accinca:
Von dem was der Buddha lehrte scheinst du wenig zu wissen.
Moin Accinca! 
Stimmt genau, ich war leider nicht dabei, als der Buddha lehrte. Und etwas Schriftliches hat er auch nicht hinterlassen. Im Verlauf von Jahrhunderten wurde seine Lehre mündlich überliefert und die Überlieferung dabei immer wieder verändert.
Deshalb weiß ich wirklich wenig darüber, was der Buddha lehrte. Und ich äußere mich darüber vorsichtig, denn alle Aussagen dazu sind Hypothesen.
Du scheinst aber zu glauben, gerade in einem der umstrittensten Bereiche etwas sicher zu wissen, und zwar dass ein "innerer Wesenskern" als Träger personaler Identität wiedergeboren werde.
Und Du äußerst wiederholt, dass die gesamte Lehre und Praxis sinnlos werde, wenn diese Interpretation von "Wiedergeburt" aufgegeben werden muss.
Mir scheint aber das Entscheidende am Buddhismus (im Gegensatz zu den monotheistischen Religionen) darin zu bestehen, dass es gerade nicht um Glauben und Festhalten an Glaubenssätzen geht. Sondern um Entwicklung/"Erziehung", also Praxis.
Ajahn Jayasaro formuliert das sehr deutlich und gut nachvollziehbar in einem seiner Vorträge:
https://www.youtube.com/watch?v=-IHpwKa0E2Q
(ab Minute 6.38 findest Du die relevante Stelle)
Zu den Textstellen, die Du ohne Erläuterung angeführt hast, offenbar als Belege für Deine Interpretation: Da sehe ich nicht den geringsten Beleg dafür, dass innere Wesenskerne als Träger personaler Identität wiedergeboren werden.
Was Du als Beleg für Deine Auffassung brauchst, sind Textstellen, aus denen hervorgeht, dass es eine Kontinuität personaler Identität gibt, von Geburt zu Geburt.
Beispielsweise könntest Du folgende Textstelle anführen, die das scheinbar belegt:
Majjhima Nikāya 12:
17. (8) "Wiederum erinnert sich der Tathāgata an seine vielfältigen früheren Leben, das heißt, an eine Geburt, zwei Geburten, drei Geburten, vier Geburten, fünf Geburten, zehn Geburten, zwanzig Geburten, dreißig Geburten, vierzig Geburten, fünfzig Geburten, hundert Geburten, tausend Geburten, hunderttausend Geburten, viele Äonen, in denen sich das Weltall zusammenzog, viele Äonen, in denen sich das Weltall ausdehnte, viele Äonen, in denen sich das Weltall zusammenzog und ausdehnte: 'Dort wurde ich soundso genannt, war von solcher Familie, mit solcher Erscheinung, solcherart war meine Nahrung, so mein Erleben von Glück und Schmerz, so meine Lebensspanne; und nachdem ich von dort verschieden war, erschien ich woanders wieder; auch dort wurde ich soundso genannt, war von solcher Familie, mit solcher Erscheinung, war meine Nahrung solcherart, so mein Erleben von Glück und Schmerz, so meine Lebensspanne; und nachdem ich von dort verschieden war, erschien ich hier wieder.' Auch das ist eine Kraft eines Tathāgata, die der Tathāgata hat, kraft derer er den Platz als Anführer der Herde beansprucht, seinen Löwenruf in den Versammlungen ertönen läßt, und das Rad des Brahmā in Bewegung setzt."
Das schaut ja auf den ersten Blick so aus, als ob der Buddha als Person immer derselbe bliebe: Es ist von "Ich" und "Mein" die Rede, bezogen auf die ganze Reihe an Wiedergeburten.
Meine Gegenargumente dazu wären:
1. Die Verwendung von "Ich" und "Mein" soll lediglich eine Art karmische Verbundenheit ausdrücken, nicht aber eine Fortexistenz als personhaftes Ich über die Zeiten hinweg.
2. Selbst wenn sich einzelne Textstellen finden lassen sollten, die nach wörtlicher Lesart eine personhafte Fortexistenz suggerieren, sind diese Stellen metaphorisch zu verstehen. Denn sonst wäre die Lehre des Buddha inkonsistent. (Und das widerspricht dem zentralen Prinzip der Textauslegung, dem "principle of charity": Interpretiere so, dass Du dem Urheber eines Textes oder einer Rede keine offensichtlichen Widersprüche zuschreibst.)
Warum es ein Widerspruch zu Anicca und Anatta wäre, eine personale Kontinuität oder irgendwelche inneren Wesenskerne anzunehmen, wurde bereits mehrfach gesagt.
Ich hoffe, ich konnte ein wenig zur Klärung beitragen.
Vorläufig muss ich mich aber aus der Diskussion verabschieden.
Herzliche Grüße
