Beiträge von Frieden-und-Freude im Thema „Buddhismus in Thailand“

    Varadinno:

    Hypothese: wenn sehr viele Laien in Thailand eher an "gutem Kamma" oder einer "guten Wiedergeburt" interessiert sind und weniger an "richtiger" Praxis, könnte ich mir vorstellen, dass dies durchaus Wirkungen auf die Ernsthaftigkeit und Motivation mancher Mönche hatte und hat. Nach dem Motto "Warum soll ich mich anstrengen, wenn ich es nicht muss". Und in dem Text von Ven. Dhammika werden ja auch solche Dinge geschildert - dass Laien ernsthaft praktizierende Bhikkhus quasi "vereinnahmen" oder gar "korrumpieren", um "Verdienste" für sich zu sammeln (via "Dana").
    Ajahn Chah hat sich meines Erachtens und Wissens z. B. gegen diese Form der Vereinnahmung erfolgreich "gewehrt" ( z. B. lange Zeit keine Elektrizität in seinem Kloster).
    Ob allerdings diese Einstellung - anscheinend vieler - Laien eine Ursache oder eine Wirkung sind ("Ei oder Henne"...) , das kann ich de facto nicht beurteilen.


    Da könnte etwas dran sein. Es gibt ja immer Wechselwirkungen, speziell im Verhältnis Lehrer-Schüler. Motivierte Schüler können das Beste in ihren Lehrern wecken. (Und natürlich auch umgekehrt.)


    Einseitige Schuldzuweisungen blenden üblicherweise andere Aspekte der Situation aus.


    Dennoch kann man doch eigentlich nicht erwarten, dass Reformen von den Laien ausgehen (die ohnehin wenig zu sagen haben). Und dass es einige wenige herausragende Mönche gibt, ist natürlich sehr gut, gerade für uns, die wir davon profitieren können.
    Das löst aber nicht die gesellschaftlichen Missstände in diesen Ländern, unter denen die einfache Bevölkerung leidet. Da liegt doch große Verantwortung bei der Sangha und ihren Institutionen.

    Varadinno:

    Vielleicht müssen Systeme implodieren oder "zu Grunde gehen", damit etwas Neues entstehen kann. Ich habe Vertrauen in den Dhamma: wird er gelebt, dauert er fort. In Institutionen habe ich begrenztes Vertrauen. Theravada ist ein "Werkzeug" - wie ich es nutze, hängt von mir und meiner Einsicht/Weisheit ab. Auch Theravada ist letztendlich eine menschliche Konvention und unterliegt Kamma.


    Das erscheint mir wichtig und weise, zumindest was uns als "Westler" betrifft, gerade auch wenn wir von der Theravada-Tradition inspiriert sind: Uns bewusst halten, dass Theravada ein historisch bedingtes Phänomen ist, das damit auch notwendig dem Verfall unterliegt.


    Demgegenüber gilt das eigentliche Vertrauen dem Dhamma und der daran orientierten Praxis.
    Im Dhamma leben, anstelle von "Ich bin Theravada-Buddhist".


    Wenn ich Dich so richtig verstanden habe, stimme ich zu.


    _()_

    Varadinno:

    Ajahn Chah war m. E. einer dieser "Erneuerer" und diese Einstellung lebt in den westlichen Klöstern, die ich besucht habe, auch durchaus fort.


    Ja, diese "Erneuerung" gehört zu den (wenigen) positiven Gegenbeispielen, die der Autor anerkennt.

    Varadinno:

    Missstände aufzuzeigen ist sicherlich wichtig und richtig, aber es kommt m. E. auf die Art und Weise an. Pauschalurteile sind da eher kontraproduktiv. "Schwarze Schafe" gibt es überall. Menschen, die andere ausnutzen zum eigenen Vorteil. Und das Tragen einer Robe macht niemanden automatisch zu einem besseren Menschen - geschweige denn zu einem Heiligen.


    Was Du schreibst, ist sicherlich richtig.


    Es bleibt aber die Frage, ob die in dem Buch beschriebenen Missstände nur Ausnahmeerscheinungen sind.
    Sind es nur "schwarze Schafe" - oder ist die Theravada-Tradition in den Herkunftsländern tatsächlich im Verfall begriffen und trägt dazu bei, soziale und gesellschaftliche Probleme zu verschlimmern, statt sie zu lösen?


    Ich selbst kenne Theravada von einigen sehr inspirierenden Lehrern, die im "Westen" leben. Für mich ist die Lehre hilfreich und ich bin dankbar, sie kennengelernt zu haben.


    In den Ursprungsländern scheint es aber - wenn das in "broken buddha" Geschriebene auch nur halbwegs stimmt - überwiegend anders zu sein:
    Die Beschreibungen erwecken den Anschein, als ob da die buddhistische Religion als gesellschaftliche Institution die Gutgläubigkeit und Hingabe des einfachen Volkes ausnutzt, um materiell davon zu profitieren.


    Es geht in dem Buch ja nicht primär um Verfehlungen einzelner "schwarzer Schafe", sondern um die gesellschaftliche Rolle des Theravada-Buddhismus.


    Die zentrale These ist: Trotz einzelner spiritueller Vorbilder und einiger bescheidener Reformversuche, die der Autor durchaus anerkennt, hat Theravada in den Herkunftsländern inzwischen überwiegend die Funktion sozialer Unterdrückung und Ausbeutung.
    Und aus Sicht des Autors hat diese Entwicklung mit Theravada selbst zu tun, ist also nichts Zufälliges.


    Das Buch scheint mit einer gewissen Empörung geschrieben worden zu sein. Der Empörung darüber, dass da (scheinbar) eine Priester-Klasse sich ungeniert an den Spenden des einfachen und gutgläubigen Volkes mästet, ohne im mindesten daran interessiert zu sein, einen Beitrag zur Lösung der sozialen Probleme zu leisten.

    Martin (Dhammavaro ):

    DHAMMIKA hätte dies innerhalb der Sangha regeln sollen. Es gibt stellen dafür.
    Er hat der Sangha noch mehr geschadet.


    Unmöglich ist es, und es kann nicht sein, daß ein Erkenntnis besitzender Mensch.....
    die Mönchsgemeinde spalten wird (palikanon)


    Ist es denn falsch, auf reale Missstände öffentlich hinzuweisen?


    Bei politischen und gesellschaftlichen Fehlentwicklungen hilft ja meistens nur öffentliche Kritik und Druck. Sonst ändert sich nichts.


    Ist das bei religiösen Organisationen wirklich anders?

    fotost:

    Immer noch lesenswert


    http://www.buddhistische-gesel…ownloads/brokenbuddha.pdf


    Wenn man sich die Bedingungen deutlich macht, unter denen der Text geschrieben wird kann man die kritische Haltung zum gelebten Alltagsbuddhismus in Theravada geprägten Gemeinden in SO Asien einschätzen.



    Wie beurteilen denn diejenigen von Euch, die persönliche Erfahrungen in Thailand gemacht haben, die in diesem Buch beschriebenen Missstände?


    Sind das Übertreibungen oder entspricht es der Realität?