Beiträge von mukti im Thema „Das Bewusstsein aus der Sicht des Tantra“

    Sherab Yönten :


    Ist Geistbewusstsein im Sinne des Palikanons das gleiche wie "Gedanken"?



    Ich verstehe es als das Bewusstsein über all das was ausser den 5 Sinneswahrnehmungen im Geist vor sich geht.


    Danke für die Antworten Sherab Yönten und Morpho und falls nochwas kommt,
    muss drüber nachdenken und meditieren. Habe zur Zeit hier sehr schlechtes
    nternet.

    Nach dem Palikanon hängt Bewusstsein immer ab vom Objekt, über das es bewusst ist. Demnach gibt es gemäß der Sinne Sehbewusstsein, Hörbewusstsein usw. bis hin zum Geistbewusstsein. Bewusstsein das über sich selbst bewusst ist gäbe es nicht, das wäe was im Vedanta als Atman bezeichnet wird. Das Ungewordene wäre Nirvana, während Bewusstsein ein khanda ist. Mir stellt sich also die Frage inwiefern sich im Tantra ein nichtbedingtes Bewusstsein und ein ebensolcher Urgrund aller Dinge von Atman und Brahman unterscheidet?

    alamerrot:

    .... aber die Seite mit dem dicken Pfeil und meinem Namen Alamerrot kann ich nun einmal beim besten Willen nicht finden, auch wenn ich mir Knoten in meine beiden Beine binde.


    Ganz oben rechts ist ja die Anmeldung, erst wenn man angemeldet ist, erscheint der Name und daneben das Briefsymbol, vorher nicht. Wie meldest du dich denn im Forum an?

    Hallo alamerrot,


    alamerrot:

    Hallo Mukti..
    Du schreibst:
    “Ich nehme an, die Crux an dieser Diskussion ist das Wort "Bewusstsein". Es ist nur eine Übersetzung ins Deutsche, die so nicht feststehen muss. Es ist nicht das Skandha "Bewusstsein" gemeint. Man kann genauso gut sagen "allersubtilster Geist" oder poetischer "allersubtilster Wind" oder (vergib mir ;)) "Buddhanatur".
    Wahrscheinlich ist für Theravada-Verständnis die Übersetzung "Geist" am sinnvollsten? Es ist damit jedenfalls ein Zustand jenseits der Skandhas gemeint. So subtil, dass es jedenfalls kein "Ich" oder "Selbst" mehr ist.”


    Losang Lamo hat das geschrieben.


    alamerrot:


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    Natürlich ist die Crux dieser Diskussion der Begriff (nicht das Wort) Bewustsein. Im Pali-Kanon kannst Du jedoch lesen, das darunter lediglich und ausschliesslich die Eigenschhaft der Kenntnisnahme von Wahrnehmungen zu verstehen ist. Nichts anderes als das. Alle anderen und an den Haaren herbeigezogenen und dazu noch unklaren und schwammigen Definitionen, wenn sie auch noch so gelehrt, vergeistigt oder poetisch klingen., müssen demnach falsch sein.


    Im Palikanon wird unter "Bewusstsein" verstanden "das was erfährt", ja. Vielleicht wird aber im Tantra nicht genau dasselbe unter dem Begriff verstanden.


    alamerrot:


    Das “ich” oder “selbst” (Du kannst ein Wort für das andere austauschen) ist eine andere Sache. Jedenfalls ist die Ich- oder Selbstwahrnehmung, für die der gesamte Körper mit seinen seelischen und geistigen Eigenschaften verantwortlich ist, die Ursache für das “Ich-Bewusstsein”, dem diese Wahrnehmung zugeführt wird, und der Grund für die Annahme oder den Glauben an die Existenz eines “ich”. ( In diesem Zusammenhang jedoch hat – wie ja bekannt – das Wort “Selbstbewusstsein” einen anderen Sinn.)
    Im Allgemeinen wird übersehen, dass der Buddhismus lehrt, dass es überhaupt kein “ich” gibt, auch nicht bei dem aller egoistischsten Menschen. Es gilt also nicht, ein “ich” zu bekämpfen oder auf irgendeine Weise auszurotten, sondern zu erkennnen, dass es dieses vermeintliche “ich” garnicht gibt. Dazu hilft die methodische geistige Untersuchung, was das “ich” eigentlich NICHT ist. Nicht , was es sein könnte.


    Mir war nicht bekannt, dass der Tantra etwa anderes für richtig halten könnte.


    Mir ist überhaupt zuwenig über den Tantra bekannt. Aber es wird wohl auf dasselbe hinauslaufen, nur mit einem etwas anderen System.

    Losang Lamo:

    mukti
    Ich nehme an, die Crux an dieser Diskussion ist das Wort "Bewusstsein". Es ist nur eine Übersetzung ins Deutsche, die so nicht feststehen muss. Es ist nicht das Skandha "Bewusstsein" gemeint. Man kann genauso gut sagen "allersubtilster Geist" oder poetischer "allersubtilster Wind" oder (vergib mir ;)) "Buddhanatur".


    Wahrscheinlich ist für Theravada-Verständnis die Übersetzung "Geist" am sinnvollsten? Es ist damit jedenfalls ein Zustand jenseits der Skandhas gemeint. So subtil, dass es jedenfalls kein "Ich" oder "Selbst" mehr ist.


    Hab ich jetzt weitergeholfen, oder alles weiter durcheinander gebracht?


    Im Theravada ist ein Skandha körperlich, die übrigen vier geistig - Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen und Bewusstsein. Nirvana ist jenseits von all dem.


    Also wie's aussieht bin ich nicht berufen Vergleiche zwischen Theravada und Tantra anzustellen, denke das war's für diesmal mit meinem Ausflug ins klare Licht. Vielen Dank.

    kilaya:


    Da Nirvana im Tantra nicht als Abwesenheit von Phänomenen und Bewusstsein verstanden wird, könnte man vielleicht sagen, dass die Erfahrung des Klaren Lichts als Grundlage aller Phänomene sozusagen diese Phänomene "erleuchtet" - während wenn diese Erfahrung fehlt, die veränderlichen Phänomene als Samsara erlebt werden.


    Dann ist Nirvana im Tantra also an Phänomene und Bewusstsein gebunden. Das erinnert daran was im Theravada als "Nirvana zu Lebzeiten" bezeichnet wird. Nachher ist es nicht mehr definierbar - Der Erwachte ist nach dem Tod oder ist nicht, oder beides oder keins von beiden - trifft alles nicht zu, heißt es vom Buddha im PK. Im Tantra wäre es letztlich immer in sich selber ruhende Einheit von Subjekt und Objekt. Mir tut sich da wieder der Unterschied Advaita-Buddhismus auf.

    kilaya:

    Das Klare Licht IST (aus Sicht von Tantra und Ati-Yoga) schon immer Grundlage und Wesen aller Phänomene. Da muss nichts in irgendwas eingehen. Somit wird die Wahrnehmung / Erfahrung dieser Einheit mit "Nirvana" gleichgesetzt. Also Nirvana ist weniger ein "anderer Ort" sondern eher eine "andere Erfahrung des gleichen Ortes".


    Das beschäftigt mich noch etwas. In dem verlinkten Text aus dem Eingangsbeitrag steht:



    Wenn dieses klare Licht also beeinflusst wird von karmischen Anlagen, wie kann es dann gleichbedeutend sein mit Nibbana? Nibbana "transporiert" keine karmischen Anlagen nach meinem Verständnis und unterliegt keiner Beeinflussung.

    Zur Zeit mache ich mir eigentlich keine Gedanken darüber, woraus die Elemente letztlich bestehen. Für die Wahrnehmung sind sie physikalisch, und es gibt relevante Hinweise dass es Subtileres gibt. Der Geist ist an sich nicht physikalisch, stofflich oder grobstofflich, jedenfalls ist er nur durch seine Auswirkung mit den fünf Sinnen von außen wahrnehmbar, innerlich mit dem Bewusstsein. Jeder kann sein eigenes Denken, Fühlen und Wollen beobachten, und das der Anderen an ihrem Ausdruck - Sprache, Handlung, Mimik usw.
    Es ist eine Erscheinungsform die der etablierten Wissenschaft nicht bekannt ist. Dass er vom Gehirn erzeugt ist glaube ich nicht, aber es gibt eine enge Verbindung mit dem Gehirn.

    kilaya:

    Was wäre diese "Energie", dem Wesen nach? ;) (Wissenschaftlich ist "Energie" ein klar definierter Begriff, um den es hier nicht geht, das ist klar...)


    Wissenschaftlich ist Energie als physikalische Größe definiert soweit ich weiß. Subtile oder geistige Energie gibt es da ja nicht.

    Sherab Yönten:

    Manche tibetische Schulrichtungen nennen noch den "Raum" als 5. Element. Woraus besteht "Raum" ?
    Raum ist leer. Leerheit ist Raum ;)


    Im Palikanon ist Raum auch ein eigenes Element. Z.B. in M.115:


    das Erd-Element,
    das Wasser-Element,
    das Feuer-Element,
    das Wind-Element,
    das Raum-Element und
    das Bewußtseins-Element.

    kilaya:
    mukti:

    Ja aber der subtile Körper ist nicht physikalisch, besteht nicht aus den Elementen Erde, Wasser, Feuer, Luft.


    Woraus bestehen denn diese Elemente letztendlich? Was ist z.B. "Feuer"?


    Eine Form von Energie? Dann gäbe es eben verschiedene Formen von Energie, die man allgemein einteilen kann in grobe und subtile Erscheinungsformen.

    Sherab Yönten:
    mukti:

    Und ist nicht gerade im tibetischen Buddhismus der Bardo ein Zustand ohne physischen Körper?


    Nein. Im tibetischen Buddhismus (und somit auch im Bardo) gibt es sowohl einen subtilen Geist als auch einen "subtilen Körper".


    Ja aber der subtile Körper ist nicht physikalisch, besteht nicht aus den Elementen Erde, Wasser, Feuer, Luft.

    kilaya:
    Karnataka:

    Ein Stuhl kann aus Holz entstehen. Unsere Gedanken und Gefühle und Empfindungen können jedoch niemals aus biologischen Vorgängen entstehen, da sie substantiell anders sind.


    Das klingt mir aber eher nach Descartes Körper-Geist-Dualismus. Die 3-"Köper"-Lehre des TB betont aber ausdrücklich, dass es so einen Dualismus nicht gibt. Und ich finde, dass es auch der Erfahrung entspricht: Körper und Geist sind in ständiger gegenseitiger Beeinflussung. Man spritzt ein Hormon oder schluckt eine bewusstseinsverändernde Medizin oder Droge, und der geistige Zustand verändert sich u.Umst. massiv. usw. Jetzt ist die Frage, inwiefern tatsächlich das eine aus dem anderen hervorgeht oder wie diese Beeinflussung stattfindet. Wenn man aber von der essentiellen Gleichheit aller Ebenen von Dharmakaya bis Nirmanakaya ausgeht, die in manchen Schulen durch einen 4. "Svabhavikakaya" (Wesenszustand) ausgedrückt wird, dann sind sie substanziell eben NICHT anders, sie sind nicht mal "substanziell".


    Der Geist ist ein eigenes Element denke ich, nicht physikalisch. Und ist nicht gerade im tibetischen Buddhismus der Bardo ein Zustand ohne physischen Körper? So wie bei Geistern. Eine Verbindung Geist-Körper wäre demnach nicht zwingend nötig. Besteht sie aber, gibt es auch gegenseitige Beeinflussung.

    kilaya:

    Advaita Vedanta und tantrischer Buddhismus haben sich auf der nicht-dualen Ebene oft gegenseitig beeinflusst. Ich würde aber sagen, dass Dzogchen älter ist als beides, und dann über den tantrischen Buddhismus zum Hinduismus gekommen ist und dort die Entwicklung von Advaita Vedanta beeinflusst hat. Neben gewissen Überschneidungen und Ähnlichkeiten gibt es aber auch essentielle philosophische Unterschiede (die Basis liegt halt einmal im Hinduismus und einmal im Buddhismus).


    Hm, einen regen Austausch Buddhismus-Vedanta hat es jedenfalls gegeben bevor Shankaracarya Advaita Vedanta systematisiert hat. Schon möglich, dass Dzogchen da auch eine Rolle gespielt hat. Der Gründer von Dzogchen, Shenrab Miwoche, soll ja bereits um 1856 v. Chr. geboren worden sein, wie ich grade im Wikipedia lese.


    kilaya:


    Das, was wir hier als "Advaita" kennen ist meist die von Osho beeinflusste Satsang-Szene. Da versucht sich irgendwie jeder, der mal eine kurze "Satori"- oder "Samadhi"-Erfahrung hatte, gleich mal als Guru. Das passiert zwar im Dzogchen auch, dass sich Leute überschätzen, aber nicht so systematisch und eigentlich sollte das durch andere Aspekte der Lehre ausgeglichen werden. Nur wenn jemand eigenmächtig daran herumbastelt, fehlt womöglich der nötige Impuls für so einen Ausgleich, den man z.B. in einer Lehrer-Schüler-Beziehung mit einem authentischen Lehrer bekommen kann.


    Die Szene kenne ich, hat für mich wenig Bedeutung dieser sogenannte Neo-Advaita. Da gibt es auch Tendenzen, die man eher als Pseudo-Advaita bezeichnen könnte.

    kilaya:

    Wenn dieses Bewusstsein "in sich selbst ruht" dann kann man es erfassen. Der Versuch es mit einer "gröberen" Form von Bewusstsein zu erfassen, muss immer darin münden, dass man sich ein Abbild macht. Das kann also nicht mehr als eine Annäherung sein. Das meinte ich auch oben damit, dass dabei die Trennung zwischen Subjekt und Objekt aufgehoben wird. Wenn ich diese Ebene mit einer gröberen Form von Bewusstsein erfassen will, habe ich immer das gröbere Bewusstsein als Subjekt und das Grund-Bewusstsein als Objekt. Das kann es also nicht sein. Aber es kann ein Wegweiser sein.


    Verstehe, das erinnert mich an Advaita Vedanta. Soll aber keine Kritik sein.

    kilaya:


    Die Frage muss also immer heissen: "wozu will mich der Text inspirieren" und nicht "ist dieser Text wahr oder der andere Text" usw.


    Es wäre auch aussichtslos, dieses subtilste Bewusstsein mit dem gröberen Bewusstsein des Denkens erfassen zu wollen. Wie gesagt denke ich das ist eher ein Modell als Meditationsgrundlage.

    kilaya:
    mukti:

    Worüber wäre es dann bewusst?


    Sich selbst - ohne künstlich eine Trennung zwischen "Subjekt" und "Objekt" zu erzeugen.


    Gut, danke für die Antworten. Ich habe da einen anderen Zugang dazu, aber so ist das mal bei den verschiedenen Richtungen des Buddhismus, kein Problem.

    Sehr interessant, wirft aber auch Fragen auf.
    Wenn das Bewusstsein des klaren Lichts dem Sinnes - und Geistesbewusstsein zugrunde liegt, und ohne Anfang und Ende ist, müsste es auch allgegenwärtig sein denke ich, überall unverändert auf gleiche Art. Ist es immer mit den groben und feinen Bewusstseinsarten verbunden oder existiert es auch ohne sie? Wenn ja, dann hätte es ja kein Objekt, und Bewusstsein ohne Objekt ist unmöglich.
    Wie verhält es sich zu Nibbana, wird es damit gleichgesetzt, geht alles bei der Erleuchtung in dieses klare Licht ein ? Gibt es da nähere Erklärungen dazu?


    Aber eigentlich würde dieses Modell der drei Bewusstseinsarten genügen als Basisverständnis für Meditation denke ich. Denn anders als meditativ wird sich das wohl nicht erkennen lassen, eben mit den subtilen und gröberen Arten des Bewusstseins.