich meine damit die Fähigkeit des Menschen sich frei zu entscheiden. Wenn ich zwischen einem Apfel und einer Banane wähle und zur Banane greife, kann ich mich fragen, ob meine Wahl frei war oder ob sie abhängig war von meinen Prägungen und ich mich gar nicht anders entscheiden konnte, als den Apfel zu wählen, denn wenn ich jetzt sage doch, ich kann ja auch die Banane nehmen, tue ich das ja, um mir zu beweisen, dass mein Wille frei ist, also ist er wieder nicht frei. Bitte nicht verwechseln mit Handlungsfreiheit.
    Ich meine das, was Schopenhauer thematisiert, wenn er sagt:" Der Mensch kann zwar tun, was er will, er kann aber nicht wollen, was er will."


    Das ist m. W. Fatalismus. Klar kannst du in jedem Moment entscheiden. In jedem Moment werden Ursachen für künftige Ereignisse gelegt und dieser Kontext bleibt bestehen, somit wird nicht aus sich heraus entschieden, wie du optional erwähnt hast. Wenn jemand schlimme Sachen tut, wird er in der Zukunft keine Wahl zwischen Himmel 1 und Himmel 2, sondern - wie man sagt - zur Hölle fahren. Das ist die Unfreiheit - frei war vorher, nicht nachher, aber auch da kommt es darauf an, wie er dazu im jeweiligen Moment steht und wie er mit der Situation umgeht, wenn schlechtes Karma zum Reifen kommt. Jenes entscheidet die künftige Wahl.


    Im Daseinskreislauf, den ich oder du gegenwärtig erleben, kann zwischen Banane und Weintrauben entschieden werden. In einem anderen Daseinskreislauf, der sich in einem armen Land abspielt, gibt es diese Freiheit nicht. Wer dort lebt, hat diese Wahl nicht. Demnach ist der Freie Wille von vorherigen Ursachen abhängig.

    Welche Fragen, Sunu? Diese?


    Zitat

    Was sind nun die achtzehn durch die eigene Person bedingten Fährten des Begehrens? Besteht da, ihr Mönche, der Gedanke: 'Ich bin (*6)', so entstehen auch die Gedanken 'Das bin ich (*7)' - 'Genauso bin ich' - 'Anders bin ich (K: besser oder geringer)' - '[Ewig] seiend bin ich' - 'Nicht [ewig] seiend bin ich (*8)' - 'Ich mag wohl sein (*9)' - 'Ich mag wohl das sein' - 'Ich mag wohl genauso sein' - 'Ich mag wohl anders sein' - 'Möchte ich doch sein (*10)!' - 'Möchte ich doch das sein!' - 'Möchte ich doch genauso sein!' - 'Möchte ich doch anders sein!' - 'Ich werde sein' - 'Ich werde das sein' - 'Ich werde genauso sein' - 'Ich werde anders sein'. Dies sind die achtzehn durch die eigene Person bedingten Fährten des Begehrens.


    http://www.palikanon.com/angutt/a04_196-200.html


    Wenn alle Fragen davon abgeleitet sind, wäre das die Ur-Ur-Ur-Sache.

    Irmin82:

    Und was hat das jetzt mit der Frage "freier Wille" zu tun?


    Yofi Die Frage war ja nicht, ob es einen Willen gibt. Dass es den gibt, ist eh klar. Die Frage ist, ob der frei ist.


    Yofi:

    Den Willen gibt es, aber es ist niemand da, der will.


    Den (freien) Willen gibt es, aber es ist niemand da, der will.
    Erklären kann ich es erst dann, wenn du beschreibst, was du unter "Frei" verstehst. Frei von was, was ist da und was wurde ausgeschlossen.

    Irmin82:

    Hab ich da die freie Wahl? Bevor jeder Mensch eine Entscheidung trifft, greift er auf sein Erlebtes zurück. Aus dem heraus, wird er sich immer für das entscheiden, was ihm wohl bringt und nicht wehe. Wir suchen uns unsere Prägungen aber nicht aus. Diese Ursache-Wirkungs-Kette beginnt mit unserer Geburt und wir suchen uns ja nicht aus, wo wir reingeboren werden.


    Die freie Wahl gibt es, allerdings nicht von "dir" oder "uns", der Wille ist bedingt entstanden, das ist richtig, denn Geistesfaktoren sind ebenso bedingt entstanden.


    Es ist keine Person da und doch geschieht etwas, zutreffend am Begehren erklärt, das eine der Bedingungen des Wollens ist:


    Zitat

    Das, ihr Mönche, ist das Begehren, das netzartige, rastlos treibende, weitgespannte, verstrickende, worin die Menschheit versunken ist und verfangen, verwickelt und verwoben wie verworrene Fäden, verflochten wie ein Binsenstrick, so daß sie nicht hinauskommt über die niederen Welten, die Leidensfährten, die Daseinsabgründe, den Kreislauf des Daseins.



    A.IV.199 Die 36 Fährten des Begehrens - 9. Taṇhā Sutta


    Den Willen gibt es, aber es ist niemand da, der will.