Beiträge von Carneol im Thema „Das Bewusstsein aus der Sicht des Tantra“


    :):like:


    Danke, kilaya, für deine ausführliche Antwort. :) :like:

    kilaya:

    "Nichts" gibt es nicht. Deswegen gibt es im tib. Buddhismus für diese Ebene verschiedene Begriffe, die den Versuch machen, die Dualität begrifflich aufzuheben, so gut es geht. "Klares Licht" ist so ein Begriff. "Licht" ist ja nicht "nichts".


    Diese Ebene ist nicht nur das grenzenlose formlose Potential, aus dem und in dem die Phänomene enstehen. Weil es eben auch die Essenz aller Phänomene ist, das, woraus sie bestehen, ist das "Nichts" gleichzeitig "Alles". Wer auf diese Ebene trifft, begegnet Fülle, nicht Leere. Natürlich ist diese "Fülle" gleichzeitig "leer" im Sinne der buddhistischen Leerheit. (Siehe Herzsutra)


    Die Unterscheidung zwischen "Leere" und "Leerheit" wird im Buddhismus begrifflich nicht wirklich betont. Es würde aber m.E. Sinn machen, um Missverständnisse zu vermeiden: Leer im Sinne einer Abwesenheit von Phänomenen ist eine Sache, Leerheit im Sinne dessen, was Phänomene sind, ist eine andere Sache.


    Mich würde interessieren, wie man diese 'Fülle' verarbeiten kann, wenn man ihr begegnet.


    Und

    Zitat

    Natürlich ist diese "Fülle" gleichzeitig "leer" im Sinne der buddhistischen Leerheit. (Siehe Herzsutra)

    verstehe ich momentan als 'leer' im Sinne von 'bedingt entstanden' - ist das denn richtig?


    Dann ist noch die Frage, was alles enthält denn das 'klare Licht'? Bedingt entstanden (das 'Jetzt') ist ja nur ein Teil der Möglichkeiten. Vielleicht enthält ja das klare Licht die Ausformung aller Möglichkeiten? Und ist deshalb so 'voll' und 'alles umfassend'?


    Grüße :rainbow:

    kilaya:
    Karnataka:

    Das „Klare-Licht-Bewusstsein“ stützt sich nach meiner Auffassung auf die Erfahrung des Klaren Lichts. Dies ist eine seltene und kaum verfügbare Erfahrung, da diese Wahrnehmung am ehesten in Zusammenhang mit dem Sterben – aus meiner Sicht etwa mit Todesangst – entsteht.


    Ich würde es eher so ausdrücken: zwar ist das Klare Licht an sich keine Bewusstseinsform, aber es ist implizit bewusst. Das klingt falscher als es gemeint ist. ;) Wenn wir "Bewusstsein" hören, denken wir immer an eine, wie auch immer subtile, Trennung in Subjekt und Objekt. Wenn wir versuchen, dieses Bewusstsein im Sinne eines "Sehens" auf sich selbst zu richten, erzeugen wir jedes Mal eine künstliche Spaltung. Deswegen ist die nicht-dualistische Erfahrung etwas, das so schwer zu erreichen ist. Man muss aufhören, diese Erfahrung als Subjekt "machen" zu wollen. Und genau da liegt aus meiner Sicht der Zusammenhang mit dem Sterben: ich denke nicht, dass die Wahrnehmung durch Todesangst ausgelöst wird (so klingt für mich Dein Satz oben) sondern umgekehrt, dass diese Erfahrung Todesangst auslöst, weil das Loslassen des Subjekts bedeutet, dass man das aufgibt, was man für das "Ich" hält. In Wirklichkeit kollabiert aber nur die künstliche Trennung zwischen Subjekt und Objekt während das, was tatsächlich Grundlage des Bewusstseins ist, zum Zentrum der Erfahrung wird.


    Was meint ihr: kann eine 'Klares-Licht-Erfahrung' (nicht im Sinne von 'lichte Leere' sondern im Sinne von 'Alles was ist') ...


    1.) ... entstehen z.B. bei sowas wie Fallschirmspringen oder Bungee Jumping (über die 'Todesangst', wie Karnataka schrieb oder auch über das 'Loslassen', kilaya) und ...


    2.) ... übertragen werden, wie andere Erfahrungen auch, bei entsprechend offenem Bewusstsein ... ?


    Danke und LG :rainbow::om:


    Das entspricht auch dem Inhalt des ersten Beitrages, kilaya. :)